Ist der Deutsche an sich ausgeprägt fußfröstelig? (Hobby? Barfuß! 2)

Georg @, Stammposter, Monday, 15.08.2005, 13:26 (vor 7047 Tagen)

Hallo zusammen,
während meines Berlin - Aufenthalts habe ich so gut wie niemanden barfuß gesehen (zwei Kinder und eine junge Frau, bei der ich mir aber nicht sicher bin, sind mir in sieben Tagen aufgefallen). An den "mäßig waren Tagen" trugen über 99,5% der Leute geschlossene Schuhe, aber durchaus einige T-Shirts o. ä., als ob die Füße die kälteempfindlichsten Körperteile wären.
Und wenn ich Sandalenträgern näher kam, dann sprachen sie garantiert englisch oder spanisch.
Diese Touristen sind sicher nicht typisch für die Bevölkerung ihrer Heimatländer, das gleiche Phänomen ist mir in Köln zumindest aber auch aufgefallen. Deshalb die Frage vom Titel: Ist der Deutsche an sich ausgeprägt fußfröstelig?
Serfuß
Georg

Vermutlich schon...

Bernd, Monday, 15.08.2005, 14:57 (vor 7047 Tagen) @ Georg

Nach meiner Einschätzung sind die Deutschen fußfröstelig, was aber teilweise durch das stark wechselhafte Wetter bedingt ist. Aus Angst, mit Sandalen bei unerwartetem Regen nasse Zehen zu bekommen, wird wohl lieber - besonders von Männern - zum geschlossenen Schweißfußzüchter gegriffen.

Letzte Woche sah ich einen jungen Mann in der Stadt, mit eigentlich recht schicken Sandalen, dazu trug er unpassenderweise weiße dünne Strümpfe. Es regnete heftig, und seine Socken waren durch zig Pfützen und den Dreck in der Allee an den Fersen und Zehen sichtbar schmutzig. An der Ampel tat er dann das einzig Richtige: Er zog spontan - mit genervtem Gesichtsausdruck - die Sandalen aus und streifte seine schmutzigen, nassen Strümpfe ab, warf diese in einen Abfallkorb. Das war ein absolut witziges Bild! Wäre doch schön, wenn er sich auch gleich seiner Schuhe komplett entledigt hätte...

Und wenn du dich wunderst, wenn deutsche Männer bei 16 - 20 Grad - auch in der Freizeit - geschlossene Schuhe tragen, liegt es vielleicht nicht ausschließlich an der Angst vor kalten Zehen, sondern daran, dass viele eben das tun, was die meisten tun. Erst ab 30 Grad "passen" dann nackte Zehen wieder ins "Straßenbild". Dämlich, oder?

Gruß
BERND

Hallo zusammen,
während meines Berlin - Aufenthalts habe ich so gut wie niemanden barfuß gesehen (zwei Kinder und eine junge Frau, bei der ich mir aber nicht sicher bin, sind mir in sieben Tagen aufgefallen). An den "mäßig waren Tagen" trugen über 99,5% der Leute geschlossene Schuhe, aber durchaus einige T-Shirts o. ä., als ob die Füße die kälteempfindlichsten Körperteile wären.
Und wenn ich Sandalenträgern näher kam, dann sprachen sie garantiert englisch oder spanisch.
Diese Touristen sind sicher nicht typisch für die Bevölkerung ihrer Heimatländer, das gleiche Phänomen ist mir in Köln zumindest aber auch aufgefallen. Deshalb die Frage vom Titel: Ist der Deutsche an sich ausgeprägt fußfröstelig?
Serfuß
Georg

Vermutlich schon... / Ergänzung

Georg, Stammposter, Monday, 15.08.2005, 18:08 (vor 7047 Tagen) @ Bernd

Dass Männer - zumindest hierzulande - weniger offenfüßig sind als Frauen, ist unstreitig.
Meine Beobachtung bezog sich allerdings auf beide Geschlechter, auch auf die weiblichen Wesen (bei Temperaturen unter ca. 24 °C.
Georg

Ist der Deutsche an sich ausgeprägt fußfröstelig?

Kees (NL), Stammposter, Monday, 15.08.2005, 15:08 (vor 7047 Tagen) @ Georg

Hallo zusammen,
während meines Berlin - Aufenthalts habe ich so gut wie niemanden barfuß gesehen (zwei Kinder und eine junge Frau, bei der ich mir aber nicht sicher bin, sind mir in sieben Tagen aufgefallen). An den "mäßig waren Tagen" trugen über 99,5% der Leute geschlossene Schuhe, aber durchaus einige T-Shirts o. ä., als ob die Füße die kälteempfindlichsten Körperteile wären.
Und wenn ich Sandalenträgern näher kam, dann sprachen sie garantiert englisch oder spanisch.
Diese Touristen sind sicher nicht typisch für die Bevölkerung ihrer Heimatländer, das gleiche Phänomen ist mir in Köln zumindest aber auch aufgefallen. Deshalb die Frage vom Titel: Ist der Deutsche an sich ausgeprägt fußfröstelig?
Serfuß
Georg

Das glaube ich nicht, weil wann er im Urlaub ist traegt er meistens Sandalen oder Flipflops und vor allem einen kurzen Hosen,auch bei nur 15 Grad.Das habe ich allerdings festgestellt da ich in einer Gegend wohne wo viele deutsche ihren Ferien verbringen.
Warum sie es offentbar zuhause dan nicht oder weniger machen ist mir ein Raetsel.

Gruessen,

Kees aus Holland

Ist der Deutsche an sich ausgeprägt fußfröstelig?

Anarchius, Monday, 15.08.2005, 20:01 (vor 7047 Tagen) @ Kees (NL)

Hallo zusammen,
während meines Berlin - Aufenthalts habe ich so gut wie niemanden barfuß gesehen (zwei Kinder und eine junge Frau, bei der ich mir aber nicht sicher bin, sind mir in sieben Tagen aufgefallen). An den "mäßig waren Tagen" trugen über 99,5% der Leute geschlossene Schuhe, aber durchaus einige T-Shirts o. ä., als ob die Füße die kälteempfindlichsten Körperteile wären.
Und wenn ich Sandalenträgern näher kam, dann sprachen sie garantiert englisch oder spanisch.
Diese Touristen sind sicher nicht typisch für die Bevölkerung ihrer Heimatländer, das gleiche Phänomen ist mir in Köln zumindest aber auch aufgefallen. Deshalb die Frage vom Titel: Ist der Deutsche an sich ausgeprägt fußfröstelig?
Serfuß
Georg

Das glaube ich nicht, weil wann er im Urlaub ist traegt er meistens Sandalen oder Flipflops und vor allem einen kurzen Hosen,auch bei nur 15 Grad.Das habe ich allerdings festgestellt da ich in einer Gegend wohne wo viele deutsche ihren Ferien verbringen.
Warum sie es offentbar zuhause dan nicht oder weniger machen ist mir ein Raetsel.
Gruessen,
Kees aus Holland

Hallo Georg und Kees,

Nö, der Deutsche ist wohl nicht fußfröstelig.

Da kommen vermutlich eine Menge Dinge zusammen, warum er dieses dort tut und dieses hier läßt, was man in einem Satz sicher nicht beantworten kann. Ich habe mir da auch schon meine Gedanken gemacht:

Niedrige Temperaturen im Sommer sind meist mit Schauer- bzw. Regenwetter verbunden. Statt sich nasse Füße und Socken im heimischen Terrain zu holen, geht man lieber beschuht. Was die Leute im Ausland tun, kann man mit heimischem Verhalten vielleicht nicht vergleichen. Das Umfeld ist dort anonymer, die Leute trauen sich mehr.

Warum nicht gleich überall barfuß, in den Medien kommt es doch rüber, das es gesund ist? Das sind wohl gesellschaftliche Normen, denen sich die breite Masse einfach fügt, weil sich die Leute sonst ausgegrenzt fühlen. Mir ist aufgefallen, wie viele junge Frauen auf der Straße rauchen. Rauchen ist ja bekanntlich eine gesundheitsgefährdende Sucht, genauso wie übermäßiger Alkoholgenuß. Tauscht jetzt mal gedanklich die Zigaretten in der Hand dieser Frauen durch eine Flasche Bier aus, das wäre doch ein gesellschaftlicher Skandal, eine Stigmatisierung ohnegleichen, obwohl hier nur das eine durch das andere Suchtmittel ersetzt würde.

Statussymbolik und Mode: Markenschuhe gelten genauso als Statussymbole, wie alle anderen Markenklamotten, Markenuhren, teure Autos, etc. Wer seine teuren Schuhe auszieht, kann niemanden mehr damit beeindrucken, das gesamte Outfit passt vielleicht nicht mehr, da lässt man es lieber gleich ganz. Ich habe jüngst einen Menschen ziemlich aggressiv gemacht, weil ich sein Faible für teure Uhren nicht nachvollziehen kann, es ist für mich ja nur ein Zeitmesser. Wenn man dann zum barfußlaufen sagt "ich brauche keine Schuhe", "Schuhe sind Fußkrücken", "ich kann es es mir leisten, meine Schuhe zu Hause zu lassen", dann entwertet man Leute, denen diese Statussymbole und/oder gesellschaftliche Akzeptanz wichtig sind. Mittlerweile weiß ich selbst: In Schuhen laufen ist i.d.R. ein Scheiß, aber ich trage diese Erkenntnis nicht in die Welt hinaus, weil jeder Mensch einen Kopf mit ausreichend Gehirn hat und sich seine eigenen Gedanken zur Selbstverwirklichung machen kann.

Nicht zu übergehen, das ästhetische Empfinden. Wer sich selbst körperlich nicht mag, wird vermutlich nicht der Allgemeinheit seine Füße nackt präsentieren. Dazu gehört viel Selbstbewusstsein.

Ängste: Berührt der jahrzehntelang gut eingepackte und untrainierte Fuß zum erstenmal steinigen Boden, dann piekst es und es tut weh. Oder man läuft über Gras und Klee und eine Biene sticht. Oder Scherben auf einem Waldparklatz, von wo aus man es einmal probieren wollte. Und dann wird es auch noch kalt und man hat Angst sich zu erkälten. Nene, sagt sich da der ängstliche Mensch und packt seine Füße wieder schön ein und wartet auf die nächste Freibadsaison, wo die Füße wieder unbedeckt laufen dürfen.

Das waren nur mal so einige Gedanken, vielleicht fällt anderen auch noch etwas ein.

Zwei Literaturhinweise hätte ich noch, vermutlich aber nur noch antiquarisch zu erhalten:

1. Desmond Morris, "Körpersignale: Vom Dekolleté zum Zeh", Heyne 1986, mit ca. 20 Seiten über die Füße, etwa nochmal soviel über Beine, die gehören ja dazu.

2. Peter Lauster, "Statussymbole - Wie jeder jeden beeindrucken will", dtv 1977. Soweit ich mich erinnere, nichts über barfuß, aber zum Verständnis der Problematik.

Gruß,
A. (zufrieden barfüßelnd und mittlerweile gänzlich ohne Rückenschmerzen)

Ist der Deutsche an sich ausgeprägt fußfröstelig?

Reinhard, Monday, 15.08.2005, 19:10 (vor 7047 Tagen) @ Georg

Hallo,
ich war am 3.8. in Berlin, ausschließlich barfuß. Wegen des Regenwetters habe ich mich wenig im Freien aufgehalten. Vom Gesundbrunnencenter aus zum Sony-Center, Alex und ein Spaziergang vom Bahnhof Zoo zum Wittenbergplatz. Andere Barfüßer habe ich nicht gesehen. Einige Leute ware schon erstaunt, dass bei dem Regenwetter jemand barfuß lief und guckten dementsprechend. Aber eine ältere Frau sagte in der S-Bahn beim Aussteigen: "Die beste Idee, die man heute haben kann." Ich habe den Ausflug auch nicht bereut.
Barfüßige Grüße
Reinhard

Ist der Deutsche an sich ausgeprägt fußfröstelig?

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Tuesday, 16.08.2005, 06:56 (vor 7046 Tagen) @ Georg

Hallo Georg,

ich möchte an dieser Stelle nicht zwischen Deutschen und Schweizern unterscheiden. Eines ist mir aufgefallen:

Während meiner Vorbarfußzeit war ich einmal in erster Linie geschäftlich im September in England, das Wochenende davor und das danach war ich aber noch privat dort. Das Wetter war teils naß, teils trocken, recht windig und höchstens kurzzeitig über 13°C warm. Trotzdem hatte ich den Eindruck, als ob Socken in England lediglich für Männer produziert werden. Viele Frauen trugen offene Schuhe, seltener geschlossene Schuhe ohne Socken, während Männer fast immer Socken trugen. Diejenigen, die keine trugen, hatten wenigstens geschlossene Schuhe. Da fiel ich schon auf mit Sandalen ohne Socken, T-Shirt und kurzen Hosen. Von einigen jungen Männern, die selber bedeckt gekleidet waren, aber nicht selten in Begleitung von hochsommerlich gekleideten Frauen wurde ich massiv angepöbelt, wie es mir nirgendwo anders passiert ist (Vielleicht würden Schweizer in solcher Situation lieber die Polizei rufen).

Als ich auf dem Flughafen in London-Heathrow ankam, war das Bild in der Halle noch ähnlich. Als ich aber kurz vor Abflug der Swissair-Maschine nach Zürich im entsprechenden Bereich wartete, trugen fast alle Leute geschlossene Schuhe und irgendwelche Strümpfe. Wenn sie (die Leute, nicht die Strümpfe) redeten, dann hätte ich das auch ohne Englischkenntnisse verstehen können. Die Leute ohne Socken konnte ich überhaupt nicht verstehen, nicht einmal deren Sprache identifizieren.

Auch auf der Rückfahrt im Zug nach Zofingen fast nur geschlossene Schuhe. Ich habe den Eindruck, als ob mitteleuropäische Menschen nicht nur fußfrösteliger sind als Angelsachsen, sondern überhaupt kälteempfindlicher. Frauen sind vermutlich nicht weniger kälteempfindlich als Männer, weder diesseits, noch jenseits des Ärmelkanals, aus medizinischer Sicht dürfte eher das Gegenteil der Fall sein. Nur: Frauen trauen sich bzl. Fußbekleidung (und eigentlich jeder Bekleidung) näher an die Schmerzgrenze als Männer. Alles aus moralischen Gründen. Aus Angst vor vermeintlichen (oder auch tatsächlichen) Repressalien.

Alles ist natürlich auch eine Frage der Gewöhnung. Früher konnte ich auch im T-Shirt ohne Jacke herumlaufen, gleichzeitig wäre es mir in Sandalen ohne Socken zu kalt gewesen (ich hätte also entweder geschlossene Schuhe ohne Socken oder Sandalen mit Socken tragen müssen) während ich heute bereits bei Temperaturen unterwegs sein kann, während es ohne Jacke zu kalt ist (Beim Barfußtreffen in Düsseldorf im Dezember war es mir WIRKLICH ohne Jacke zu kalt, ich habe sie nicht aus moralischen Gründen getragen).

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen

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