Luzern unter Wasser (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Monday, 29.08.2005, 08:51 (vor 6967 Tagen)

Samstag, 27.8.2005: Luzern stand unter Dampf. Nachdem sich dieser gelegt hatte, verließ ich den Bahnhof. Nach dem Wasserdampf widmete ich meine Tour dem Wasser im flüssigen Aggregatzustand, von dem gab's auch reichlich nach den Unwettern der letzten Tage. Die Seebrücke war für Autos gesperrt, nur Radfahrer und Fußgänger durften passieren. Beim Schwanenplatz stand die Straße unter Wasser, ich aber schob mein Rad einfach da durch, während andere Leute mühsam die trockenen Stellen bevorzugten. Wie schön, daß ich barfuß war, und meine Hose so zugeschnitten war, daß ich nichts hochkrempeln mußte. Limitierend war für mich das Fahrrad, allzu viel wollte ich ihm nichts zumuten, schließlich brauche ich es noch für andere Dinge. Ob ich die überflutete Seepromenade benutzen konnte. Ich hatte gehört, daß die Polizei rigoros gegen "Katastrophentouristen", die die Aufräumarbeiten behindern, vorgehen würde. Bin ich überhaupt ein Katastrophentourist? Ich war weder mit dem Auto angereist, noch behinderte ich den Luftraum mit Privatflugzeugen. Ich hatte Wege benutzt, die ich benutzen durfte. Wo nichts aufgeräumt wurde, konnte ich auch niemanden behindern. Und wenn am Eingang eines überfluteten Weges keine Barriere ist bzw. kein Sperrschild, dann bedeutet es noch lange nicht, daß er gesperrt ist. Zwar wäre Wasser für einen Schuhträger ein Hindernis, jedoch nicht für einen Barfüßer. Im Gegenteil: Da mir als Barfüßer auch Wege offen stehen, die anderen unmöglich sind, trage ich sogar zur Entspannung der Situation bei, indem ich die nicht überschwemmten Wege den Schuhträgern nicht streitig machte. Das waren die Argumente, die ich mir ausdachte für den Fall, daß mich irgendwelche Polizisten anhalten würden.

Ich schob mein Velo die Promenade Richtung Osten, an einem Spielplatz stelle ich es ab, um zu Fuß weiter zu gehen. Das Wasser wurde tiefer, ich erreichte das Verkehrshaus, die Straße nach Meggen. Ich war auf dem trockenen. Es wurde noch trockener, da ich einen Wanderweg den Berg hinaufwanderte. Erstmalig hörte ich eine Reaktion zu meiner Barfüßigkeit. Ein älterer Mann sprach zu (vermutlich) seiner Frau: "Der flieht vor dem Hochwasser!" So hoch steigt das Wasser nie, dann wären nämlich die Türme der Hof- und der Jesuitenkirche auch nicht mehr zu sehen. Der Wanderwegs wurde steiniger. Ein kleines Mädchen wunderte sich, daß ich barfuß war. Mich aber zog es wieder zu Tal, ich folgte dem Würzenbach.

Ich erreichte einen Parkplatz, der überflutet war. Ein etwa zwölfjähriges Mädchen auf dem Fahrrad krempelte die Jeans hoch und radelte durchs Wasser, ohne die Flipflops auszuziehen. Kinder spielten in einem Schlauchboot auf dem Parkplatz. Auch sah ich unweit des Parkplatzes zwei Männer, einen mit Gummistiefeln, den anderen barfuß, die Gummistiefel in der Hand tragend. Da sie Keine Mützen trugen, waren sie erst auf den zweiten Blick als Polizisten zu erkennen. Und was taten sie, als ich vorbeiging? Nichts! Einfach gar nichts! Vielleicht haben sie mich für einen Benutzer des Campingplatzes gehalten. So kam ich ungeschoren wieder in die Stadt. Auf der Promenade begegneten mir noch andere Leute im Wasser, meist barfuß, manchmal auch mit wassertauglichen Schuhen.

Vom Verkehrshaus bis zur Stadt wanderte auch eine Gruppe, von der eine Frau barfuß lief, sie schien keine Schuhe dabei zu haben, während die anderen Schuhe trugen. Sie sprachen englisch miteinander. Sie benutzen überwiegend die parallel verlaufende Hauptstraße, die nicht überflutet war. Auch die barfüßige Frau schien lieber trockenen Boden zu haben als Wasser. An einem Toilettenhäuschen fragte mich dann ein Mann aus der Gruppe auf schweizerdeutsch, ob meine Füße immer noch nicht kalt sind. Er redete dann auch schweizerdeutsch mit der Barfüßerin, offensichtlich sind beide Schweizer, lediglich die anderen englischsprachige Gäste.

Die Stadt war voll von Touristen, meist Japaner. Aber auch Leute zum Einkaufen. Ab und zu schaute jemand auf meine Füße. Im Bereich der Altstadt war lediglich ein Mädchen in Begleitung beschuhter Eltern barfuß, an einer anderen Stelle kamen mir ein Vater und seine kleine Tochter ohne Schuhe (und ohne Gepäck) entgegen. Auf der Museggmauer war ich der einzige Barfüßer, obwohl diese wirklich ohne Schuhe empfehlenswert ist. Ebenso empfehlenswert wie die Spreuerbrücke (sie war offen) und die Kapellbrücke (sie war leider gesperrt wegen Hochwasser).

Ich wanderte wieder zurück zum Fahrrad. Am Schwanenplatz gab es nun viele Barfüßer. Viele Kinder, aber auch deren erwachsen Begleiter wateten durch das Wasser auf der Straße, mit aufgekrempelte Hosen oder hochgehaltenen Röcken. Einige setzten sich sogar in voller Kleidung ins Wasser. Auch rollerten einige durchs Wasser bzw. benutzen Fahrräder, ich übrigens auch. Dabei stellte ich fest: Je schneller man versucht, im Wasser zu fahren, desto mehr bremst das zwischen Reifen und Schutzblech hochgewirbelte Wasser.

Dann aber fuhr (bzw. schob) ich weiter, parallel zur Reuß durch ein Gebiet, in dem infolge Hochwassers Sand aufgeschichtet wurde. Über Eschenbach, Hochdorf, Seon und Suhr radelte ich nach Hause, unterwegs sah ich nur noch einen Barfüßer mit Hund auf dem Reußdamm und einige auf einem Campingplatz in Mosen.

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen


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