Barfüßiger Fahrradurlaub - 4. Etappe (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Wednesday, 21.09.2005, 14:16 (vor 7010 Tagen)

Dienstag, 6.9.2005: Ich hatte in einem Waldstück in Darmstadt-Wixhausen im Schlafsack übernachtet. Morgens um 7.15 Uhr radelte ich weiter, bei blauem Himmel. Die erste größere Stadt war Langen, wo es auch einige spezielle Fahrradwege gab. Leider folgte ich den Wegen, so daß ich nicht ins historische Städtchen Dreieichenhain, das mit Sprendlingen, Buchschlag usw. zur künstlichen Stadt Dreieich fusioniert hat, gelangte. Aber die Waldwege, die ich barfuß beradelte und in Richtung Waldsee und Frankfurt verwiesen, waren auch nicht übel. Ich kam noch am DB-Bahnhof Neu-Isenburg vobei, mußte auch noch höhengleich eine in Ost-West-Richtung verlaufende Eisenbahnlinie überqueren. Dieser Übergang, mit einer festen Barriere versehen, durch die man das Rad schlängeln muß, hatte es in sich. Einmal war der Weg steinig, dann war es eng. Wenn man also barfuß ein schwer beladenes Rad dort durchschiebt und sich möglicherweise verhakt, dann kann es sicher unangenehme Situationen geben, wenn ein Zug kommt.

Ich erreichte Frankfurt und die Gleise der Straßenbahn (Waldbahn) von Neu-Isenburg. Auch fuhr gerade ein Tram, das ich verfolgte. Einige Fahrgäste blickten mich an, wobei wohl mehr mein Verhalten mit dem vollbeladenem Fahrrad auffiel als meine Barfüßigkeit. Es herrschte ein reger Berufsverkehr, nicht gerade sehr angenehm. Im Stadtteil Sachsenhausen steuerte ich gleich den ersten Aldimarkt an, es gab keinerlei Reaktionen seitens der Mitarbeiter oder Kunden zu meiner Barfüßigkeit, obwohl ich der einzige Barfüßer im relativ kelinen Laden war. Dann radelte ich weiter Richtung Main, den ich auf dem Eisernen Steg überquerte. Normalerweise würde ich in solchen Fällen die Treppen zum Steg benutzen. Da aber mein Rad schwer war, war ich doch froh, daß es auch jeweils einen Lift am Ufer gab. ich schob das Rad vorbei am Römer und durch die Zeil, in Richtung alte Oper, durch die Taunusanlage. Nirgendwo böse Blicke!

Weiter radelte ich zum Hauptbahnhof, um von dort den Tramgleisen Richtung Höchst zu folgen (auf die Angabe von Liniennummern verzichte ich hier, da die Gefahr besteht, daß ich mich vertue und dann eine Kaskade von Offtopic-Beiträgen auslöse). Einmal wich ich jedoch ab, um zur Niddamündung zu fahren. Hinter Höchst erwischte ich vielbefahrene Straßen, die man als Radfahrer nicht benutzen darf, aber über Schleichwege gelangte ich auch nach Liederbach. Dem gleichnamigen Bach, der gerade so gut wie kein Wasser führte, folgte ich auf Feldwegen. Irgendwo kamen mir Eltern mit gerade eingeschulten Kindern entgegen, einige erstaunte Blicke. Ich erreichte Kelkheim, überquerte das Trassee der Königsteiner Bahn und radelte über Fischbach ins malerische Städtchen Eppstein. Da es glühend heiß war, hatte ich nicht das geringste Verlangen, zur Burgruine [image] hinauf zu gehen. Aber zwischen der Bahnlinie und dem Ufer eines Baches fand ich ein schattiges Plätzchen, wo ich einige Stunden verweilte, bis die glühende Hitze vorbei war.

Über Niedernhausen radelte ich ins hübsche Städtchen Idstein [image], wo ich barfuß das Rad durch die Altstadt schob. Kaum merkwürdige Blicke. ich war auch nicht der einzige Barfüßer, zwei Knaben waren auch dort, nur mit Badehose bekleidet. Auch in den Ausläufern von Idstein sah ich ein barfüßiges Mädchen.

Auf dem Weg nach Limburg benutzte ich nicht die Hauptverkehrsstraße, sondern Seitenstraßen. Hier war es schattiger, aber einige Steigungen hatten es in sich. Auch mit Schuhen wäre das nicht gerade ein Vergnügen gewesen. Aber ich näherte mich dem Ziel, zunächst in Sichtweite vorbei am ICE-Bahnhof Limburg-Süd, dann immer bergab in die Stadt, hinein in einen Tunnel und - Vollbremsung! Wegen eines Verkehrsstaus wäre ich beinahe auf eine Autoschlange gefahren. Wie schön, daß dieses am Ende des Tunnels war und ich bald ein Trottoir fand, auf dem ich das Velo in die Altstadt schieben konnte.

Die Limburger Altstadt ist wirklich sehenswert. Die meisten Leute reagierten nicht auf meine Barfüßigkeit, nur ein paar Jugendliche und einige Penner, die am Brunnen in der Nähe des "normalen" Limburger Bahnhofs Alkohol konsumierten. So gelangte ich auch zum Dom [image]. Es war kurz vor 19 Uhr, also Toreschluß. Auch stand dort ein Schild, daß man den Dom nur in einer Kleidung betreten durfte, die "sich geziemet zu tragen". Barfüßigkeit dürfte wohl kein Problem sein, wie Ulrich geschrieben hat. Aber kurze Hosen? Obendrein war ich auch noch bezüglich weiterer Kleidung weniger winterlich angezogen wie bei der Höhlenbesichtigung und auf der Wanderung durch die Wahner Heide. Als die letzte Besuchergruppe den Dom verließ, sah ich, daß keiner schuhlos, viele aber sockenlos waren, auch Männer. Auch trugen einige ältere Männer kurze Hosen. Offensichtlich nimmt man dort die eigenen Schilder nicht allzu ernst! So blieb es für mich bei einer Außenbesichtigung. Angenehm kühl war es unterhalb des Domfelsens direkt am Lahnufer, hier gibt es Mühlräder und ein Wehr. Ich radelte kurz lahnaufwärts, um einen späteren Schlafplatz zu erkunden, was auch gelang.

Also radelte ich wieder in Richtung Altstadt, entweder fuhr ich oder ich schob das Rad, je nachdem wo ich gerade Lust zu hatte. Es wurde dunkel. Und es war immer noch warm in der Stadt. Mein Abendbrot nahm ich auf dem Platz vor dem nun angestahlten Dom ein, wirklcih ein schöner Anblick. Das entschädigt mich dafür, daß ich für eine Besichtigung etwas spät dran war. Dann radelte ich noch durch die Altstadt und über die alte Lahnbrücke, um dann gleich wieder umzukehren. Wenn man mit dem Velo langsam über die Lahnbrücke radelt, dann hat man fast den Eindruck, als ob die Stadt mit ihrem auf einem Felsen thronenden Dom auf einen zukommt. Welch ein überwältigender Anblick! Und ich bin dagegen nur klein und winzig. Und durch meine Barfüßigkeit auch noch wehrlos. Aber irgendwie wirkte das ganze nicht bedrohlich, sondern Schutz versprechend. Kaum hatte ich die Brücke überquert, dann ging es hinunter zum Ufer, an der schroffen Felswand vorbei, an der Mühle, und dann weiter am Ufer, unter der Autobahn hindurch, der ICE-Strecke. Neben einem Gelände, das offfensichtlcih einem Wassersportverein gehört, fand ich ein Lager im weichen Gras unweit der Lahn. Ab und zu kam noch ein ICE über die neue Brücke gerauscht oder ein normaler Zug auf der alten Strecke parallel zur Lahn. Wer Eisenbahnen mag, den stören derartige Geräusche beim Übernachten im Schlafsack nicht.

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen

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