Regionale Unterschiede? (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Monday, 18.07.2005, 09:43 (vor 7011 Tagen) @ Stefan (MR)

"Beim Lesen der Beiträge dieses Forums bekommt man den Eindruck, dass es in Sachen Barfuß-Häufigkeit und -Akzeptanz große Unterschiede gibt. Die einen berichten von Pöbeleien und Problemen mit der Staatsgewalt, bei anderen scheinen diese Probleme nicht vorhanden. Ob es da regionale Unterschiede gibt? Oder handelt es sich um eine Frage des Unterschiedes von Stadt und Land? Berichtet mal aus euren Heimatregionen."

Hallo Stefan,

sicher gibt es regionale Unterschiede, wobei die Unterschiede fließend sind und sich nicht beim Überschreiten einer Staats-, Landes-, Kantons- oder Gemeindegrenze schlagartig ändern. Grundsätzlich sind Gegenden mit viel Wasser und Parks solche, die auch Gelegenheitsbarfüßer anziehen und daher wird man dort weniger schief angesehen. In ländlichen Gegenden reagiert man weniger böse. In Zentren großer Städte oder auch kleinerer Touristenorte mischen sich alle Bevölkerungsschichten, aber auch Leute von unterschiedlichem sozialen Stand. Daher werden Barfüßer weniger beachtet. Die Polizei hat genug mit "richtigen" Problemfällen zu tun. Wo viele Arbeitslose, Penner usw. sind, wird man häufiger angepöbelt als in Gegenden, wo eher wohlhabende Leute leben. In Kleinstädten, wo jeder jeden kennt, besteht die Gefahr, daß man leichter schräg angesehen wird.

Wie sieht es bei mir aus? Zofingen ist eine wohlhabende Kleinstadt mit ca. 10000 Einwohnern. Sie liegt an keinem See, an keinem gewaltigen Fluß. Die historische Altstadt ist zwar barfuß begehbar, aber winzig. Schon stößt man auf Siedlungen, auf Verkehrswege, auf Wald, in dem dank des Reichtums die Wege immer gut unterhalten werden, leider zugunsten der schweren Waldfahrzeuge und der fett bewanderbeschuhten Leute, nicht der Barfüßer. Zofingen ist kein Ort für Touristen, die in erster Linie Erholung suchen oder auf dem "Nachtbarsektor", höchstens wegen Kultur, historischer Bausubstanz usw. Derartige Besucher sind meistens nicht diejenigen, die am liebsten barfuß laufen.

Nach Meinung einiger spießiger Bewohner (bei weitem nicht aller Bewohner) ist ein Barfüßer inmitten der Altstadt ein Schandfleck im sauberen Städtchen. Was sollen die auswärtigen denken? Die sollen doch nicht glauben, daß es im reichen Städtchen arme Leute gibt. (Wirklich arme Leute, z.B. Penner, sieht man kaum auf der Straße, die sozialen Einrichtungen der Stadt sind auch relativ gut eingerichtet, so daß niemand wirklich aus Not auf Schuhe verzichten muß).

Zofingen ist derart wohlhabend, daß es sich den Luxus einer Stadtpolizei erlaubt, obwohl es dort auch einen kantonalen Polizeiposten gibt. Da andererseits echte Kriminelle selten sind und auch viele Leute anständig sind im Straßenverkehr, ist bei der unverschämt hohen Polizeidichte die Auslastung der Polizei im Gegensatz zur Polizei in Großstädten gering. Damit keiner auf die Idee kommt, man könne an Polizeipersonal abbauen, beschaffen sie sich halt Arbeit. Wenn irgendein Spießer (womöglich ein besonders guter Steuerzahler) der Polizei meldet: "Da läuft einer barfuß und in kurzen Hosen", dann gehen die Polizisten dem auf der Stelle nach, da sie nichts besseres zu tun haben. Schließlich haben sie für Ordnung zu sorgen, und ein 49jähriger männlicher Barfüßer (barfüßige junge Frauen dagegen werden nie kontrolliert) in kurzen Hosen im Stadtbild könnte das Image einer sauberen Kleinstadt für immer zerstören . Meistens lautet dann die Aussage der Polizei: "Wenn ein Anruf kommt, müssen wir dem nachgehen."

Was passiert wohl, wenn einer die Polizei anruft mit den Worten: "Da läuft einer mit Schuhen und in langen Hosen!" Ich vermute, daß die Polizei versucht herauszubekommen, wer angerufen hat, um dem Anrufer eine Buße aufzubrummen, wegen Irreführung der Polizei.

Schöne Grüße
Michael aus Zofingen


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