Regionale Unterschiede? (Hobby? Barfuß! 2)

Stefan (MR), Stammposter, Friday, 15.07.2005, 17:34 (vor 7013 Tagen)

Beim Lesen der Beiträge dieses Forums bekommt man den Eindruck, dass es in Sachen Barfuß-Häufigkeit und -Akzeptanz große Unterschiede gibt. Die einen berichten von Pöbeleien und Problemen mit der Staatsgewalt, bei anderen scheinen diese Probleme nicht vorhanden. Ob es da regionale Unterschiede gibt? Oder handelt es sich um eine Frage des Unterschiedes von Stadt und Land? Berichtet mal aus euren Heimatregionen.

Um den Anfang zu machen: Hier in Marburg gehört Barfuß in diesen sommerlichen Tagen beinahe zum Stadtbild dazu. Zumindest genügt ein kurzer Spaziergang durch die Straßen, um gar nicht wenigen Leuten zu begegnen, die auf "freiem Fuß" unterwegs sind. Marburg ist eben eine studentisch geprägte Stadt, wo auch sonst Leute mit "alternativem" Lebens- und Kleidungsstil dazugehören. Unfreundliche Begegnungen hat mir meine Unbeschuhtheit hier noch nie beschert. Erstaunte Blicke sind selten, Kommentare kommen bestenfalls von Kindern. Und auch die kann man eigentlich nicht in die Kategorie "bösartig" einsortieren. Auch in Geschäften, Cafés, der Mensa usw. habe ich nie irgendwelches Aufsehen erregt oder gar Zurückweisungen seitens des Personals erlebt. Alles in allem könnte man also zum Schluss kommen, dass das Marburger Pflaster ein barfußfreundliches ist.

Regionale Unterschiede?

Klaus ( LDK ), Friday, 15.07.2005, 19:36 (vor 7013 Tagen) @ Stefan (MR)

Auch der Botanische Garten ( Uni Lahnberge )in Marburg ist ein schönes Plätzchen um Barfuss zu laufen. Dort ist es wirklich sehr schön. Besonders für Botaniker, ich fahre auch manchmal dort hin, die vielen pflanzen zu bewundern.

Lkr WUN

malo @, Stammposter, Friday, 15.07.2005, 21:46 (vor 7013 Tagen) @ Stefan (MR)

Hallo,
mit nur 4000 Personen in meinem Fichtelgebirgskaff gibt es keinerlei Probleme. Ab und an guggt wer, aber nie negativ. Wohl auch deswegen, da hier der örtliche Masseur seit Gedenken selbst im tiefsten Winter nur barfuß unterwegs ist. Also laufen hier zwei solche "Typen" umher ;-)In der Heimatstadt Hof ist der Ausländeranteil recht hoch. Bei 50000 Einwohnern hat man da 8000 Türken, 4000 Russen und genug andere Leute. Nach Berlin die Stadt mit dem zweithöchsten Fremdenanteil in Deutschland. Und da guggt man öfters, auch unverständlich, zwar eher weniger negativ. Zumeist Türken glauben nicht, was sie sehen. Und den Russen bleibt oft der Mund offen stehen. Haha. In Marktredwitz ist es wieder anders. Da drückt bereits die erzkonservative Oberpfalz herein. Und da guggen auch nur die älteren Leute. Obwohl diese fast alle sehr, sehr dörflich wohnen :-)
Im nahe gelegenen Tschechien wird sehr viel! geglotzt. In Cheb besonders von Zigeunern. Je größer die Stadt, desto toleranter ist man scheinbar. In Pilzen guggt kaum einer. In Praha eigentlich niemand. Da sieht man sogar andere Barfüßer :-)

Gruß,
malo

Regionale Unterschiede?

Ulrich (Berlin) @, Stammposter, Friday, 15.07.2005, 21:57 (vor 7013 Tagen) @ Stefan (MR)

Hallo Stefan

Um den Anfang zu machen: Hier in Marburg gehört Barfuß in diesen sommerlichen Tagen beinahe zum Stadtbild dazu.

In Berlin und Potsdam kann man ebenfalls, bei entsprechend heißem Wetter, immer wieder barfüßige Leute sehen. Ein Spaziergang durch die Stadt führt bei 30° fast immer zu solchen Begegnungen, wenn man durch belebte Straßen geht.
Auch habe ich mich nie vor Polizisten oder ähnlichen Aufpassern zu verstecken versucht. Ob man durchs Regierungsviertel geht oder an der US-Botschaft vorbei, niemand interessiert sich für nackte Füße. Nur in den Potsdamer Schlössern muss man wie jeder andere auch Filzpantoffeln anziehen und bei Lidl am Innsbrucker Platz wurde ich barfuß nicht hineingelassen. Bei allen anderen Filialen dieser Kette war das aber kein Problem, ich wurde stets, auch wenn ich mal etwas nicht fand, freundlich bedient.

Viele Grüße

Ulrich

Regionale Unterschiede?

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Monday, 18.07.2005, 09:43 (vor 7011 Tagen) @ Stefan (MR)

"Beim Lesen der Beiträge dieses Forums bekommt man den Eindruck, dass es in Sachen Barfuß-Häufigkeit und -Akzeptanz große Unterschiede gibt. Die einen berichten von Pöbeleien und Problemen mit der Staatsgewalt, bei anderen scheinen diese Probleme nicht vorhanden. Ob es da regionale Unterschiede gibt? Oder handelt es sich um eine Frage des Unterschiedes von Stadt und Land? Berichtet mal aus euren Heimatregionen."

Hallo Stefan,

sicher gibt es regionale Unterschiede, wobei die Unterschiede fließend sind und sich nicht beim Überschreiten einer Staats-, Landes-, Kantons- oder Gemeindegrenze schlagartig ändern. Grundsätzlich sind Gegenden mit viel Wasser und Parks solche, die auch Gelegenheitsbarfüßer anziehen und daher wird man dort weniger schief angesehen. In ländlichen Gegenden reagiert man weniger böse. In Zentren großer Städte oder auch kleinerer Touristenorte mischen sich alle Bevölkerungsschichten, aber auch Leute von unterschiedlichem sozialen Stand. Daher werden Barfüßer weniger beachtet. Die Polizei hat genug mit "richtigen" Problemfällen zu tun. Wo viele Arbeitslose, Penner usw. sind, wird man häufiger angepöbelt als in Gegenden, wo eher wohlhabende Leute leben. In Kleinstädten, wo jeder jeden kennt, besteht die Gefahr, daß man leichter schräg angesehen wird.

Wie sieht es bei mir aus? Zofingen ist eine wohlhabende Kleinstadt mit ca. 10000 Einwohnern. Sie liegt an keinem See, an keinem gewaltigen Fluß. Die historische Altstadt ist zwar barfuß begehbar, aber winzig. Schon stößt man auf Siedlungen, auf Verkehrswege, auf Wald, in dem dank des Reichtums die Wege immer gut unterhalten werden, leider zugunsten der schweren Waldfahrzeuge und der fett bewanderbeschuhten Leute, nicht der Barfüßer. Zofingen ist kein Ort für Touristen, die in erster Linie Erholung suchen oder auf dem "Nachtbarsektor", höchstens wegen Kultur, historischer Bausubstanz usw. Derartige Besucher sind meistens nicht diejenigen, die am liebsten barfuß laufen.

Nach Meinung einiger spießiger Bewohner (bei weitem nicht aller Bewohner) ist ein Barfüßer inmitten der Altstadt ein Schandfleck im sauberen Städtchen. Was sollen die auswärtigen denken? Die sollen doch nicht glauben, daß es im reichen Städtchen arme Leute gibt. (Wirklich arme Leute, z.B. Penner, sieht man kaum auf der Straße, die sozialen Einrichtungen der Stadt sind auch relativ gut eingerichtet, so daß niemand wirklich aus Not auf Schuhe verzichten muß).

Zofingen ist derart wohlhabend, daß es sich den Luxus einer Stadtpolizei erlaubt, obwohl es dort auch einen kantonalen Polizeiposten gibt. Da andererseits echte Kriminelle selten sind und auch viele Leute anständig sind im Straßenverkehr, ist bei der unverschämt hohen Polizeidichte die Auslastung der Polizei im Gegensatz zur Polizei in Großstädten gering. Damit keiner auf die Idee kommt, man könne an Polizeipersonal abbauen, beschaffen sie sich halt Arbeit. Wenn irgendein Spießer (womöglich ein besonders guter Steuerzahler) der Polizei meldet: "Da läuft einer barfuß und in kurzen Hosen", dann gehen die Polizisten dem auf der Stelle nach, da sie nichts besseres zu tun haben. Schließlich haben sie für Ordnung zu sorgen, und ein 49jähriger männlicher Barfüßer (barfüßige junge Frauen dagegen werden nie kontrolliert) in kurzen Hosen im Stadtbild könnte das Image einer sauberen Kleinstadt für immer zerstören . Meistens lautet dann die Aussage der Polizei: "Wenn ein Anruf kommt, müssen wir dem nachgehen."

Was passiert wohl, wenn einer die Polizei anruft mit den Worten: "Da läuft einer mit Schuhen und in langen Hosen!" Ich vermute, daß die Polizei versucht herauszubekommen, wer angerufen hat, um dem Anrufer eine Buße aufzubrummen, wegen Irreführung der Polizei.

Schöne Grüße
Michael aus Zofingen

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