Schlittschuhe geklaut? (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Tuesday, 03.01.2006, 13:17 (vor 6840 Tagen)

Neujahr 2006: Die Nacht zuvor hatte es stark geregnet. Aber auch am Vormittag setzte immer wieder Regen ein. Schnee lag noch auf den Rasenflächen, die Straßen waren naß, aber Flotsch war nicht mehr dort. Die Temperatur betrug +4°C und die Sonne brach durch, als ich mich gegen 11 Uhr auf den Weg machte. Schuhe hatte ich "selbstverständlich" nicht dabei.

Die Leute, die mir anfangs entgegen kamen, grüßten freundlich. Als ich beim Bahnhof die Hauptverkehrsstraße überquerte und in eine Straße in die Altstadt einbog, bog auch eine "Bullenschleuder" in die Altstadt ein, fuhr an mir vorbei, um dann sofort wieder nach rechts abzubiegen. Ob die Beamten mein "Verbrechen" gesehen hatten? Ich jedenfalls ging so durch die Altstadt, daß eine weitere Begegnung innerhalb der Stadt nicht zu befürchten war. (Aus eigener Erfahrung weiß ich, welche Altstadtstraßen Polizeifahrzeuge "routinemäßig" befahren.

Ich wanderte in Richtung Oftringen. Viele Leute waren nicht unterwegs, bei Kindern gab es große Glotzaugen. Wieder kam mir ein Polizeifahrzeug entgegen und fuhr ungebremst weiter. Vermutlich waren die Beamten von der Sonne, die gerade (für sie) ungünstig stand, obendrein bei nasser Straße, geblendet, so sahen sie mich wohl nicht. Ein Arbeitskollege kam mir mit Frau und Sohn entgegen. Schon aus der Entfernung rief er: "Michael, das kommt nicht gut! Du bist einfach zu verweichlicht! Die Sonne scheint, und du trägst ne Jacke!" Er lästert immer so, aber er meint es nicht böse. Gleichzeitig sagte er aber auch: "Ich mag dich nicht anhalten, sonst frierst du am Boden fest!"

Ich verabschiedete mich nach einigen Minuten, während zufällig ein anderes Ehepaar auch meine Richtung ging. Wir waren ungefähr gleich schnell auf normalem Asphalt. Dort, wo Splitt lag, war ich langsamer, so daß sie mich einholten. Der Mann fragte mich, ob das gesund sei, was ich bejahte. Am Aarburger Bahnhof wurde gerade ein Reisebus beladen, offensichtlich sollte es in ein Skigebiet gehen. Viele Leute standen auf dem schmalem Trottoir zwischen Bus und Mauer, ihnen paßte es gar nicht, daß ich auch noch vorbei wollte, anstatt auf die Straße zu gehen und dort am Bus vorbei. Eine Frau schrie "Huch!" und ein Mann sagte: "Solche Leute gehören eingesperrt."

Angenehm barfuß begehbar war die provisorische Holzbrücke über die Tunnelbaustelle. Dann hörte ich ein Martinshorn, und ein Polizeifahrzeug kam mir mit Blaulicht entgegen. Ich dachte mir sofort, daß diese Polizisten NICHT wegen mir unterwegs waren. Tatsächlich rasten sie auch vorbei, und ich dachte ihnen laut (aber für niemanden verständlich) hinterher: "He, ihr Blödmänner. Ich bin doch hier!" Mir begegneten noch ein paar südländische Familien (große Glotzaugen), bevor ich mich ans Aareufer begab, um etwas zu verzehren. Hier war es sonnig und eine winzige Sandfläche bot meine Füßen Erholung.

Dann ging es weiter in Richtung Zofingen. Ich durchquerte die Altstadt (diesmal mehr ungläubige Blicke als am Tag zuvor, vielleicht fällt Barfüßigkeit auf dem Rad weniger auf als zu Fuß). Ich verließ die Altstadt wieder, kam an einem Kinderspielplatz vorbei, wo einige Kinder das Spielen unterbrachen und in meine Richtung starrten, dann starrten auch die Eltern.

Ich wanderte die Straße bis hinauf zur Waldgrenze, ich wollte einen Feldweg in Richtung Heiternplatz benutzen. Das erste Stück Feldweg war eine etwa 30 Meter lange Eisfläche, über die ich mußte. Ging eigentlich ganz gut. Ein Mann rief "Schlittschuhe geklaut?" Es folgte ein Schotterweg, aber der Grasstreifen daneben war angenehm matschig, so daß ich locker andere Leute überholen konnte. Das letzte Stück war schattig, daher noch schneebedeckt, aber auch hier kam ich durch.

Ich erreichte den Heiternplatz, eine große Rasenfläche, einige Stellen waren herrlich matschig. Wer "gute" Schuhe trug, mußte hier vorsichtig gehen. Nach Lust und Laune gehen konnte hier nur, wer Gummistiefel trug oder barfuß lief. Ein kleines Mädchen saß neben den Eltern und wollte es einigen Jungen nachmachen, die mit Gummistiefeln durch den Matsch stapften, aber die Eltern hielten es zurück mit den Worten: "Das geht nicht, du hast keine Gummistiefel an! Deine Schuhe gehen kaputt." Dann erblickte es mich und sagte: "Der läuft barfuß!" Dabei blieb es. Meine "Hoffnung" auf die Frage an die Eltern, ob es auch barfuß laufen dürfe, erfüllte sich nicht. Andere sagten: "Das ist ein Moorbad."

Ich schritt noch über den Friedhof Bergli (hier ein paar fassungslose Blicke älterer Herrschaften), dann schritt ich hinunter ins Riedtal. Dort überholte ich noch ein Ehepaar mit kleiner Tochter. Dieses Mädchen starrte mich mit großen Glotzaugen an, während die Eltern lächelten. Anstatt direkt nach Hause zu gehen, benutzte ich noch die Straße nach Brittnau, wo mir noch einige Leute begegneten. Mittlerweile wurde es kälter. Dann folgte der Trampelpfad, der dank Augusthochwasser sandiger geworden war. Meine Zehen waren ziemlich klamm geworden. Es folgte noch ein asphaltierter Feldweg nach Hause, wo ich ankam, als es bereits dunkel war. Ein barfüßiger Neujahrsspaziergang ging zu Ende, vor 3 Jahren etwas "absolut unmögliches". Aber man ist ja flexibel. Es wird sicher nicht mein letzter gewesen sein. Ich glaube nämlich nicht, daß man mich vor Erreichen des Rentenalters in eine Anstalt einweisen wird wegen barfuß. Dann würde der Stadt Zofingen nämlich ein Steuerzahler verloren gehen.

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen


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