Per Du mit nackten Füßen? (Hobby? Barfuß! 2)

Tiziana, Stammposter, Monday, 06.02.2006, 20:15 (vor 6805 Tagen)

Hallo Ihr Liebsten!

Nach einer längeren "Sie-Saison" hat mich heute die Kassiererin im Supermarkt wieder geduzt.
Seit der Eröffnung von dieser neuen Verkauftsstelle, die letzen Juni stattgefunden hat, hat die gute Dame mich immer geduzt, was mich überhaupt nicht gestört hat. Hierzulande ist es auch nicht selten, dass Stammkunden und Geschäftsinhaber nach einiger Zeit vom Sie auf das Du automatisch umsteigen.
Ich konnte mir nicht erklären, warum die Dame mich plötzlich zu siezen anfing. Dabei hat sie sich aber wie üblich sehr freundlich verhalten.
Ich hatte nur gehofft, dass der plötzliche Umstieg auf die höfliche Form nicht an einem Rüffel von ihren Vorgesetzten lag, was ich auch für unwahrescheinlich halte.
Heute war ich erleichtert, als sie mich wieder geduzt hat.
Es ist mir auch eingefallen, dass dieser Laden im Juni letzten Jahres eröffnet worden ist, und im Juni gehe ich bestimmt nie mit Schuhen einkaufen.
Ich schätze, dass meine nackten Füßen der netten Dame ganz spontan das Du inspieriert haben. Sie mag wohl gemeint haben, ich sei Ausländerin.
Während des Winters bin ich meistens beschuht im besagten Supermarkt aufgekreuzt.
Heute habe ich mich aber wieder getraut, die Schuhe zu Hause zu lassen, obwohl an den Strassenseiten noch manche Eisreste aus dem letzten Schneefall liegen. Der Untergrund war zwar schön kalt, aber alles andere als unangenehm. Barfuß fühlte ich mich auf dem Eis viel sicherer als mit Schuhen: Zum ersten Mal nach dem Unfall, bei dem ich mir einen sehr schmerzlichen Steißbeinbruch zugefügt habe, hatte keine Angst hinzurutschen.
Leider kann ich die Kälte nicht allzu lange aushalten, aber auf der kurzen Strecke bis zum Supermarkt bestimmt schon. Ob ich nächstes Mal an der Kasse wieder geduzt werde, kann ich nicht sagen, sicher weiß ich aber, dass meine Schuhe wieder zu Hause bleiben.

Liebe Grüße an alle aus Italien
Tiziana

Per Du mit nackten Füßen?

JohnK ⌂, Stammposter, Tuesday, 07.02.2006, 00:18 (vor 6805 Tagen) @ Tiziana

Hallo Ihr Liebsten!
Nach einer längeren "Sie-Saison" hat mich heute die Kassiererin im Supermarkt wieder geduzt.

Toll zu lesen, welch positive sozialen Folgen das Barfußlaufen haben kann. Barfuß steht eben für friedliebend und offen. Das begünstigt einen positiven Kontakt. Die Kassiererin meines Netto-Ladens begrüßt mich auch immer freudig, wenn ich ohne Schuhe komme.

Grüße,
JohnK

[image] http://www.gobib.de

Per Du mit nackten Füßen?

Tiziana, Stammposter, Tuesday, 07.02.2006, 13:40 (vor 6804 Tagen) @ JohnK

Barfuß steht eben für friedliebend und offen. Das begünstigt einen positiven Kontakt.

Barfuß bestätig m.E. vielmehr den Eindruck, den andere Leute über uns gewinnen.
Ich stelle immer wieder fest, dass die, die mich mögen, ihre Sympathie mir gegenüber auch wegen meiner nackten Füßen empfinden, was mir auch viel lieber ist. Es wäre für mich zwar auch sehr bedauerlich, wenn ich nur wegen meiner Barfüßigkeit Sympathie erwecken würde.
Meine Interessen und Leidenschaften sind natürlich andere, meine Barfüßigkeit ist schließlich nur ein Lebensstil, den ich besonders hoch schätze und mittlerweile mit einem größeren Grad an Selbstverständlichkeit auch anwende.
Ich neige schließlich auch dazu, mich mit Personen anzufreunden, die die ich interessant finde, abgesehen von deren Alter, Geschlecht, Beruf, usw. und auch davon, ob sie barfuß oder in Schuhen rumlaufen.

Die Kassiererin meines Netto-Ladens begrüßt mich auch immer freudig, wenn ich ohne Schuhe komme.

Die Kassiererin meines Supermarktes begrüßt mich immer gleich freudig und freundlich, ob ich barfuß oder mit Schuhen auftauche.
Nur das Du hat bisher den Unterschied gemacht.

Liebe Grüße aus Italien.
Tiziana

Per Du mit nackten Füßen?

Descalzar, Thursday, 09.02.2006, 10:51 (vor 6802 Tagen) @ Tiziana

Hallo,
stelle auch immer wieder fest, daß man als Barfußläufer ganz anders von den Menschen wahrgenommen wird. Ich habs auch schon oft im Forum hier geschrieben, daß der Wiedererkennungswert viel höher ist und daß, wenn man sich freimütig auch dazu bekennt und nicht immer verschüchtert herumläuft, sehr oft interessante Gespräche mit interessanten Leuten führen kann.
Am letzten Freitag z.B. verließ ich schwer bepackt meine Wohnung. ungefähr 100 m entfernt unterhielten sich zwei ältere Nachbarinnen (ca. 65 Jahre) miteinander. Als sie mich wieder barfuß sahen, unterhielten sie sich kurz, nickten zu mir herüber und winkten mir laut rufend mit den Worten "Das ist ja wieder ihr wetter" zu. Ich fand es recht süß, da es sich bei den Damen um sehr schicke Frauen handelt, die uimmer viel wert auf ihr äußeres legen und eher der Luxusweibfraktion zuzuordnen sind. Aber sie finden es, wie sie mir einmal sagten, klasse, daß ich so "hart" und uch so ausdauernd und konsequent wäre.

Als ich dann noch im Blumenladenm eine Rose für meine Freundin kaufte, zog ein kleines Mädchen am Mantel seiner Mutter und sagte immer wieder "der Mann ist barfuß". Ich sagte, daß ich nmich so wohlfühlen würde und sie es auch mal probieren solle. dann wäre sie auch nicht immer erkältet. (Das Mädchen war zu diesem zeitpunkt ziemlich erkältet).
Die Blumenverkäuferin sagte nur: "Ja, ja, nur die harten kommen in'n Garten"

Fazit: Immer offen und ehrlich dazu stehen und mit geradem Rücken durch die welt laufen. Dann wird man auch akzeptiert und bewundert.

Nachtrag.
Letzte Woche nach der aerbeit trrug ich noch leichte Schuhe ohne socken, weil ich längere Zeit durch den (hietr in Norddeutschland) doch selten teifen schnee laufen mußte. In der Bäckerei blickte die Verkäuferin mit langem Hals über den Tresen und meinte nur, daß sie jetzt schwer enttäuscht von mir sei, daß ich schuhe tragen würde. Ich versprach ihr, sie beim nächsten mal wieder barfuß zu beehren.

Per Du mit nackten Füßen?

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Tuesday, 07.02.2006, 15:01 (vor 6804 Tagen) @ Tiziana

Hallo Tiziana!

Ich weiß nicht, wie es in Italien mit dem Duzen allgemein üblich ist. Italiener gelten im allgemeinen als höflicher. Im geschäftlichen wird ein einfacher Sachbearbeiter leicht mit "dottore" angeredet. Auch habe ich im Geschäftsleben festgestellt, daß man bei der Kommunikation auf Englisch sich leicht mit Vornamen und "you" anredet, während man im Deutschen bei "Herr/Frau Sowieso" und "Sie" bleibt. Vermutlich ist die Tatsache, daß es im Englischen nur (noch) das "you" gibt, was eher dem "Sie" oder besser dem im Mittelalter gebrauchten "Ihr" als dem "Du" entspricht, Ursache dafür, daß man dort schneller bei Vornamen ist.

Im deutschen unterscheidet man das "freundschaftliche bzw. kollegiale Du" vom "hierarchischen Du". Grundsätzlicher Unterschied ist, daß man im ersten Fall sich gegenseitig duzt, im zweiten Fall zwar der Ranghöhere den Rangniederen duzt, der Rangniedere jedoch den Ranghöheren zu Siezen hat. Es gab Zeiten, als sich Eheleute gegenseitig siezten. Die Kinder wurden von den Eltern geduzt, mußten aber die Eltern siezen, unabhängig davon, ob die Kinder 10 und die Eltern 30 oder die Kinder 70 und die Eltern 90 waren. Diese Zeiten sind zum Glück vorbei.

Auch im Berufsleben war früher das "hierarchische Du" nicht unüblich. Mein Vater, der nach dem 2. Weltkrieg eine Schuhmacherlehre(!) begonnen hatte, wurde von seinem Meister geduzt, der Meister aber legte Wert darauf, gesiezt zu werden. An diesem Zustand änderte sich nie etwas, auch dann nicht, als mein Vater selber Schuhmachermeister war und später in einem Bauunternehmen arbeitete. Diese Zeiten sind zum Glück auch vorbei. Heute kann sogar ein Angestellter seinen Vorgesetzten verklagen, wenn letzterer ihn duzt, jedoch andererseits Wert darauf legt, gesiezt zu werden.

Somit gibt es das "hierarchische Du" eigentlich nur noch zwischen Erwachsenen und Kindern. Ein Lehrer etwa duzt die Kinder, in den letzten Schuljahren auf dem Gymnasium wechselt er aber zum "Sie" über.

Ich glaube nicht, daß Barfüßer leichter geduzt werden, weil man in ihnen Leute sieht, die in der Hierarchie tiefer stehen. Das war vielleicht früher so, als der beschuhte Herr den barfüßigen Sklaven duzte, aber nicht umgekehrt. Wenn man barfuß ist und von einem Fremden geduzt wird, dann handelt es sich wohl meistens um ein freundschaftliches Du. Vielleicht handelt es sich sogar um eine innere Sehnsucht, selber barfuß laufen zu wollen.

Vielfach hängt es auch von der Situation ab. Ich selber gehöre nicht zu denjenigen Leuten, die fremde Leute auf der Straße einfach duzen, unabhängig davon ob der andere barfuß ist oder nicht. Aber irgendwie würde es mir einfacher fallen, Barfüßer zu duzen als Leute in Schlips und Kragen oder gar in Uniform. Bei Barfüßern hat man eher das Gefühl, das man offener für alles ist. Die nackten Füße alleine sind es wohl nicht, das Tragen von Sportkleidung (egal mit oder ohne Schuhe) trägt auch dazu bei. Wenn ich etwa mit dem Fahrrad mit viel Gepäck unterwegs bin, werde ich häufiger von anderen Radfahrern geduzt. Das Duzen ist nicht häufiger geworden (aber auch nicht seltener) seitdem ich beim Radfahren möglichst auf Schuhe verzichte. Gleiches gilt, wenn ich mit der Bahn unterwegs bin. Wenn ich geschäftlich in Dienstkleidung unterwegs bin, werde ich von anderen Bahnreisenden grundsätzlich gesiezt. Wenn ich aber im Zug mit Rucksack unterwegs bin, dann werde ich manchmal von anderen, die offensichtlich auch wandern wollen, geduzt, egal, ob ich früher fette Schuhe trug oder heute barfuß reise.

Normalerweise stört es mich nicht, wenn mich fremde Leute auf der Straße duzen, ich duze einfach zurück. Störend empfinde ich es aber, wenn ich etwa am Bankschalter, beim Finanzamt oder auf der Polizeistation von mir fremden Personen geduzt werde. Das trifft natürlich nicht für Personen zu, mit denen ich privat per du bin.

Viele Grüße

Michael aus Zofingen

Per Du mit nackten Füßen?

Tiziana, Stammposter, Tuesday, 07.02.2006, 18:57 (vor 6804 Tagen) @ Michael aus Zofingen

Hallo Michael!

Ich weiß nicht, wie es in Italien mit dem Duzen allgemein üblich ist.

Hier wird etwas schneller geduzt als in Deutschland.

Italiener gelten im allgemeinen als höflicher.

Das würde ich nicht pauschal sagen. Ich glaube, wir sind genau so höflich wie jedes andere Volk.
Ich stelle immer wieder fest, dass überall Einheimische Fremden freundlich eingestellt entgegenkommen, wenn man auf sie freundlich zukommt.

Im geschäftlichen wird ein einfacher Sachbearbeiter leicht mit "dottore" angeredet.

Das liegt vielmehr daran, dass alle Akademiker hier automatisch den Doktortitel erhalten. Ob es mit der Reform des Studiumswesen immer so ist, weiß ich nicht. Zu meiner Studienzeit, d.h. im vorigen Millennium! ;-))))))) - wurde man beim Studiumsabschluß "dottore" oder "dottoressa".

Ich glaube nicht, daß Barfüßer leichter geduzt werden, weil man in ihnen Leute sieht, die in der Hierarchie tiefer stehen.

Das habe ich auch nicht behauptet.
Hierzulande hat man in den Läden die m. E. schlechte Gewohnheit, Ausländer zu duzen, vor allem wenn sie Italienisch nicht fließend sprechen.
Ich sehe zwar mittelmeerländisch aus, aber wir haben hier ziemlich viele albanische und rumänische Mitbürger, weshalb ich mir gut vostellen kann, dass die besagte Kassiererin mich für Ausländerin hält, obwohl unsere ausländischen MitbürgerInnen überhaupt nicht barfuß laufen und machen sogar größere Augen als die Italiener, wenn sie mich ohne Schuhe sehen.

Ciao
Tiziana

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