Blesshühner und Weidenpalast (Hobby? Barfuß! 2)

Ulrich (Berlin) @, Stammposter, Friday, 12.08.2005, 00:44 (vor 6986 Tagen)

Hallo

Ein Bekannter von mir, der mal Meteorologie studiert hat, teilte mir mit, dass es am 9. und 10. August in Berlin so kalt war, wie noch nie an diesen Daten, seit Beginn der meteorologischen Aufzeichnungen. Aber nicht nur an diesen beiden Tagen war es kalt und regnerisch, sondern eigentlich schon eine ganze Weile. Bei solchem Wetter habe ich keine Lust auf Ausflüge oder Reisen, aber heute blieb es trocken und es kam sogar die Sonne raus. Ich hatte mich mit diesem Bekannten verabredet, um an einem Teich im Potsdamer Wohngebiet "Am Stern" ein paar junge Blesshühner zu filmen.
Er weiß bereits seit 1999, dass ich gerne barfuß laufe, hält aber nicht viel davon. Er meinte damals es wäre ihm peinlich, wenn ich in seiner Gegenwart "wie ein Penner" rumlaufe. Natürlich war ich über diese Bemerkung alles andere als erfreut, aber da wir damals im Rahmen einer gemeinsamen Reise nach Bayern unterwegs waren, mussten und haben wir uns auch wieder vertragen. Seine Meinung blieb mir aber natürlich bekannt. Ich zeigte mich ihm gegenüber dann lange nicht barfuß, eine Zeit lang hatten wir auch gar keinen Kontakt, weil wir uns gestritten hatten, aber irgendwie sind unsere Zusammentreffen auch immer recht spaßig.
In letzter Zeit zeigte ich mich ihm dann meist barfuß, woran er sich inzwischen offensichtlich gewöhnt hat. Ich dachte nun angesichts der niedrigen Temperaturen von knapp unter 20°C, dass doch noch eine Bemerkung von ihm kommt, aber sie kam nicht. Im Gegenteil, an diesem Teich ging er mit den Beinen ins Wasser, um mit den Blesshühnern zu spielen, und anschließend sogar barfuß etwa 500 m zum Auto zurück. Das hat mich am meisten überrascht.
Anschließend fuhren wir noch nach Lehnin, um dort ehemalige Berliner Doppeldeckerbusse zu suchen, die dort von einem örtlichen Busunternehmen eingesetzt werden und fanden im Betriebshof auch einen. Dann fotografierte ich noch das seit Jahrzehnten stillgelegte Bahnhofsgebäude, wobei mich eine Frau ansprach, ob das interessant sei, meine nackten Füße schien sie aber nicht zu bemerken. Nach einem Foto vom ehemaligen Bahndamm ging es dann weiter nach Damsdorf. Dort gingen wir zum Weidenpalast am Fennsee.
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Aus Weidenruten, die geflochten in die Erde gesteckt wurden und dort ausschlugen, ist eine Art Pavillon entstanden. Im Inneren sieht er so aus:
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Zum Schluss folgte dann noch ein Spaziergang um den Fennsee von etwa 1 km Länge. Hier befand sich ein feuchter, tiefschwarzer Boden, der seine Farbe auch in kürzester Zeit auf meine Sohlen übertrug. Teilweise war der Weg allerdings auch recht steinig. Offensichtlich wurden dort irgendwann mal etwa 2 cm große Schottersteine verteilt, die aber zum großen Teil bereits in der Erde versunken sind. Ein schönes Training für die Füße.

Viele Grüße

Ulrich

Peinlich?

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Friday, 12.08.2005, 09:02 (vor 6986 Tagen) @ Ulrich (Berlin)

"Er weiß bereits seit 1999, dass ich gerne barfuß laufe, hält aber nicht viel davon. Er meinte damals es wäre ihm peinlich, wenn ich in seiner Gegenwart "wie ein Penner" rumlaufe. Natürlich war ich über diese Bemerkung alles andere als erfreut, aber da wir damals im Rahmen einer gemeinsamen Reise nach Bayern unterwegs waren, mussten und haben wir uns auch wieder vertragen. Seine Meinung blieb mir aber natürlich bekannt. Ich zeigte mich ihm gegenüber dann lange nicht barfuß, eine Zeit lang hatten wir auch gar keinen Kontakt, weil wir uns gestritten hatten, aber irgendwie sind unsere Zusammentreffen auch immer recht spaßig.
In letzter Zeit zeigte ich mich ihm dann meist barfuß, woran er sich inzwischen offensichtlich gewöhnt hat. Ich dachte nun angesichts der niedrigen Temperaturen von knapp unter 20°C, dass doch noch eine Bemerkung von ihm kommt, aber sie kam nicht. Im Gegenteil, an diesem Teich ging er mit den Beinen ins Wasser, um mit den Blesshühnern zu spielen, und anschließend sogar barfuß etwa 500 m zum Auto zurück. Das hat mich am meisten überrascht."

Hallo Ulrich,

schönen Dank für den interessanten Beitrag.
War der zeitweise unterbrochene Kontakt mit Deinem Bekannten lediglich auf Deine Barfüßigkeit zurückzuführen? Oder hatte das in erster Linie gänzlich andere Gründe?

Ich frage mich immer wieder, warum es Leuten peinlich ist, sich in der Nähe von Barfüßern aufzuhalten. Ich nehme es niemanden übel, wenn er glaubt, daß Penner barfuß sind. Und ich nehme es auch niemanden übel, wenn er sich nicht in der Nähe eines "echten" Penners aufhalten möchte. Da Dein Freund aber wußte, daß Du kein Penner bist, weswegen war es ihm peinlich? Hatte er Angst, daß zufällig Leute in seiner Verwandtschaft ihn mit Dir erwischen könnten und ihn deshalb in Erbschaftsangelegenheiten benachteiligen könnten? Oder hatte er Angst, daß zufällig der Arbeitgeber (oder ein profilierungssüchtiger Arbeitskollege) auftauchen könnte und seine berufliche Karriere durch Deine Anwesenheit einen Knick bekommen würde (an Lothars früheren Arbeitsplatz reichte bereits ein Jogginganzug, den man am Sonntag während der Kirchzeit in der Innenstadt trug, um einen Arbeitskollegen beim Chef zu verpfeifen)? Oder hatte er gar Angst, daß eine Schlägerbande, die liebend gerne Penner und solche, die wie Penner aussehen, verprügelt und ihn dabei gleich mit verprügeln?

Andere Gründe sehe ich ja nicht. Es ist schließlich auch nicht verboten, sich mit einem "echten" Penner zu unterhalten. Man rutscht dadurch auch nicht in eine tiefere soziale Kaste, höchstens in den Köpfen anderer Leute.

Was mich manchmal erstaunt ist die Tatsache, daß es nicht immer die "besonders formal gekleideten Leute" sind (z. B. Leute in Anzug und Krawatte, Nonnen) sind, denen die Anwesenheit von Barfüßern peinlich ist. Vielfach sind es auch Leute, die ihrerseits in Sachen Kleidung nicht allzu bedeckt sind, etwa Frauen mit Spaghettiträgern, tiefem Ausschnitt usw. oder Männern, die auch bei nicht allzu hoher Temperatur am liebsten in T-Shirt und kurzen Hosen herumlaufen würden. Auch habe ich manchmal den Eindruck, als ob es Barfüßer gibt, denen es extrem peinlich wäre, zusammen mit (beschuhten oder unbeschuhten) Männern in kurzen Hosen oder mit ärmellosen T-Shirts beobachtet zu werden. Dieses basiert allerdings nicht auf persönlicher Erfahrung, sondern nur auf das "zwischen den Zeilen lesen" einiger Forumsteilnehmer, die ich nicht persönlich kenne.

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen

Peinlich?

Ulrich (Berlin) @, Stammposter, Friday, 12.08.2005, 11:56 (vor 6985 Tagen) @ Michael aus Zofingen

Hallo Michael

War der zeitweise unterbrochene Kontakt mit Deinem Bekannten lediglich auf Deine Barfüßigkeit zurückzuführen? Oder hatte das in erster Linie gänzlich andere Gründe?

Das hatte völlig andere Gründe.

Ich frage mich immer wieder, warum es Leuten peinlich ist, sich in der Nähe von Barfüßern aufzuhalten. Ich nehme es niemanden übel, wenn er glaubt, daß Penner barfuß sind. Und ich nehme es auch niemanden übel, wenn er sich nicht in der Nähe eines "echten" Penners aufhalten möchte. Da Dein Freund aber wußte, daß Du kein Penner bist, weswegen war es ihm peinlich?

Vermutlich aus der berühmten Angst, "was wohl die Leute denken".

Hatte er Angst, daß zufällig Leute in seiner Verwandtschaft ihn mit Dir erwischen könnten und ihn deshalb in Erbschaftsangelegenheiten benachteiligen könnten?

Mit Sicherheit nicht. Er hat keinen Kontakt zu Verwandten.

Oder hatte er Angst, daß zufällig der Arbeitgeber (oder ein profilierungssüchtiger Arbeitskollege) auftauchen könnte und seine berufliche Karriere durch Deine Anwesenheit einen Knick bekommen würde

Nein, wir sind ja Kollegen, und in unserem Beruf ist es auch völlig egal, was wir in unserer Freizeit machen.

(an Lothars früheren Arbeitsplatz reichte bereits ein Jogginganzug, den man am Sonntag während der Kirchzeit in der Innenstadt trug, um einen Arbeitskollegen beim Chef zu verpfeifen)

Au weja, es ist schon schlimm, wie in manchen Berufen in das Privatleben der Menschen eingegriffen wird.

Oder hatte er gar Angst, daß eine Schlägerbande, die liebend gerne Penner und solche, die wie Penner aussehen, verprügelt und ihn dabei gleich mit verprügeln?

Vor gewissen Subjekten hat er durchaus immer etwas Angst, vermutlich mehr als ich. Das könnte vielleicht der Grund gewesen sein. Wir befanden uns damals aber auf einer Reise nach Bayern, in irgendwelchen Dörfern, und da war wirklich niemand zu sehen, der irgendwie bedrohlich wirkte.

Andere Gründe sehe ich ja nicht. Es ist schließlich auch nicht verboten, sich mit einem "echten" Penner zu unterhalten. Man rutscht dadurch auch nicht in eine tiefere soziale Kaste, höchstens in den Köpfen anderer Leute.

Das stimmt! Und an Orten, wo man niemanden kennt, kann einem das auch völlig egal sein.

Was mich manchmal erstaunt ist die Tatsache, daß es nicht immer die "besonders formal gekleideten Leute" sind (z. B. Leute in Anzug und Krawatte, Nonnen) sind, denen die Anwesenheit von Barfüßern peinlich ist.

Dazu kann ich nicht allzuviel sagen. Ich kann mich auch nicht erinnern mal von Frauen angepöbelt worden zu sein. Bei Männern, denke ich mal, könnte ein Zusammenhang mit der Kleidung darin bestehen, dass einer der bei sich viel Wert auf das Äußere legt, grundsätzlich Wert darauf legt selbst positiv zu erscheinen. Das kann er nur, wenn er sich auch ordentlich benimmt. Ein ordentlicher Anzug, passt nicht zu Sprüchen, der "Ey Alter ..."-Art, er passt auch nicht zu Stinkefingern und anderem schlechten Benehmen. Solche Leute kleiden sich meist auch entsprechend leger, da ein Anzug bei ihnen auch nichts helfen würde.
Und pöbelnde Nonnen kann ich mir auch überhaupt nicht vorstellen. Die sind zur Nächstenliebe verpflichtet. Das gilt schließlich auch gegenüber Barfüßern.

Viele Grüße

Ulrich

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