Ein 30-Rappen-Job (Hobby? Barfuß! 2)
Samstag, 23.7.2005: Wieder einmal zog es mich an den Aabach bei Boniswil. Morgens auf dem Fahrrad war es derart "frostig", daß ich mich winterlicher anziehen mußte als üblich, zumindest ein T-Shirt mußte sein, Schuhe selbstverständlich nicht. Am Bahnhof Suhr-Ausweiche hielten gerade zwei Triebzüge der Wynentalbahn . Gleich danach mußte ich an der Ampel anhalten, damit der Zug Richtung Aarau in einer scharfen Linkskurve seine Fahrt fortsetzen konnte, ohne mit Straßenfahrzeugen zu kollidieren. Während des langsamen Anfahren sahen die Passagiere auf meine nackten Füße. Wie schon in anderen Beiträgen festgestellt, scheint Barfüßigkeit bereits dann aufzufallen, wenn es nur ein wenig kühler ist als üblich. Vermutlich wurde auch geglotzt, weil ich Georgs zweifellos richtige Theorie, daß man mit langen Hosen und barfuß weniger auffällt als mit kurzen, nicht unbedingt überprüfen möchte. Aber anders als in den Düsseldorfer Trams erhob sich kein Fahrgast von den Sitzen, um genauer zu überprüfen, ob das auch wahr war was sie zu sehen glaubten.
Da es kühler war als am Wochenende zuvor, hielten sich Mücken, Brähmen und auch Badegäste in Grenzen. Als ich einmal kurzzeitig das Gelände verließ, begegnete ich etwa 200 Meter von der Badestelle einer Frau Mitte fünfzig, die in der Nähe wohnt. Sie war in Begleitung von ca. 6 Kindern, vom Alter her wohl Enkel. Obwohl alle Kinder ohne Ausnahme Sandalen ohne Socken und auch sonst leichte bedeckungsarme Sommerkleidung trugen, sagte ein Mädchen: "Der läuft ja barfuß!" Etwa weil ich als Mann in eine Frauen- und Kinderdomäne eindrang?
Als ich wieder am Badeplatz war, entdeckte ich an einer Stelle, über die ich schon oft gegangen war, eine riesige Scherbe. Bei näherem Umsehen sah ich noch mehrere, die aber nicht auffielen, wenn man nicht darauf achtet. Andi, Du darfst wieder über die Leute schimpfen, die sinnlos Glasflaschen zerschmeißen! Ich aber schimpfte höchstens innerlich (es war ja keiner da, den ich hätte ausschimpfen können, schon gar nicht die wirklichen Übeltäter), sondern sammelte die Scherben auf, um sie im nur etwa 10 Meter entfernten (und sogar leeren) Papierkorb zu entsorgen. Bei der Gelegenheit fand ich auch 30 Rappen, die ich einsteckte. Ein 30-Rappen-Job für einen Akademiker! Leben könnte ich von 30 Rappen nicht, auch wenn das Aufsammeln von Glas keine hohe Qualifikation erfordert. Da bleibe ich doch Chemiker. Einziger Vorteil: den 30-Rappen-Job darf ich barfuß ausführen. Ich hoffe, daß mich keiner verrät, das ich es sowohl vergessen habe, die Nebeneinkunft dem Finanzamt und meinem Hauptarbeitgeber zu melden.
Auf meinem Weg nach Hause radelte ich noch durch die Zofinger Altstadt. Bei der Gelegenheit überholte ich mit dem Velo zwei junge Männer, von denen einer tatsächlich barfuß lief, ansonsten aber einiges winterlicher gekleidet war als ich. Wußte er, daß der Polizeichef Urlaub hat, und ihm diesbezüglich keine Gefahr droht. Oder hat er am letzten Wochenende Walter gesehen und gesagt: "Was einer im Rentenalter darf, das darf ich auch?" Oder war das barfüßige Mädel, das ich vor einer Woche in der Henzmannstraße sah, die Ursache? Da ich nicht zu den Leuten gehöre, die jeden ansprechen, nur weil die barfuß laufen, fuhr ich weiter. Ich hörte nur Passanten sagen: "Nein!" Und dann: "Noch einer!"
Kurz vor meiner Wohnung begegnete mir ein kleines Mädchen auf der Straße, barfuß, lange Jeans, Wollpullover. Es schien auch nichts besonderes dabei zu finden, daß ich barfuß war. Vielleicht hat es mich schon häufiger gesehen.
Gegen 22 Uhr radelte ich noch mal nach Rothrist zur Grütbrücke, um von dort das Feuerwerk über Aarburg zu beobachten. Es war derart frisch geworden, daß ich wieder ein T-Shirt überziehen mußte. Viele Zuschauer standen auf der Brücke. Keinen schien meine Barfüßigkeit zu stören, nur ein paar kleine Kinder, die neben mir am Brückengeländer standen, schauten erst auf meine Füße, dann auf mein Gesicht und wieder zurück. Die meisten Leute trugen Jacken oder Wollpullover, nur eine Frau war in ärmellosen Top auf der Brücke, sie fror sichtlich. Noch mehr froren einige Kinder, speziell Mädchen, von denen fast alle lange Hosen sowie Sandalen ohne Socken anhatten. Die wenigen Mädchen, die leichter gekleidet waren, froren nicht. Von den Jungen froren 2 besonders, die (in Kombination mit einer dicken Jacke) nur kurze Hosen und Sandalen trugen. Einige ältere Männer trugen kurze Hosen, Sandalen und Socken. Ich war übrigens nicht der einzige Barfüßer. Ein kleines Mädchen war ebenfalls ohne Schuhe. Es wohnte allerdings in unmittelbarer Nähe.
Als ich wieder nach Hause wollte und auf den "Henzmannkreisel" zusteuerte, kam aus einer anderen Einmündung ein Polizeifahrzeug. Hatte jemand etwa mich schon wieder wegen barfuß verpfiffen? Der Wagen bog aber in eine andere Einmündung. Ob die Polizisten mich gesehen hatte und kurzfristig ihre Richtung ändern würden? Nein! Noch mal Glück gehabt!
Schöne Grüße
Michael aus Zofingen