Trüber Samstag (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Monday, 27.02.2006, 16:46 (vor 6784 Tagen)

Samstag, 25.2.2005: Neblig-trübes Wetter bei knapp über 0°C, eigentlich kein Tag, um sich unnötig draußen aufzuhalten. Und meine Wohnung könnte auch wieder eine gründliche Reinigung vertragen, und das nicht erst seit gestern. Aber immer fand ich einen plausiblen Grund, diese Arbeit vor mich hin zu schieben. Mal war es "nur" eine Barfußwanderung in der Umgebung, mal die Steuererklärung, mal wer weiß nicht was. Aber nun tat ich das. Wenigstens zwingt mich keiner, beim Aufräumen MEINER Wohnung Schuhe zu tragen, kein Arbeitgeber, kein Hausmeister, nicht mal die Polizei (und das soll im Zofinger Raum was heißen). Und kein Nachbar kann sich beschweren, daß ich beim Aufräumen zu laut auf dem Boden herumtrample. Es könnte höchstens sein, daß ich beim barfüßigen Feudeln des Fußbodens deutlich mehr Wasser benötige als zu Zeiten, als für mich das Tragen von Schuhen für solche Tätigkeiten noch "selbstverständlich" war. Noch hat sich aber keiner wegen Sickerwasser beschwert.

Sicher drei Stunden hatte ich fürs Aufräumen benötigt, gegen 13 Uhr hatte aber plötzlich doch noch das Bedürfnis, für ein paar Stunden nach draußen zu gehen. Zum Schuhe anziehen hatte ich allerdings keine Lust, also ging ich barfuß los. Viele Leute waren nicht unterwegs, und alle, denen ich begegnete, waren ohne Ausnahme - und nicht nur auf dem Fußbekleidungssektor - deutlich winterlicher vermummt als ich. Und das Ende Februar!

Als erstes kam mir ein junges Ehepaar mit Kinderwagen entgegen, ihre Kleidung war "bankräubertauglich", so wenig war von ihnen zu sehen. Der Mann fragte: "Ist das nicht zu kalt?" Ich entgegnete: "Es ist doch einiges über 0°C!" "Mir ist es aber zu kalt." In Brittnau kam ich an einem Trödlerladen vorbei. Der Trödler, der früher Gabelstaplerfahrer war in der Firma, in der ich arbeite, war gar nicht überrascht, mich hatte er schon öfter in meiner "normalen" Freizeitkleidung angetroffen. Aber er konnte es nicht lassen, mir zu erzählen, daß er 2 Wollpullover, eine Jacke, eine lange Unterhose und eine Mütze trage. Daß er Schuhe trug, erwähnte er nicht einmal, aber das sah ich. Wohl aber sagte er, daß er kalte Füße hatte. Kein Wunder! In seinem Trödelladen, was eigentlich nur ein ungeheizter Schopf eines Bauernhauses ist, in den kaum ein Lichtstrahl fällt, kommt man doch kaum dazu , durch Bewegung Wärme zu produzieren.

Der Weg parallel des Flusses W i g g e r (besser: die Ränder des Weges) war(en) gut begehbar. Von den Feldern war einiges auf den Asphalt geflossen, ein Gemisch aus Sand, Gras usw. wie man es häufig beobachtet, wenn vorher dort Schnee gelegen hat. Ideal barfuß begehbar. Aber auch das Gras der Wiesen war angenehm. Ich erreichte Reiden und durchschritt den Ortskern. Eine alte Frau starrte mich fassungslos an. Ein Mann trat zu ihr und sagte: "Der läuft IMMER so rum!" Stimmt natürlich nicht. Am Arbeitsplatz trage ich ganz was anderes.

Es folgte ein "inoffizieller Barfußpfad", der auch jetzt angenehm begehbar war. Zwischen Reiden und Wikon war ein frisch umgepflügtes Feld, das ich auch ausprobierte. An einer Stelle ragte allerdings eine riesige Glasscherbe aus dem Boden. Ich vermute, daß hier früher mal Nutzpflanzen wuchsen, und irgendein Idiot hatte eine leere Bierflasche dorthin gepfeffert. Beim Umpflügen hatte die landwirtschaftliche Maschine wohl die Flasche zerschlagen. Zum Glück war die Scherbe zu sehen. Wenn sie aber unmittelbar unter der Erdoberfläche gelegen hätte und ich hätte voll drauf getreten? Gar nicht auszudenken. Aber wenn man sich immer Gedanken machen würde, was geschehen KÖNNTE, dann dürfte man nur noch mit Sicherheitsschuhen, Schutzhelm, Schienenbeinschonern, Ärmelschonern, Ohropax, Panzerweste, Schutzbrille, Gasmaske usw. Zum Glück gelten "Murphys Gesetze" nicht überall.

Hinter Wikon folgte ein größtenteils belaubter Waldweg am Hang des Felsens. Eine alte Frau mit Hund kam mir entgegen. Während der Hund neugierig meine Füße beschnüffelte, fragte die Frau: "Ist das nicht zu kalt?" Nicht zu kalt, dafür gesund!" "Ja gesund ist das sicher, aber man muß es ab können." Ich erreichte das Riedtal und war auf einer Straße. Ein Autofahrer (dem Gesicht nach "Südländer" raste wild von einer Hofeinfahrt in Richtung Straße, ohne darauf zu achten, ob Fußgänger auf dem Trottoir gehen. Er nötigte mich, anders zu gehen, wobei ich auf einen größeren, kantigen Stein, der auf dem Asphalt lag, trat. Dabei holte ich mir einen Krampf und konnte die nächsten hundert Meter nicht normal gehen, sondern nur humpeln. Ausgerechnet ein paar Häuser weiter stand ein früherer Mitarbeiter aus der Firma im Garten und sagte: "Hallo Michael, alles klar!" Ich bejahte, obwohl mein etwas verzerrtes Gesicht vielleicht etwas anderes sagte. Ich wußte übrigens nicht, daß er hier wohnte. Er schien nicht allzu überrascht zu sein, mich barfuß anzutreffen, obwohl er mich erst einmal so gesehen hatte. Das war aber im Sommer irgendwo zwischen Aarburg und Zofingen, als er mich mit dem Fahrrad überholte, während ich wanderte.

Leichter Schneefall setzte ein, während ich zum Heiternplatz hochstieg. Relativ wenige Leute waren hier, überwiegend mit kleinen Kindern. Und die machten große Glotzaugen. Der Weg hinunter zur Stadt bestand aus rauhem Asphalt mit Rollsplitt. Ausgerechnet hier kam mir eine größere Menschengruppe entgegen. Die fingen gleich an zu lästern, so nach dem Motto: Gemeinsam sind wir unausstehlich! Der Schneefall wurde stärker, als ich die Stadt erreichte. 3 weibliche Teenager waren etwa 50 Meter von mir entfernt, als ich einen Zebrastreifen überquerte. Eine sagte: "Blutte Beine" und kurze Zeit später: "Und keine Schuhe, nein!" Die anderen fingen an zu kichern.

Ich beeilte mich, um nach Hause zu kommen. Ich habe nämlich mehr als einmal festgestellt, daß bei einsetzendem Schnee oder Regen die "Zusammenarbeit der Spießer mit den Schrotern" besonders gut klappt, bei ansonsten gleicher Temperatur und Jahreszeit. Diesmal hatte ich Glück. Etwa 200 Meter vor meiner Wohnung überholte mich ein postgelber Omnibus. Der einzige Fahrgast starrte durchs Fenster auf meine Füße. Vor einem Wohnblock spielten Kinder Fußball, ein Junge trug schon eine kurze Sporthose. Sie unterbrachen ihr Spiel, als ich vorbei ging. Aus einem Nachbarhaus gingen gerade 2 Mädchen, ich hörte, wie ein Mädchen zum anderen tuschelte: "Schau mal da!" Der Schnee blieb nicht liegen, sondern schmolz sofort. Erst am Sonntag bleib der Schnee liegen, und es schneite immer wieder, so daß ich nicht nach draußen ging.

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen

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