Fünfstündiger Barfußspaziergang (Hobby? Barfuß! 2)
Sonntag, 12.2.2006: Wieder der übliche Hochnebel, dabei Ostwind, und temperaturmäßig irgendwo zwischen Bonn und Fichtelgebirge. Und schneemäßig eher weniger als Bamberg. Als gegen 13 Uhr endlich die Sonne ein paar Lücken im Hochnebel fand, machte ich mich auf den Weg, etwa so winterlich verpackt wie Leo beim Schneeschieben, jedoch OHNE Mütze.
Ich kam an ein paar Siedlungshäusern vorbei, ein Mann mit dickem Mantel, Hut, langen Hosen und "selbstverständlich" Schuhen war gerade dabei, in aller Seelenruhe etwa an seinem Auto rumzupfriemeln. Mehr beiläufig sah er in Richtung Straße, wo ich längs ging, dann sah er mich. Es war das "typische Spießergesicht", soweit es so etwas überhaupt gibt. Er ließ einen Schraubenzieher zu Boden fallen und rannte ins Haus (ich hätte nicht gedacht, daß er so schnell laufen konnte).
Der Asphaltweg ging in einen Schotterweg über, teilweise lag darauf Schnee, aber nur so wenig, daß die Steine sichtbar blieben. Neben dem Weg steinhart gefrorener Boden. Ich kam nur langsam voran. Neben dem Weg befand sich eine Art Schrebergarten. Offensichtlich hatte mich jemand durchs Fenster eines Häuschens gesehen. Jedenfalls standen kurze Zeit später etliche Kinder und Erwachsene draußen und betrachteten mich. Dabei gaben sie Worte in einer Sprache von sich, die ich nicht verstand. Wenigstens pflegen in der Schweiz lebende Ausländer keine freundschaftliche Beziehung zur Schweizer Polizei, was man von Spießern http://64.233.179.104/search?q=cache:3PwlllaSC-UJ:217.175.235.200/basisreligion/spiesser.htm+spiesser&hl=de&gl=ch&ct=clnk&cd=2 nicht behaupten kann.
Daß ich die nächste asphaltierte "Abfahrt" nutzte, hatte reine "Wohlfühlgründe". Der trockene Asphalt kam mir angenehm warm vor in der Sonne. Auf dem Weg nach Aarburg kam mir ein Ehepaar mit Kinderwagen entgegen, der Mann sprach: "Jetzt ist es aber zu kalt!" In Aarburg beobachtete ich, wie ein Ehepaar mit Kindern Wasservögel in der Aare fütterte. Ein Kind wandte den Blick von den Enten plötzlich auf meine Füße. Als ich wegging, hörte ich jemanden murmeln: "Zum Baden scheint es ihm doch zu kalt zu sein!" Zwei weibliche Teenager unterhielten sich auf einer Bank über wer weiß nicht was, blickten dann zufällig in meine Richtung, verstummten, kicherten, hörten aber auch damit auf, offensichtlich aus Angst, ich könnte es hören. Dann holte ein Mädchen ihr Handy aus der Tasche und schien (mich?) zu fotografieren. Also immer nur lächeln, immer vergnügt (und nicht das saure Gesicht aufsetzen, wenn man Ratingen unsicher macht)!
Die nächsten Wege, die ich benutzte, kannte ich bisher nicht, es waren asphaltierte Wege im Schutze des Festungsfelsens in Richtung Oftringen. Hier war man windgeschützt und der Sonne ausgesetzt. Diesen Vorteil nutzten auch andere Spaziergänger, allerdings kam keiner auch die Idee, hier barfuß zu laufen. Kinder machten große Glotzaugen. Ich wanderte bis zum Restaurant Bad Lauterbach, dann ging es bergab. Die Sonne machte sich rar, ich war dem Wind aufgesetzt. Weiter war der Asphalt ziemlich rauh und es lag Split an den Wegrändern. Eigentlich fahren hier nicht allzu viele Autos, aber ausgerechnet jetzt kam es mehrfach vor, daß sich Autos ausgerechnet dort kreuzten, wo ich ging (und meistens auch noch dort, wo besonders viel Splitt lag). Das sind halt Situationen, die nerven.
Ich wanderte in Richtung Oftringer Kirche, mußte anschließend die Autobahn überqueren. In der Schweiz scheint es modern zu sein, die Brücken, die über Autobahnen führen, mit besonders fiesem Asphalt zu belegen (Straße und Trottoir), vermutlich weil sich an solchen Stellen leicht Rauhreif bildet. Ich folgte der Straße nach Zofingen, wanderte erst zur Vogelvoliere, wo Leute mit Kindern waren. Ein Mädchen rief: "Barfuß und kurze Hosen." Und eine Frau verzog ihr Gesicht, ging ein paar Schritte rückwärts, zog ihren Sohn mit und ließ mich nicht aus den Augen, etwa so wie wenn man an einem gemeingefährlichen Hofhund vorbei muß. Hatte die Frau etwa Angst, ich würde sie mit Vogelgrippe, Keuchhusten, Fußpilz, Sars, Aids, Rheuma, Gicht (Liste nicht abschließend) GLEICHZEITIG anstecken?
Der Weg führte durch die Altstadt unterm Bahnhof durch, hier wieder ungläubige Blicke, speziell von Leuten, die gerade einem Zug entstiegen waren und Skier mit sich schleppten. Ein öffentliches Thermometer zeigte -1°C an. Auf dem letzten Kilometer überholte ich noch ein älteres Ehepaar mit Hund. Der Mann sprach zur Frau: "Den haben wir heute doch schon mal gesehen!" Auf dem Hof begegnete mir noch der Hauswart, er sagte auch nichts. Er selber läuft ja auch barfuß, zwar nicht in der Stadt, aber im Garten. Es muß lediglich 25 Grad wärmer sein.
Schöne Grüße
Michael aus Zofingen