Begegnung mit meiner Schwester (Hobby? Barfuß! 2)

Markus U., Stammposter, Saturday, 24.09.2005, 17:04 (vor 6939 Tagen)

Hi zusammen,

als ich heute von einem Besuch bei meiner Partnerin Ute zurückkam, beschloß ich spontan, noch ein paar Lebensmittel einzukaufen. Dabei lief ich zufällig meiner Schwester über den Weg. "Hi", begrüßte sie mich gutgelaunt, "was machst Du denn hier?" "Einkaufen, genau wie Du", entgegnete ich. Plötzlich fiel ihr Blick auf meine nackten Füße und gefror ebenso wie ihre Stimme zu antarktischem Eis. "Das ist doch nicht Dein Ernst, hier barfuß rumzulaufen. "Ist das schlimm?" "Allerdings", meinte sie, "dafür fehlt mir jedes Verständnis, und so will ich mich nicht mit Dir unterhalten und schon gar nicht gesehen werden." Darauf schnappte sie ihren Einkaufswagen und ging wütend davon. An der Kasse begegneten wir uns wieder; sie wurde zufällig an einer anderen Kasse zur selben Zeit wie ich bedient. Bevor sie den Laden verließ, warf sie mir noch einen giftigen Blick zu und schüttelte den Kopf, gerade so, als sei sie zufällig dazu gekommen, wie ich beim Klauen erwischt worden wäre.

Unabhängig von dieser Reaktion frage ich mich, warum manche Menschen, vor allem konservative (meine Schwester ist sehr konservativ in ihrem Ansichten), so reagieren. erletzt der Anblick eines vollkommen nackten, nicht einmal minimal durch einen Flipflop bedeckten Fuß das allgemeine Schamgefühl solcher Menschen so sehr, daß es Ärgernis erregt? Wenn ich meine Schwester fragte, was dabei anstößig sei, daß ich barfuß laufe, würde die Antwort lauten: "Weil man so etwas eben nicht tut." Nun möchte ich gerne wissen, warum "man" nicht barfuß läuft. Verletzt es doch ein geheimes Tabu? Oder ist es deshalb, weil es außerhalb von Haus, Garten, Strand und Schwimmbad selten vorkommt (meine Schwester läuft bei sich zu Hause, aber nur da, selbst barfuß)? Jeder weiß, daß Barfußlaufen gesund ist, aber außerhalb "reservierter" Flächen (Haus, Garten, Strand und Schwimmbad) ist es anscheinend nach verbreiteter Ansicht "unanständig". Ich würde mich freuen, wenn es hier zu einem lebhaften Austausch über diese Frage käme.

Verständnislose Barfußgrüße (ob des Unverständnisses der Umwelt)
Markus U.

Begegnung mit meiner Schwester

Anarchius, Saturday, 24.09.2005, 18:21 (vor 6939 Tagen) @ Markus U.

Unabhängig von dieser Reaktion frage ich mich, warum manche Menschen, vor allem konservative (meine Schwester ist sehr konservativ in ihrem Ansichten), so reagieren. erletzt der Anblick eines vollkommen nackten, nicht einmal minimal durch einen Flipflop bedeckten Fuß das allgemeine Schamgefühl solcher Menschen so sehr, daß es Ärgernis erregt? Wenn ich meine Schwester fragte, was dabei anstößig sei, daß ich barfuß laufe, würde die Antwort lauten: "Weil man so etwas eben nicht tut." Nun möchte ich gerne wissen, warum "man" nicht barfuß läuft. Verletzt es doch ein geheimes Tabu? Oder ist es deshalb, weil es außerhalb von Haus, Garten, Strand und Schwimmbad selten vorkommt (meine Schwester läuft bei sich zu Hause, aber nur da, selbst barfuß)? Jeder weiß, daß Barfußlaufen gesund ist, aber außerhalb "reservierter" Flächen (Haus, Garten, Strand und Schwimmbad) ist es anscheinend nach verbreiteter Ansicht "unanständig". Ich würde mich freuen, wenn es hier zu einem lebhaften Austausch über diese Frage käme.
Verständnislose Barfußgrüße (ob des Unverständnisses der Umwelt)
Markus U.

Hallo Markus,

Über lange Zeit eingefahrene Verhaltensmuster werden eben zur gesellschaftlichen Norm. Da springt kein Funke über, sowas etabliertes wie "Schuhe tragen" (nicht nur privat im lockeren Rahmen, auch geschäftlich und international!) fundiert in Frage zu stellen. Die Medien könnten hier zwar unterstützend eingreifen, aber wer will das schon, denn es bringt ja kein Geld. Klar ist bekannt, das barfuß laufen gesund "sein soll", das kannst Du aber genauso auf die Ernährung und die legalen Suchtgewohnheiten übertragen. Ich entsorge gerade alte Zeitschriften, darunter ein 2 Jahre altes Fintnessmagazin, wo es um Fußfehlstellungen geht. Danach ein langer Artikel, welche Schuhe Abhilfe schaffen können und danach ein Bericht, wie aufwenig und teuer die Entwicklung solcher Schuhe ist. Barfußgedanken Fehlanzeige.

Schwester habe ich keine, aber wenn mir ein Verwandtschaftsmitglied derart kommen würde, wärs das in Sachen Kontakt für mich gewesen. Meine nächsten Verwandten sind zwar keine Barfußläufer, aber meist in Heil- und Pflegeberufen angesiedelt, wenigstens bei denen gibt es durchweg nur Akzeptanz.

Viele Grüße,
A.

Begegnung mit meiner Schwester

Markus U., Stammposter, Saturday, 24.09.2005, 22:21 (vor 6939 Tagen) @ Anarchius

Hallo Markus,
Über lange Zeit eingefahrene Verhaltensmuster werden eben zur gesellschaftlichen Norm. Da springt kein Funke über, sowas etabliertes wie "Schuhe tragen" (nicht nur privat im lockeren Rahmen, auch geschäftlich und international!) fundiert in Frage zu stellen. Die Medien könnten hier zwar unterstützend eingreifen, aber wer will das schon, denn es bringt ja kein Geld. Klar ist bekannt, das barfuß laufen gesund "sein soll", das kannst Du aber genauso auf die Ernährung und die legalen Suchtgewohnheiten übertragen. Ich entsorge gerade alte Zeitschriften, darunter ein 2 Jahre altes Fintnessmagazin, wo es um Fußfehlstellungen geht. Danach ein langer Artikel, welche Schuhe Abhilfe schaffen können und danach ein Bericht, wie aufwenig und teuer die Entwicklung solcher Schuhe ist. Barfußgedanken Fehlanzeige.

Was die Werbung betrifft, wird Barfüßigkeit manchmal im Zusammenhang mit manchen Produkten (zumeist Möbeln) mit Entspannund und Wohlgefühl assoziiert und insofern eingesetzt. Allerdings schließt sich hier der Kreis: es geht um den häuslichen Rahmen, und innerhalb desselben ist Barfüßigkeit auch für meine Schwester in Ordnung. Der Aspekt der "gesellschaftlichen Norm" wurde in diesem Forum schon des öfteren erwähnt, aber wer legt diese fest? Ich hatte bisher nicht den Eindruck, daß es besonders "revolutionär" sei, barfuß zu laufen, und ich hatte deswegen auch noch nie mit der Polizei (jedenfalls der "normalen"; bei einer Kontrolle durch den BSG in einem ICE war das anders) Schwierigkeiten. Als ich gestern barfuß in der Düsseldorfer Altstadt unterwegs war, kaufte ich mir ein Döner, als mir eine Menschenansammlung auffil. Ich ging hinzu und bemerkte einen Sektenprediger, der lauthals seine Überzeugungen verkündete. Da er mich mit seinen Reden erheiterte, blieb ich stehen und hörte ihm Döner essend zu. Kurz darauf kam die Polizei und führte ihn ab, während sie sich für mich nicht im mindesten interessierte. Ich laufe auch nicht der Provokation wegen barfuß (obwohl ich manche Reaktionen recht interessant finde, aber die kommen eher, wenn ich mit jemand anders gemeinsam barfuß laufe), sondern weil ich mich so am wohlsten fühle.

Schwester habe ich keine, aber wenn mir ein Verwandtschaftsmitglied derart kommen würde, wärs das in Sachen Kontakt für mich gewesen. Meine nächsten Verwandten sind zwar keine Barfußläufer, aber meist in Heil- und Pflegeberufen angesiedelt, wenigstens bei denen gibt es durchweg nur Akzeptanz.
Viele Grüße,
A.

Meine Schwester ist von Beruf Krankenschwester, aber dieser Umstand ist der Akzeptanz anscheinend nicht förderlich. Den Kontakt zu ihr möchte ich nicht aufgeben (dazu ist mir die Angelegenheit letztlich zu geringfügig), aber ich meine, daß sie sich nicht so haben soll, und wie ich rumlaufe, ist ausschließlich meine Sache.

Kritisch hinerfragende, aber letztlich in der Sache unbeirrte Barfußgrüße,
Markus U.

Begegnung mit meiner Schwester

Anarchius, Monday, 26.09.2005, 19:20 (vor 6937 Tagen) @ Markus U.

Meine Schwester ist von Beruf Krankenschwester, aber dieser Umstand ist der Akzeptanz anscheinend nicht förderlich. Den Kontakt zu ihr möchte ich nicht aufgeben (dazu ist mir die Angelegenheit letztlich zu geringfügig), aber ich meine, daß sie sich nicht so haben soll, und wie ich rumlaufe, ist ausschließlich meine Sache.
Kritisch hinerfragende, aber letztlich in der Sache unbeirrte Barfußgrüße,
Markus U.

Hallo Markus,

Ich hatte als Kind ein sehr konservatives Umfeld, wo genau darauf geachtet wurde, "was die Leute sagen". Da kam mir aber schon zeitig die Galle hoch und ich habe mich dem sehr schnell (schon im Kindergarten) entgegen gestellt, was mich im Laufe der vielen folgenden Jahre einige Sympathien gekostet hat. Ich hätte mich auch anpassen können, dann hätte ich jetzt zwar jede Menge "Freunde", aber ich wäre nicht mehr "ich". Im nachhinein finde ich mein Verhalten völlig richtig. Als Naturwissenschaftler, wenn auch jetzt in anderer beruflicher Aktivität, sehe ich das menschliche Verhalten sehr nüchtern. In den Industrienationen eine nicht mehr das eigene Verhalten reflektierende Masse mit dem Streben nach immer mehr Wachstum = Anpassung, Reichtum und Bequemlichkeit. Ich mag mich dem nicht einordnen, das Leben hätte für mich dann keine Qualität mehr. Lieber entwickle ich eigene Interessen, probiere einfach aus und bin so ENDLICH... auch beim Barfußlaufen gelandet. Und ich weiss: Das bleibt! Es freut mich immer sehr, wenn ich durch den Verzicht auf Etwas, positiven Nutzen ziehen kann, aber es sollte schon im Einklang mit der Natur sein. Zum Beispiel auch der Verzicht auf den Fernseher und schon füllt sich das Bücherregal. Deine Schwester wird sicher sehr viel mehr darauf achten, "nicht aus der Rolle zu fallen", sonst hätte sie so nicht reagiert. Eigentlich sollte man mit geschickter Argumentation Leute überzeugen können. Ich weiß leider aus eigener Erfahrung, daß das eine sehr unrealistische Einschätzung ist.

Krankenschwestern sensu stricto..., kenne ich persönlich keine, hatte aber einmalig einige Tage mit zweien oberflächlich zu tun. Erster Tag OP im Krankenhaus, am zweiten Tag rupft mir der Stationsarzt den Verband runter, damit Luft dran kommt und die Wunde schneller heilt. Ich lag dann also vier Tage in meinem Einzimmer-Luxusdomizil, ohne Klamotten, weitestgehend ohne Kontakt zur Außenwelt und die Schwestern kamen mehrfach mit der Frage "Wollen Sie sich nicht was anziehen? Sollen wir Ihnen was von uns geben?" Ich hatte kein Interesse zu diskutieren, da der Ausgang der OP durchaus über Leben und Tod hätte entscheiden können und ich mich erstmal wieder psychisch festigen wollte. Ich hatte den Eindruck, sie waren froh, als ich weg war, obwohl ich als Patient völlig pflegeleicht war, immer freundlich, brav alles aufgegessen habe und keinerlei Wünsche hatte. Ich bin dann, noch beschuht, im Schneematsch zu meinem Auto gehumpelt, nach Hause gefahren und fühle mich mittlerweile fitter denn je. Mit meiner Partnerin geht das zum Glück alles sehr gut klar. Da ist zwar ab und zu eine gewisse Aufregung, wenn ich wieder etwas Neues in unser Leben einbringe, aber das wird dann schnell zur positiv gelebten Normalität, wenn die Idee gut war.

Viele Grüße,
A.

Begegnung mit meiner Schwester

Markus U., Stammposter, Wednesday, 28.09.2005, 00:16 (vor 6936 Tagen) @ Anarchius

Hi Anarchius!

Hallo Markus,
Ich hatte als Kind ein sehr konservatives Umfeld, wo genau darauf geachtet wurde, "was die Leute sagen". Da kam mir aber schon zeitig die Galle hoch und ich habe mich dem sehr schnell (schon im Kindergarten) entgegen gestellt, was mich im Laufe der vielen folgenden Jahre einige Sympathien gekostet hat. Ich hätte mich auch anpassen können, dann hätte ich jetzt zwar jede Menge "Freunde", aber ich wäre nicht mehr "ich". Im nachhinein finde ich mein Verhalten völlig richtig. Als Naturwissenschaftler, wenn auch jetzt in anderer beruflicher Aktivität, sehe ich das menschliche Verhalten sehr nüchtern. In den Industrienationen eine nicht mehr das eigene Verhalten reflektierende Masse mit dem Streben nach immer mehr Wachstum = Anpassung, Reichtum und Bequemlichkeit. Ich mag mich dem nicht einordnen, das Leben hätte für mich dann keine Qualität mehr. Lieber entwickle ich eigene Interessen, probiere einfach aus und bin so ENDLICH... auch beim Barfußlaufen gelandet. Und ich weiss: Das bleibt! Es freut mich immer sehr, wenn ich durch den Verzicht auf Etwas, positiven Nutzen ziehen kann, aber es sollte schon im Einklang mit der Natur sein. Zum Beispiel auch der Verzicht auf den Fernseher und schon füllt sich das Bücherregal. Deine Schwester wird sicher sehr viel mehr darauf achten, "nicht aus der Rolle zu fallen", sonst hätte sie so nicht reagiert. Eigentlich sollte man mit geschickter Argumentation Leute überzeugen können. Ich weiß leider aus eigener Erfahrung, daß das eine sehr unrealistische Einschätzung ist.

Da haben wir ja beide eine ähnliche Entwicklung mitgemacht, denn auch ich hatte als Kind ein sehr konservatives Umfeld (meine Eltern sowie meine Schwester sind immer noch sehr konservativ), dessen Ansichten ich schon als Kind kritisch hinterfragt habe, und bis heute bin ich Autoritäten gegenüber sehr skeptisch: wenn ich sie aus echter Überzeugung anerkennen kann (was bei religiösen Autoritäten, freilich nur solchen meiner eigenen Religion, der Fall ist), kann ich ihnen bedingungslos folgen, weil ich sie als glaubwürdig befunden habe und ihnen daher vertraue, während ich alle anderen sehr skeptisch hinterfrage, weil ich da meist Machtstreben und Beherrschungstendenzen, welche mir widerstreben, spüre.
Daß ich nicht mehr "ich selbst" wäre, wenn ich mich einfach den (oft unausgesprochenen, aber gleichwohl deutlich spürbaren) Erwartungen meiner Mitmenschen anpaßte, habe ich auch immer so empfunden, denn was macht das eigene Selbst aus, wenn nicht die Unterscheidung? Zum Barfußlaufen bin ich freilich nicht deswegen gekommen, denn ich weiß ja oder konnte mir zumindest denken, daß dies kein "Alleinstellungsmerkmal" ist (so gibt es etwa Heiligenviten, in denen erwähnt wird, daß der betreffende Heilige stets barfuß lief, wie z. B. in der ersten Hälfte des 20. Jh. der hl. Johannes von Shanghai). Ich laufe vielmehr deshalb barfuß, weil ich es seit jeher als sehr angenehm empfinde und dank des Forums auch weiß, daß ich damit keinem abartigen Gelüsten fröne (so ganz ohne jede Rükkendekkung komme ich eben doch nicht aus). Wie Du bin auch ich dafür, der Natur nach Möglichkeit ihren Lauf zu lassen. Mein Bücherregal füllt sich freilich auch, obwohl ich einen Fernseher besitze (ich schaue mir nur Nachrichtensendungen, Auslandsreportagen oder solche über soziale Themen, politische Sendungen sowie eine ganz bestimmte Endlosserie an). Für eine gute Argumentation bin ich immer offen, habe aber wie Du zuhauf die Erfahrung gemacht, daß das bein den meiste Zeitgenossen leider nicht der Fall ist und nur relativ wenige Menschen bereit sind, ihr eigenes Weltbild zu hinterfragen.

Krankenschwestern sensu stricto..., kenne ich persönlich keine, hatte aber einmalig einige Tage mit zweien oberflächlich zu tun. Erster Tag OP im Krankenhaus, am zweiten Tag rupft mir der Stationsarzt den Verband runter, damit Luft dran kommt und die Wunde schneller heilt. Ich lag dann also vier Tage in meinem Einzimmer-Luxusdomizil, ohne Klamotten, weitestgehend ohne Kontakt zur Außenwelt und die Schwestern kamen mehrfach mit der Frage "Wollen Sie sich nicht was anziehen? Sollen wir Ihnen was von uns geben?" Ich hatte kein Interesse zu diskutieren, da der Ausgang der OP durchaus über Leben und Tod hätte entscheiden können und ich mich erstmal wieder psychisch festigen wollte. Ich hatte den Eindruck, sie waren froh, als ich weg war, obwohl ich als Patient völlig pflegeleicht war, immer freundlich, brav alles aufgegessen habe und keinerlei Wünsche hatte. Ich bin dann, noch beschuht, im Schneematsch zu meinem Auto gehumpelt, nach Hause gefahren und fühle mich mittlerweile fitter denn je. Mit meiner Partnerin geht das zum Glück alles sehr gut klar. Da ist zwar ab und zu eine gewisse Aufregung, wenn ich wieder etwas Neues in unser Leben einbringe, aber das wird dann schnell zur positiv gelebten Normalität, wenn die Idee gut war.
Viele Grüße,
A.

Liest sich ja so, als wärest Du während deines gesamten Krankenhausaufenthaltes aus Überzeugung durchgängig nackt gewesen...
Nun würde mich noch interessieren, wo und wie Du lebst und wie alt Du bist.

Barfüßige Spätsommergrüße,
Markus U.

Begegnung mit meiner Schwester

Anarchius, Friday, 30.09.2005, 19:40 (vor 6933 Tagen) @ Markus U.

Hallo Markus,

Da haben wir ja beide eine ähnliche Entwicklung mitgemacht, denn auch ich hatte als Kind ein sehr konservatives Umfeld (meine Eltern sowie meine Schwester sind immer noch sehr konservativ), dessen Ansichten ich schon als Kind kritisch hinterfragt habe, und bis heute bin ich Autoritäten gegenüber sehr skeptisch:

Ich bin bei allem erst mal skeptisch, nicht nur bei Autoritäten. Wenn mir der Vertreter eines Lieferanten gegenüber sitzt, denke ich zuerst mal "armes Schwein". Den ganzen Tag in einem eingeschnürten Anzug Leute bequasseln zu müssen, dies und jenes zu kaufen. Dann das frustrierte Gesicht, wenn ich bestenfalls Kleinmengen zum Test ordere. Mein "barfuß" ist in dem Fall egal, da geht es sowieso nur ums Geld.

Mit "von Person bekannten" Autoritäten habe ich generell kein Problem, die werden behandelt wie jeder Mensch. In meinem ursprünglichen Beruf konnte ich nur einen davon akzeptieren. Ein Franzose, genialer Wissenschaftler, perfektes Team, aber leider schon voll besetzt :-(

Zum Barfußlaufen bin ich freilich nicht deswegen gekommen, denn ich weiß ja oder konnte mir zumindest denken, daß dies kein "Alleinstellungsmerkmal" ist (so gibt es etwa Heiligenviten, in denen erwähnt wird, daß der betreffende Heilige stets barfuß lief, wie z. B. in der ersten Hälfte des 20. Jh. der hl. Johannes von Shanghai). Ich laufe vielmehr deshalb barfuß, weil ich es seit jeher als sehr angenehm empfinde und dank des Forums auch weiß, daß ich damit keinem abartigen Gelüsten fröne (so ganz ohne jede Rükkendekkung komme ich eben doch nicht aus).

Ich kam rein zufällig zum barfußlaufen, wegen ehemals gesundheitlicher Probleme. Klar ist das viel angenehmer als in Fußverpackungen, auch bei den jetzt sinkenden Temperaturen.

Wie Du bin auch ich dafür, der Natur nach Möglichkeit ihren Lauf zu lassen. Mein Bücherregal füllt sich freilich auch, obwohl ich einen Fernseher besitze (ich schaue mir nur Nachrichtensendungen, Auslandsreportagen oder solche über soziale Themen, politische Sendungen sowie eine ganz bestimmte Endlosserie an).

Einen Fernseher besitzen wir auch, ich selbst nutze ihn aber fast nicht. Falls es kurzzeitig für mich interessant sein könnte, ruft mich meine Partnerin schon.

Für eine gute Argumentation bin ich immer offen, habe aber wie Du zuhauf die Erfahrung gemacht, daß das bein den meiste Zeitgenossen leider nicht der Fall ist und nur relativ wenige Menschen bereit sind, ihr eigenes Weltbild zu hinterfragen.

Für diese "meisten Zeitgenossen" lasse ich einen Rest von "Unberechenbarkeit" im Raum schweben. Der Idealfall ist dann, als Beispiel, das der Nachbar die Sichtschutzhecke auf seinem Grund pflanzt, die ich eigentlich bei mir pflanzen wollte. Auf den nun frei gewordenen Platz setze ich meiner Partnerin schöne Blumen.

Krankenschwestern sensu stricto..., >Liest sich ja so, als wärest Du während deines gesamten Krankenhausaufenthaltes aus Überzeugung durchgängig nackt gewesen...

Nun würde mich noch interessieren, wo und wie Du lebst und wie alt Du bist.
Barfüßige Spätsommergrüße,
Markus U.

Natürlich aus Überzeugung, es ging ja um meine Genesung. Ich schätze Krankenschwestern sehr, ich könnte selbst einen ähnlichen Pflegerjob nicht machen, weil mir die Fähigkeit fehlt, auf ständig wechselnde, gesundheitlich problembelastete Persönlichkeiten einzugehen. Ich habe dort einfach nicht die typische Patientenrolle gespielt, wollte schnell raus, meine Ruhe, auch um selbst auszuprobieren, wie ich schnell wieder auf die Beine komme. Morgens um 5 habe ich mir den Wecker gestellt und dann knapp eine Stunde gebraucht, bis ich vom Bad wieder im Bett war. Alleine dorthin und zurück zu kommen, war schwierig. Linkes Bein ging nicht, also nur mit dem rechten Bein. Auf die Ferse gestellt, Drehung nach rechts, dann mit dem Ballen Drehung nach links, dann wieder mit der Ferse, usw. Als dann der Zeitpunkt zum wecken kam, brauchten die dann nichts mehr machen, außer den Blutdruck zu messen und das Frühstück zu servieren.

Wo ich lebe, möchte ich (es ist ja ein offener, jedem zugänglichen Bereich, mit Mißbrauchsmöglichkeiten) hier nicht im Detail ausführen. In Hessen, ziemlich zentral, mit vermutlich demnächst Umzug vom städtischen in den ländlichen Bereich, wenn die Hausrenovierung vollendet ist. Privat leben wir sehr unspektakulär, ich habe keine speziellen Freizeitinteressen, außer "Wohlfühlexperimenten", wozu das barfußlaufen gehört, daneben etwas Sport und ab und zu ein gutes Buch. Die Wohnungseinrichtung überlasse ich meiner Partnerin. Sie macht das gerne, micht interessiert es nicht, also sind die Rollen gut verteilt. Haushaltsarbeit teilen wir uns auf, was jeder eben am besten kann.

Barfüßige Herbstgrüße,
A.

Begegnung mit meiner Schwester

Eva, Stammposter, Saturday, 24.09.2005, 19:38 (vor 6939 Tagen) @ Markus U.

Hallo Markus,

die negativste Reaktion in meiner Familie war bisher: "So einen Blödsinn habe ich früher auch gemacht." Die kam aber von einem Familienmitglied, zu dem wir eh keinen Kontakt pflegen.
Die Reaktion Deiner Schwester kann ich nicht nachvollziehen. Vielleicht solltest Du 'mal in einem ruhigen, entspannten Moment, bspw. bei einem Familientreffen mit ihr über "die Problematik" sprechen. Oder Du zeigst Ihr einfach 'mal Fotos von barfuß-Treffen. Vielleicht muss sie dann lachen und reagiert humorvoll auf diese "Spinnerei". Und Humor ist bekanntlich der beste Weg zur Besserung.

Freundliche Füße
Eva

Begegnung mit meiner Schwester

Markus U., Stammposter, Saturday, 24.09.2005, 22:49 (vor 6939 Tagen) @ Eva

Hi Eva!

Hallo Markus,
die negativste Reaktion in meiner Familie war bisher: "So einen Blödsinn habe ich früher auch gemacht." Die kam aber von einem Familienmitglied, zu dem wir eh keinen Kontakt pflegen.
Die Reaktion Deiner Schwester kann ich nicht nachvollziehen. Vielleicht solltest Du 'mal in einem ruhigen, entspannten Moment, bspw. bei einem Familientreffen mit ihr über "die Problematik" sprechen. Oder Du zeigst Ihr einfach 'mal Fotos von barfuß-Treffen. Vielleicht muss sie dann lachen und reagiert humorvoll auf diese "Spinnerei". Und Humor ist bekanntlich der beste Weg zur Besserung.
Freundliche Füße
Eva

Das ist ein sehr brauchbarer Vorschlag, und so werde ich es machen. Allerdings muß ich dazu erst abwarten, bis die Wogen sich ein wenig "geglättet" haben. Ich muß freilich dazu sagen, daß ich in der Familie seit jeher als extravagant gelte, und das wurde von dieser noch nie geschätzt.

Vielen Dank und barfüßige Sommergrüße,
Markus U.

Begegnung mit meiner Schwester

Kees (NL), Stammposter, Saturday, 24.09.2005, 20:09 (vor 6939 Tagen) @ Markus U.

Hi zusammen,
als ich heute von einem Besuch bei meiner Partnerin Ute zurückkam, beschloß ich spontan, noch ein paar Lebensmittel einzukaufen. Dabei lief ich zufällig meiner Schwester über den Weg. "Hi", begrüßte sie mich gutgelaunt, "was machst Du denn hier?" "Einkaufen, genau wie Du", entgegnete ich. Plötzlich fiel ihr Blick auf meine nackten Füße und gefror ebenso wie ihre Stimme zu antarktischem Eis. "Das ist doch nicht Dein Ernst, hier barfuß rumzulaufen. "Ist das schlimm?" "Allerdings", meinte sie, "dafür fehlt mir jedes Verständnis, und so will ich mich nicht mit Dir unterhalten und schon gar nicht gesehen werden." Darauf schnappte sie ihren Einkaufswagen und ging wütend davon. An der Kasse begegneten wir uns wieder; sie wurde zufällig an einer anderen Kasse zur selben Zeit wie ich bedient. Bevor sie den Laden verließ, warf sie mir noch einen giftigen Blick zu und schüttelte den Kopf, gerade so, als sei sie zufällig dazu gekommen, wie ich beim Klauen erwischt worden wäre.
Unabhängig von dieser Reaktion frage ich mich, warum manche Menschen, vor allem konservative (meine Schwester ist sehr konservativ in ihrem Ansichten), so reagieren. erletzt der Anblick eines vollkommen nackten, nicht einmal minimal durch einen Flipflop bedeckten Fuß das allgemeine Schamgefühl solcher Menschen so sehr, daß es Ärgernis erregt? Wenn ich meine Schwester fragte, was dabei anstößig sei, daß ich barfuß laufe, würde die Antwort lauten: "Weil man so etwas eben nicht tut." Nun möchte ich gerne wissen, warum "man" nicht barfuß läuft. Verletzt es doch ein geheimes Tabu? Oder ist es deshalb, weil es außerhalb von Haus, Garten, Strand und Schwimmbad selten vorkommt (meine Schwester läuft bei sich zu Hause, aber nur da, selbst barfuß)? Jeder weiß, daß Barfußlaufen gesund ist, aber außerhalb "reservierter" Flächen (Haus, Garten, Strand und Schwimmbad) ist es anscheinend nach verbreiteter Ansicht "unanständig". Ich würde mich freuen, wenn es hier zu einem lebhaften Austausch über diese Frage käme.
Verständnislose Barfußgrüße (ob des Unverständnisses der Umwelt)
Markus U.

Das ist mir auch schon passiert, die Familie ist das schlimmste wegen Anmerkungen und Beschwerden.
Du kannst Dich darauf verlassen dass es jetzt weiter erzaehlt wird an andere Bekannte und Familienmitglieder , so wie " Hoert mal wie verrueckt mein Bruder sich benimmt" usw.
Ich hoffe das Du das Barfusslaufen nicht deswegen aufgibst.

Gruessen,

Kees

Begegnung mit meiner Schwester

Markus U., Stammposter, Saturday, 24.09.2005, 22:59 (vor 6939 Tagen) @ Kees (NL)

Hi Kees!

Das ist mir auch schon passiert, die Familie ist das schlimmste wegen Anmerkungen und Beschwerden.
Du kannst Dich darauf verlassen dass es jetzt weiter erzaehlt wird an andere Bekannte und Familienmitglieder , so wie " Hoert mal wie verrueckt mein Bruder sich benimmt" usw.
Ich hoffe das Du das Barfusslaufen nicht deswegen aufgibst.
Gruessen,
Kees

Gut möglich, daß meine Schwester es an die große Glokke hängt, was mir vor allem mit meinen (ebenfalls sehr konservativen) Eltern Ärger einbringen wird, aber da muß ich eben durch. Das Barfußlaufen werde ich deswegen aber ganz gewiß nicht aufgeben! Wichtiger als die Einstellung meiner Schwester ist mir ohnehin der Umstand, daß meine Partnerin und sogar deren Vater es ohne weiteres akzeptiert. Die haben mich freilich im Unterschied zu meiner Familie barfuß kennengelernt.

Viele Grüße auf das Barfußparadies Texel,
Markus U.

Begegnung mit meiner Schwester

Kees (NL), Stammposter, Sunday, 25.09.2005, 00:31 (vor 6938 Tagen) @ Markus U.

Hi Kees!

Das ist mir auch schon passiert, die Familie ist das schlimmste wegen Anmerkungen und Beschwerden.
Du kannst Dich darauf verlassen dass es jetzt weiter erzaehlt wird an andere Bekannte und Familienmitglieder , so wie " Hoert mal wie verrueckt mein Bruder sich benimmt" usw.
Ich hoffe das Du das Barfusslaufen nicht deswegen aufgibst.
Gruessen,
Kees

Gut möglich, daß meine Schwester es an die große Glokke hängt, was mir vor allem mit meinen (ebenfalls sehr konservativen) Eltern Ärger einbringen wird, aber da muß ich eben durch. Das Barfußlaufen werde ich deswegen aber ganz gewiß nicht aufgeben! Wichtiger als die Einstellung meiner Schwester ist mir ohnehin der Umstand, daß meine Partnerin und sogar deren Vater es ohne weiteres akzeptiert. Die haben mich freilich im Unterschied zu meiner Familie barfuß kennengelernt.
Viele Grüße auf das Barfußparadies Texel,
Markus U.

Danke fuer dein Antwort. Auch in ein Barfussparadies gibt es manchmal Aerger, wir machen aber weiter.

Kees

Begegnung mit meiner Schwester

Gerhard Zirkel @, Monday, 26.09.2005, 15:32 (vor 6937 Tagen) @ Markus U.

Vergiss nicht:

Deine Eltern haben Dich auch barfuß kennengelernt. (Würd mich wundern wenn´s nicht so wäre)

Gerhard

Hi Kees!

Das ist mir auch schon passiert, die Familie ist das schlimmste wegen Anmerkungen und Beschwerden.
Du kannst Dich darauf verlassen dass es jetzt weiter erzaehlt wird an andere Bekannte und Familienmitglieder , so wie " Hoert mal wie verrueckt mein Bruder sich benimmt" usw.
Ich hoffe das Du das Barfusslaufen nicht deswegen aufgibst.
Gruessen,
Kees

Gut möglich, daß meine Schwester es an die große Glokke hängt, was mir vor allem mit meinen (ebenfalls sehr konservativen) Eltern Ärger einbringen wird, aber da muß ich eben durch. Das Barfußlaufen werde ich deswegen aber ganz gewiß nicht aufgeben! Wichtiger als die Einstellung meiner Schwester ist mir ohnehin der Umstand, daß meine Partnerin und sogar deren Vater es ohne weiteres akzeptiert. Die haben mich freilich im Unterschied zu meiner Familie barfuß kennengelernt.
Viele Grüße auf das Barfußparadies Texel,
Markus U.

Begegnung mit meiner Schwester

Markus U., Stammposter, Monday, 26.09.2005, 21:42 (vor 6937 Tagen) @ Gerhard Zirkel

Hi Gerhard!

Vergiss nicht:
Deine Eltern haben Dich auch barfuß kennengelernt. (Würd mich wundern wenn´s nicht so wäre)
Gerhard

Ich dachte mir schon, daß dieser Einwand kommen würde, aber da war's schon zu spät und der Text bereits im Forum ;-)

Natürlich haben meine Eltern mich barfuß kennengelernt (an meine Schwester dachte damals noch keiner), aber schon kurz nach meiner Geburt wurden meine Füße in diese albernen Strampelsöckchen gesteckt und in den folgenden Jahrzehnten unternahmen meine Eltern alles, um mich zum "braven" Schuhträger zu konditionieren. Sie hatten dabei auch gewissen Erfolg; doch unterliefen ihnen zwei entscheidende "Pannen": Sie scafften es nicht, eine grundlegende Sehnsucht nach dem barfüßigen Urzustand der Erdverbundenheit auszurotten (oder sollte ich, wie Tiziana es ausdrükken würde, einfach eine "barfüßige Seele" haben?), und nach der Entdekkung dieses Forums brach diese Sehnsucht sich auch äußerlich sichtbar ihre Bahn. Ich fühle mich besser dabei, und was "die Leute" denken, war mir, anders als meinen Eltern und auch meiner Schwester, schon als Kind ziemlich egal, weil die Leute, je nachdem sie wohlwollend oder bösartig eingestellt sind, ohnehin denken, was sie wollen.

Barfüßige Spätsommergrüße ins schöne München (bin bald auch wieder dort),
Markus U.

Verstoß gegen den Codex der Konsumgesellschaft

Lorenz, Stammposter, Saturday, 24.09.2005, 21:20 (vor 6939 Tagen) @ Markus U.

Hi Markus,

Nun möchte ich gerne wissen, warum "man" nicht barfuß läuft. Verletzt es doch ein geheimes Tabu?

Das wichtigste Dogma der Konsumgesellschaft ist: man muss alles haben, was es zu kaufen gibt und in der Öffentlichkeit zeigen, dass man alles hat. Wenn wir nun mit Spaß ohne Schuhe durch die Welt laufen, verstoßen wir gegen dieses Sittengesetz des Materialismus.

Es gibt wahrscheinlich einige Zeitgenossen, die uns für wegen provokativer Konsumverweigerung gerne mit Ausschluss aus der Wohlstandsgesellschaft bestrafen würden. Aber dieser intoleranten Minderheit brauchen wir keinerlei Einflussmöglichkeit auf unser Leben zugestehen!

Mach's gut und unbeschuht, Lorenz

Minderheit

malo, Stammposter, Saturday, 24.09.2005, 22:11 (vor 6939 Tagen) @ Lorenz

Hallo Lorenz,
diese intolerante Minderheit scheint mir die Mehrheit zu sein. Leider :-(
Zuerst marschieren Industrie, Politik und Medien im Gleichschritt daher. Sie geben vor, was zu sein hat. Eigentlich sollten sich diese drei gegenseitig "überwachen". Doch heute befiehlt diesen das KAPITAL, was zu sein hat.
Die Medien plärren mir jeden Tag vor, was "mega" ist, was "geil" ist, was "in" ist, was "toll" ist. Der Radio z.B. "Da müssen Sie hin, liebe Höhrer!" Oder "Da müssen Sie dabei gewesen sein! Da verpassen Sie was!" Wirklich? Die Mehrheit machts und merkt nichts.
Wer ist diese Mehrheit?
Das Produkt der Medien, das Produkt des Kapitals.
Beeinflußt in dem Maße, das es zu einem analytischem Denken nicht mehr möglich ist. Erstens quatscht man das nach, was die scheinbare Mehrheit macht (zu machen hat), was die Industrie befiehlt! Zweitens macht man in der Herde mit. Auffallen um jeden Preis! Dabei sein, mitmachen. Man fällt aber gar nicht mehr auf darin ;-)
Es ist einzig das Wahre: DAS, was ICH! als toll befinde, das was MIR! gefällt, das, was ich für richtig halte (solange ich damit niemanden belästige, gefährde oder beeinfluße). Also meine Entfaltungsfreiheit.
Leider Pech für die Industrie, Medien und Politik, und die Mehrheit... Sie können an mir, an sich das Individuum, nichts verdienen.
Bin ich deswegen aussätzig, asozial, anders? Weiter unten hatten wir schon einen ähnlichen Thread.
Da wird Multikulti und Toleranz groß geschworen. Aber scheinbar nur da, wo schnell viel Kohle verdient ist. :-(((
Mit mir nicht.
Barfuß durch die Welt! Durch das LEBEN. (Noch wenigstens 5 Wochen).

Gruß,
Markus

Verstoß gegen den Codex der Konsumgesellschaft

Markus U., Stammposter, Saturday, 24.09.2005, 22:44 (vor 6939 Tagen) @ Lorenz

Hi Lorenz!

Das wichtigste Dogma der Konsumgesellschaft ist: man muss alles haben, was es zu kaufen gibt und in der Öffentlichkeit zeigen, dass man alles hat. Wenn wir nun mit Spaß ohne Schuhe durch die Welt laufen, verstoßen wir gegen dieses Sittengesetz des Materialismus.

Alles kann man nicht haben, und ich brauche nicht alles zu haben. So bin ich einer der wenigen Menschen, die immer noch kein Mobiltelefon besitzen, aber daraus hat mir noch nie jemand einen Vorwurf gemacht. Schuhe besitze ich dagegen sehr wohl, und nicht einmal wenige (so um die 20 Paar). Ich habe in der Heimat auch nicht allzu viele Möglichkeiten, einen ganzen Tag durchgängig barfuß zu sein, weil es in Büro und Kirche nicht geht (wenn ich in München bin, sieht das anders aus). Barfuß fühle ich mit der Erde verbunden (auch wenn es "nur" der Boden eines Supermarktes ist), und wenn ich barfuß einkaufe oder tanke (mein Autio braucht schließlich auch "Nahrung"), dann trete ich letztlich auch als Konsument in Erscheinung, und überzeugte Schuhträger werden sich auch nicht jeden Tag Schuhe kaufen. Allerdings frage ich mich, ob hier vielleicht ein gewisser, nicht eingestandener Neid eine Rolle spielen könnte. Barfuß zu laufen ist ja dem Vernehmen nach sooo gefährlich (man erkältet sich, bekommt Fußpilz und tritt vorher noch garantiert in Scherben), und da kann es doch nicht angehen, daß jemand ganz selbstverständlich barfuß geht und sich dabei auch noch sauwohl fühlt. Oder es sid die eigenen Hemmungen: Man möchte vielleicht gerne, traut sich aber nicht, und da geht es doch nicht an, daß ein anderer diese Hemmungen ganz offensichtlich nicht hat. Ob dieses Verhaltensmuster bei meiner Schwester eine Rolle spielt, weiß ich nicht genau, aber die Indizien (meine Schwester wollte anders als ich immer "dazugehören") sprechen dafür.

Es gibt wahrscheinlich einige Zeitgenossen, die uns für wegen provokativer Konsumverweigerung gerne mit Ausschluss aus der Wohlstandsgesellschaft bestrafen würden. Aber dieser intoleranten Minderheit brauchen wir keinerlei Einflussmöglichkeit auf unser Leben zugestehen!

Da hast Du vollkommen recht.

Mach's gut und unbeschuht, Lorenz

Ja, mach ich

Barfüßige Spätsommergrüße,
Markus U.

Begegnung mit meiner Schwester

Marco N., Stammposter, Sunday, 25.09.2005, 00:45 (vor 6938 Tagen) @ Markus U.

Jeder weiß, daß Barfußlaufen gesund ist

Da bin ich mir nicht ganz so sicher - es hält sich ja leider hartnäckig die falsche Einschätzung, dass man sich vom Barfusslaufen einen Fußpilz einfangen kann. Dabei ist es ja gerade eher umgekehrt, wer oft barfuß läuft, hat mit Sicherheit trockenere Füße als jemand, der fast immer Schuhe trägt.

Begegnung mit meiner Schwester

Ulrich (Berlin) @, Stammposter, Sunday, 25.09.2005, 11:33 (vor 6938 Tagen) @ Markus U.

Hallo Markus

Ein Grund, warum deine Schwester so reagiert, könnte auch darin bestehen, dass es ihr peinlich ist. Das ist leider bei meiner Mutter ganz genauso. Wenn wir zusammen unterwegs sind, was selten vorkommt, da sie kaum aus dem Haus geht, legt sie größten Wert darauf, dass ich Schuhe trage, weil sie meint die Leute müssten denken, dass wir kein Geld für Schuhe hätten. Ich dagegen halte die Nachbarschaft für Intelligent genug, um sich zu denken: "Wer sich ein Auto leisten kann, müsste auch Geld für Schuhe übrig haben." Auch kennt meine Mutter anscheinend reichlich Orte, an denen man auf gar keinen Fall barfuß gehen darf. Vor ein paar Wochen, war ich mit ihr barfuß auf dem Friedhof, das war in Ordnung, aber um ein paar künstliche Blumen bei Woolworth zu kaufen, müsste ich mir unbedingt Schuhe anziehen, meinte sie. Da könne ich doch nicht barfuß hingehen!
Ebenso musste ich mir zum Betreten des Wahllokals Schuhe anziehen, da meine Mutter, die auch dort wählte, darauf größten Wert legte. Da sie auf meinen Fahrdienst zum Wahllokal angewiesen war, konnte ich auch schlecht zu einem anderen Zeitpunkt wählen. Na gut, ich hätte mich auch zweimal auf den Weg machen können, aber so wichtig war mir das nun auch wieder nicht.
Meiner Mutter ist meine Barfüßigkeit jedenfalls hochgradig peinlich, worauf sie mich auch immer wieder aufmerksam macht. Dass es gesundheitliche Vorteile bringt, sieht sie auch nicht ein. Sie findet es verrückt, und sie schämt sich deshalb gegenüber unseren Bekannten.
Trotz allem käme aber ein Abbruch des Kontaktes für mich nie in Frage, da sie auf mich angewiesen ist, und sie schließlich meine Mutter ist.
Tja Markus, ich könnte mir vorstellen, dass es bei deiner Schwester ähnliche Gedanken gibt.

Viele Grüße

Ulrich

18.09.05

Vesa Local @, Stammposter, Monday, 26.09.2005, 07:56 (vor 6937 Tagen) @ Ulrich (Berlin)

Hi, Ulrich!

Ebenso musste ich mir zum Betreten des Wahllokals Schuhe anziehen, da meine Mutter, die auch dort wählte, darauf größten Wert legte.

Und für mich war es Premiere, dieser Bürgerpflicht in - wenigstens dem Wetter nach - angemessener Fußbekleidung nachzukommen.

Mit Krawatte, Anzug und Business-Miefern zur Wahlurne? Wozu?
Der Abstimmungsvorgang ist eine rein formale Angelegenheit, für die ich die Klamotten anziehe, in denen ich mich wohlfühle.
Und wenn Schuhe nicht dazugehören, dann bleiben die eben zu Hause.
Die Wahlhelfer/innen haben etwas schräg geschaut und ich war mit Sicherheit noch ein paar Minuten Gesprächsthema - oder auch nicht. Egal!

Da sie auf meinen Fahrdienst zum Wahllokal angewiesen war, konnte ich auch schlecht zu einem anderen Zeitpunkt wählen.

Die berühmte Frage, die ich da gestellt hätte lautet: "Wer will was von wem?"
Entweder nimmt jemand meinen Fahrdienst in Anspruch ohne Anspruch zu erheben, wie ich gekleidet bin - oder es gibt Taxen.
Eine günstigere Möglichkeit lautet: "Briefwahl"

Sorry, aber es gibt gewisse Situationen, in denen ich absolut kompromißlos bin!

Viele Grüße
Vesa Local

Wahlen....... und andere Barfußaktivitäten

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Monday, 26.09.2005, 09:51 (vor 6937 Tagen) @ Vesa Local

Hallo Vesa Local,

die Wahltermine in Deutschland gelten für mich nicht mehr, da ich jetzt Schweizer Staatsbürger bin. Dafür darf ich an Schweizer Abstimmungen teilnehmen, und die letzte war am vergangenen Wochenende (und die zweite Abstimmung, seitdem ich in der Schweiz wählen darf). Auch ich bin der Meinung, daß man auf Wahlen nicht "besonders" gekleidet sein muß, sondern so, wie man auch sonst gekleidet ist. Da eine Wahl Privatangelegenheit ist und man nicht etwa die Firma, für die man arbeitet, vertritt, ziehe ich daher auch keine Dienstkleidung an.

Letzten Samstag fuhr ich zur Wahl und zwar in der Kleidung, die ich bei ca. 13°C und Sonne auch sonst privat tragen würde: T-Shirt, kurze Hosen und natürlich barfuß. Ich gab meine Wahlunterlagen im Zofinger Rathaus ab (ich hätte sie auch bei der Stadtpolizei abgeben können oder Briefwahl machen können). Weder die Wahlhelfer (der Stadtweibel und eine Frau, die ich nicht kannte) reagierten mir gegenüber irgendwie anders als gegenüber fett beschuhten Wählern. Sie waren höflich. Wie man auf der Polizei reagiert hätte, wenn ich dort die Wahlunterlagen abgegeben hätte, weiß ich nicht (und ich will es auch nicht wissen).

Das vergangene Wochenende war der barfüßige Abschluß meiner ersten beschuhten Arbeitswoche nach meinem zweiwöchigem barfüßigem Fahrradurlaub. Ich habe diese Arbeitswoche trotz Dienstkleidung und Schuhen (jawoll, so heißen die "ledernen Schachteln" unter den Füßen, ist mir wieder eingefallen) überstanden. Die Schuhe haben sogar gepaßt! Es hätte ja angehen können, daß die Füße sich ausgedehnt hätten, da sie nur den Luftwiderstand zu überwinden hatten.

Die Woche bestand jedoch nicht nur aus Arbeit, auch mußte ich Ersatzteile fürs Fahrrad kaufen (ein Reifen und die Kette sind erneuerungsbedürftig nach der langen Tour), dieses tat ich natürlich barfuß, ohne daß eine Verkäuferin reagierte.

Und an beiden Tagen des Wochenendes war ich auch noch zum Stauwehr nach Schönenwerd geradelt. Übrigens das erste Mal, nachdem es in der Schweiz Überschwemmungen gegeben hatte. Auch hier, und zwar zugunsten der Barfüßer. Einige der geschotterten Wege sind nun mit Sand überdeckt, auch einige Kiesbänke im Fluß. Ein weiterer Vorteil: Die Scherben, die böse Zeitgenossen im Laufe der Jahre am Aareufer hinterlassen hatten, wurden bei der Gelegenheit auch mit weggespült.

Ich habe festgestellt, daß sich am Wochenende mehr Leute am Ufer der Schuhe entledigten als vor dem Hochwasser, als die Ufer noch steiniger waren und mit Scherben übersät. Diejenigen, die noch badeten, trugen auch keine Schuhe, während sonst viele Leute Badeschuhe trugen. Ich badete auch dort. Und ich testete den Weg am Aareufer Richtung Aarau und am anderen Ufer zurück. Dank Hochwasser hat sich die Barfußtauglichkeit hier erheblich verbessert. Trotzdem gab es keine Leute außer mir, die hier auch ohne Schuhe längs wanderten. Dabei sprach auch das Wetter (sonnig, über 20°C) gegen das Tragen von Schuhen.

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen

18.09.05

Ulrich (Berlin) @, Stammposter, Monday, 26.09.2005, 18:36 (vor 6937 Tagen) @ Vesa Local

Hallo Vesa Local

Und für mich war es Premiere, dieser Bürgerpflicht in - wenigstens dem Wetter nach - angemessener Fußbekleidung nachzukommen.

Das freut mich für dich.

Da sie auf meinen Fahrdienst zum Wahllokal angewiesen war, konnte ich auch schlecht zu einem anderen Zeitpunkt wählen.

Die berühmte Frage, die ich da gestellt hätte lautet: "Wer will was von wem?"

Da gebe ich dir im Prinzip Recht, möchte aber nochmals betonen, dass es sich um meine Mutter handelt. Ich weiß ja nicht, was Du für ein Verhältnis zu deiner Mutter hast, aber wenn meine mich um etwas bittet, pflege ich nach Möglichkeit diesen Wunsch zu erfüllen. Sie ist alt und schwach und auf meine Hilfe angewiesen. Unter diesen Umständen kann und will ich nicht einfach sagen: "Dann sieh doch zu!", auch wenn wir manchmal unterschiedlicher Meinung sind. Außerdem halte ich das Tragen von Schuhen für zehn Minuten nicht für unzumutbar.

Sorry, aber es gibt gewisse Situationen, in denen ich absolut kompromißlos bin!

Aha!

Viele Grüße

Ulrich

Begegnung mit meiner Schwester

Michael (Lowlander), Monday, 26.09.2005, 11:53 (vor 6937 Tagen) @ Ulrich (Berlin)

Hallo Ulrich,

Ich dagegen halte die Nachbarschaft für Intelligent genug, um sich zu denken: "Wer sich ein Auto leisten kann, müsste auch Geld für Schuhe übrig haben."

und was machen diejenigen, die kein Auto haben, wie ich? Da müssen wohl die Nachbarn tatsächlich denken, ich hätte kein Geld. Ja und was ist nun daran wiederum peinlich?

Alles Gute wünscht
... Michael

Begegnung mit meiner Schwester

Tiziana, Stammposter, Monday, 26.09.2005, 12:31 (vor 6937 Tagen) @ Michael (Lowlander)

und was machen diejenigen, die kein Auto haben, wie ich?

Und wie ich!

Da müssen wohl die Nachbarn tatsächlich denken, ich hätte kein Geld. >Ja und was ist nun daran wiederum peinlich?

Gar nichts. Im Gegenteil: Ich habe zwar kein Auto, aber ich bin trotzdem sehr oft mit der Bahn unterwegs und unternehme stets etwas Interessantes, d.h. ich geniesse mein Leben meistens in der Natur, im Museum, im Theater, oder wo es auch immer etwas Interessantes gibt. Und das tue ich fast immer barfuß, weil es mir so gefällt, ohne peinliche Situation zu erleben.
Viele Bekannte von mir haben zwar ein Auto, aber sie hocken meistens zu Hause und frönen ihrem Lieblingshobby, nämlich "Nachbarkritik".
Selbstverständlich kann jeder sein Leben so gestalten, wie er will, Hauptsache, er ist dann mit der gewählten Gestaltung zufrieden.

Ich könnte mir kaum vorstellen, beschuht am Lenkrad zu sitzen und auf die anderen Verkehrsteilnehmer aufpassen zu müssen. Das wäre mir zu stressig und auch noch eine reine Zeitvergeudung. (Ich fahre sehr ungern Auto.)
Ich sitze viel lieber entspannt im Zug, wo ich die Fahrzeit beim Lesen viel konstruktiver verbringen kann.
Ob es mir peinlich ist wegen der nackten Füße? Nee, bisher was das noch nie der Fall, denn..... ich hatte immer eine Fahrkarte dabei. Die wollen die Schaffner sehen, nicht die Schuhe!

Grüße aus Italien.
Tiziana

Begegnung mit meiner Schwester

Ulrich (Berlin) @, Stammposter, Monday, 26.09.2005, 18:22 (vor 6937 Tagen) @ Michael (Lowlander)

Hallo Michael

Ich dagegen halte die Nachbarschaft für Intelligent genug, um sich zu denken: "Wer sich ein Auto leisten kann, müsste auch Geld für Schuhe übrig haben."


und was machen diejenigen, die kein Auto haben, wie ich? Da müssen wohl die Nachbarn tatsächlich denken, ich hätte kein Geld. Ja und was ist nun daran wiederum peinlich?

Ich habe nie behauptet, dass es peinlich sein müsse barfuß zu sein, wenn man kein Auto besitzt! Einen solchen Umkehrschluss aus meiner Aussage zu ziehen, halte ich für sehr unfair! Ich ging lediglich von MEINER Person aus, und ich habe nun mal ein Auto. Da wird wohl, wie ich vermute, niemand ernsthaft annehmen, dass ich mir keine Schuhe leisten könnte. Das heißt aber keineswegs, dass Leute, die kein Auto besitzen vielleicht tatsächlich aus Armut barfuß gehen. Im Gegenteil, die sparen ja das Geld, das ein Auto kostet. So gesehen könnte man mich natürlich auch verdächtigen, dass bei den hohen Kosten, die ein Auto verursacht, bei mir kein Geld mehr für Schuhe übrigbleibt. Ganz so Pleite bin ich aber doch nicht. :-)

Viele Grüße

Ulrich

und?

Berni (N) @, Stammposter, Monday, 26.09.2005, 21:25 (vor 6937 Tagen) @ Ulrich (Berlin)

...
Da wird wohl, wie ich vermute, niemand ernsthaft annehmen, dass ich mir keine Schuhe leisten könnte. Das heißt aber keineswegs, dass Leute, die kein Auto besitzen vielleicht tatsächlich aus Armut barfuß gehen. Im Gegenteil, die sparen ja das Geld, das ein Auto kostet. So gesehen könnte man mich natürlich auch verdächtigen, dass bei den hohen Kosten, die ein Auto verursacht, bei mir kein Geld mehr für Schuhe übrigbleibt. Ganz so Pleite bin ich aber doch nicht. :-)
...

Warum mußt du dich rechtfertigen vor deinen Nachbarn? Meine Nachbarn interessiert das 1. nicht und zum 2. wenn doch, wäre mir das auch sowas von sch...egal! (und wir haben 2 Autos, nur so als Hinweis ...)

Gruß Berni(N)

und?

Ulrich (Berlin) @, Stammposter, Monday, 26.09.2005, 22:46 (vor 6937 Tagen) @ Berni (N)

Hallo Berni

Warum mußt du dich rechtfertigen vor deinen Nachbarn? Meine Nachbarn interessiert das 1. nicht und zum 2. wenn doch, wäre mir das auch sowas von sch...egal! (und wir haben 2 Autos, nur so als Hinweis ...)

Ich rechtfertige mich doch gar nicht vor irgendwelchen Nachbarn. Ich hatte doch deutlich zu machen versucht, dass das gar nicht nötig ist, weil die vermutlich Intelligent genug sein dürften. Und wenn nicht, dann ist das deren Problem.

Viele Grüße

Ulrich

Begegnung mit meiner Schwester

Markus U., Stammposter, Monday, 26.09.2005, 21:55 (vor 6937 Tagen) @ Ulrich (Berlin)

Hi Ulrich!

Ein Grund, warum deine Schwester so reagiert, könnte auch darin bestehen, dass es ihr peinlich ist. Das ist leider bei meiner Mutter ganz genauso. Wenn wir zusammen unterwegs sind, was selten vorkommt, da sie kaum aus dem Haus geht, legt sie größten Wert darauf, dass ich Schuhe trage, weil sie meint die Leute müssten denken, dass wir kein Geld für Schuhe hätten. Ich dagegen halte die Nachbarschaft für Intelligent genug, um sich zu denken: "Wer sich ein Auto leisten kann, müsste auch Geld für Schuhe übrig haben."
Meiner Mutter ist meine Barfüßigkeit jedenfalls hochgradig peinlich, worauf sie mich auch immer wieder aufmerksam macht. Dass es gesundheitliche Vorteile bringt, sieht sie auch nicht ein. Sie findet es verrückt, und sie schämt sich deshalb gegenüber unseren Bekannten.
Trotz allem käme aber ein Abbruch des Kontaktes für mich nie in Frage, da sie auf mich angewiesen ist, und sie schließlich meine Mutter ist.
Tja Markus, ich könnte mir vorstellen, dass es bei deiner Schwester ähnliche Gedanken gibt.
Viele Grüße
Ulrich

Es ist so, wie Du scheibst. Was meine Mutter betrifft, so läuft sie bei sich zu Hause auch barfuß, "weil das gesund ist", aber draußen barfuß zu laufen, findet sie ebenso wie auch mein Vater und meine Schwester verrückt, und sie sagen, sie schämten sich meiner, wenn ich so gesehen und mit ihnen in Verbindung gebracht würde. Wenn ich ihre Argumentation in einem geeigneten Augenblick kritisch hinterfrage (hatte bezüglich des aktuellen Anlasses noch keine Gelegenheit, kann man aber anhand vergleichbarer Situationen ohne weiteres übertragen), bekomme ich die erstaunliche Antwort, daß SIE SELBST ja mit meiner Lebensweise keine Probleme hätten, das Problem sei eben, was DIE LEUTE dächten... Also da komme ich einfach nicht mehr mit.

Kopfschüttelnde Barfußgrüße,
Markus U.

.. wenig Probleme ...

Berni (N) @, Stammposter, Sunday, 25.09.2005, 23:01 (vor 6938 Tagen) @ Markus U.

Hi zusammen,
als ich heute von einem Besuch bei meiner Partnerin Ute zurückkam, beschloß ich spontan, noch ein paar Lebensmittel einzukaufen. Dabei lief ich zufällig meiner Schwester über den Weg. "Hi", begrüßte sie mich gutgelaunt, "was machst Du denn hier?" "Einkaufen, genau wie Du", entgegnete ich. Plötzlich fiel ihr Blick auf meine nackten Füße und gefror ebenso wie ihre Stimme zu antarktischem Eis. "Das ist doch nicht Dein Ernst, hier barfuß rumzulaufen. "Ist das schlimm?" "Allerdings", meinte sie, "dafür fehlt mir jedes Verständnis, und so will ich mich nicht mit Dir unterhalten und schon gar nicht gesehen werden." Darauf schnappte sie ihren Einkaufswagen und ging wütend davon. An der Kasse begegneten wir uns wieder; sie wurde zufällig an einer anderen Kasse zur selben Zeit wie ich bedient. Bevor sie den Laden verließ, warf sie mir noch einen giftigen Blick zu und schüttelte den Kopf, gerade so, als sei sie zufällig dazu gekommen, wie ich beim Klauen erwischt worden wäre.
Unabhängig von dieser Reaktion frage ich mich, warum manche Menschen, vor allem konservative (meine Schwester ist sehr konservativ in ihrem Ansichten), so reagieren. erletzt der Anblick eines vollkommen nackten, nicht einmal minimal durch einen Flipflop bedeckten Fuß das allgemeine Schamgefühl solcher Menschen so sehr, daß es Ärgernis erregt? Wenn ich meine Schwester fragte, was dabei anstößig sei, daß ich barfuß laufe, würde die Antwort lauten: "Weil man so etwas eben nicht tut." Nun möchte ich gerne wissen, warum "man" nicht barfuß läuft. Verletzt es doch ein geheimes Tabu? Oder ist es deshalb, weil es außerhalb von Haus, Garten, Strand und Schwimmbad selten vorkommt (meine Schwester läuft bei sich zu Hause, aber nur da, selbst barfuß)? Jeder weiß, daß Barfußlaufen gesund ist, aber außerhalb "reservierter" Flächen (Haus, Garten, Strand und Schwimmbad) ist es anscheinend nach verbreiteter Ansicht "unanständig". Ich würde mich freuen, wenn es hier zu einem lebhaften Austausch über diese Frage käme.
Verständnislose Barfußgrüße (ob des Unverständnisses der Umwelt)
Markus U.

Hallo Markus,

das Problem, das deine Schwester hat, ist wohl häufig verbreitet. Glücklicherweise bei mir eher selten. Mein Familienkreis und der erweiterte Bekanntenkreis ist es gewöhnt, daß ich, auch wie beim Geburtstag meiner Schwägerin (kalter Wind, Nieselregen, 13 Grad) barfuß bin. Keinerlei Kommentare. Das allerdings in einem "normalen" Umfeld, also nicht in der Oper, im Theater oder ähnlichen "hochkarätigen" Ortschaften.

Allerdings ist mir ebenso wie dir immer noch schleierhaft, was denn der schamhafte Unterschied sein soll zwischen ein paar Millimeter Materie zwischen Sohle und Boden (sprich: Flipflops) oder wirklich "nix" ...

Ich habe bisher den Hut vor deiner Partnerin gezogen, die toleriert hat, was eigentlich natürlich sein sollte, nämlich einfach zu gehen, ohne irgendwelche Hilfsmittel, welche auch immer, aber bleib deiner Linie treu, wenn auch die ein ode andere Person mit ihrer Meinung nicht ins Schwarze trifft.

Meine Meinung ist nach wie vor, daß die Meinungen anderer mich in dieser Hinsicht nicht zu interressieren brauchen. Fertich.

Gruß Berni(N)

.. wenig Probleme ...

Markus U., Stammposter, Monday, 26.09.2005, 22:12 (vor 6937 Tagen) @ Berni (N)

Hallo Markus,
Ich habe bisher den Hut vor deiner Partnerin gezogen, die toleriert hat, was eigentlich natürlich sein sollte, nämlich einfach zu gehen, ohne irgendwelche Hilfsmittel, welche auch immer, aber bleib deiner Linie treu, wenn auch die ein ode andere Person mit ihrer Meinung nicht ins Schwarze trifft.
Meine Meinung ist nach wie vor, daß die Meinungen anderer mich in dieser Hinsicht nicht zu interressieren brauchen. Fertich.
Gruß Berni(N)

Hi Berni,

meine Partnerin toleriert immer noch, daß ich sommers wie winters draußen barfuß laufe, da hat sich nix dran geändert.

Barfüßige Spätsommergrüße,
Markus U.

Begegnung mit meiner Schwester

Vesa Local, Stammposter, Monday, 26.09.2005, 07:34 (vor 6937 Tagen) @ Markus U.

Hi, Markus!

Ich glaube ich hätte mir ein laut gerufenes: "Schwesterchen, wartest Du auf mich oder ist es Dir peinlich, daß ich barfuß hier bin?" nicht verkneifen können.

Die Blicke wären erst zu Dir gewandert (Ich denke, damit kannst Du umgehen.)
und dann Deiner Blickrichtung gefolgt zu einem knallroten Kopf...

Viele Grüße
Vesa Local

Begegnung mit meiner Schwester

Ulrich (Berlin) @, Stammposter, Monday, 26.09.2005, 18:40 (vor 6937 Tagen) @ Vesa Local

Hallo

Ich glaube ich hätte mir ein laut gerufenes: "Schwesterchen, wartest Du auf mich oder ist es Dir peinlich, daß ich barfuß hier bin?" nicht verkneifen können.
Die Blicke wären erst zu Dir gewandert (Ich denke, damit kannst Du umgehen.)
und dann Deiner Blickrichtung gefolgt zu einem knallroten Kopf...

Das wäre zwar sicher lustig geworden, ich glaube aber kaum, dass ein solcher Konfrontationskurs für die geschwisterliche Beziehung vorteilhaft gewesen wäre.

Viele Grüße

Ulrich

Begegnung mit meiner Schwester

Volker, Monday, 26.09.2005, 09:49 (vor 6937 Tagen) @ Markus U.

Hi zusammen,
als ich heute von einem Besuch bei meiner Partnerin Ute zurückkam, beschloß ich spontan, noch ein paar Lebensmittel einzukaufen. Dabei lief ich zufällig meiner Schwester über den Weg. "Hi", begrüßte sie mich gutgelaunt, "was machst Du denn hier?" "Einkaufen, genau wie Du", entgegnete ich. Plötzlich fiel ihr Blick auf meine nackten Füße und gefror ebenso wie ihre Stimme zu antarktischem Eis. "Das ist doch nicht Dein Ernst, hier barfuß rumzulaufen. "Ist das schlimm?" "Allerdings", meinte sie, "dafür fehlt mir jedes Verständnis, und so will ich mich nicht mit Dir unterhalten und schon gar nicht gesehen werden." Darauf schnappte sie ihren Einkaufswagen und ging wütend davon. An der Kasse begegneten wir uns wieder; sie wurde zufällig an einer anderen Kasse zur selben Zeit wie ich bedient. Bevor sie den Laden verließ, warf sie mir noch einen giftigen Blick zu und schüttelte den Kopf, gerade so, als sei sie zufällig dazu gekommen, wie ich beim Klauen erwischt worden wäre.
Unabhängig von dieser Reaktion frage ich mich, warum manche Menschen, vor allem konservative (meine Schwester ist sehr konservativ in ihrem Ansichten), so reagieren. erletzt der Anblick eines vollkommen nackten, nicht einmal minimal durch einen Flipflop bedeckten Fuß das allgemeine Schamgefühl solcher Menschen so sehr, daß es Ärgernis erregt? Wenn ich meine Schwester fragte, was dabei anstößig sei, daß ich barfuß laufe, würde die Antwort lauten: "Weil man so etwas eben nicht tut." Nun möchte ich gerne wissen, warum "man" nicht barfuß läuft. Verletzt es doch ein geheimes Tabu? Oder ist es deshalb, weil es außerhalb von Haus, Garten, Strand und Schwimmbad selten vorkommt (meine Schwester läuft bei sich zu Hause, aber nur da, selbst barfuß)? Jeder weiß, daß Barfußlaufen gesund ist, aber außerhalb "reservierter" Flächen (Haus, Garten, Strand und Schwimmbad) ist es anscheinend nach verbreiteter Ansicht "unanständig". Ich würde mich freuen, wenn es hier zu einem lebhaften Austausch über diese Frage käme.
Verständnislose Barfußgrüße (ob des Unverständnisses der Umwelt)
Markus U.

Guten Morgen,
Ich bin jetzt auch schon den ganzen Sommer Barfuß unterwegs, meine Familie findet es auch gut und mein kleinster zieht sogar mit (9 Jahre ).Das was viele ungewöhnlich finden, wo ich auch viel angesprochen werde sind meine Zehenringe.Wie griegst du die da rüber oder mit sowas kann ich nicht Laufen das würde mich stören und das würde ich mich nicht gedrauen anzuziehen. Aber den meiste Leuten gefällt es und finden es gut. Ich habe auch schon aus meinem Bekannten kreiß einige gesehen wo heimlich und ganz schüchtern ohne Schuhe unterwegs sind, aber nicht lange.Dann geselle ich mich dazu und Gehen ein Stück mit ihnen und sage ihnen auch das ich es gut finde was sie gerate tun und es nicht aufgeben sollen egal was die anderen sagen.

Mit freundlichem Fuß
Volker

Gruppenzwang

Kamel Leon, Monday, 26.09.2005, 12:59 (vor 6937 Tagen) @ Markus U.

Da fällt mir eine Geschichte aus Saint-Exupérys Buch "Der Kleine Prinz" ein: Ein türkischer Astronom hatte einen Asteroiden entdeckt und darüber auf einem Kongress berichtet, aber die anderen Astronomen nahmen ihn und seine Entdeckung nicht ernst, weil er traditionelle türkische Tracht trug. Erst als er dieselben Erkenntnisse ein paar Jahre später erneut in europäischer Kleidung präsentierte, glaubte man ihm.

Kleidung ist ein bedeutendes soziales Signal. Menschen taxieren sich gegenseitig aufgrund ihrer Kleidung: Was ist das für einer? Ist er höherrangig oder niederrangig? Freund oder Feind? In unserem Kulturkreis gehören Schuhe zwingend dazu, damit man "richtig, vollständig" angezogen ist. Das ist eine willkürliche, ungeschriebene Regel. In der Freizeit "darf" man schon mal ohne Schuhe gehen, aber je offizieller der Anlass, desto zwingender werden Schuhe erwartet. Will man von den anderen voll akzeptiert und für voll genommen werden, muss man Schuhe tragen. Tut man es nicht, gilt man (mehr oder weniger) als "out", als "komisch", als Außenseiter oder als "Verrückter".

Bis Mitte des letzten Jahrhunderts galt auch die ungeschriebene Regel, dass ein Mann nicht ohne Hut auf die Straße geht. Tat ein Mann es trotzdem, fragten die anderen sich oder ihn, ob er noch ganz richtig im Kopf sei.

Nicht nur für Schuhe, sondern fürs gesamte Outfit gilt: Um akzeptiert zu werden, muss man sein Outfit dem Outfit der Anderen weitgehend anpassen. Kleine Abweichungen werden toleriert und als persönliche Note sogar geschätzt. Auch ein Barfußläufer wird in der Regel von den meisten Leuten leidlich akzeptiert - vorausgesetzt, dass sein restliches Outfit einigermaßen "stimmt".

Begegnung mit meiner Schwester

Luc, Tuesday, 27.09.2005, 17:21 (vor 6936 Tagen) @ Markus U.

Es ist immer peinlich wenn jemand plötzlich sich ändert wenn mann merkt dass mann barfuss ist, noch trauriger in der eigene Familie; das ist mir leider auch schon vorkommen. In solche Fälle habe ich es einfach durchgesetst. Grüsse aus Franckreich. Luc

Jedes Ding hat (mindestens) zwei Seiten

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Wednesday, 28.09.2005, 08:00 (vor 6935 Tagen) @ Markus U.

Hallo Markus,

Du läufst ja schon seit etlichen Jahren barfuß, und soweit ich richtig orientiert bin, wohnt Deine Schwester nicht hunderte von Kilometern von Dir entfernt. Daher überrascht mich, daß Du ihr erst jetzt zufällig einmal barfuß begegnetest.

Wie ich in diesem Forum mitbekommen habe, sind meistens Familienangehörige diejenigen, sie am meisten Probleme damit haben, wenn es barfuß unterwegs ist. Überrascht das?

Wildfremde Menschen, zu denen man keinerlei Beziehungen hat, weder als Verwandter, als Arbeitskollege, Kunde usw. können einen meiden, ohne daß es stört.

Und bei Verwandten? Da muß man unterscheiden: Ist man von denen abhängig? Eltern fühlen sich in der Familienhierarchie höher als ihre Kinder. Anfangs sind die Kinder wirklich von den Eltern abhängig, bis zum 18. Lebensjahr sogar per Gesetz. Und danach? Wohnt man als Student noch bei den Eltern und zwar mietfrei oder bei zumindest reduzierter Miete? Und wenn man außerhalb studiert: Bekommt man noch einen Scheck von den Eltern? Wäscht die Mutter nicht ab und zu die dreckige Wäsche? Irgendwie haben die Eltern doch was für die Kinder getan, und in irgendeiner Form ist man auch moralisch verpflichtet, den Eltern zu helfen, wenn sie im Alter nicht mehr weiterkommen, in welcher Form auch immer. Man kann an dieser Stelle nicht pauschal sagen, inwieweit man sich bezüglich Barfußlaufen an die Eltern anpassen muß. Das muß jeder selber entscheiden. Ich würde keinen als "Muttersöhnchen" beschimpfen, nur weil er bei gemeinsamen Unternehmungen mit den Eltern ausnahmsweise Schuhe trägt (egal ob unter Zwang oder aus Angst, was die Leute darüber denken). Ich würde aber auch niemandem einen Vorwurf machen, wenn er auf seine Barfüßigkeit besteht und es zum Bruch in der Familie. Solange man selber nicht die Verhältnisse in der anderen Familie kennt, sollte man sich raushalten.

Bei Geschwistern sieht es meist anders aus. In den seltensten Fällen (jedoch nicht immer) ist man von denen nicht finanziell abhängig, andererseits fühlt man sich auch nicht für die verantwortlich. Bei denen ist es also egal, was die von einem denken, wenn man barfuß läuft. Was anderes ist es, wenn man von Geschwistern Geld geliehen hat und die Gefahr besteht, daß das Geld vorzeitig zurückgefordert wird (oder in Zukunft man nichts mehr leihen kann). Oder wenn man den Geschwistern selber Geld gegeben hat, wird die Gefahr größer, daß sie irgendwelche Ausreden erfinden, warum sie das Geld nicht mehr zurückbezahlen können, wenn man barfuß läuft. Aufgrund der wenigen Angaben, die Du über Deine Schwester gemacht hast, gehe ich davon aus, daß sie dazu neigt, das Geld mit vollen Händen auszugeben und deshalb für Dich keines mehr übrig hätte, wenn Du es benötigst. Andererseits glaube ich aber auch nicht, daß Du das Geld, was Du wegen Barfußlaufen an Schuhen und Socken eingespart hast, leihweise an Deine Schwester gegeben hast. Ich habe keine Schwester, sondern nur einen Bruder, zu dem ich aber kaum noch Kontakt habe, aber nicht wegen barfuß. Wir sind einfach auseinander gegangen, ohne Streit, ohne alles. Hat sich einfach so ergeben.

In anderen Beiträgen fiel das Wort "peinlich" öfters. Eigentlich darf ja nur das peinlich sein, wenn man dabei erwischt wird, was verboten ist. Aber in der Praxis kann ALLES peinlich sein. Barfußlaufen ist zweifellos nicht verboten, wieso ist es denn anderen peinlich? Bricht DENEN denn ein Zacken aus der Krone? Doch höchstens dann, wenn sie selber keine weiße Weste haben oder ein schlechtes Gewissen. Oder wenn sie ihrerseits von Leuten abhängig sind, für die letzteres gilt. Ein Motorradfahrer, der über 0,5 Promille hat, hätte "gute" Gründe sich zu weigern, einen Barfüßer auf dem Sozius mitzunehmen. Durch die Barfüßigkeit des Beifahrers fällt man der Polizei mehr auf, die Wahrscheinlichkeit, daß der Fahrer (auch wenn er Schuhe trägt) ins Röhrchen pusten muß, wird größer, und schon ist der Lappen weg. Einem nüchternen Motorradfahrer bräuchte es nicht peinlich sein, ihn könnte man nämlich nicht belangen. (Ich würde es allerdings verstehen, wenn ein Motorradfahrer aus Sicherheitsgründen nur beschuhte Beifahrer mitnimmt, barfuß auf dem Motorrad ist auch als Beifahrer nicht ganz ungefährlich).

Manchmal können aber auch Leute, die nichts gegen Barfußlaufen haben, in peinliche Situationen geraten, etwa dann, wenn ein Mensch mit einem Vorgesetzten oder Kunden geschäftlich unterwegs ist. Wenn dann zufällig ein barfüßiger Bekannter des Menschen der Gruppe begegnet und einfach nur "Guten Tag" sagt, kann dieses dazu führen, daß ein Geschäft nicht zustande kommt oder eine Gehaltserhöhung ausbleibt. Oder zumindest glaubt man daß die barfüßige Begegnung der Grund war, beweisen kann man es nicht.

Ein "echter Spießer" zeichnet sich wohl dadurch aus, daß ihm ALLES peinlich ist, speziell auf Fotografien fürs Familienalbum: Die Familie in bestem Zeug im eigenen Garten: Und wehe, man sieht darauf den barfüßigen Nachbarn, zu allem Übel auch noch in kurzen Hosen, beim Rasenmähen! Oder das Unkraut im eigenen oder Nachbars Garten! Oder irgendwo abblätternde Farbe. Oder die schiefsitzende Krawatte des Schwiegersohnes.
Foto einer Hochzeitsgesellschaft vor dem Portal der Kirche. Aber wieso sieht man auf dem Foto auch einen Barfüßer mit Hund? Oder den Penner am Eingang? Oder die Straßenbahn im Hintergrund? Diese "Schönheitsfehler" bleiben für alle Ewigkeit auf Celluloid gebannt.

PEINLICH! OBERPEINLICH! MEGAPEINLICH!

Vielleicht erleben wir es ja auch noch, daß der Schuh eine ähnliche "Karriere" macht wie bisher der Hut. Früher war es ja auch peinlich, wenn man sich ohne Hut in die Öffentlichkeit wagte. Und heute? Zumindest als Autofahrer wird man mit Hut verspottet.

Mit nichtspöttischen Grüßen

Michael aus Zofingen

Begegnung mit meiner Schwester

Eugen, Stammposter, Wednesday, 28.09.2005, 18:57 (vor 6935 Tagen) @ Markus U.

Hallo Marcus,

ich glaube, dass dein Problem mit deiner Schwester in das
Fachgebiet der Familien-Psychologie gehört. Wie Michael aus Zofingen muß ich schließen, dass du deine Schwester seit Jahren (!!) nicht mehr gesehen hast, denn sonst wüßte sie von deinen Füßen. Ihre Reaktion zeigt, dass sie ein Problem hat -- dessen Ursache in der Erziehung -- im Elternhaus liegt. Meine Vermutung: Du hast dich aus einem autoritären patriachalischen Elternhaus herauskatapultiert, wobei dein eigenes Barfußlaufen vielleicht Teil einer unterbewußten Psychotherapie ist. Sich von den Eltern und ihren "konservativen" Ansichten irgendwie abgrenzen. Und das auch öffentlich zeigen.

Deine Schwester hat diese Phase nicht mitgemacht. (Töchter gehen häufig mehr nach dem Vater, Söhne sind genetisch zu 70% Muttersöhnchen). Da treffen dann entgegengesetze Welten aufeinander.

Ich glaube auch nicht, dass du die "Ansichten" deiner Schwester wesentlich ändern kannst. Ich glaube nämlich nicht an den sogenannten "freien Willen" des Menschen.

Wenn es sowas wie Erbsünde gibt, so bekommt jeder seine eigene im "Elternhaus" verpaßt (Prägung). Einerseits stellts du deine Eltern (konservativ autoritär) in Frage, andererseits suchst du neue Autoritäten in der Welt der Religionen, denen du dann "bedingungslos" folgen kannst und willst. Dort mußt du dann sogar wieder auf barfußlaufen verzichten! (bedingungsloser Gehorsam -- wie im strengen Elternhaus).

Resumee meines unreifen Geschwätzes: Viele Probleme werden schon in die Wiege und die frühe Kindheit gelegt. Und Bruder und Schwester können sich später sehr fremd werden.

Optimistische Grüße,

Eugen

Begegnung mit meiner Schwester

RainerL @, Stammposter, Thursday, 29.09.2005, 13:01 (vor 6934 Tagen) @ Markus U.

Hallo Markus,

Das ist ja ein Riesenthread geworden :-) Tja das mit deiner Schwester löst Du am Besten wie von Eva vorgeschlagen: Gras drüber wachsen lassen und dann versuchen das Ganze humorvoll zu beleuchten. Wenn ich mich recht erinnere bist Du bei Besuchen bei deiner Familie nie barfuß gewesen und daher war deine Schwester vermutlich "schockiert" darüber daß Ihr Bruder in der Öffentlichkeit barfuß geht da sie es nicht kennt und nicht erwartet hat. Das sie selbst in der Wohnung barfuß ist impliziert ja nicht daß es überall akzeptiert wird. Schließlich sind FKKler ja auch nur auf Ihrem FKK-Gelände nackt und nicht in der City wenn sie einkaufen gehen. Sicher gibt es da auch welche die auch das versuchen (hatten wir ja auch schon mal als Thema) aber akzeptiert wird es in der Öffentlichkeit noch bei weitem nicht. Aber da haben wir es als "Fußnudisten" ja um einiges einfacher zumindest in der warmen Jahreszeit...

Barfüßige Grüße
Rainer

Begegnung mit meiner Schwester

Markus U., Stammposter, Thursday, 29.09.2005, 13:40 (vor 6934 Tagen) @ RainerL

Hallo Markus,
Das ist ja ein Riesenthread geworden :-) Tja das mit deiner Schwester löst Du am Besten wie von Eva vorgeschlagen: Gras drüber wachsen lassen und dann versuchen das Ganze humorvoll zu beleuchten. Wenn ich mich recht erinnere bist Du bei Besuchen bei deiner Familie nie barfuß gewesen und daher war deine Schwester vermutlich "schockiert" darüber daß Ihr Bruder in der Öffentlichkeit barfuß geht da sie es nicht kennt und nicht erwartet hat. Das sie selbst in der Wohnung barfuß ist impliziert ja nicht daß es überall akzeptiert wird. Schließlich sind FKKler ja auch nur auf Ihrem FKK-Gelände nackt und nicht in der City wenn sie einkaufen gehen. Sicher gibt es da auch welche die auch das versuchen (hatten wir ja auch schon mal als Thema) aber akzeptiert wird es in der Öffentlichkeit noch bei weitem nicht. Aber da haben wir es als "Fußnudisten" ja um einiges einfacher zumindest in der warmen Jahreszeit...
Barfüßige Grüße
Rainer

Hi Rainer!

Es ist tatsächlich so, daß ich bei meiner Schwester nicht barfuß auftauche (als sie noch in der Nachbarschaft wohnte, habe ich das mal gemacht; da hat sie gemekkert, ich trüge Dreck auf ihren Teppichboden), aber "bei sich" bestimmt sie nun mal die Regeln, und seit sie in einer Gegend wohnt, in die ich mich aus keinem anderen Anlaß als zu einem gezielten Besuch bei ihr begebe, laufen wir uns fast nie zufällig über den Weg, und sogar bei unseren Eltern (bei denen ich in der Regel auch nicht barfuß aufkreuze) treffe ich eher selten mit ihr zusammen. Insofern war das wirklich schokkierend für sie (sie ist ohnehin von ganz anderem Wesen als ich).
Dein Vergleich mit FKK trifft freilich in einem entscheidenden Punkte nicht zu: Nackt durchs Einkaufscenter zu wandeln dürfte die Polizei auf den Plan rufen und eine Ahndung nach § 118 OwiG (und vermutlich auch ein Hausverbot im Einkaufscenter) nach sich ziehen, während Barfußlaufen in der Öffentlichkeit nichts Ordnungswidriges oder Anstößiges ist (außer für meine Schwester). Die Schutzpolizei hat sich bisher auch noch nie für meine nackten Füße interessiert, wenn sie mal meinen Weg kreuzte (und es hat sie auch noch nie jemand eigens deswegen herbeigerufen, während das Michael aus Zofingen auch in Deutschland schon passiert ist).

Gerichtsverfahren wegen barfuß?

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Thursday, 29.09.2005, 17:40 (vor 6934 Tagen) @ Markus U.

Hallo Markus,

vermutlich meinst Du mit dem Satz

"Nackt durchs Einkaufscenter zu wandeln dürfte die Polizei auf den Plan rufen und eine Ahndung nach § 118 OwiG (und vermutlich auch ein Hausverbot im Einkaufscenter) nach sich ziehen, während Barfußlaufen in der Öffentlichkeit nichts Ordnungswidriges oder Anstößiges ist (außer für meine Schwester). "

daß für Deine Schwester das Barfußlaufen anstößig ist (und nicht ordnungswidrig und anstößig). Ich bin zwar kein Jurist, aber ich vermute doch stark, daß das, was ordnungswidrig ist, in irgendwelchen Gesetzbüchern steht. Und dann ist es in dem entsprechenden Geltungsbereich grundsätzlich ordnungswidrig - und nicht etwa für den einen Menschen, für den anderen nicht.

Was anstößig ist und was nicht, das dürfte subjektiv sein. Prinzipiell kann man etwas auch als "nicht anstößig" finden, was aber ordnungswidrig ist, etwa das Überfahren einer roten Ampel, wenn alles übersichtlich ist und weit und breit kein anderer Verkehrsteilnehmer in der Nähe ist. Es gibt sicher Leute, die zwar nichts gegen Barfußlaufen an sich haben, es aber an bestimmten Orten (z.B. Kirchen) anstößig finden. Andere machen es von Jahreszeit oder Temperatur abhängig. Dann gibt es Leute, die es anstößig finden, wenn Männer barfuß laufen, nicht aber, wenn Frauen das tun. Und es gibt Leute, die das Barfußlaufen bei Leuten mit guter Figur schön finden, jedoch anstößig, wenn ein Barfüßer dick ist, eine blasse Haut hat oder verstümmelt ist.

Was Polizeikontrollen anbelangt: Sowohl in Deutschland, als auch in der Schweiz bin ich schon häufiger kontrolliert worden, nicht nur wenn ich barfuß war oder sonst wie leicht gekleidet war. Selbst wenn ich bezüglich Kleidung mich von der Masse nicht unterschied (und mich auch sonst nicht gegen Gesetze verstieß), habe ich mehr Ärger mit der Polizei als andere. Vielleicht ist es mein etwas gebückter Gang oder die Tatsache, daß ich eher mager als übergewichtig bin. Oder die Tatsache, daß ich kein Auto besitze. Oder ich habe äußerlich Ähnlichkeit mit irgendwelchen Verbrechern. Vermutlich werde ich es nie erfahren. Einsperren oder mit einer Geldbuße belegen darf mich die Polizei jedenfalls nicht, wenn ich barfuß oder/und in kurzen Hosen unterwegs bin, nicht einmal bei -30°C. Erst wenn ich völlig nackt herumlaufe, kann man mich in Deutschland wegen § 118 OwiG und in der Schweiz wegen eines analogen Gesetzes belangen. Oder wäre der Fall denkbar, daß irgendwelche Privatpersonen sich derart daran stören, daß sie Gerichte einschalten und der Richter "Um des lieben Friedens Willen" mir das Barfußlaufen verbietet?

Oder könnte man mich wegen Provokation belangen? Dann müßte man mir aber nachweisen, daß ich deswegen (und NUR deswegen) barfuß laufe, um Polizisten und andere Leute damit zu ärgern? Dann könnte ja theoretisch auch Deine Schwester wegen Deiner Barfüßigkeit Gerichte einschalten. Aber so weit geht der Haß wohl doch wieder nicht.

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen

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