Barfuß über Schlammflächen an der Aare (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Monday, 23.01.2006, 11:22 (vor 6819 Tagen)

Samstag, 21.1.2006: Noch hatte (und hat auch heute) die grimmige Rußlandkälte Zofingen nicht erreicht. Vielmehr hatte es die Nacht zuvor geregnet. Nun schien sogar die Sonne. Und bei Temperaturen um +2°C gegen 9.20 Uhr bestand eigentlich kein Grund, in der Wohnung zu bleiben. Also ging ich los, und zwar barfuß, wie es sich für einen vernünftigen Menschen gehört. Da die Wege naß waren und noch einiger Splitt auf dem Asphalt lag, war das Barfußlaufen anfangs nicht mit jedem Schritt angenehm. Vielleicht war es auch die zunehmende Verweichlichung, da ich es schon eine Ewigkeit her war, daß ich längere Zeit draußen barfuß unterwegs war (soviel ich weiß, war der 2. Januar 2006 mein letzter "richtiger" Barfußtag).

Ich wanderte in Richtung Strengelbacher Höhe, um dann über wenig befahrenen Straßen nach Gländ zu wandern. Aber auch hier starrten etliche Leute aus den Autos (speziell bemützte Kinder auf Rücksitzen) auf meine Füße. An einigen Stellen war die Straße ein wenig vereist , beinahe wäre ich ausgerutscht (mit Schuhen vermutlich auch). Anstatt zur Kantonsstraße zu gehen, wählte ich Quartiersstraßen, die durch den zu Rothrist gehörenden Weiler Oberwil gehören. Es folgte ein Weg am Waldrand, hier war es kühler, da ihn die Strahlen der Sonne nicht erreichten. Dieser Feldweg führte ziemlich steil ins Aaretal. Gerade auf diesem Stück war der Weg schattig und total vereist (Das Schild "Kein Winterdienst" war keine Lüge!). Da es sich um partiell geschmolzenen und wieder zusammengefrorenen Schnee handelte, wies die Oberfläche Höhlungen auf, so daß es nicht so glatt war wie wenn eine Pfütze überfroren war. Da meine Füße bereits gut durchblutet waren, spürte ich die Kälte des Eises nicht. Ich trat allerdings nicht in mit Wasser gefüllte Mulden im Eis. Sicherheitshalber hielt ich mich aber auch noch an Ästen fest (hätte ich mit Schuhen auch getan), um ja nicht zu stürzen und auf dem A.... über das Eis die Straße hinunter zu rutschen ( Eine Hose hatte ich schon an. Aber wer weiß, was davon nach dem Rutschen noch übrig geblieben wäre!).

Ich erreichte die Aare dort, wo ich im Sommer auch häufiger bade. Da der Wasserstand niedrig war, konnte ich die Schlammfläche trockenen Fußes erreichen. Auch bei nicht-sommerlichen Temperaturen bringt es Spaß, barfuß über die Schlammflächen zu waten, man muß sich nur etwas mehr bewegen. An etwas tieferen Stellen waren überfrorene Wasserflächen, die ich jedoch nicht betrat. Beim Versuch, die Eisschollen zu betreten, stellten sie sich etwas schräg. Auch wäre es sicher nicht angenehm, mit nackten Füßen in Eis einzubrechen und dann eingeklemmt zu sein. Den Spuren nach zu urteilen waren schon mehrere Menschen und Tiere auf den Schlammflächen gewesen. Ich war nicht der einzige Mensch und nicht der einzige Barfüßer unter den Benutzern der Schlammflächen gewesen, wohl aber der einzige barfüßige Mensch, leider! Die Schuhträger wissen nicht, was sie versäumen. Sollen die halt dumm sterben!

Als ich mit verschlammten Füßen die Aareinsel wieder verließ, war gerade ein Mann mit Hund (kein Kampfhund) unterwegs. Aber gehorsam war der Hund trotzdem. Trotz Rufen von Herrchen rannte der Hund auf mich zu und leckte dem Schlamm von meinen Füßen. Mir sind aber solche ungehorsamen Hunde lieber, als gehorsame Hunde, die auf Befehl (und NUR dann) ihres Herrchens einen Menschen anfallen. Parallel zur Aare ging ich zum Kraftwerk Neu-Ruppoldingen, dort überquerte ich über einen Steg aus Eisengitter (hier merkte ich, daß ich meine Füße vom Gang durch den Schlamm noch weich waren) den Fluß, um dann auf einem Grasstreifen neben einem Schotterweg in Richtung Aarburg zu wandern. Auf diesem Weg begegneten mir etliche Spaziergänger. Kommentare ab es nicht, aber speziell von Kindern große Glotzaugen.

Ich überquerte die Boninger Brücke in Aarburg, als plötzlich ein Autofahrer in Richtung Olten fuhr und hupte. Erst glaubte ich, er meinte mich, aber sein Blick ging in eine andere Richtung. Als ich an der "Alten Post" vorbei war, sah ich, wie ein Fußgänger besagtem Autofahrer zuwinkte. Der Fußgänger sah in meine Richtung, da erkannte ich in ihm einen Arbeitskollegen, der sehr genau meine "Leidenschaft" kennt. Er starrte auf meine Füße mit dem mittlerweile angetrockneten Schlamm, dann rief er: "Merki-Kruste! Warst du in der Aare?" Ich sagte: "Aber zum Schwimmen war es zu kalt!" Seine bewollmützte Tochter starrte auf meine Füße und sagte: "Ihhhhhh!" "Wieso sagst du ihhhhhh? Du läufst doch auch oft barfuß!" Sie schwieg und starrte nur noch weiter, während ihr Vater grinste.

Ich wanderte durch den Aarburger Stadtpark und an der Kirche vorbei und dann zur "Wog". hier fragten mich zwei Jugendliche: "Brauchen Sie Socken? Es ist doch kalt!" "Nein, die werden naß oder gehen an den Ranzen. Barfuß laufen ist gesund!" Ich war etwas entfernt, da fingen sie laut an zu lachen und immer fiel in einem verächtlichen Ton das Wort "Gesund". Mir fiel der Satz ein, den ich in diesem Beitrag nach Abschluß des "Schlammabenteuers" geschrieben habe. Eines wundert mich: Es ist mir schon mehrmals passiert, daß mich jemand beim Barfußlaufen gefragt hat, ob ich Socken gebrauchen kann. Was nützen einem Socken ohne Schuhe? Oder sind die Leute derart weltfremd, daß sie sich einen total barfüßigen Menschen gar nicht mehr vorstellen können und daher glauben, ich hätte kaum sichtbare Sandalen ohne Socken an und müßte daher frieren?

Der nächste Teil des Weges war ein herrlicher Schlammpfad, der Schlamm quoll nur so zwischen den Zehen durch. Wenn doch alle Wege so wären. Hier kaum Leute, lediglich ein paar Jogger (davon einer in kurzen Hosen), die jedoch wegen ihrer sauteuren Sportschuhe auf dem festen Gras neben dem Schlamm liefen. Jedem das seine! Aber viel zu früh war dieser Weg zu Ende, es folgte eine Asphaltstraße. Ein Vater mit zwei dick vermummten Söhnen kam mir entgegen, ein Junge rief: "Der tut ja barfuß wandern!"

Ich erreichte die Zofinger Altstadt mit ihrem schönen Kopfsteinpflaster. Etliche Leute schiene mein Barfüßigkeit nicht zu registrieren, ein kleines dick vermummtes Mädchen sagte: "Kalt!" Jugendliche lästerten über meine Aufmachung. ein Mann aus einer Gruppe fragte: "Bringt das Spaß?" ich bejahte. Es war +5°C, als ich beim Bahnhof die Gleise unterquerte. Anstatt direkt nach Hause zu gehen machte ich noch einen Umweg über Strengelbach. Als ich gegen 17.30 Uhr zu Hause ankam, spürte ich meine Füße. Nicht wegen der Temperatur, sondern wegen der mechanischen Belastung.

Schöne Grüße
Michael aus Zofingen

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