Erster Tag in der "Winterzeit", natürlcih barfuß (Hobby? Barfuß! 2)
Sonntag, 30.10.2005: Ich hatte die längste Nacht des Jahres im Schlafsack am Birsufer bei Münchenstein verbracht. Nun wurde es helle, ab und zu liefen bereits ein paar Jogger vorbei, ebenso ein paar Leute mit Hunden. Bevor ich losradelte , schritt ich sicher noch 15 Minuten barfuß durch das trockene, jedoch kalte Laub auf und ab, besser: ich schlurfte. Als aber die Sonne zum Vorschein kam und mich wärmte, radelte ich los, ohne Jacke.
Auf der Fahrt nach Basel parallel zur BLT-Tramlinie 11 starrten mich einige Autofahrer an, auch machten das einige Fahrgäste in den hier gelben Trams. Da aber die Trams eher leer waren, war es nicht das gleiche Bild mit den drehenden Köpfen wie in Düsseldorf. Die Straßen waren eher leer. Die häufigsten Fahrzeuge im Basler Zentrum waren Straßenbahnen. Als ich die Mittlere Brücke überquerte, wehte ein frischer Wind.
Mein Weg führte mich zunächst zur "Grütt" nach Lörrach. Hier waren viele Spaziergänger, die meisten eher winterlich gekleidet. Ich nahm auf der einzigen freien Holzinsel im Grüttsee Platz, die noch nicht von fett begummistiefelten Anglern reserviert waren. Aber nicht nur Angler waren dort. Auch eine Frau mit einem kleinen Mädchen war dort. Das Mädchen wollte immer die Jacke ausziehen, aber die Mutter schimpfte: "Du sollst die Jacke anbehalten, es ist zu kalt!" Das Kind zeigte auf mich, worauf die Mutter sagte: "Die Schuhe behältst du auch an!" Warum hielten sich die beiden auch nur im kalten Schatten auf? Im Sonnenschein war es sicher auf für Leute, die nicht zu den "hitzigen Siechen" gehören, ohne Jacke und Schuhe auszuhalten.
Ein etwa 13-jährigen Mädchen kam auf Rollerblades angelaufen und wollte nur auch zu einer Holzinsel, stellte aber fest, daß dieses nur entweder durch seichtes Wasser oder über einzelne Steine möglich war, wobei letzteres mit Rollerblades nicht gerade ideal zu bewerkstelligen war. Kurzerhand zog das Mädchen die Rollerblades aus und wollte offensichtlich erst auf Socken zur Insel. Da aber auch das Gras noch naß war, zog es auch noch die Socken aus und ging über die Steine. Auf dem Rückweg ging es übrigens durchs Wasser und dann noch quer über einen Rasen zu einer Bank, um die Füße abzutrocknen vor dem Anziehen der Rollerblades. Die Jacke behielt das Mädchen übrigens auch an, während es mir im T-Shirt allmählich zu warm wurde.
Gegen 11.30 Uhr radelte ich weiter, wieder in Richtung Basel. Dabei kreuzte ich mehrfach die Laufstrecke eines Marathonlaufes. Von den Teilnehmern war übrigens niemand barfuß, auch nicht von Leuten am Ufer des Flusses Wiese, dem ich bis Kleinhüningen folgte. Die letzten Sonnenstunden wollte ich auf der Rheintreppe nahe der Mittleren Brücke, über die ab und zu ein historisches Tram rollte, verbringen. Auch andere Sonnenhungrige saßen dort. Auch andere wagten es, Schuhe, Socken, Oberhemden usw. abzustreifen. Es hielten sich übrigens mehr barfüßige Männer als Frauen dort auf, anders als im Sommer. Hängt vielleicht damit zusammen, daß Frauen im Sommer meistens ohne Strümpfe unterwegs sind und einfach die Sandalen abstreifen können. Jetzt, wenn sie Strumpfhosen tragen, ist es schon komplizierter. Männer dagegen brauchen auch jetzt nur Schuhe und Socken auszuziehen. Wem das zu kompliziert ist, der läßt es halt bleiben, auch im Hochsommer.
Von den Leuten, die an diesem schönen Tag ohne Strümpfe unterwegs waren, waren übrigens Männer und Frauen in gleichen (geringen) Mengen, anders als im Sommer. Und von den Frauen, die ohne Strümpfe unterwegs waren, trugen viele lange Hosen und dicke Jacken, während von den Männern ohne Socken ein großer Teil auch kurze Hosen und nur ein T-Shirt trug. Von den Kindern dagegen waren die meisten hier am Rheinufer eher winterlich gekleidet, einige durften mit Erlaubnis der Eltern allerdings Wollpullover ausziehen. Eine Ausnahme war ein kleines Mädchen. Es trug nur ein Sommerkleid und Sandalen ohne Socken. Erst hielt der Vater es immer fest, damit es nicht wegläuft. Irgendwann aber hielt er es in den Armen und senkte es langsam auf das Wasser ab. Zuerst zappelte es, dann aber gefiel es ihm sichtlich besser. Dann durfte es auf dem Kies durch das Wasser gehen, während der Vater es festhielt, damit es nicht stürzte. Immer rief es: "Aus! Aus! Aus!" Aber der Vater sagte: "Nein! Mit Schuhen! Hier liegt soviel Glas!" Leider hatte er recht. Hier hält sich oft nämlich auch Gesocks auf, und das wirft die Flaschen einfach in den Rhein. Daher war es nur richtig, daß der besorgte Vater seiner Tochter nicht erlaubte, barfuß durch das Wasser zu laufen. Genauso verwerflich fand ich es, daß ein (vermutlich drogensüchtiger) Halbstarker ab und zu einen Knüppel über die Köpfe der auf der Treppe sitzenden Leute warf, damit sein großer Hund ihn aus dem Rhein holte. Dabei streifte der Hund manches Mal Kinder und riß einmal auch eine Bierflasche um, die auslief, aber heil blieb. Beinahe hätte der Köter auch noch das fast barfüßige Mädchen umgerissen, nämlich dann, als der Hund von einem Schwan angefaucht wurde und daher die Richtung wechseln mußte.
Als die Sonne hinter den Häuserfronten Großbasels verschwand, schob ich mein Velo noch durch menschenvolle Gassen über den Rummelplatz bis hin zum Barfüßerplatz. Ab und zu groß Glotzaugen, schließlich waren hier vermutlich alle winterlicher gekleidet als ich. Zwar einige wenige Leute in Sandalen ohne Socken (auch Kinder) , aber keiner ohne Schuhe. Zwar einige Leute in ärmellosen Tops oder in kurzen Hosen, aber niemand NUR in kurzen Hosen. Es war immerhin 20°C.
Am Barfüßerplatz endlich benutzte ich mein Velo wieder dafür, wofür es gebraucht wurde, zum Fahren. Am Birskopf schien wieder die Sonne, auch hier war es noch 20°C, aber nur eine Frau war barfuß. Ich kam am Barfußpfad Birsfelden vorbei, eine fett beschuhte Frau ging neben dem Pfad und hielt mit der einen Hand ihr barfüßiges Kind fest, in der anderen Hand dessen Schuhe und Socken. Immer kürzer wurden die Augenblicke, die die Sonne zwischen einzelnen Häusern hervorlugte. Vor Frenkendorf war definitiv Schluß mit Sonne, ich mußte das T-Shirt überziehen. Auch weht ein starker Gegenwind. Nur noch einmal sah ich ein barfüßiges Kind aus einem Haus rennen, die übrige Kleidung ähnelte am ehesten einem Pyjama.
In Liestal zeigte das Thermometer noch 16°C, in Thürmen gerade 12°C, der Wind war immer noch stark. In Buckten mußte sogar ich eine Jacke überziehen, ich hatte somit meine Kleidungsressourcen ausgeschöpft. Kurz vor Erreichen der Jurahöhen schien der Wind wieder wärmer zu werden, hinter dem Jura wurde es aber deutlich kälter (vermutlich weil dort der Nebel sich bis zum Nachmittag gehalten hat). Meine Hände wurden klamm aber Beine und Füße hielten sich warm. Als ich Zofingen gegen 19.30 Uhr erreichte, war es gerade 10°C. Kalt? Nein, es war immerhin der erste Tag während der "Winterzeit". Aber hoffentlich nicht mein letzter Barfußtag in diesem Jahr.
Schöne Grüße
Michael aus Zofingen