Barfüßiger Fahrradurlaub - 3. Etappe (Hobby? Barfuß! 2)
Montag, 5.9.2005: Ich hatte in einem Waldstück in Hockenheim im Schlafsack übernachtet. Morgens um 7.15 Uhr radelte ich weiter, bei blauem Himmel. Die erste größere Stadt war Schwetzingen, hier radelte ich am Schloß vorbei. Als ich an einem Brunnen meine Wasservorräte ergänzte, sahen mich 2 Kinder, die von der Mutter in den Kindergarten gebracht wurden, erstaunt an. Ich hatte den Eindruck, als ob sie am liebsten ihre Sandalen ausgezogen hätte, um wie ich barfuß sein zu "durften".
In Plankstadt radelte ich am ehemaligen Bahnhof vorbei, dann kam ich in die Stadt Eppelheim. Auf Bahnhofsreste (angeblich führte mal eine Staatsbahnstrecke und eine OEG-Strecke von Heidelberg nach Eppelheim) stieß ich nicht. Wohl aber eine Straßenbahn, die eingleisig durch die engen Straßen der Stadt fährt. Dieses kann/darf sie nur langsam, daher gelang es mir, ein Stück neben ihr zu fahren. Einige Fahrgäste blickten mich an, wobei wohl mehr mein Verhalten mit dem vollbeladenem Fahrrad auffiel als meine Barfüßigkeit. Wahrzeichen von Eppelheim sind neben dem Wasserturm auch die Oberleitungsmasten der Straßenbahn.
Eppelheim und Heidelberg gehen nahtlos ineinander über. Gleich den ersten Aldimarkt steuerte ich an, es gab keinerlei Reaktionen seitens der Mitarbeiter oder Kunden zu meiner Barfüßigkeit, obwohl ich der einzige Barfüßer im Laden war. Dann radelte ich zur Fußgängerzone, wo ich mein Velo schob. Einige erstaunte Blicke seitens einiger "undeutsch" sprechender Touristen. Dafür war aber eine junge Frau ebenfalls barfuß in der Fußgängerzone.
Viel Zeit wollte ich in Heidelberg nicht verbringen (ich war schon mal früher da, wenn auch beschuht, und würde die Stadt auch noch auf der Rückreise tangieren). Also radelte ich weiter nach Norden, immer parallel zur OEG-Strecke über Handschuhsheim nach Weinheim. Da hier die OEG-Strecke im scharfen Winkel Richtung Mannheim abbiegt, wo ich unter keinen Umständen jetzt hinwollte, steuerte ich Richtung Schloßpark, wo ich einige Stunden verweilte, bis die glühende Hitze vorbei war. Im Park hielten sich einige Leute barfuß auf dem Rasen auf, auch einige auf den Kinderspielplätzen (nicht nur Kinder, auch einige Mütter) und sogar ein Mädchen in Begleitung der Eltern beim Gehen über die Parkwege, so waren doch bei allen außer mir irgendwelche Schuhe in Reichweite.
Ich radelte weiter nach Heppenheim und Bensheim, wo ich jeweils das Rad durch die Fußgängerzone schob. In einer der beiden Städte (ich glaube es war Bensheim, aber so sicher bin ich mir heute nicht mehr) war gerade Weinfest mit aufgestellten Ständen. Scherben fand ich keine, von einigen wurde ich etwas schief angesehen. Ein Mann, vom Aussehen her Inder, rief: "Mahatma!" Habe ich etwa Ähnlichkeit mit Gandhi? Gewiß! Auch Gandhi lief barfuß und war eher zu mager als zu dick. Auch trug er eine Brille, jedoch angeblich die billigste, die es gab. Das kann ich von meiner Brille mit Gleitsichtlinsen wirklich nicht sagen!
Die nächste historische Stadt war Zwingenberg mit der interessanten Stadtbefestigung. Eine englischsprechende Familie hielt sich an einem Brunnen auf, die Kinder hatten sich dort ihrer Schuhe entledigt, um ihre Füße im Wasser zu kühlen, was ihnen sichtbar (und hörbar) Spaß machte. Auf dem Weg Richtung Darmstadt wollte ich ursprünglich einem Veloweg folgen, bis ich auf bei Seeheim-Jugenheim auf eine Überlandstrecke der Darmstädter Straßenbahn (HEAG) stieß. Dieser interessanten Strecke folgte ich, in einem Waldstück kam mir sogar ein historischer Triebwagen entgegen, einige erstaunte Blicke unter den Fahrgästen. Eng zu ging es in den Gassen des Darmstädter Stadtteil Eberstadt.
Ich erreichte das Darmstädter Stadtzentrum , wo gerade eine Menschenansammlung war, irgendwelche Leute redeten politisches Zeug. Hier fiel meine Barfüßigkeit überhaupt nicht auf, auch nicht, als ich das Rad durch andere Teile der Altstadt schob oder als ich zum Hauptbahnhof fuhr. Im Stadtpark waren auch andere Leute barfuß, jedoch mit Schuhen in Reichweite.
Es wurde dunkel. Und es war immer noch warm in der Stadt. Wo sollte ich übernachten? Sicher nicht im Stadtpark im Zentrum. Also folgte ich der Straßenbahn in Richtung Kranichstein. Hier wären für Notfälle schon Möglichkeiten gewesen. Ich aber radelte bis zur Endstation nahe dem Bahnübergang am geschlossenen DB-Bahnhof DA-Kranichstein, dann durch den Stadtteil Ahrbergen, bis ich kurz vor dem Stadtteil Wixhausen ein winziges Waldstück fand. Der kurze Weg, der dorthin führte, war sehr sandig, so daß ich nicht fahren konnte. Aber wenn man schon barfuß ist, dann ist man wohl nicht böse, wenn man diesen feinen Sand unter den Füßen zu spüren bekommt. Der Platz, wo ich den Schlafsack ausbreitete, war zwar höchstens 300 Meter von der Bundesstraße Richtung Frankfurt entfernt, aber man konnte sie nicht sehen und war daher ungestört. Bevor ich mich aber in den Schlafsack verzog, genoß ich es noch in vollen Zügen, barfuß über den feinen, noch leicht warmen Sand zu schreiten. Ob solche Wege in der Mark Brandenburg die Regel sind?
Schöne Grüße
Michael aus Zofingen