Erste barfüßige Fahrradtour im Jahre 2006 (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Monday, 20.02.2006, 12:32 (vor 6791 Tagen)

Samstag, 18.2.2006: Mit der "großen Kälte" schien es wohl hier auch vorbei zu sein. Nach ein paar Schauern am Vormittag war es nachmittags jedoch so, daß ich - erstmalig in diesem Jahr - barfuß radfahren konnte. Im Jahr 2006 benutzte ich das Velo nur auf dem Weg zur Arbeit, ca. 1 km pro Weg, wie üblich in Dienstkleidung, zu der neben Krawatte und langen Hosen auch Schuhe gehören, zum Glück aber weder Mütze, noch Hut. In der Freizeit war es mir zum barfüßigen Radfahren zu kalt gewesen, mir bleib nur die Wahl zwischen barfuß wandern oder mit Schuhen radfahren, wobei ich mich für ersteres entschied.

Leider war es recht windig, so daß es auf dem Rad ohne Jacke zu kalt war, aber barfuß, in kurzen Hosen und ohne Handschuhe und Mütze (bzw. Helm) war es kein Problem. Unter den Fußgängern fiel meine Aufmachung nicht allzu sehr auf, bei den Autos, die mir entgegen kamen, auch kaum, dafür umso mehr bei den Autofahrern (genauer: den Beifahrern), die mich überholten. Ich kann mir es so erklären: Die Fußgänger auf dem Trottoir interessiert nicht, wer mit dem Rad auf der Straße fährt, also schaut man nicht näher hin, schon gar nicht auf die Kleidung. Und bei wem rechnet man denn schon damit, daß er im Februar barfuß und in kurzen Hosen Velo fährt? Bei niemandem! Ein entgegenkommender Autofahrer achtet kaum genauer auf entgegenkommende Radler, solange diese korrekt fahren. Beim Überholen achtet man schon genauer, in erster Linie, um eine Kollision zu vermeiden. Und dabei werden nackte Beine/Füße registriert. Die Folge bei Kindern: große Glotzaugen!

Ich radelte nach Aarau. Beim Schieben des Velos auf dem Trottoir bzw. in der Fußgängerzone fiel meine Aufmachung aber auf, einige Teenager lästerten, aber was soll's. Die ahnen nicht, was sie versäumen. Ich radelte nach Schönenwerd, wo ich mein Velo in der Nähe des Stauwehrs ankettete. Ich wollte ein Stück durch den Aareschachen wandern. In Richtung Aarau wechselten sich die Untergründe ab: Erst sandiger Boden, dann betrat ich eine wegen Niedrigwassers freigelegte Insel, bestehend aus Sand, Kies, und leider auch Abfällen. Es folgte ein Stück feuchter Laubweg, dann wieder eine sandige Partie. Offensichtlich war hier der Schnee erst kürzlich geschmolzen, alles war herrlich matschig Leute begegneten mir hier nicht, wer versaut sich schon gerne seine Lederschuhe? Und wer hat schon Gummistiefel dabei. Und barfuß oder in Badeschlappen? Wer kommt schon auf solche Ideen! Ich war aber nicht der erste, der hier unterwegs war. Zu sehen waren solide Profile von Schuhen und Reifenspuren von Mountainbikes. Da es hier windgeschützt war und die Sonne schien, konnte ich sogar die Jacke ausziehen.

Ich erreichte die Vogelvoliere beim Aarauer Wasserkraftwerk. Hier hörte ich die Bemerkung: "Der hat schon Sommer!" Ein paar Mountainbikefahrer überholten mich. Ob sie im stillen neidisch auf mich waren? Sie hatten ein schlammverspritztes Rad, schlammverspritzte lange Hose, schlammverspritzte Schuhe. Und obwohl ich mir nicht sonderlich Mühe gegeben hatte, Schlammspritzer zu vermeiden, hatte kein Kleidungsstück von mir einen Spritzer abbekommen.

Am anderen Aareufer wanderte ich zurück, wobei ich auch einen matschigen Reitweg in die Wanderung integrierte. Hier erfolgte eine Verfärbung: Während vorher der Schlamm weißlich gelbe war, war hier der Matsch schwarzbraun. Eine Gruppe Wanderer, vermutlich Japaner, kamen mir entgegen. Einige Frauen fingen an zu lachen, und ihre Schlitzaugen schwollen zu "europäischer Form" (Europäer würden große Glotzaugen bekommen). Böse Worte aber gab es nicht. Kurz bevor ich beim Fahrrad war, sah ich ein parkiertes Auto mit dem deutschen Kennzeichen "EF", das auf dem Nummerschild auch den Namen eines Weimarer Autohändlers trug. Etwa 50 Meter vom Auto entfernt saß ein Mann am Ufer, etwa der Besitzer des "ehemals volkseigenen" Autos? Zumindest schien er sich nicht über meine Aufmachung zu wundern.

Als ich fortradelte, mußte ich wieder die Jacke anziehen. Das ostdeutsche Auto fuhr auch davon, auch diesmal reagierte der Fahrer nicht, wohl aber einige andere Leute. Speziell Kinder auf den Rücksitzen von Autos sahen sich um. In Olten ließ ich es mir nicht nehmen, das Rad durch die Altstadt zu schieben. Das Kopfsteinpflaster ist angenehm für die Füße, und vor allem die Planken der gedeckten Holzbrücke. Die Rückfahrt nach Zofingen geschah ohne weitere Zwischenfälle, wenn man vom Gekicher zweier weiblicher Teenager mit aufgedunsenen Gesichtern einmal absieht. Ein öffentliches Thermometer zeigte +5°C an, als es kurz vor 18 Uhr war. Meine erste barfüßige Radtour im Jahr 2006 hatte ich überstanden, ohne Erfrierungen, ohne Sturz, und ohne Ärger mit den "Schrotern".

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen

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