Schöne Bescherung! (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Wednesday, 28.12.2005, 06:15 (vor 6846 Tagen)

Heiligabend 2005: Diese Passage paßt nicht so ganz in den übrigen Ablauf, darum kommt sie zuletzt:

Es war ca. 13 Uhr und ich war mit dem Tram nach Allschwil gefahren, "selbstverständlich" barfuß. Nun saß ich auf einer Bank am Ufer des Dorfbaches und verzehrte eine Kekstüte (genauer gesagt: nicht die Tüte selber, sondern "nur" die Kekse in der Tüte). Gleichzeitig beobachtete ich das Geschehen auf der Wiese vor mir (Leute mit Hunden, wenige Kinder). Ab und zu kam ein Mensch mit Hund vorbei. Meistens blieben die Hund vor mir stehen - wegen der Kekse.

Plötzlich sah ich, wie ein Polizeifahrzeug eine schmale Straße etwa 100 Meter von mir entfernt entlang fuhr, dann auf einen Hof fuhr, wendete und dort stehen blieb. Nichts weiter geschah. Ich beugte mich so, daß mein Kopf in Höhe der Knie war - und das Polizeifahrzeug war wegen eines Busches nicht zu sehen. Mit anderen Worten: Aus dem Fahrzeug konnte man mich zwar sehen, aber nur das, was sich oberhalb der Gürtellinie befand. Falls die Polizei also zufällig dort sein sollte, würde man höchstens über mein Nichttragen einer Mütze stolpern. Etwa 10 Minuten später folgte ein zweites Polizeifahrzeug, hielt neben dem ersten an, fuhr dann aber weiter.

Doch halt! Normalerweise hätte das Auto doch längst wieder hinter der Hecke, die Vom Bach zur Straße führte, auftauchen müssen. War es etwa stehen geblieben und die Besatzung ausgestiegen, um sich mir unbemerkt zu nähern? Was tun. Der Weg am Bach war nicht gerade barfußfreundlich. und über die Wiese würde ich der Polizei direkt ins Messer laufen. Also erhob ich mich und ging bachabwärts. Ich hatte mich nicht getäuscht. Das andere Polizeifahrzeug war stehen geblieben und 2 Beamte gingen parallel zur Hecke in Richtung Bach. jetzt gab es nur eins: Normal gehen, nicht laufen. Es durfte nicht nach Flucht aussehen. Ganz davon abgesehen. Meine Füße waren vom Sitzen abgekühlt, ich durfte also nicht allzu schnell gehen. Schmerzen empfand ich auch.

So kam es, daß mich ein junger Beamter einholte und fragte, was ich hier mache. Darauf antwortete ich, daß ich mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs wäre und nun mal ein Stück wandern wollte. Als er mich fragte, warum ich keine Schuhe an hätte, meinte ich, das wäre gesünder. Irgendwie konnte er es nicht glauben. Dann wollte er meinen Ausweis sehen, dann fragte er: "Sie wohnen in Zofingen und fahren hierher? Nur zum Barfußlaufen? Wieso machen Sie das nicht vor Ihrer Haustür?" Darauf entgegnete ich: "Weil es hier meistens ein paar Grad wärmer ist, die Wahrscheinlichkeit, daß die Sonne den Nebel besiegt, in Basel um ein vielfaches größer ist. Außerdem hätte man hier immer noch die Möglichkeit, ein Tram zu besteigen, um sich aufzuwärmen."

Während dieser Zeit hatte eine Polizistin irgendwas per Funk durchgegeben, auch kam ein dicker Polizist aus dem anderen Fahrzeug angesäckelt. Letzterer kam mir auf dem ersten Blick (im Gegensatz zu den anderen Beamten) absolut widerlich vor. Zum Glück hielt er sich meistens im Hintergrund, am meisten redete der "Dünne". Als einmal eine Pause war, ergriff der "Dicke" das Wort: "Was wollen Sie überhaupt in Basel?" Solche Fragen kann ich überhaupt nicht ab. Das geht doch die Polizei einen feuchten Kehricht an, warum man irgendwo hinfährt. Dann könnte man doch genauso fragen, warum man gerade an einen bestimmten Urlaubsort fährt. Darum antwortete ich: "Soweit ich mich erinnere, darf in der Schweiz jeder freie Bürger eine Stadt besuchen, sooft man es will. Und niemandem ist man darüber Rechenschaft schuldig, warum man es macht - niemandem!"

Dann wollte der "Dünne" auch noch meine Fahrkarte sehen, dann fragte er, ob ich derselbe gewesen sei, der auch barfuß im gelben Tram bis Bottmingen unterwegs war. Dieses bejahte ich und fügte hinzu. "Es gibt zwar Leute, die sogar bei deutlich tieferen Temperaturen als heute barfuß auf den Feldberg im Schwarzwald gehen und hinterher stundenlang auf einen Bus warten, aber daß an einem Heiligabend gleich zwei Leute unabhängig voneinander barfuß im gelben Tram unterwegs sind, das dürfte wohl kaum vorkommen."

Die Polizistin fragte mich, ob ich wüßte, wo ich wieder einsteigen müßte, worauf ich antwortete: "Dieser Wanderweg führt zum Kannenfeldpark, einem ehemaligen Friedhof. Und überall gibt es Wege nach rechts, die auf die Straße zuführen, auf der die Tramlinie 6 zwischen Allschwil Dorf und Riehen Grenze verkehren." Ich hatte so den Eindruck, als ob die Polizisten weniger über die Basler Straßenbahnen wußten als ich.

Irgendwie waren die Polizisten ratlos. Nichts sprach dafür, daß ich mich hier verlaufen würde. Leider konnten sie mir auch nichts verbotenes nachweisen. Also mußten sie mich laufen lassen. Dann wünschten sie mir noch frohe Weihnachten, ich war frei.

Durch das lange Stehen waren meine Füße taub geworden. Ich bin mir nicht sicher, ob ich etwas gegen die Beamten in der Hand gehabt hätte, wenn mir durch das lange Stehen während der Kontrolle ein dauerhafter gesundheitlicher Schaden entstanden wäre. Vermutlich nicht. Denn dann hätte ich nachweisen müssen, daß mir kein Schaden entstanden wäre, wenn sie mich nicht aufgehalten hätten. Ich entschloß mich, den Wanderweg über den nächsten Plattenweg nach rechts zu verlassen. Hier konnte ich schneller gehen. Dann schmerzten die Füße, aber auch das ging vorbei. Im Tram normalisierte sich der Zustand wieder.

Vermutlich hatte der grimmige Tramchauffeur, der mich in Dornach angesprochen hatte, die Polizei verständigt, nachdem ich in Bottmingen ausgestiegen war. Und vermutlich hatte mich auch irgendein Spießer in Allschwil angeschwärzt. Und einzig und allein aus dem Grund, daß ich geringfügig weniger winterlich angezogen war als die anderen Leute! Dabei wußte ich nicht einmal, daß Allschwil eine Spießergegend ist. Oder sind dort die Spießer auch nur eine Minderheit, und ich bin zufällig auf die gestoßen?

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen

Schöne Bescherung!

Vesa Local @, Stammposter, Saturday, 31.12.2005, 12:21 (vor 6843 Tagen) @ Michael aus Zofingen

Mensch, Michael!

Was machst Du bloß, daß Du soviel Umstände mit den Beamten hast!?!? *duck* ;-)

Die Frage: "Was wollen Sie überhaupt in Basel?" finde ich - gelinde gesagt - eine bodenlose Unverschämtheit, Überheblichkeit und leider nicht stafbare Anmaßung! :-(((

Um so mehr freue ich mich jedesmal darüber zu lesen, daß diese Diener des Staates nichts machen (können / dürfen).

Lasse Dich nicht aus der Ruhe bringen - dann wird es auch so bleiben. Die Leute, die sich über soetwas wie "barfuß" ärgern müssen einfach merken, daß deren "Petzereien" absolut nichts bewirken.
Auf, daß sie so dunkel ärgern, wie die Fußsohlen im Sommer! :-D

Allen einen guten Rutsch!
Vesa Local

Schöne Bescherung!

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Tuesday, 03.01.2006, 17:25 (vor 6839 Tagen) @ Vesa Local

Hallo Vesa Local!

"Was machst Du bloß, daß Du soviel Umstände mit den Beamten hast!?!? *duck* ;-)
Die Frage: "Was wollen Sie überhaupt in Basel?" finde ich - gelinde gesagt - eine bodenlose Unverschämtheit, Überheblichkeit und leider nicht strafbare Anmaßung! :-"

Es hat sicher mehrere Gründe, weshalb gerade ich soviel Ärger mit den Ordnungshütern habe, mehr als andere bei gleicher Witterung.

Um erst einmal Ärger zu bekommen, muß man erst einmal gemeldet werden. Leute, die wegen barfuß die Polizei rufen, sind meistens sogenannte "Spießer", die nichts besseres zu tun haben als JEDE Unregelmäßigkeit der Polizei zu melden. Zwar gibt es auch gutmütige Leute, die sich ehrlich Sorgen machen um einen, der bei "unmöglichen" Temperaturen ohne Schuhe unterwegs ist. Aber die würden es auf andere Weise versuchen und nicht gleich die Polizei rufen. Wenn einer ein krankes Haustier hat und daran interessiert ist, daß es wieder gesund wird, der holt auch den Tierarzt und nicht etwa den Metzger. Spießer gibt es am meisten in Kleinstädten, weniger auf dem Land oder in der anonymen Großstadt (dort herrscht mehr Interesselosigkeit, die den Barfüßer vor Denunziationen schützt).

Wenn erst mal ein Spießer auf der Lauer liegt, dann muß er den Barfüßer erst mal orten. Da Spießer im wahrsten Sinne des Wortes ein Brett von dem Kopf haben (oder ein Pfahl im eigenen Auge), dann sind sie nicht mehr in der Lage, den "winzigen Splitter" Barfüßigkeit zu bemerken, solange eine lange Hose einiges verbirgt. Wenn aber der Barfüßer gleichzeitig eine kurze Hose trägt, dann sieht ein Blinder mit dem Krückstock die Barfüßigkeit. Wobei kurze Hosen auch in Kombination mit Schuhen für viele Spießer schon Grund genug ist, die Polizei zu rufen. Das trifft sogar für Spießer zu, die selber im Sommer kurze Hosen tragen, etwa nach dem Motto: "Wenn ich das tue, ist es richtig. Andere dürfen es nur tun, wenn ich das auch tue. Nur 1 Grad weniger oder einen Tag früher oder später, dann ist es verkehrt!" So kleinkariert sind manche Spießer. Da ich einerseits nicht gerne lange Hosen trage (dann schmerzen die Kniescheiben), andererseits das Tragen von kurzen Hosen vor dem Gesetz nicht mehr und nicht weniger verboten ist als das Barfußlaufen, sehe ich nicht ein, daß ich wegen der Spießer auf irgendwas verzichte.

Ein anderer Grund, weshalb ich häufiger verpfiffen werde, ist die Tatsache, daß ich kein Auto besitze, mit dem ich, geschützt vor bösen Blicken, die Spießergegend verlassen kann, um dann in einer spießerfreien Gegend barfuß laufen zu können. Ich benutze das Fahrrad, auf dem es mehr auffällt oder ich gehe zu Fuß, wo ich vom Fenster eines Spießers noch länger beobachtet werden kann. Leider kann ich bei Temperaturen um den Gefrierpunkt nicht mehr als etwa einen Kilometer barfuß radfahren, so daß ich nur wandern kann. Die Spießer haben genug Zeit, und die herbeigerufene Polizei hat ein leichteres Spiel. Besonders leicht hat es die Polizei, wenn ich nur noch da barfuß laufen kann, wo Straßen sind, während die Feldwege (wo keine Autos fahren könne) wegen verharschtem Schnee nicht mehr barfuß benutzbar sind.

Die Kontrolle am Heiligabend geschah übrigens nicht in Basel selbst, sondern in Allschwil, das mit Basel eine städtebauliche Einheit bildet, etwa wie Hamburg mit Wedel.

"Um so mehr freue ich mich jedesmal darüber zu lesen, daß diese Diener des Staates nichts machen (können / dürfen). "

Wie weit die Macht der Staatsdiener sein kann, weiß ich nicht. Vermutlich kann die Polizei nichts mehr machen, aber Gerichte? Die meisten Spießer würden vermutlich kaum auf dem Gerichtsweg gegen Barfüßer vorgehen. Und ob Polizisten Gerichte einschalten?

"Lasse Dich nicht aus der Ruhe bringen - dann wird es auch so bleiben. Die Leute, die sich über so etwas wie "barfuß" ärgern müssen einfach merken, daß deren "Petzereien" absolut nichts bewirken."

Dann hilft nur noch die Lynchjustiz, aber dazu sind die meisten Spießer zu f e i g e!

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen

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