Hallo

Während einer meiner vielen Wanderungen, kam mir die Idee zu dieser kleinen Geschichte. Mal sehen, ob sie euch gefällt.

Der taube Wanderer

Es war einmal ein Mann, der zu einer Wanderung aufbrach. Sein Weg sollte ihn durch die herrlichste Umgebung führen. Er wollte Täler und Höhen, liebliche Bäche, grüne Wälder, bunte Wiesen, und malerische Dörfer genießen. Was ihm nicht gefiel sah er nicht an. Da kuckte er einfach weg. Doch wie konnte er das störende Rauschen einer nahegelegenen Autobahn überhören? Wie sollte er dem dröhnenden Lärm einer Baustelle ausweichen, wo Presslufthämmer den Asphalt aufreißen? Um diesen unangenehmen Geräuschen aus dem Weg zu gehen, stopfte er sich Watte in die Ohren, setzte sich Ohrenschützer auf und verpackte seine Ohren so gut es ging. Kein lästiges Geräusch, unter dem sein empfindliches Gehör so furchtbar litt, nahm er noch war. Er hörte aber auch nicht das Zwitschern der Vögel, das Plätschern des Baches, das Rauschen des Windes im Wald. Er hörte keine Grillen mehr zirpen und keinen Wasserfall rauschen. Was entging ihm nicht alles, nur wegen seiner Furcht vor unangenehmen Geräuschen?
Aber glücklicherweise wird niemand so handeln wie dieser Wanderer, oder doch?
Doch! Fast jeder handelt so, nur dass es bei den meisten Menschen nicht das Gehör ist, das man ausschaltet, sondern der Tastsinn. Nicht die Ohren werden gut verpackt, sondern die Füße. Aus Angst vor rauem Asphalt oder ein paar Steinchen, die zwar unangenehm sein können, aber niemanden verletzen, verzichtet man darauf feuchte Wiesen, feinen Sand, weiches Moos, kühlende Pfützen oder den warmen Boden zu spüren. Auch glatter Asphalt, Beton oder Steinboden kann überaus angenehm sein, aber das wird der beschuhte Wanderer nie bemerken, genau so wie unser tauber Wanderer nie die Schönheit des Vogelgezwitschers genießen wird.

Viele Grüße

Ulrich