auf dem Friedhof... (Hobby? Barfuß! 2)

bix, Stammposter, Wednesday, 21.09.2005, 10:11 (vor 7010 Tagen)

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Gestern hatte ich einen hektischen Tag im Büro und auf dem Heimweg Stau, Stau, Stau... In fast alle Richtungen, nur in die Falsche nicht! Genervt fuhr ich die einzig befahrbare und mir noch unbekannte Strecke, in der Hoffnung, einen Supermarkt zu finden oder eine Imbissbude, damit ich das Verkehrschaos zumindest satt abwarten konnte. Die Landschaft wurde schöner und ein Schild Friedhof Kottenforst lenkte mich von meinem Hunger ab. Gibt es einen ruhigeren Platz zum "runterkommen" als einen Friedhof ? Ich parkte und trat durch das Tor, in der Hoffnung, dass dieser Friedhof ein Schöner ist.

Er ist wunderschön!

Der Friedhof Kottenforst ist angelegt wie ein Park. Das ganze Gelände besteht aus Wiesen, dazwischen ziehen sich asphaltierte Wege. Vergleichsweise wenige Gräber befinden sich auf den zahlreichen, durch Bäume und Büsche geteilten Rasenflächen. Es gibt keine der typischen Schilder "Betreten des Rasens verboten", denn um zu einem Grab zu gelangen MUSS man über das Gras laufen.

Die Wiesen waren frisch gemäht, warm und weich in der Sonne, kühl und feucht im Schatten. Stellenweise versanken meine Füße in bis zu knöcheltiefem Moos. Nirgendwo lauerte die Gefahr, in Zivilisationsmüll zu treten oder in Hundehaufen, lediglich Hasenköttel waren zu befürchten. Sehr wenige Menschen waren auf dem Gelände und die Einzigen, denen ich beim langsamen Herumgehen störend auffiel, waren die zahllosen Kaninchen, die panisch flohen.

Ungefähr eine Stunde verbrachte ich dort. Ich lief ein wenig herum und setzte mich auf eine Bank in die letzten Sonnenstrahlen.

Dieser Friedhof verdient das Prädikat sehr barfußfreundlich!

PS:
Das Foto ist vom angrenzenden Steinmetz und Bildhauer Günter Floßdorf und nur ganz hinten links auf dem Foto lässt sich erahnen, wie der Friedhof angelegt ist...

auf dem Friedhof...

Eugen, Stammposter, Wednesday, 21.09.2005, 17:50 (vor 7009 Tagen) @ bix

Hallo bix,

nix für ungut, aber für mich ist eigentlich ein Friedhof barfüssig TABU, um mal das polynesische Wort zu benutzen. Nur ungern würde ich barfüssig über einen Friedhof laufen. Es ist vielleicht das archaische Gefühl von Tod und Verwes..., von toter Asche.., von Traurigkeit. Davor muß ich mich schützen, mich bedecken.

Barfüssigkeit hat bei mir unmittelbar etwas mit Leben, Freude und der lebendigen Erde zu tun -- mit der Leichtigkeit des Seins.

Aber das ist natürlich meine persönliche Meinung.

Liebe Grüße,

Eugen

PS.: Stehen der Dichter Walt Whitman und ein Mädchen vor einem Grab eines lieben Menschen. Fragt der Dichter das Mädchen: Verstehst Du das ? Das Mädchen antwortet: Nein! Darauf antwortet der Dichter: Ich auch nicht und verlässt schnell den Friedhof.

auf dem Friedhof...

Lothar, Stammposter, Wednesday, 21.09.2005, 20:58 (vor 7009 Tagen) @ Eugen

Hallo bix,
nix für ungut, aber für mich ist eigentlich ein Friedhof barfüssig TABU, um mal das polynesische Wort zu benutzen. Nur ungern würde ich barfüssig über einen Friedhof laufen. Es ist vielleicht das archaische Gefühl von Tod und Verwes..., von toter Asche.., von Traurigkeit. Davor muß ich mich schützen, mich bedecken.
Barfüssigkeit hat bei mir unmittelbar etwas mit Leben, Freude und der lebendigen Erde zu tun -- mit der Leichtigkeit des Seins.
Aber das ist natürlich meine persönliche Meinung.
Liebe Grüße,

Das ist die Sichtweise unserer Kultur. Auf einem unserer normalen Friedhöfe habe ich auch so meine Bedenken da barfuss zu laufen obwohl ich es schon gemacht habe;
hinzu kommt, dass die Wege meist unangenehm geschottert sind.

In anderen Kulturen wird der Tod durchaus auch als freudiges Ereignis gesehen (Einzug ins Himmelreich), das man feiern kann - und warum nicht zusammen mit dem Toten an oder auf seinem Grab feiern?
Der abgebildete Friedhof erinnert mich mehr an das, was ich in Kanada als Friedhof gesehen habe. Da ist ein Friedhof keine umzäunte Fläche, auf der eine Hausordnung einzuhalten ist und der irgendwann abends geschlossen wird. Da ist der Friedhof eine große Wiese und die Grabsteine liegen flach und bilden eine Ebene mit der Wiese.
Und die Wiese wird dann z. B. dazu genutzt um neben oder auf dem Grabstein eines Angehörigen zu picknicken. Hier kann man dann auch wunderbar barfuss laufen, was ich allerdings damals (ist über 20 Jahre her) nicht getan habe. Was mir allerdings überhaupt nicht gefallen hat war, dass die Leute mit ihren Autos über die Gräber gefahren sind, um zum Grab ihrer Angehörigen zu gelangen; aber das ist in USA und Kanada, wo jeder noch so kurze Weg per Auto zurückgelegt wird, typisch und es regt sich auch keiner drüber auf.

Lothar

auf dem Friedhof...

Tiziana, Stammposter, Thursday, 22.09.2005, 09:34 (vor 7009 Tagen) @ Lothar

Das ist die Sichtweise unserer Kultur.

Das ist wohl die aktuelle Sichtweise unserer Kultur.
Manche künstlerisch geschmückten Friedhöfe in Europa, wie z.B. der Pariser Friedhof S.S. Innocents mit den Totentanzarkaden (heute leider nicht mehr) oder der Friedhof "Staglieno" in Genua mit seinen aufwändigen Grabskulpturen, fungierten in der Vergangenheit als Szenarios eines regen Soziallebens: An Feier- oder sonnigen Tagen wimmelten sie von Besuchern, die hier flanieren und Prediger hören wollten, und von Händlern, die ihre Waren fast auf den Gräbern der verstorbenen ausbreiteten.

"Staglieno" ist nach wie vor alles andere als ein Ort der Ruhe.
Viele Touristen und Kunstfreaks besuchen ihn jeden Tag, die ersten hören ganz brav die Führung, die anderen gehen oft allein auf die Suche nach zu bewundernden Detaillen.
Einige - wenige! - besuchen dort ihre Verstorbenen.
Bisher war ich zweimal dort, immer im Winter. Bedingt durch den vielen Marmor der Skulpturen war es unter den schattigen Arkaden ziemlich kalt, dass ich meine Schuhe gehalten habe.
Nachdem ich aber den Friedhof verlassen hatte, war ich froh, dass ich seit Jahren kein Strümpfe mehr trage, denn es reichten ein paar Schritte barfuß in der Sonne, um die Füße wieder angenehm warm zu haben. (Die Temperaturen beliefen sich an beiden Tagen um ca. 8 - 10°C.)
Im Sommer müsste es sehr angenehm sein, unter den Arkaden barfuß zu laufen. Ich glaube, ich würde es versuchen, wenn die Wärter nichts dagegen haben.

Ciao
Tiziana

auf dem Friedhof...

bix, Stammposter, Thursday, 22.09.2005, 09:09 (vor 7009 Tagen) @ Eugen

Hallo Eugen,

ich finde barfuß auf einem Friedhof genauso normal wie barfuß im Park - wenn die Wege es zulassen. Friedhöfe üben auf mich eine gewisse Faszination aus, es herrscht dort einfach eine andere "Stimmung" als anderswo. Ich finde auch nicht, dass dort der Tod vorherrscht, so widersinnig sich das anhören mag.

In diesem speziellen Fall war sogar das Leben wesentlich präsenter als Tod und Verwesung. Vielleicht durch die Sonne, durch diese weiten, offenen Wiesen, durch die hoppelnden Kaninchen... Menschen durchquerten den Friedhof um zu den dahinterliegenden Wanderwegen zu gelangen, auf einem Weg unterhielten sich zwei ältere Damen und ein älterer Herr und lachten, auf einer Bank saß ein junger Mann in der Sonne und las Zeitung. Und alles "passte" dorthin.

Vielleicht kommt dazu, dass beinahe alle Grabinschriften, die ich las, davonzeugten, dass die Menschen hier alt wurden. Fast alle, wie ein sehr liebevoll dekoriertes Grab eines elfjährigen Mädchens und ein recht Frisches eines fünfzehnjährigen Jungen mich mahnte.

Aber fehl am Platz kam ich mir mit den nackten Füßen nicht vor, meine Andächtigkeit ist unabhängig von Kleidund und Schuhen möglich.

auf dem Friedhof...

Dieter H., Thursday, 22.09.2005, 09:16 (vor 7009 Tagen) @ bix

Hallo Eugen,
ich finde barfuß auf einem Friedhof genauso normal wie barfuß im Park - wenn die Wege es zulassen. Friedhöfe üben auf mich eine gewisse Faszination aus, es herrscht dort einfach eine andere "Stimmung" als anderswo. Ich finde auch nicht, dass dort der Tod vorherrscht, so widersinnig sich das anhören mag.
In diesem speziellen Fall war sogar das Leben wesentlich präsenter als Tod und Verwesung. Vielleicht durch die Sonne, durch diese weiten, offenen Wiesen, durch die hoppelnden Kaninchen... Menschen durchquerten den Friedhof um zu den dahinterliegenden Wanderwegen zu gelangen, auf einem Weg unterhielten sich zwei ältere Damen und ein älterer Herr und lachten, auf einer Bank saß ein junger Mann in der Sonne und las Zeitung. Und alles "passte" dorthin.
Vielleicht kommt dazu, dass beinahe alle Grabinschriften, die ich las, davonzeugten, dass die Menschen hier alt wurden. Fast alle, wie ein sehr liebevoll dekoriertes Grab eines elfjährigen Mädchens und ein recht Frisches eines fünfzehnjährigen Jungen mich mahnte.
Aber fehl am Platz kam ich mir mit den nackten Füßen nicht vor, meine Andächtigkeit ist unabhängig von Kleidund und Schuhen möglich.

Finde ich auch, auf einem Friedhof kann man meiner Meinung nach genauso barfuß gehen wie anderswo draussen. Aber es hat halt jeder eine andere Auffassung...

auf dem Friedhof...

caru @, Friday, 23.09.2005, 18:03 (vor 7007 Tagen) @ Dieter H.

mir hat mal eine bekannte erzählt, barfuß über den friedhof gehen brächte laut tradition unglück. woher wohl so ein aberglaube kommt?

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