Füße zeitgenössischer ChoreographInnen (Hobby? Barfuß! 2)

bix ⌂, Stammposter, Wednesday, 08.03.2006, 10:54 (vor 6841 Tagen)

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Wieder etwas Älteres, das ich gefunden habe...
(Kann eventuell schon hier im Archiv ums Jahr 2000 herum stecken)

Projekt: Füße zeitgenössischer Choreographinnen und Choreographen

Die Moderne im Tanz begann, als man in unseren Breiten nach der Jahrhundertwende den "Barfußtanz" entdeckte. Die Entkleidung des Fußes stellte einen Akt der Neuorientierung und der Distanzierung von der höfischen Spitzenschuh-Ästhetik des Balletts dar. Im Tanz ist der Fuß ein essentielles Arbeitsmittel und mit hohem Symbolwert aufgeladenes "Werkzeug".

Das Projekt "Füße zeitgenössischer Choreographinnen und Choreographen" von Lisa Rastl und Willi Dorner stellt Tanzschaffende über ihr Verhältnis zu jener Extremität dar, von der Mathilde Monnier sagt: "La danse, c’est la pied". Die Füße dieser ausgezeichneten zeitgenössischen Choreographin reihen sich in der Ausstellung mit jenen so bedeutender KollegInnen wie Steve Paxton, Meg Stuart, Mark Tompkins, Lloyd Newson, Alain Platel oder Nir Ben Gal zu einem Bild-"Text" über den Tanz.

Diese Fuß-Portraits gewähren berührende, sehr intime und doch einen Respektabstand gebietende Einblicke in die Persönlichkeiten der Abgebildeten. Der New Yorker Choreograph Stephen Petronio etwa meint nachdenklich: "Meine Füße können mit meinen Wünschen nicht mithalten".

Jede der portraitierten Persönlichkeiten hat sich für die Photographin während ihres Termins eine spezielle Position, Bewegung oder Improvisation einfallen lassen: Der Schwarzafrikaner Koffi Koko wollte auf natürlichem Boden abgelichtet werden, um seine Erdverbundenheit zu demonstrieren, Nir Ben Gal wusch sich seine Füße, Amanda Miller studierte die ihren vor der Kameralinse und meinte so lakonisch wie zweideutig: "My feet are big". Rastl, die Photographin, und der Choreograph Dorner haben in diesen Bildern bewußt auf jeden Bühnenkontext verzichtet - abgesehen von Jérôme Bel, der sich eine Inszenierung mit Theaterplüsch ausdrücklich gewünscht hatte.

In der Serie "Füße" geht es nicht um "Tanzphotographie", sondern um den Versuch, die Charaktere der einzelnen KünstlerInnen einzufangen. Dies wird durch kurze Statements, um die während des Phototermins gebeten wurde, ergänzt. Welche Beziehung haben TänzerInnen zu jenen stets verletzungsgefährdeten Gliedern, die sie tagtäglich mehr und differenzierter einsetzen als alle anderen Menschen? Die Erkenntnisse sind sehr unterschiedlich und nicht selten verblüffend. Entweder durch ihre große Ernsthaftigkeit, wie bei Susanne Linke, die auf die Fähigkeit der Tänzer hinweist, "mit den Füßen genauso zu sprechen wie mit dem gesamten Körper". Oder durch scharfe Ironie wie bei Wim Vandekeybus, der meint: "Feet are as important as a cunt, just that you have two of them".

Nicht selten sagt ein Fuß auch mehr als tausend Worte.

(Text von Helmuth Ploebst)

[image] Quelle und Fotos:


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