...wegen barfuss nach Hause geschickt ! !!! (Hobby? Barfuß! 2)

Axel G., Stammposter, Monday, 05.09.2005, 14:38 (vor 7026 Tagen)

Junge im Gebüsch erschlagen
50 Polizisten suchen den Mörder - Anwohner am Lupsteiner Weg in Zehlendorf bangen um ihre Kinder
von M. Behrendt, T. Laninger, H. Nibbrig und S. Schlichting

Christian Schaldach wurde nur sieben Jahre alt
Foto: dpa
Zwei Berliner Mordkommissionen fahnden fieberhaft nach dem Mörder des siebenjährigen Christian Schaldach aus Zehlendorf. Die Leiche des Kindes war am Sonnabend mittag um 12.40 Uhr entdeckt worden. Der Junge lag nackt unter einer Plane auf einem Brachgelände am Lupsteiner Weg unweit der Elterlichen Wohnung. "Der Junge ist erschlagen worden", teilte André Rauhut, Leiter des Dezernats der sieben Berliner Mordkommissionen, gestern mit. Eine heiße Spur gebe es noch nicht. Insgesamt sind 50 Beamte im Einsatz, neben den 20 Kriminalbeamten, Technikern und Fotografen auch 30 Bereitschaftspolizisten.

Nach einer Sofortobduktion in der Nacht zu Sonntag liegen keine Hinweise auf ein Sexualdelikt vor. Ausschließen wollte Rauhut einen sexuellen Mißbrauch dennoch nicht. "Das kann man nie." Der Junge habe Hämatome am ganzen Körper sowie einen mehrfachen Schädelbruch gehabt. Rauhut weiter: "Es wurde heftige Gewalt ausgeübt." Zur Tatwaffe machte er keine Angaben, bestätigte aber, daß Fundort und Tatort identisch seien.

Nach Polizeiangaben hatte Christian die Wohnung seiner Eltern gegen 10.30 Uhr verlassen. Nur wenig später hatte ihn eine Nachbarin an der Kreuzung Lupsteiner Ecke Windsteiner Weg gesehen. Sie wollte einkaufen gehen und der Junge bat sie, mitkommen zu dürfen. Da er aufgrund des milden Wetters jedoch barfuß unterwegs war, lehnte sie dies ab und schickte ihn nach Hause zurück. Irgendwann in der nächsten Stunde muß der Junge seinem Mörder begegnet sein.

Die Familie wollte am Sonnabend einen gemeinsamen Ausflug in den Spreewald machen.

Christian stand gegen 10 Uhr auf, und schaute seiner Mutter Nicola beim Schrippen machen zu. Dann ging er aus dem Haus, ohne seiner Mutter zu sagen, wohin er wollte, geschweige denn, ob er mit irgend jemandem verabredet war. Die Hausfrau sprach gegen 11.30 Uhr von ihrem Balkon ihre Nachbarn an, fragte, ob sie ihren "Kleinsten" gesehen hätten. "Er ist bereits überfällig", sagte sie. Zu diesem Zeitpunkt war Vater Matthias schon mit dem Fahrrad unterwegs, um Christian zu suchen. gegen 12.40 Uhr meldet sich Matthias per Handy bei seiner Frau. Er weint. Matthias Schaldach hatte soeben sein eigenes Kind tot im Gebüsch aufgefunden. Auf einem ehemaligen, mittlerweile total zugewucherten Firmengelände, 20 bis 30 Meter von sechsgeschossigen Wohnbauten entfernt. Der Vater alarmierte die Feuerwehr - seine eigenen Kollegen, denn Schaldach ist Rettungssanitäter.

"Der Vater hatte Hinweise von einem anderen Kind erhalten, wo sein Sohn spielt", sagte Rauhut. Das Kind wurde noch amSonnabend im Beisein seines Vaters mehrere Stunden von der Kriminalpolizei vernommen.

Christian Schaldach war nackt und nur mit einer Plane bedeckt. "Die Plane stammt vom Gelände", sagte Rauhut gestern. Polizisten durchsuchten das etwa 6000 Quadratmeter große Areal, den benachbarten Abenteuerspielplatz, einen angrenzenden Hort und die Beete und Rasenflächen rund um den Tatort. Sämtliche Kleidercontainer wurden umgedreht und sollten geöffnet werden. "Wir suchen nach der Kleidung des Jungen", sagt Rauhut. Mutmaßlich hat der Täter darauf Spuren hinterlassen. Christian trug, als er die Wohnung verließ, ein rotes "Muskelshirt" - wie es auch Basketballspieler tragen. In Brusthöhe ist die Zahl 53 aufgedruckt. Dazu hatte er rote knielange Hosen angezogen mit blauen Absetzungen. Der Junge hatte weder Schuhe noch Strümpfe an - er lief gern barfuß.

Die Polizei befragte gestern Anwohner am Lupsteiner und Windscheider Weg, sprach mit Verwandten, Bekannte und Freunden der Familie. Auch auffällige Jugendliche und ein Mann, der Kinder belästigt haben soll, wurden aufgesucht. Doch einen Tatverdächtigen gebe es bislang nicht, und auch kein Motiv, so Rauhut. Gerüchte, daß das Mountainbike des Jungen geklaut worden sein soll, ließen sich nicht bestätigen.

Tagsüber fuhren Lautsprecherwagen durch die Siedlung. "Wer kann Angaben zu Christian Schaldachs Freundes- und Bekanntenkreis machen? Wer hat ihn Sonnabend allein oder in Begleitung gesehen? Wer kann Angaben zu Personen machen, die sich gelegentlich am Tatort aufhalten?" Laut hallt die Bitte um Mithilfe durch die Straßen (Hinweise unter Tel.: 4664-91 13 00). Frauen, Männer und Kinder versammeln sich in kleinen Grüppchen. "Meine Kinder sollen das hören, damit sie besser auf sich aufpassen", sagt eine Mutter. Viele weinen, am Tatort geht eine Frau vor Mitleid in die Knie.

"Ich lasse meine Töchter jetzt nicht mehr allein raus, nicht mal zum Brötchen holen", sagt Anwohnerin Esther Kalkhoff (33): "Zur Schule bringe ich sie hin und ich hole sie auch ab." Shalene (7) und Ahlishia (11) besuchen die Südgrundschule - Christian Schaldach hat dort ebenfalls die Schulbank gedrückt, zuletzt am vergangenen Freitag. Familie Denner legt Blumen an den Tatort. "Wir furchtbar muß das für die Mutter von Christian sein", sagt Susan Denner (39) und drückt ihren Sohn Florian (6) eng an sich. Sie ist Elternsprecherin an der Südgrundschule und will heute in der Einrichtung diskutieren, daß die Sicherheitsvorkehrungen verschärft werden. "Der Schulweg müßte überwacht werden. Solange der Mörder nicht gefaßt ist, leben wir doch alle in Angst und Sorge."

Artikel erschienen am Mo, 29. August 2005

Artikel drucken

© WELT.de 1995 - 2005


gesamter Thread:

 RSS-Feed dieser Diskussion