Ein sonniger und barfüßiger Adventssonntag (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Monday, 12.12.2005, 12:42 (vor 6927 Tagen)

Sonntag, 11.12.2005: Wieder der übliche Hochnebel. Aber gegen Mittag löste er sich auf, die Sonne lachte vom Himmel. Und die Straßen waren trocken, und die Temperatur lag knapp über 0°C, auch wehte ein frischer Ostwind (Bise). Gegen 13 Uhr verließ ich barfuß meine Wohnung. Mich störte nicht, daß der Nachbar, den meine Mutter nicht leiden kann, weil sie es nicht ab kann, wenn sie bei ihrer Küchenarbeit vom Nachbarn "kontrolliert" wird, wieder einmal am Fenster stand. Dieser Nachbar war es auch, der schadenfroh am Fenster stand, während ich von einem Polizeiauto abgeholt wurde und ein bitter enttäuschtes Gesicht machte, als mich die Polizei wieder zurück brachte. Ob dieser Nachbar auch in irgendeiner Form etwas mit den anonymen Briefen zu tun hat, sei mal dahingestellt. Mit "konstanter Bosheit" wechselte ich aber das Trottoir, so daß er mich bis zum Ende der Straße von hinten sehen konnte. Ist das Provokation? Nein! Auch ich habe das Recht, mir das Trottoir auszusuchen. Ich sehe einfach nicht ein, daß ich wegen eines Spießers auf den Genuß verzichte, den sonnenbeschienenen neuen Asphalt zu benutzen anstatt den baufälligen auf der Schattenseite. Und wenn es ihn meine "Rückseite" stört: Er darf ruhig aus einem anderen Fenster sehen können. Dann hätte er nämlich mitbekommen, wer gerade aus einem Omnibus ausgestiegen (ich weiß es auch nicht, da ich hinten keine Augen habe). Dann aber hatte ich die Spießergegend hinter mir.

Ich wanderte in Richtung Reiden, zunächst am Ufer des Flusses W i g g e r . Ich kam an einem Haus vorbei, vor dem eine Mutter mit ihren Töchtern und einem Hündchen stand. Diese Kinder habe ich schon öfters barfuß spielen gesehen, diesmal aber starrten sie mich an. Dürfen denn nur Kinder barfuß laufen und Erwachsene nicht? Der Hund kam auf mich zugerannt und beschnüffelte schwanzwedelnd meine Füße. Keinen Augenblick glaubte ich, daß er zuschnappen würde. Die Mutter versuchte, den Hund zurückzurufen, aber er wollte nicht von mir weg.

In Reiden ging ich durch den Ortskern und erntete einige erstaunte Blicke von Kindern. Ich wollte wieder einmal den schönen Grasweg benutzen, der oft herrlich matschig ist. Diesmal zog ich es vor, neben dem Weg auf dem Gras zu gehen, hier war es trocken, während der Matsch steinhart gefroren war. Ich ging recht schnell, da ich hier den kalten Ostwind besonders spürte, aber nur an den Armen, trotz Windjacke. Eine Familie eine Straße entlang, an der der Grasweg endete. Die winterlich vermummten Eltern gingen voran, während die nicht minder vermummten Kinder an der Abzweigung stehen blieben und in meine Richtung blickten. Sie wollten wohl sehen, ob ich "ganz" barfuß war oder irgendwelche Schlappen trug, was man wohl nicht eindeutig erkennen konnte, weil das Gras einiges kaschierte. Als ich nahe genug war, rief die jüngere Schwester: "Mami, der Mann ist barfuß! BARFUSSSSSSSSSSS!" Als die Eltern nicht reagierten, riefen beide Kinder: "BArFUSSSSSSSSSSS!" Was die Eltern daraufhin sagten, konnte ich nicht verstehen.

Sollte ich es wagen, bei dieser Witterung den teils schotterigen, teils belaubten Wanderweg von Wikon nach Zofingen zu benutzen oder lieber die vielbefahrene Kantonsstraße? Ich wählte den Wanderweg, der in der Sonne und im Windschatten lag. Ich habe die Wahl nicht bereut. Einige erstaunte Blicke, aber meistens lächelten hier die Leute nur freundlich. Anstatt nach Hause stieg ich noch hinauf zum Hirschpark, hier bestand der Weg aus ziemlich rauhem Asphalt. Hier waren viele Eltern mit Kindern, große Glotzaugen waren hier keine Seltenheit. Den Tieren in den Gehegen schien dagegen meine Barfüßigkeit völlig schnuppe zu sein.

So schritt ich in Richtung Heiternplatz. Eine Frau, die gerade im Begriff war, die Parkbucht mit dem Auto (mit Zürcher Kennzeichen) zu verlassen, fragte mich erstaunt: "Und was tragen Sie im Winter?" Wollte sie fragen, was ich im Sommer trage? Jedenfalls beantwortete ich die Frage wie folgt: "Im richtigen Winter? Lange Hosen, Schuhe, Handschuhe!" (Die Mütze erwähnte ich bewußt nicht) "Ach ja", war die Antwort.

Ich verließ das Lindengeviert und ging zunächst zur Vogelvoliere und dann durch die Altstadt. Da kein Weihnachtsmarkt mehr war, waren auch nicht allzu viele Leute dort. So gab es auch keinerlei negative Bemerkungen. Kaum aber wollte ich die Altstadt wieder verlassen, da kam mir doch glatt ein Polizeifahrzeug entgegen. Einfach weitergehen, dachte ich. Vielleicht haben die Beamten der Stadtpolizei Feierabend und wollen nur ihr Auto in die Garage fahren. Dann achten sie kaum noch, was links und rechts passiert. Ich hatte Glück, das Auto fuhr vorbei. Ein Thermometer auf einem Dach zeigte die Temperatur an, 0°C, diesmal aber MINUS NULL. Als ich die Bahnhofsunterführung benutzte, sagte jemand: "Der hat seine Schuhe vergessen!" Nun war es nicht mehr weit bis nach Hause, wo ich um 17.00 Uhr ankam. Ein sonniger Adventsonntag ging zu Ende, ein barfüßiger noch dazu. Vor 3 Jahren noch ein Ding der Unmöglichkeit.

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen


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