Barfüßiger Fahrradurlaub - 8. Etappe (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Monday, 26.09.2005, 12:24 (vor 6939 Tagen)

Sonntag, 11.9.2005: Ich hatte in Wiehl im "Schuppen", wie Markus U. "mein" ehemaliges Verladegebäude an der für den regulären Personenverkehr längst stillgelegten Wiehltalbahn http://www.wiehltalbahn.de/wal.html nannte, übernachtet. Es hatte in der Nacht geregnet, aber der "Schuppen" hatte mich und mein Fahrrad trocken gehalten. Aber nicht mehr lange, denn morgens um 7.00 Uhr mußte ich weiterradeln, barfuß. Es regnete immer noch heftig, so daß ich die Regenjacke benötigte. Ich mußte nicht etwa weg, weil ich aufgrund des Datums einen Terroranschlag vermutete und die Terroristen diesmal "meinen Schuppen" als Zielobjekt ausgesucht hätten. Nein! Ich wollte "nur" rechtzeitig in Troisdorf sein, um an Georgs Wanderung durch die Wahner Heide teilzunehmen. Ich wählte einen längeren Weg, da ich diesen ohne Landkarte finden würde, außerdem waren keine Steigungen zu erwarten, da er dem Verlauf der Flüsse Wiehl und Agger folgte. Wenn ich in Wiehlmünde rechts abgebogen wäre statt links, wäre ich auf das Eisenbahnmuseum in Dieringhausen http://www.eisenbahnmuseum-dieringhausen.de/ gestoßen. Wäre vielleicht eine ideale Kombination mit dem Straßenbahnmuseum in Thielenbruch.

So radelte ich über Engelskirchen und Overrath in Richtung Siegburg, kurz vorher hörte der Regen auf, so daß ich die Regenjacke für den Rest des Tages nicht mehr benötigte. Um 9.30 Uhr erreichte ich die Siegburger Altstadt, daher hatte ich noch Zeit, das Rad barfuß durch die Fußgängerzone zu schieben. Auch begab ich mich zum Bahnhof, der heute hochtrabend "Siegburg/Bonn" heißt, nur weil da ICE-Züge halten. Dabei ist die Bundeshauptstadt (die Berliner mögen mir die Wortwahl verzeihen) doch einiges entfernt. Immerhin existiert eine im Siegburger Bahnhofsbereich unterirdische Stadtbahnverbindung nach Bonn.

Als ich vor dem Bahnhof aufstieg, um nach Westen zu fahren, blitzte es plötzlich aus einem Kasten. Werden hier etwa Autos geblitzt, die vom Bahnhofsplatz fahren, was verboten ist. Zum Glück besitzt mein Fahrrad kein registriertes Nummernschild, so daß man meine Adresse nicht ausfindig machen kann. Und wenn auf dem Foto ein Mensch mit nackten Füßen erkennbar ist, dann dürfte es wohl auch schwierig sein. Denn trotz des trüben Wetters waren ganz in der Nähe etliche Leute barfuß unterwegs. Woran soll denn die Polizei erkennen, welcher von den Barfüßern der Verkehrssünder ist? Wie dem auch sei: Bis heute habe ich keine Rechnung bekommen!

Ich radelte, vorbei an einem Teich einen schmalen Pfad durch Springkraut westlich, kam aber nur bis zur Agger. Auf einem steinigen Weg gelangte ich unter der Eisenbahnbrücke auf eine Straße, überquerte die Agger, um dann auf einem offiziellen Radweg wieder die Bahn am anderen Aggerufer zu unterqueren. Dieser Weg führte direkt zur Aggia, wo auch ein Fahrradständer war für erstaunlich wenig Räder. Fahren etwa nur wenige Leute mit dem Rad zur Aggia? Es war etwas aufwendig, mein Fahrrad so anzuschließen, daß es weder geklaut, noch daß irgendwelche Gepäckstücke demontiert werden (diesbezüglich haben Autofahrer es einfacher). Während des Anschließens sah ich, wie eine barfüßige blonde Frau am anderen Ende des Parkplatzes spazieren ging, begleitet von einem beschuhten Mann und einem ebensolchen Kind. War das etwa Eva? Ja, sie war es, wie es sich später herausstellte, als auch sie zu der Stelle kam, wo bereits andere Teilnehmer der Wanderung warteten.

!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! S C H N I T T !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

Die Wanderung war vorbei. Wer nicht schon vorher mit anderen Verkehrsmitteln weitergefahren war, der verabschiedete sich hier am Aggia-Parkplatz von Georg und den anderen Teilnehmern. Ein jeder ging zu seinem Auto, und ich zu meinem Fahrrad. Da auch das Aufrüsten länger dauert, war ich wohl der letzte, der den Parkplatz verließ. Macht nichts, ich hatte ja nicht mehr allzu viel vor. Ein Mann kam von einem Grundstück und fragte: "Sie waren aber lange weg! Sind Sie auf Fahrradtour und waren nur im Schwimmbad?" Als ich ihm erzählte, daß ich aus der Schweiz angereist war und an einer Barfußwanderung durch die Wahner Heide teilgenommen hatte, war er erstaunt.

Ich radelte zurück nach Siegburg und folgte dann der Stadtbahn über St. Augustin in Richtung Bonn-Beuel. Teilweise verläuft hier ein spezieller Radweg abseits der Hauptstraße und parallel zur Bahn. Irgendwo standen noch alte Eisenbahnfahrzeuge, etwa von einer Vorgängerbahn der Stadtbahn, etwa derjenigen, die am Rheinufer in Beuel ihren Endpunkt hatte? Oder der Strecke Beuel-Großenbusch?

Einmal war damit Schluß mit dem Radweg entlang der Stadtbahn. Vielmehr führte nun der Weg über eine Straße, die gerade für Autos gesperrt war, weil "Pützchenmarkt" war. Dafür waren viele Fußgänger auf der Straße. Und einige Jugendliche lästerten auch über meine Barfüßigkeit. Oder über mein hochbeladenes Fahrrad. Aber was soll's. Am Bahnhof Beuel sah ich auch noch alte abgestellte Eisenbahnfahrzeuge.

Über die Kennedybrücke, die noch immer wegen Bauarbeiten nur eingeengt befahrbar war, erreichte ich das Bonner Stadtzentrum. Wieder wie am Mittwoch zuvor schob ich mein Rad barfuß durch die Fußgängerzone. Da aber das Wetter deutlich weniger hochsommerlich als am Mittwoch, waren auch weniger Leute unterwegs. Und diejenigen, die unterwegs waren, waren auch weniger sommerlich angezogen. Das traf für mich übrigens auch zu. So überrascht es wohl nicht, daß ich der einzige in der Bonner Innenstadt war, der barfuß lief (aber nicht der einzige in Bonn, denn an der Wanderung hatten auch Bonner teilgenommen). Auch starrten mich einige Leute etwas fassungslos an. Was doch so ein paar Grad und Wolken ausmachen!

In einer Passage nahm ich die letzte Mahlzeit des Tages aus dem Rucksack zu mir, ich war müde von der Wanderung. Mir kam es vor, als ob die Lichter der Ampeln sich in entsprechendfarbige Pfähle verwandeln wollten. Da wußte ich: ich war reif für den Schlafsack! Nicht auszudenken, was passieren könnte, wenn ich mich vor einer roten Ampel verhalten würde, wie wenn es sich um einen roten Pfahl handeln würde. Bei Pfählen in der Wahner Heide kann man über die Bedeutung noch diskutieren, je nach "Herkunftsland". Bei Ampellichtern ist die Farbe dagegen genau definiert. Wo übernachten? Na klar! Am Rheinufer, wie schon zuvor, im schönen weichen Sand. Da aber in der Nacht Regen zu erwarten war (und auch tatsächlich eintrat), breitete ich den Schlafsack direkt unter der nach Alt-Bundeskanzler Dr. Konrad Adenauer benannten Brücke aus. Ab und zu rollte noch eine Straßenbahn über das Bauwerk, was ein langes Dröhnen verursachte. Und dann das "Muckebicke - muckebicke - muckebicke" der vorbeituckernden Schiffe. Das Rauschen des Rheins (und des Regens). Wer es etwas romantisch mag, den stören derartige Geräusche beim Übernachten im Schlafsack nicht. Dankeschön, Herr Alt-Bundeskanzler für diese trockene Nacht!

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen


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