Und noch ne Barfußwanderung überlebt! (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Monday, 23.01.2006, 14:10 (vor 6819 Tagen)

Sonntag, 22.1.2006: Morgens herrschte Bodenfrost. Als ich aber sah, daß gegen 10.30 Uhr das Eis auf den Scheiben der am dem Hof stehenden Autos zu schmelzen begann, bestand eigentlich kein Grund mehr, in der Wohnung zu bleiben. Also ging ich bei noch bewölktem Himmel los, und zwar barfuß, wie es sich für einen v.... Nein! Diesmal "sage" ich es nicht. Die Wege waren naß, und das Gras und selbst der blanke Erdboden waren mit einem Hauch Rauhreif bedeckt. Der Boden war aber nicht durchgefroren. Da noch einiger Splitt auf dem Asphalt lag und meine Füße noch vom Vortag etwas strapaziert waren wechselte ich immer ständig vom Asphalt auf das Gras bzw. den Erdboden. Wenn die Füße in den Boden einsanken, knirschte es leicht.

Ich folgte dem Ufer des Flusses W i g g e r, wo mir einige Spaziergänger entgegen kamen ar das Barfußlaufen anfangs nicht mit jedem Schritt angenehm. Kommentare ab es nicht, aber speziell von Kindern große Glotzaugen. Ungläubige Blicke erntete ich auch vom Fahrer eines ansonsten leeren Omnibusses im Ortszentrum von Brittnau. Kurze Zeit später holten mich zwei Reiter ein, die hier jedoch nicht ritten, sondern ihre Pferde "schoben". Die Frau sagte, sie hätte mich schon häufiger ohne Schuhe gesehen und fragte, warum ich das täte. Ich gab gesundheitliche Gründe an. Sie glaubte mir, daß barfuß gesund sei, konnte sich aber nicht vorstellen, das das auch bei tiefen Temperaturen gelte. Ich beruhigte sie, indem ich sagte, daß ich bei -20°C NICHT barfuß unterwegs bin, aber Temperaturen über 0°C wären kein Problem, solange man in Bewegung bleibt. Als sie fragte, ob ich in der Regel eine halbe Stunde so etwas mache, meinte ich, meistens etwa 6 Stunden an den Wochenenden, was sie doch wunderte.

Der "inoffizielle Barfußpfad" war diesmal nicht so angenehm zu begehen, ich spürte jeden Ast. Als ich gegen 12 Uhr was verzehren wollte, konnte ich mich auch nicht auf die nasse Bank setzen, sondern mußte langsam hin und her gehen. Ungläubige Blicke erntete ich auch von Leuten, die in Reiden am Bahnhof gerade einen Regionalzug verlassen hatten, die am dortigen Postamt Geld aus dem Postomaten zogen, aus den Fenstern vorbeifahrender Autos. Ich erreichte die Kantonstraße, bog aber gleich in eine Seitenstraße ein, auf der mir ein Auto entgegen kam, bevor ich in einen Weg zum Schulgebäude einbog. Vor dem Gebäude endet auch eine weitere kurze Straße, die an der Kantonsstraße beginnt. Dasselbe Auto von eben fuhr in diese Seitengasse. Fahrer und Beifahrerin sahen mich böse an, die bemützten Kinder auf dem Rücksitz machten große Glotzaugen. Der Fahrer wendete und raste mit quietschenden Reifen davon. Was führte der wohl im Schilde? Wie der Zufall es wollte, benutzte ich einen Plattenweg, der nicht breit genug für Autos war, so daß man mich hier nicht verfolgen konnte.

Ich wollte wiederum einen "inoffizielle Barfußpfad" benutzen, wußte aber, daß vorher noch ein kurzes Stück Schotterstrecke lag. Doch oh Wunder. Dank der Niederschlage war der Schotter regelrecht mit von den Ländereien geschwemmten Boden verfüllt. Und so schön kühl! Prächtig! Und dann erst der Grasweg mit dem Schlammstreifen dazwischen. Eine ebenso beschaffene "Sackgase" ging ich absichtlich hinauf und wieder hinab, man gönnt sich ja sonst nichts. Mit leichter Schadenfreude beobachtete ich auch, wie auf der etwa 300 Meter entfernten Kantonsstraße eine "Bullenschleuder" in Richtung Zofingen fuhr, auf die Entfernung kann man keine Gesichter erkennen und dank einer schulterhohen Hecke konnte man mich allenfalls als Mann ohne Hut/Mütze ausmachen, und das wird sogar hier weniger streng geahndet als das Barfußlaufen und das Tragen von kurzen Hosen.

Mittlerweile war die Sonne durchgekommen. Unterhalb des Wikoner Schlosses benutzte ich einen besonnten weg, den ich aus barfußtechnischer Sicht zu schätzen gelernt habe. Teilweise zwar Schotter, aber meistens durch herrlich weiches Laub (und jetzt sogar trocken!) überdeckt. Dann wieder Gras. Im Abstand von 5 Minuten fragten mich erst ein jüngeres Paar und dann ein älteres etwa das gleiche. Beide hatten mich schon häufiger gesehen. Auch kam die Frage, ob es bei mir religiöse Gründe hätte, was ich verneinte. Auf diesem Weg kamen mir nur freundliche Leute entgegen.

Ein matschiger Reitweg führte bergauf, hier brachte das Barfußlaufen richtig Spaß. Auch dort, wo dieser Weg vereist war, kam ich gut voran, bergauf wohlgemerkt. Ich erreichte den oberen Weg, den ich aber nicht gehen wollte. Ein kurzes Stück wollte ich noch einen vereisten Forstweg gehen, aber bald ging es nicht weiter. Als ich mit den Zehen hinter festgefrorenen Ranken (ohne Dornen) hakte, kehrte ich um, wieder den Reitweg hinunter. Ich kam auf dem Matsch ziemlich in Fahrt, drosselte aber das Tempo, da ich manches Mal auf Steine im Boden anstieß. Auch über den Eispanzer ging es bergab weniger gut als bergauf. Verschlammte Füße auf Eis geben einen idealen Gleitfilm. Runterrutschen wollte ich nicht. Zwar ragten aus dem Eis einige Brombeerranken aus dem Eispanzer, und diese hätten sicher, wenn sie zwischen die Zehen gelangt wären, für eine sichere Bremsung gesorgt, aber ich hatte nicht das Verlangen, dieses auszuprobieren.

Ich erreichte die Ausläufer von Zofingen. Ich aber bog einen Laubweg ins Riedtal ein. Stellenweise lag Flotsch, der nur so zwischen den Zehen durchquoll. Schlamm macht so etwas auch, aber doch irgendwie anders. Schlamm verhält sich (rein äußerlich betrachtet) wie Lava aus dem Vulkan, Flotsch dagegen mehr wie Wasser aus einer sprudelnden Quelle.

Auch dieser Weg war bald vorbei, ich ging zum Heiternplatz. Obwohl dieser Ort nicht weit vom bisher beschriebenen Weg entfernt ist, scheinen hier die Menschen weniger freundlich gegenüber Barfüßern eingestellt zu sein. Woran mag es liegen? Wer auf dem Weg wandert, muß sich ein ganzes Stück vom Auto entfernen. Beim Heiternplatz dagegen kann man den Wagen in unmittelbarer Nähe abstellen, auf einem gebührenpflichtigen Parkplatz. Und für die heutige weltfremde Menschheit scheint, wie auch schon anderswo im Forum erwähnt, nur das gut zu sein, was Geld kostet. Weltoffene Menschen wandern auch dort, wo man weit abseits vom Auto ist und sind Barfüßern gegenüber positiv eingestellt. Wer aber weltfremd ist und bereit ist, happige Parkgebühren für eine kurzes Aussteigen zu bezahlen, hat keinerlei Verständnis fürs (kostenlose) Barfußlaufen.

Nichtsdestotrotz ließ ich mir es nicht nehmen, barfuß über das Lindengeviert zu "stiefeln", um dann aber über Wege, die schmäler sind als ein Auto zu verschwinden. Von dort konnte ich, während ich über angenehmen Boden schritt, beobachten, wie die Leute mit Auto zum Heiterplatz fuhren bzw. daher kamen. Aber ein Fahrzeug, was ich heimlich erwartete, kam nicht.

Ich erreichte die Vogelvoliere, die mit einer Plane überspannt war, wegen Vogelgrippe. Der Vater einer Familie sagte zu mir: "So warm ist es aber wirklich noch nicht!" , was ich mit "doch" beantwortete. Ich machte noch einen Umweg über den Wald bei Küngoldingen, den ich ebenfalls über einen "inoffizielle Barfußpfad" erreichte, dann kehrte ich nach Zofingen zurück.

Ich erreichte die Altstadt mit ihrem schönen Kopfsteinpflaster. Jugendliche, die aus einer Kneipe kamen lästerten über meine Aufmachung. Eine Frau (Bedienstete in der Kneipe?) hatte die Männer nach draußen begleitet, ging dann aber wieder hinein. Durch die sich schließenden Tür hörte ich eine kichernde Frauenstimme "Barfuß". Es war +3°C, als ich beim Bahnhof die Gleise unterquerte. ich mußte eine Vollbremsung machen, um ja nicht in die Scherben einer Bierflasche zu treten. Aus Ich vernahm noch eine Männerstimme "schade", wobei ich aber nicht sicher war, ob es sich auf mich bezog. Als ich gegen 17.40 Uhr zu Hause ankam, spürte ich meine Füße. Nicht wegen der Temperatur, sondern wegen der mechanischen Belastung.

Schöne Grüße
Michael aus Zofingen


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