Erste Barfußwanderung mit beschuhter Wandergruppe (Hobby? Barfuß! 2)
Hallo
Seit mehreren Jahren nehme ich zweimal im Jahr an einer Wanderung teil, die ein Bekannter von mir regelmäßig organisiert. Es ist derselbe, den ich im Frühsommer auf Rügen getroffen habe, wo ich ihn und seine Familie mit meinem Barfuß-Hobby überraschte. Da er wenig Zeit hat konnte ich ihm die Routenplanung abnehmen, was mir die Gelegenheit gab, die Wanderung so barfußfreundlich wie möglich zu planen.
Gestern war nun der Termin. Früh morgens zeigte das Thermometer zwar nur 8°C an, aber es sollte zunächst sonnig werden. Für den Nachmittag waren eventuelle Schauer angesagt, die aber ausblieben. Da auch ich eine Mutter habe, blieb mir die Warnung: "Bei acht Grad kannst Du nicht barfuß laufen!" nicht erspart. Dabei nannte sie natürlich, dramaturgisch geschickt, die morgendliche, also nächtliche Tiefsttemperatur, anstatt zu sagen, wie warm es werden sollte. Es war morgens tatsächlich recht kühl, aber ich freute mich viel zu sehr auf die erstaunten bis entsetzten Reaktionen meiner Mitwanderer, die mich bisher immer nur mit Schuhen kannten.
Am Treffpunkt sah mich zuerst mein tourenorganisierender Bekannter, der von meinem Vorhaben wusste, es aber vermutlich wegen der Temperaturen doch nicht recht glauben wollte. Er machte jedenfalls gleich eine recht entsetzte Bemerkung, nahm es dann aber hin. Dann kam ich zu der Gruppe, die überpünktlich schon fast komplett versammelt war.
Es schien sich allgemeines Entsetzen breit zu machen, aber andererseits wurde es auch relativ schnell akzeptiert. Ich wurde vor Verletzungen und Nierenentzündungen gewarnt, beantwortete sämtliche Fragen, wurde von einer Teilnehmerin für verrückt erklärt und verteilte natürlich auch meine Barfuß-Prospekte, um die Fragenflut ein wenig zu bremsen.
Wir fuhren dann mit der S-Bahn nach Berlin-Lichtenberg und von dort nach Tiefensee. Hier begann die Wanderung und ich hatte nun auf Splitt, Gras, Asphalt, Sand, Kies und Beton Gelegenheit allen zu beweisen, dass es auch barfuß geht. Der Regen am Freitag ließ die Wege noch nass und pfützenreich sein, was mir manchen Genuss einbrachte.
Es ging zunächst hinunter zum Gamensee, wo ich mit meinen Füßen als einziger feststellte, dass das Wasser noch angenehm warm war. Dann folgten wir dem Gamengrund bis zur Wesendahler Mühle, wo wir für unser Mittagessen einen Tisch bestellt hatten. Als ich mir dieses Restaurant vor ein paar Wochen aussuchte und mir eine Visitenkarte geben ließ, störte meine Barfüssigkeit nicht. Als der Kellner aber fragte, was er mir zu trinken bringen solle, und ich Apfelsaft bestellte, fragte er noch frech: "Und ein paar Schuhe?" Das Trinkgeld verringerte sich dadurch ein wenig.
Auf dem weiteren Weg folgten wir noch dem Gamengrund bis zur Spitzmühle, und gingen dann am Westufer des Bötzsees entlang, teils auf einem recht schmalen und matschigen Pfad. An der zu Eggersdorf gehörenden Bungalowsiedlung am Bötzsee, wo der Weg wieder trockener wurde, hatte nun auch die dreizehnjährige Tochter des Wandergruppenorganisators Lust ihre Füße mal auf natürliche Art zu benutzen. Sie zog sich Schuhe und Socken aus, stellte fest, dass der Boden doch recht kühl ist, hatte aber offensichtlich dennoch einigen Spaß daran. Zunächst mied sie zwar jede Pfütze, weil der Schlamm eklig wäre, dann probierte sie es aber plötzlich doch irgendwo aus, betrat vorsichtig den Schlamm, rief "Ihhh" als die dunkle Masse zwischen ihren Zehen hervorquoll, patschte dann aber noch mal richtig hinein. Ein Großteil des Schlamms blieb dann an den Füßen kleben und würde mühsam im Gras entfernt. Sauber wurden die Füße aber dadurch auch nicht. Allmählich trockneten sie aber. Wir gingen dann weiter entlang des Mühlenfließes und des Wesendahler Wegs nach Eggersdorf. Ab Eggersdorf folgten dann Bürgersteige aus Betonformsteinen oder Asphalt, die sich durchgehend gut begehen ließen, bis zum Bahnhof Petershagen.
Dort mussten wir leider die erste S-Bahn, die wir erreicht hätten, fahren lassen, weil einige aus der Gruppe noch zurück waren. Es folgten daher 20 Minuten Wartezeit, in der es dann doch etwas kühl wurde. Die frischgebackene neue Barfüßerin hatte immerhin fünf Kilometer durchgehalten und hätte sicher auch mehr geschafft, wenn wir nicht am Ziel gewesen wären. Ihre Eltern schienen von dieser Aktion zwar nicht gerade begeistert, aber auch nicht böse zu sein. Es ging wohl in Ordnung, denke ich. Sie stieg auch noch barfuß in die S-Bahn ein und zog sich erst nach einer ganzen Weile im Zug wieder ihre Socken und Schuhe an.
In der S-Bahn wurde es dann auch recht kühl. Die Sonne ging unter, an jeder Station zog kalte Luft durch die Türen hinein und an der Friedrichstraße endete der Zug auch noch. Wir konnten erst mit dem nächsten weiterfahren, da wegen baustellenbedingten eingleisigen Betriebs dort jeder zweite Zug enden musste.
Anschließend gingen wir in der Nähe des Savignyplatzes noch in ein Restaurant und aßen zu Abend. Auf dem Weg dorthin war mir dann doch mächtig kalt. Ich fror zwar nicht als einziger, aber ich war mir sicher, wenn ich mein Frieren zugeben würde, wüsste jeder, dass es nur an den nackten Füßen liegen kann. Dabei hätte ein weiterer Pullover viel mehr gebracht als ein paar Schuhe. Im Restaurant konnte man sich aber bei leckerem Essen wunderbar aufwärmen, so dass ich später auf dem Weg zum Auto nicht mehr fror, obwohl es zweifellos nicht wärmer geworden sein konnte.
Meine Füße waren zwar immer wieder zum Thema geworden, aber letzten Endes hat man sich im Laufe des Tages wohl auch daran gewöhnt. Auch wenn mich jetzt eine Teilnehmerin für verrückt hält und ich streckenweise wegen der Nässe doch ziemlich kalte Füße bekam, war es doch ein wunderschöner Tag.
Viele Grüße
Ulrich