Barfuß über winterliche Straßen (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Monday, 19.12.2005, 15:53 (vor 6854 Tagen)

Das vergangene Wochenende war überwiegend naß. Kein besonders schöner Schnee, sondern überwiegend Schneematsch am Samstag. Aber am Sonntagvormittag war es über einen längeren Zeitraum trocken. Gegen 10 Uhr lag auf der Hofeinfahrt eine dünne Schneedecke, die Straße war frei von Schnee, jedoch sehr naß. Das Trottoir war zumindest vor dem Grundstück ziemlich vereist. Sollte ich da barfuß rausgehen?

Ich wollte schon, als ich beim Zuziehen der Fenstervorhänge sah, wie ein Polizeifahrzeug auf der gegenüberliegenden Straßenseite stand und 2 Polizisten mit einem Mann mit südländischem Aussehen heftig diskutierten. Vermutlich drehte es sich um ein falsch abgestelltes oder nicht ordnungsgemäß angemeldetes Auto. Da verließ mich der Mut: Ich wollte nicht unter uniformierten Zeugen barfuß aus dem Haus kommen und über den Hof gehen. Das hätte damit enden können, daß sie mich wieder in die Wohnung schicken um mir zu befehlen, das Haus nur in "ordnungsgemäßer" Kleidung (also mit Winterjacke, Mütze, langen Hosen und Schuhen) zu verlassen oder im Haus zu bleiben. Dann hätte ich aber vergessen können, barfuß etwas zu unternehmen, denn die Beamten wären gewarnt gewesen und hätten während ihres Dienstes besonders darauf geachtet, ob ich deren Weisung befolge oder nicht. Und was mir dann geblüht hätte, kann ich nicht beurteilen: im schlimmsten Fall wohl eine Buße wegen "Widerstand gegen die Staatsgewalt".

Also wartete ich noch ca. 5 Minuten, bis die "Bullenschleuder" verschwunden war, dann machte ich mich auf den Weg. Es war wirklich Gewöhnungssache. Ich hatte die Wahl zwischen Schnee, Eishubbeln und nasser Straße. Vermutlich handelte es sich um Salzwasser, ich bediente mich aber nicht der Zunge, um das zu überprüfen. Ich wechselte andauernd den Untergrund, bis ich an eine stärker befahrene Straße kam, an der auch das Trottoir schneefrei war. Autofahrer drehten sich manchmal um, aber wenigstens handelte es sich um "normale" Autos, solche ohne blaue Lampe auf dem Wagendach. Ich kam mir ein benachbartes Ehepaar Mitte 60 entgegen. Der Mann grinste, als er mich sah. Somit dürfte klar sein, was er meinem Vater erzählen wird (ERZÄHLEN, NICHT petzen, anschwärzen oder sonst was), wenn meine Eltern mal wieder bei mir zu Besuch sein sollten.

Durch eine Unterführung unter der Bahn ging ich langsamer, so daß ich die Nässe partiell auf dem dort trocknen Beton verteilen konnte. Etwas Abwechslung bot das Kopfsteinpflaster der Zofinger Altstadt. Viele Leute waren nicht dort, manchen schien meine Barfüßigkeit gar nicht aufzufallen, andere, speziell Kinder, machten große Glotzaugen. Eine Mutter hatte Schwierigkeiten, ihren kleinen Sohn zum Weitergehen zu bewegen, er starrte immer nur in meine Richtung. Und immer die "obligatorische" Frage: "Ist das nicht zu kalt?"

Eine etwa 30-jährige Frau rief: "Wir scheinen 30°C im Schatten zu haben!" Worauf ich sagte: "Bei 30°C im Schatten würde ich nicht so seelenruhig hier gehen, sondern auf der anderen Straßenseite, wo wirklich Schatten ist. Hier in der Sonne wäre der Boden viel zu heiß!" Nachdem ich mehrere Straßen der Altstadt durchquert hatte, begab ich mich in Richtung Postamt.

Mit ein Grund, daß ich barfuß (oder besser: überhaupt) unterwegs war, war die Tatsache, daß ich noch einige Briefe einstecken mußte und auch Briefmarken aus dem Automaten holen mußte. hier befand ich mich quasi in der "Höhle des Löwen", denn im selben Gebäude befindet sich auch der Posten der Kantonspolizei und das Gefängnis. Aber ich hatte auch hier Glück: Niemand hinderte mich an meinem Vorhaben und ich kam unbehelligt davon. Ein Blick zum Thermometer auf einem Fabrikdach: Es war 0°C, minus 0°C. Im Fichtelgebirge würde man wohl fast schon "hochsommerlich" sagen.

Leider bezog es sich bald wieder und Schneefall setzte ein, so daß ich wieder nach Hause ging. Meine Füße waren zwar gut durchblutet, aber die Sohle war weich geworden. Zwar spürt man bei tieferen Temperaturen nicht jede Unebenheit, aber auch Verletzungen würde man nicht gleich mitbekommen. Verletzt hatte ich mich aber nicht, jedoch glich die Fußsohle einer Kraterlandschaft, vermutlich hervorgerufen vom Splitt. Da ich nicht wegen jedem "Muckensäckeli" zum Onkel Doktor gehe, werden auch diesmal die Ärzte nicht an mir verdienen:

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen


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