Vorlesungen und Uni (Hobby? Barfuß! 2)

atti @, Wednesday, 05.10.2005, 20:10 (vor 6930 Tagen)

Seit ein paar Tagen bin ich nun an der Uni: Gartenbau in Weihenstephan.

Wenig angepasste (BWL Outfit), viele 'normale' und ein geringe Anzahl von 'bunten' Studies hier. Hier sind eher bodenständige Richtungen anzutreffen.

Da es noch nicht so kalt ist laufe ich weiterhin fast nur barfuss - auch an der Uni!

Vier andere Studies fallen zumindest durch die Abwesenheit von Socken auf: FlipFlops! Gerade bei männlichen Studies um die Jahreszeit eher ungewöhnlich (wurde mir gesagt, Erstsemester).
Trage keine kurzen Hosen mehr eher weitere Hosen die so um den Knöchel enden.

Bis jetzt habe ich noch keine richtig abwertenden Kommentare gehört. Wenn auch einige bisschen schadenfroh 'Bauernbub' hinterherrufen. Die kommen meistens vom Land und sind froh das sie studieren dürfen. Bei denen ist barfuss laufen noch ein Zeichen von Armut und sozialem Abstieg.

Die Profs sind neutral; einer verstieg sich zur Äusserung: Das ist gesund, soll die Muskeln anregen und den Schuhverschleiss stoppen. Womit er die Lacher auf seiner Seite hatte.

Bis jetzt hat noch niemand sich beschwert. Zum Essen muss ich allerdings Treter anziehen, dort ist barfuss laufen verboten. Wegen den Glassplitter. Steht so in der Mensaordnung. Sei's drum, damit kann ich leben.

Die Beispielgärten sind regendurchweicht - da ist barfuss deutlich im Vorteil. Gummistiefel rutschen leichter und schneller. Danach kurz mit Wasser saubergemacht - einfacher und leichter wie das lästige Umziehen der Stiefel. Vorallem müssen die auch noch geputzt werden...

Der gartenfussdreckige

atti

Vorlesungen und Uni

Pedro, Stammposter, Wednesday, 05.10.2005, 22:57 (vor 6930 Tagen) @ atti

Hi atti!

Seit ein paar Tagen bin ich nun an der Uni: Gartenbau in Weihenstephan.
Da es noch nicht so kalt ist laufe ich weiterhin fast nur barfuss - auch an der Uni!

Gratuliere!

Bis jetzt habe ich noch keine richtig abwertenden Kommentare gehört. Wenn auch einige bisschen schadenfroh 'Bauernbub' hinterherrufen. Die kommen meistens vom Land und sind froh das sie studieren dürfen. Bei denen ist barfuss laufen noch ein Zeichen von Armut und sozialem Abstieg.

Kann ich mir nicht vorstellen. Nirgendwo in Deutschland ist barfuß heutzutage ein Zeichen von Armut. Ich denke, diese Kommentatoren halten Deine Barfüßigkeit an der Uni für eine übertriebene Identifikation mit dem Landleben. Sie selbst wollen sich vielleicht von ihrer ländlichen Herkunft eher distanzieren, und da stößt es ihnen auf, wenn sich jemand so vorsätzlich mit dem Landleben identifiziert.

Bis jetzt hat noch niemand sich beschwert. Zum Essen muss ich allerdings Treter anziehen, dort ist barfuss laufen verboten. Wegen den Glassplitter. Steht so in der Mensaordnung. Sei's drum, damit kann ich leben.

So ein Quatsch. In allen deutschen Mensen gibt es im Sommer barfüßige Besucher. Und Deinen geübten Sohlen können ja wohl Glassplitter, so es denn welche gibt, auch nicht viel anhaben. Also: solche Vorschriften schlichtweg ignorieren! Ich wette, dass sich keiner von den Mensabediensteten beschwert.

Die Beispielgärten sind regendurchweicht - da ist barfuss deutlich im Vorteil. Gummistiefel rutschen leichter und schneller. Danach kurz mit Wasser saubergemacht - einfacher und leichter wie das lästige Umziehen der Stiefel. Vorallem müssen die auch noch geputzt werden...
Der gartenfussdreckige

Beneidenswert!

atti

Viele Grüße
Pedro
(Studium schon lange vorbei)

Vorlesungen und Uni - Nachtrag zu barfuß und arm

Pedro, Stammposter, Thursday, 06.10.2005, 08:44 (vor 6929 Tagen) @ Pedro

Hi Atti!

Bis jetzt habe ich noch keine richtig abwertenden Kommentare gehört. Wenn auch einige bisschen schadenfroh 'Bauernbub' hinterherrufen. Die kommen meistens vom Land und sind froh das sie studieren dürfen. Bei denen ist barfuss laufen noch ein Zeichen von Armut und sozialem Abstieg.

Kann ich mir nicht vorstellen. Nirgendwo in Deutschland ist barfuß heutzutage ein Zeichen von Armut. Ich denke, diese Kommentatoren halten Deine Barfüßigkeit an der Uni für eine übertriebene Identifikation mit dem Landleben. Sie selbst wollen sich vielleicht von ihrer ländlichen Herkunft eher distanzieren, und da stößt es ihnen auf, wenn sich jemand so vorsätzlich mit dem Landleben identifiziert.

Hierzu noch ein kleiner Nachtrag: Ich bin beruflich öfters in Ländern der Dritten Welt unterwegs. Wenn Sicherheit oder Protokoll es erfordern, trage ich Schuhe. Ansonsten bin ich barfuß. Ein barfüßiger Weißer verwirrt die Menschen, denn Weiße sind reich und Barfüßer sind arm. Bettler sprechen mich viel seltener an, wenn ich barfuß bin. Und natürlich bekomme ich viel mehr Kommentare als daheim. Am extremsten war es bisher in Nairobi (heißes Pflaster, wollte dort nicht Urlaub machen). Nach beiden Richtungen. Einer war ganz aggressiv und warf mir vor, ich würde diejenigen Afrikaner verhöhnen, die sich keine Schuhe leisten können. Ein anderer war ganz begeistert und lobte mich dafür, dass ich mit denjenigen Afrikanern Solidarität übe, die sich keine Schuhe leisten können. Was die alles in meine Barfüßigkeit hineininterpretieren. Ich habe keinen Hintergedanken beim Barfußlaufen. Es ist einfach nur pure Lebensfreude.

In diesem Sinne
Pedro

Nachtrag zu barfuß und arm

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Thursday, 06.10.2005, 13:04 (vor 6929 Tagen) @ Pedro

Hallo Pedro!

Auch wenn es in mitteleuropäischen Ländern wohl kaum noch vorkommen dürfte, daß Leute barfuß laufen müssen, weil sie kein Geld für Schuhe haben oder weil sie die wenigen Schuhe, die sie haben, schonen müssen, so gibt es noch heute Leute, die glauben, daß Barfüßer arm sind. Dabei meine ich nicht etwa Leute, die aus ärmeren Ländern etwa nach Deutschland eingewandert sind und auch nicht solche Leute, die beide Weltkriege erlebt haben.

Als ich im letzten Urlaub mit dem Fahrrad auch in Wiehl war, fragte mich ein Junge: "Sind Sie arm?" Auf meine Frage, wie er darauf komme, meinte er: "Weil Sie barfuß sind!" Es war übrigens über 20°C warm. Die Gegend um Wiehl ist nicht wohlhabend. Für landwirtschaftliche Bebauung zu bergig, für Weinbau zu kalt, Wälder sind auch nicht besonders ertragreich und dem Bergbau bzw. der Industrie, die die Bergbauprodukte verarbeitete, ging es auch schon mal besser. Daher herrscht vielleicht noch ein derartiger Glaube vor.

Ganz anders ein paar Tage später in Bingen, was sicher nicht in einer ärmlichen Gegend liegt. Als ich auf dem Weinmarkt war, hielt man mich auch für arm, so arm, daß ich hungern müßte. Eine Frau ab mir sogar 2 Euro, damit ich mir was zu Essen kaufen sollte.

Auch hier war ich barfuß, aber es kamen noch andere Dinge hinzu:

- Ich war auch sonst leichter gekleidet als die Mehrheit
- bzl. Figur sehe ich auch nicht gerade "überfüttert" aus
- auch ein teureres Fahrrad sieht nach Fahrten auch über unbefestigte Wege nicht mehr einladend aus (dunkel war es auch noch)
- bei einer zweiwöchigen Tour bei Übernachtungen meist unter freiem Himmel hat man nicht für jeden Tag ein Hemd zum Wechseln
- auch einem Bartträger sieht man an, wenn er sich länger mal nicht rasiert hat

Ich vermute einmal, daß niemand mich verfragt hätte, ob ich hungrig wäre, wenn ich zwar barfuß, jedoch im Maßanzug einem DICKEN Mercedes entstiegen wäre, frisch gewaschen und rasiert und einer Figur wie Helmut Kohl (also ganz zu den Maßen des Autos passend). Vermutlich hätte es aber ganz andere Kommentare gegeben und noch mehr GROSSE GLOTZAUGEN.

Andererseits hätte man mich wohl für genauso arm und hungrig gehalten, wenn ich zusätzlich Schuhe getragen hätte, egal ob Sandalen oder feste Schuhe, egal ob mit oder ohne Socken.

Somit wäre streng genommen nur mein Erlebnis in Wiehl im gelben Forum richtig plaziert, während das in Bingen eher ins OT-Forum gehört.

Soll ich meinen Lebensstil ändern? Ich bin halt gerne barfuß, ich fahre lieber Fahrrad als Auto, ich finde Maßanzüge beim Radfahren unpraktisch ebenso wie eine Wampe. Also bleibe ich so wie ich bin. Wenigstens vermutet man bei mir kein Geld, daß man mich deswegen überfallen würde.

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen

Nachtrag zu barfuß und arm

Pedro, Stammposter, Thursday, 06.10.2005, 14:14 (vor 6929 Tagen) @ Michael aus Zofingen

Hallo Michael!

Auch wenn es in mitteleuropäischen Ländern wohl kaum noch vorkommen dürfte, daß Leute barfuß laufen müssen, weil sie kein Geld für Schuhe haben oder weil sie die wenigen Schuhe, die sie haben, schonen müssen, so gibt es noch heute Leute, die glauben, daß Barfüßer arm sind.

Damit hast Du natürlich recht. Aber im konkreten Fall von Atti an der Uni kann ich mir nicht vorstellen, dass ein 20jähriger deutscher Student einen anderen 20jährigen deutschen Studenten für arm hält, weil er barfuß ist.

Ganz anders ein paar Tage später in Bingen, was sicher nicht in einer ärmlichen Gegend liegt. Als ich auf dem Weinmarkt war, hielt man mich auch für arm, so arm, daß ich hungern müßte. Eine Frau ab mir sogar 2 Euro, damit ich mir was zu Essen kaufen sollte.
Auch hier war ich barfuß, aber es kamen noch andere Dinge hinzu:
- Ich war auch sonst leichter gekleidet als die Mehrheit
- bzl. Figur sehe ich auch nicht gerade "überfüttert" aus
- auch ein teureres Fahrrad sieht nach Fahrten auch über unbefestigte Wege nicht mehr einladend aus (dunkel war es auch noch)
- bei einer zweiwöchigen Tour bei Übernachtungen meist unter freiem Himmel hat man nicht für jeden Tag ein Hemd zum Wechseln
- auch einem Bartträger sieht man an, wenn er sich länger mal nicht rasiert hat
Andererseits hätte man mich wohl für genauso arm und hungrig gehalten, wenn ich zusätzlich Schuhe getragen hätte, egal ob Sandalen oder feste Schuhe, egal ob mit oder ohne Socken.

Genau das glaube ich auch. Du hast die 2 Euro nicht in erster Linie wegen barfuß bekommen, sondern aus den von Dir genannten anderen Gründen.

Soll ich meinen Lebensstil ändern? Ich bin halt gerne barfuß, ich fahre lieber Fahrrad als Auto, ich finde Maßanzüge beim Radfahren unpraktisch ebenso wie eine Wampe. Also bleibe ich so wie ich bin.

Genau, bleib wie Du bist!

Viele Grüße
Pedro

Nachtrag zu barfuß und arm

Georg @, Stammposter, Thursday, 06.10.2005, 14:57 (vor 6929 Tagen) @ Michael aus Zofingen

Hallo zusammen,
das Klischee barfuß = arm wird vor allen Dingen von den Medien ständig bedient, wenn es um Drittweltländer etc. geht. Da darf man sich nicht allzu sehr wundern, wenn die Nachricht in manchen Köpfen auch angekommen ist.
Ein wenig Reflektion führt hierzulande schnell zu den Ergebnissen, die von euch angemahnt werden. Aber das mit der Reflektion ist halt auch nicht jedermanns und jederfraus Sache ...
Es füßt
Georg
PS: Ich bleibe für mich persönlich auch bei dem Vorurteil (mit eigener Anschauung kann ich leider nicht dienen), dass den Menschen, besonders auch den Kindern in Drittweltländern in aller Regel viele andere Dinge drinflicher fehlen als Schuhe, z. B. Medikamente, Schulbücher etc. Aber das gibt offenbar in den Medien nicht so viel her.

Nachtrag zu barfuß und arm

Lorenz, Stammposter, Thursday, 06.10.2005, 22:06 (vor 6929 Tagen) @ Georg

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..... in aller Regel viele andere Dinge dringlicher fehlen als Schuhe, z. B. Medikamente, Schulbücher etc. Aber das gibt offenbar in den Medien nicht so viel her.

Mit diesem Foto wirbt eine Organisation für Patenschaften.
Dem Mädel auf dem Bild fehlen die Bücher mit Sicherheit mehr als die Schuhe (immerhin hat es eine Schuliniform, die wesentlich hübscher ist, als das, was meine Tochter in Australien tragen musste). Aber wenn die Kleine jeden Tag kilometerweit durch die Steppe zur Schule geht, wird ihr Berufswunsch Krankenschwester sicher in Erfüllung gehen!

Nachtrag zu barfuß und arm

Ralf RSK ⌂, Stammposter, Friday, 07.10.2005, 14:53 (vor 6928 Tagen) @ Lorenz

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Hallo,

gerade gestern hatten wir im Presbyterium unserer Kirchengemeinde eine Präsentation von einem kleinen Verein, der sich um Aufbauprojekte im Meno-Hochland in Äthiopien bemüht. Hintergrund ist, dass ein Asylbewerber von dort sieben Jahre lang bei uns als Küster beschäftigt war und nun wieder in seiner Heimat lebt und mit Hilfe dieses Vereins und der regionalen Kirche dort entsprechende Projekte durchführt. Es geht um ganz fundamentale Dinge wie Aufforstung, Trinkwasserbrunnen, Viehzucht, aber auch z. B. die Bitte um Ausstattung eines Schulraumes mit Mobiliar. Die Ideen, was gefördert werden soll, kommen von den Leuten dort, Kleinbauern. Barfuß ist dort die Regel und sicher auch ein Symbol für Armut (aus unserer Sicht), dennoch habe ich das Gefühl, die Leute würden nie auf die Idee kommen, nach Geld für Schuhe nachzufragen.

Viele Grüße, Ralf

[image] hier geht's ins Meno-Hochland

Nachtrag zu barfuß und arm

Lorenz, Stammposter, Friday, 07.10.2005, 20:44 (vor 6928 Tagen) @ Ralf RSK

Hallo Ralf,

......Barfuß ist dort die Regel und sicher auch ein Symbol für Armut (aus unserer Sicht), dennoch habe ich das Gefühl, die Leute würden nie auf die Idee kommen, nach Geld für Schuhe nachzufragen.

Wenn alle barfuß sind, dann gibt es auch kein Prestigegefälle gegenüber denen, die Schuhe haben. Und dann ist es auch nicht unangenehm, barfuß zu sein!

Manchmal ist's auch bei uns umgekehrt, dann sind die Reichen und Schönen barfuß unterwegs -- wobei der Mann, der im Job keine Pumps tragen muss, eindeutig die schöneren Füße hat!

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Mach's gut und unbeschuht, Lorenz

Nachtrag zu barfuß und arm

Pedro, Stammposter, Saturday, 08.10.2005, 20:43 (vor 6927 Tagen) @ Lorenz

Hallo Ihr alle!

So weit ich es gesehen und erlebt habe, verlangen in den meisten Gegenden der Dritten Welt die Schulen von den Kindern, beim Schulbesuch Schuhe zu tragen, in den einfachen Schulen genügen Flip-Flops, in den besseren braucht man geschlossene Schuhe. Das ist eine völlig idiotische Geldverschwendung für die Eltern und an den guten Schulen eine ebenso unsinnige soziale Auslese. Klar, dass nach der Schule die Schuhe geschont werden...

Gruß
Pedro

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