Barfüßiger Fahrradurlaub - 10. Etappe (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Monday, 26.09.2005, 17:35 (vor 6939 Tagen)

Dienstag, 13.9.2005: Ich hatte unter einer Nahebrücke bei Bingen im Schlafsack übernachtet. Es hatte in der Nacht geregnet, aber unter der Brücke war ich ebenso wie und mein Fahrrad trocken geblieben. Nun, um 7.40 Uhr war es trocken und ich verließ ich den Platz. Es war hochnebelartig bewölkt, ich rechnete mit Sonne im Laufe des Tages. Kalt war es auch nicht. Trotzdem waren die meisten Leute, denen ich begegnete, deutlich winterlicher angezogen, nicht nur bzl. Fußbekleidung, die bei mir völlig fehlte, auch im Gepäck.

Mein erstes Reiseziel war Bad Kreuznach, das ich auf dem Nahe-Radwanderweg erreichen wollte. Da aber meine Kette irgendwelche komischen Geräusche von sich gab, hielt ich nach einer halben Stunde an, um sie zu reinigen und neu zu ölen. Das war eine Mohrerei sondergleichen, zum Glück war aber ein Brunnen in der Nähe, an dem ich die Hände waschen konnte. Die Füße hätte ich eigentlich auch gleich waschen sollen, denn bei der Putzaktion war ich mehrfach in Altfettreste getreten, ohne das zu merken. Wie ich merkte, war dieser Dreck der einzige war, der nicht gut ab ging. Der "normale Großstadtdreck", von dem andere nur träumen, weil er angeblich einen "richtigen" Barfüßer auszeichnet, ist gar nicht dagegen. Zumindest bei mir geht der so leicht ab, daß ich um jegliches Wasser einen Bogen machen müßte, damit er ja dran bleibt. Einige Gemeindearbeiter beobachteten mich bei der Putzaktion, sagten aber nichts zu meiner Barfüßigkeit.

Ich erreichte Bad Kreuznach, wo ich mein Velo barfuß durch die Altstadt schob, hier gab es kaum Reaktionen zu meiner Barfüßigkeit. Ebenfalls in der Nachbarstadt bad Münster am Stein [image] geschah diesbezüglich nichts aufsehenerregendes. Die Felsen sehen wirklich gewaltig aus. Burgen wollte ich jetzt nicht besichtigen, ich radelte weiter. Aber nicht weiter am Nahewanderweg in Richtung Bad Sobernheim, wo einen Tag später Martin und Andi hier "Unwesen" treiben würden, ohne daß ich den geringsten Schimmer davon hatte. Vielmehr entschied ich mich für den Weg entlang des Flusses Alsenz, durch das auch eine Eisenbahn fährt, an deren Strecke jedoch etliche Bahnhöfe aufgegeben wurden, vermutlich weil sie abseits der Ortschaften lagen.

Im Ort Alsenz stieß ich per Zufall auf einen kleinen Barfußpfad, desgleichen in Oberndorf einige Kilometer weiter. Letzteres befindet sich aber in einem ziemlich verfallenen Zustand. Wer Lust hat, kann dort testen, wie sich Brennnesseln und Diesteln zwischen Rindenmulch unter den nackten Füßen anfühlen. Auch der Kneipppfad dort läßt zu wünschen übrig, alles verschlammt. Aber immerhin habe ich dort längere Pause gemacht, die Sonne brach durch.

Bis Rockenhausen, wo die Bahnhofsgegend wegen Umbauarbeiten nicht barfußfreundlich war, verließ ich das Alsenztal, nur mußte ich mehr in die Pedale treten, um ostwärts zu gelangen. Auf den Gipfel des Donnersberges wollte ich zwar nicht, wohl aber in die Hauptstadt des Donnersbergkreises - Kirchheimbolanden. Diese Stadt [image] ist wirklich sehenswert. Und barfußfreundlich, sowohl die Altstadt, auch die Befestigungsanlagen. Beinahe wäre es aber zu einem Unfall gekommen. Als ich mein Fahrrad eine ziemlich steile Straße bergauf. Plötzlich rollte ein Auto vor mir zurück, es war ein Fahrschulauto. Ob Fahrschüler-/lehrer auf meine Füße gesehen haben und dadurch das Anfahren am Hang nicht reibungslos lief, sei mal dahingestellt.

Dann radelte ich zum (jetzigen) Bahnhof, wo gerade ein herziger Triebwagen [image] der reaktivierten Donnersbergbahn von Alzey einrollte. Die Strecke war früher länger und schloß in Marnheim an die Zellertalbahn an. Jedoch wurden die Gleise entfernt, innerhalb von Kirchheimbolanden ist der Damm jedoch erhalten, den ich in einem scherbenreichen Fußgängertunnel unterquerte. Der alte Bahnhof steht noch, wenn auch gleislos, rundherum Baustelle mit Nägeln usw. Jenseits von Kirchheimbolanden keine Spuren mehr vom Bahndamm, dafür östlich von Marnheim zwei gewaltige Steinportale, Reste des gegen Kriegsende gesprengten Pfrimmtalviaduktes
[image] , die erahnen lassen, wie gewaltig der Bahndamm (mit Kletterverbotsschild, hätte ich aber weder barfuß, noch mit Schuhen getan). Der weit abseits von Marnheim gelegene Bahnhof der Zellertalbahn wird heute auch nur noch von Museumszügen angefahren.

Ich radelte weiter nach Eisenberg, in dieser Stadt war recht viel Betrieb, auch lungerten viele Jugendliche auf dem Marktplatz, aber keiner lästerte. Der Bahnhof liegt ebenfalls außerhalb, und sogar in Betrieb. Über Hettenleidelheim radelte ich nach Neuleinigen, dieses Weinstädtchen mit dem überragenden Schloß ist auch sehenswert. Dann ging es immer bergab, Richtung Bad Dürkheim, wo gerade "Wurstmarkt" war. Dahin wollte ich aber nicht, sondern ich radelte zum Bahnhof, wo auch die Rhein-Hardt-Bahn (von vielen als "Straßenbahn" bezeichnet) ihre Wendeschleife hat. Einige Jugendliche, die vom Bahnhof zum Markt wollten, lästerten über mich, in der Altstadt, durch die ich mein Velo schob, fiel ich dagegen nicht auf.

Es wurde dunkel. Wo übernachten. Die Landschaft war flach, weitgehend Kulturland. Also immer ostwärts, wobei die Rhein-Hardt-Bahn als grobe Leitlinie diente, durch Orte, die ich nicht kannte. Über Mutterstadt erreichte ich die Ausläufer von Ludwigshafen, und einen beschilderten Radweg. Diesem folgte ich und erreichte in der Nähe von Oggersheim eine Auenlandschaft. An der Grenze dieser Landschaft und einer Baumschule fand ich einen geeigneten Platz zum Schlafen, es war ca. 23 Uhr.

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen

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