Entlarvt! (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Monday, 04.07.2005, 13:10 (vor 7025 Tagen)

Sonntag, 3.7.2005: Letzter Tag eines verlängerten Wochenendes ohne Schuhe. Ich verließ meinen Schlafplatz in Auvernier am Ufer des Neuenburger Sees und radelte nach Biel, wo ich mich am Seeufer niederließ. Es war etwa 9 Uhr morgens und schon echtes Strandwetter. Gleichzeitig kamen auch junge Leute (etwa 15 Stück) beiderlei Geschlechts, die ziemlich schwarz gekleidet waren. Sie machten auf mich keinen Vertrauen erweckenden Eindruck. Die meisten Männer trennten sich die ganze Zeit nicht von irgendeinem Kleidungsstück, nur ein Mann hielt sich später in Badekleidung auf, die Mütze behielt er aber auch im Wasser auf. Die Frauen zogen aber sofort die Schuhe aus und waren barfuß, viel später trauten sie sich auch im Bikini dort zu sitzen, eine Frau behielt aber auch beim Schwimmen ihre langen Jeans an. Die Haut der Frauen war schneeweiß, so weiß werde ich nicht einmal im tiefsten Winter.

Alles das ist aber nicht tragisch. Unschön war aber die Tatsache, daß speziell die Männer zwar weitgehend von außen trocken blieben, nicht aber von innen. Der Alkohol floß in Strömen, laute Musik ertönte aus dem Rekorder, ab und zu ging auch eine Flasche zu Bruch. Derartige Leute sind mir absolut unsympathisch. Es dauerte nicht lange, da kamen Kinder eines Kanuclubs mit ihren Trainern an die Stelle. Es war irgendein Wettkampf angesetzt. Ein Trainer besaß den Mut, den Jugendlichen ein paar passende Worte zu sagen, wegen der Verletzungsgefahr. Darauf entgegnete einer der Jugendlichen, das wäre nicht so schlimm, da die Kinder doch meist Schuhe tragen. Da drohte der Trainer mit der Polizei, was bewirkte, daß die Jugendlichen etwas ruhiger wurden. Die Polizei kam aber nicht. Vermutlich hätte die auch nicht die Jugendlichen festgenommen, sondern mich, auch Polizisten machen mal Fehler!

Von den Kanufahrern trugen die meisten spezielle Kanuschuhe, einige waren aber auch barfuß, in Flipflops und in Adiletten (in einem Fall sogar mit Socken). Da der Boden steinig und rutschig war, halte ich das Tragen von Spezialschuhen nicht für absolut verkehrt, dagegen sind jegliche Art von Sandalen ohne Fersenriemen eine zusätzliche Gefahrenquelle. Es kam auch zu einer schweren Schnittverletzung durch Glasscherben unter den Kindern. Auch ich trat mir einen Splitter in den Fuß und verletzte mir die Hände, als ich Scherben aufsammelte. Ich hatte ja weder Schuhe, noch Handschuhe dabei.

Es war noch heiß, als ich gegen 16.30 Uhr heimwärts radelte. Noch auf Bieler Stadtgebiet sah ich eine junge Frau, die barfuß ihr Fahrrad schob und keinerlei Gepäck dabei hatte. In Zuchwil gingen zwei junge Frauen auf dem Trottoir und trugen ihre Sandalen in der Hand, während ich einen Verkehrskreisel befuhr. In Bannwil kam mir ebenfalls eine Frau entgegen, die ihre Schuhe in der Hand trug. In Wolfwil standen mehrere Leute auf der Straße und unterhielten sich, ein Mann davon war barfuß. Und schließlich kam ich noch an einem Haus vorbei, vor dem eine Frau barfuß die Blumen begoß und es offensichtlich genoß, auch Wasser aus der Gießkanne über ihre Füße goß. Sie lächelte, als sie mich vorbeiradeln sah. Hoffentlich wachsen ihr keine Wurzeln aus den Fußsohlen, der Sommer dauert doch nicht ewig!

Es war gegen 19.45 Uhr, als ich meine Wohnung erreichte. Das Auto meiner Eltern stand noch da. Würden sie mich pöbelnd empfangen? Oder hatten sie gar nichts mitbekommen? Als ich die Wohnung betrat, ging ich sofort ins Bad. Nicht etwa, um meinen Eltern zu entkommen, sondern um den Schweiß, die Fliegen an meinem Körper usw. nicht in der ganzen Wohnung zu verteilen. Erst passierte nichts, erst später erzählte mein Vater, daß er mitbekommen hatte, daß ich ohne Schuhe losgefahren wäre, das wäre bodenloser Leichtsinn. Als ich sagte, daß ich bei dieser Witterung ohne Schuhe besser fahren könne, meinte er, ich sollte doch wenigstens welche mitnehmen. Mehr geschah nicht. Er glaubt aber nach wie vor, daß Barfußlaufen in der Öffentlichkeit eine Sache ist, die "man nicht tut" und er vollstes Verständnis dafür hat, daß Polizisten einen deswegen Schwierigkeiten machen.

Schöne Grüße
Michael aus Zofingen

zum barfüßigen Radfahren

RainerL @, Stammposter, Monday, 04.07.2005, 17:11 (vor 7024 Tagen) @ Michael aus Zofingen

Hallo Michael,

Erst passierte nichts, erst später erzählte mein Vater, daß er mitbekommen hatte, daß ich ohne Schuhe losgefahren wäre, das wäre bodenloser Leichtsinn.

Na da spricht doch nur der Vater der Sorge hat daß seinem Sohn etwas passiert. Obwohl ich selbst wie ja bekannt ist leidenschaftlicher Barfuß-Radler bin weiß ich natürlich um die Risiken. Gemeint ist damit das Risiko einer Fußverletzung im Falle eines Unfalls. Der Fuß ist dann halt ungeschützt. Aber andererseits geben sich andere nur einer Illusion hin wenn Sie meinen daß Flip-Flops oder Sandalen sicherer sind. Die Zehen sind da genauso ungeschützt und von der Sandale können sich Teile im Rad verhaken. Vom reinen Fahrgefühl her meine ich ist das barfüßige Radfahren sogar sicherer da man direkteren Kontakt zum Pedal hat und die Zehen auch greifen können.

Als ich sagte, daß ich bei dieser Witterung ohne Schuhe besser fahren könne, meinte er, ich sollte doch wenigstens welche mitnehmen. Mehr geschah nicht. Er glaubt aber nach wie vor, daß Barfußlaufen in der Öffentlichkeit eine Sache ist, die "man nicht tut" und er vollstes Verständnis dafür hat, daß Polizisten einen deswegen Schwierigkeiten machen.

Nur weil es (fast) keiner tut ist es noch lange nicht verboten und wenn dein Vater es gut findet daß einen die Polizei wegen einer nicht verbotenen Sache behelligt, na ja ...

Schöne Grüße
Michael aus Zofingen

dito
Rainer

Barfuss-Radfahren noch ein Argument PRO

steveh, Stammposter, Monday, 04.07.2005, 17:59 (vor 7024 Tagen) @ RainerL

Na da spricht doch nur der Vater der Sorge hat daß seinem Sohn etwas passiert. Obwohl ich selbst wie ja bekannt ist leidenschaftlicher Barfuß-Radler bin weiß ich natürlich um die Risiken. Gemeint ist damit das Risiko einer Fußverletzung im Falle eines Unfalls. Der Fuß ist dann halt ungeschützt.

Stimmt einerseits. Die Füsse können beim Sturz teils schlimme Schürfwunden bekommen.

Andererseits sind die Füsse beim Barfuss-Fahren nicht mehr gefährdet als die Hände. Schliesslich fahren nur die allerwenigsten Alltags- und Hobbysport-Radfahrer mit Handschuhen, Knieschonern oder Ellbogenschutz. Und im Sommer noch weniger als sonst.
Und was Knochenbrüche betrifft, so würde ich sagen das Risiko sich beim Sturz einen Finger oder Handgelenk zu brechen ist grösser als das Risiko für Zeh und Ferse, denn die Hand fällt ja aus grösserer Höhe auf den harten Boden.

Contra!

Marcus, Monday, 04.07.2005, 19:08 (vor 7024 Tagen) @ steveh

Moin,

ich bin zwar auch fast dauernd barfüßig unterwegs, aber nicht ganz so blauäugig wie manche hier. Deshalb wage ich mal ein Gegenargument:

Stimmt einerseits. Die Füsse können beim Sturz teils schlimme Schürfwunden bekommen.
Andererseits sind die Füsse beim Barfuss-Fahren nicht mehr gefährdet als die Hände. Schliesslich fahren nur die allerwenigsten Alltags- und Hobbysport-Radfahrer mit Handschuhen, Knieschonern oder Ellbogenschutz. Und im Sommer noch weniger als sonst.
Und was Knochenbrüche betrifft, so würde ich sagen das Risiko sich beim Sturz einen Finger oder Handgelenk zu brechen ist grösser als das Risiko für Zeh und Ferse, denn die Hand fällt ja aus grösserer Höhe auf den harten Boden.

Das ist schlicht und einfach Unsinn. Das Verletzungsrisiko für die Füße ist ungleich höher als das für jeden anderen Körperteil.

Zum einen, weil man instinktiv versucht, sich selbst bei hohen Geschwindigkeiten mit den Füßen abzufangen.
Zum zweiten, weil man mit dem Fuß sehr schnell in die Mechanik des Rades geraten kann. Und wer einmal mit dem Fuß in den Speichen oder im Kettenschutz hängengeblieben ist, weiß, was ich meine.

Klar, Hände und Kopf sind bei MANCHEN Stürzen auch stark beeinträchtigt, aber: der Fuß ist bei fast ALLEN Stürzen mit dabei.

Desweiteren mögen Gelegenheits-Fahrräder ja ganz bequem sein, Trecking-Pedale sind es Barfuß definitiv nicht.

Ein wichtiger Aufruf an die Hardcore'ler:
Barfuß fahrradfahren ist etwas für geübte Barfüßler und Radfahrer, die sich des Risikos, welches sie eingehen, vollkommen bewusst sind und bereit sind, die eventuellen Folgen zu tragen, sowie die Erfahrung haben, um selbige zu vermeiden.
Aber: Den Leuten zu erzählen, daß sei alles ganz harmlos und ungefährlich, weil es so toll ist, ist meiner Meinung nach fast schon grob fahrlässig.

Contra!

Andreas (SU), Stammposter, Tuesday, 05.07.2005, 22:21 (vor 7023 Tagen) @ Marcus

Hallo Marcus!

Ich fahre auch viel Fahrrad und bin fast immer barfuß. Ich denke, daß Du vollkommen recht hast mit den von Dir beschriebenen Gefahren.

Ich meine aber auch, daß man als barfüßiger Radfahrer genauso Mechanismen entwickelt, wie man es als barfüßiger Fußgänger gegenüber den dort vorhandenen Gefahren tut. Wenn man barfuß geht, geht man eben anders als die beschuhten Mitmenschen, die durch die Scherben und die Hundehaufen latschen. Und wenn man barfuß Rad fährt, macht man auch keine Downhill-Abfahrt mit dem Mountain-Bike oder eifert geschwindigkeitsmäßig der Tour de France nach.

Mir ist ein Rätsel, wie man mit dem Fuß in die Speichen geraten oder am Kettenschutz hängen bleiben soll. Das müßte ich dann schon mit voller Absicht ausprobieren. Ein normaler Mensch, der seine Sinne beieinander hat und den Fahrstil den Risiken anpaßt, stürzt auch nicht mit dem Rad. Ein geringes Restrisiko bleibt natürlich immer, aber ein Lottogewinn ist sicher Wahrscheinlicher als das!

Wegen dieser Risiken nicht barfuß Rad zu fahren hieße für mich, daß ich auch gar nicht mehr aus dem Haus ginge, denn es könnte mir ja mal ein Dachziegel auf den Kopf - oder gar auf den Fuß(!) - fallen.

Die Leute, die zum ersten Mal barfuß Rad fahren wollen, werden schon von selbst nicht die Pedale mit den Metallzacken wählen. Warum sollte man sich das antun? Und hoffentlich werden sie auch genauso bewußt und mit Genuß daran gehen, wie man es beim Barfußgehen tun sollte, dann kann auch nicht viel passieren!

Viele Grüße,

Andreas (SU)

No risk - no fun?

Ralf RSK, Stammposter, Tuesday, 05.07.2005, 23:39 (vor 7023 Tagen) @ Andreas (SU)

Hallo zusammen,

ah, jetzt sind wir mal wieder bei der leidigen Sicherheitsdiskussion.

Ich mähe seit meiner Kindheit barfuß Rasen, und fahre barfuß Fahhrad. Ist noch alles dran ;-) ... Glück gehabt und umsichtig gewesen. Ob man das so machen will, muss natürlich jeder selbst entscheiden. Es wäre vielleicht auch gut, bei Wind immer mit einem Helm rumzulaufen, denn es könnten Ziegel vom Dach fallen ;-)

Tendenziell würde ich aber sagen, der Barfüßler nimmt seine Umwelt bewusster wahr und hat auch eine bessere Einschätzung von seinem Körper und ist deshalb grundsätzlich weniger unfallgefährdet.

Gruß, Ralf

Leben ist immer lebensgefährlich.
Erich Kästner

Pro, Contra oder besser gleich das Rad stehen lassen ?

bix, Stammposter, Wednesday, 06.07.2005, 12:35 (vor 7023 Tagen) @ Marcus

Bevor der eine Äpfel meint und der andere die Birnen verteidigt, definiert doch erstmal: "Fahrrad fahren !"

Meint Ihr sportlich (MTB, Rennrad, mit 0815-Rad mal ganz schnell von A nach B kommen) ?

Oder meint Ihr gemütlich (in der Gegend herum radeln, mal eben zum nächsten Supermarkt, zum Baden an einen See) ?

Sportlich: fährt mit Sicherheit niemand, der seine Sinne zusammen hat, barfuß, genausowenig wie ohne Helm (sogar mein Freund setzt einen Helm auf wenn er zum MTB'en geht, und das will was heissen ;-).

Gemütlich: Gott, da setzt doch wohl kaum einer einen Helm auf und zieh auch bestimmt keine Handschuhe an, da kommts auf fehlende Schuhe nun auch nicht mehr an...

Außerdem spielt noch die individuelle Ängstlichkeit und die einem eigene Motorik und Körperbeherrschung eine Rolle. Manch einer mag diesbezüglich übervorsichtig, ängstlich, grobmotorisch oder "dappig" sein, der hat dann wohl wirklich besser Schuhe, Helm und Handschuhe an, wenn er sein Fahrrad zum morgendlichen Brötchen holen aus dem Keller holt...

Andere sind auch MIT Schuhen an den Füßen noch nie

a) mit dem Rad gestürzt

oder

b) mit dem Fuß in die Kette oder zwischen die Speichen geraten (wie schafft man das denn ?).

Warum sollte denen das dann ausgerechnet barfuß passieren ?

Es muss wirklich jeder selbst beurteilen, wie er radelt und wie er dabei welche Körperteile wovor schützt. Keinesfalls lässt es sich mit

"Barfuß radfahren ist immer total gefährlich, und damit hab ich und nur ich recht"

oder

"ICH fahre immer barfuß rad, MIR ist noch nie was passiert, es ist also ungefährlich und nur ich hab recht"

verallgemeinern.

Grüße von einer nur beschuhten Radlerin

bix

Barfuss - aber mit dem Motorrad!

Roland Schorno, Monday, 04.07.2005, 21:15 (vor 7024 Tagen) @ Michael aus Zofingen

Ich bin vor vielen Jahren auch barfuss gefahren, aber mit meinem Motorrad, auf dem Sozius meist meine Frau, sie allerdings mit Schuhen.
An einem einzigen Tag bin ich - noch ohne meine Frau - über die Furka, auf den Gotthard und wieder runter, dann über den Susten und die Grimsel und zurück nach Montreux, mit einem 50 Kubik. Die Oberseite meines linken Fusses war schwer verbrannt, von der Sonne, denn als ich wegfuhr, kam die Sonne von links, bei der Rückkehr von rechts.
Später bin ich mit meiner Frau über den Brünig, den Klausen, die Furka gefahren, wobei ich bei letzterer in ein Schneetreiben und ein Gewitter geriet. Die Blitze schlugen rechts und links von uns in den Boden ein. In Gletsch kehrten wir ein und assen Fondue, wobei ich durchfroren von Kälte noch stundenlang zitterte.
Einmal habe ich die Gletscherhöhle an der Furka ebenfalls barfuss besucht. Aufgrund der an den Wänden aufgeklebten Fotos habe ich gesehen, dass noch ein anderer Barfüsser da war.
Mehr als einmal war ich auf dem Säntis barfuss, bis zur Schwägalp mit dem Motorrad, später mit dem Auto, dann rauf mit der Schwebebahn. Als wir oben ausstiegen, begegneten uns ein Paar, er barfuss, sie mit Schuhen. Sie sagte zu ihrem Begleiter: "Siehst Du, Du bist nicht der Einzige".
Auf den Col du Jaman bin ich mit dem Fahrrad barfuss, von Rougemont bis Montreux. Auch auf den Col de Bellegarde (Jaunpass) bin ich barfuss gefahren. Ein uraltes Auto überholte mich, alle lachten, später hielt der Wagen mit rauchendem Motor. Als ich daran vorbeifuhr, wieder lautes Gegröhle. Wer von uns zuerst oben war, weiss ich nicht mehr.
Meine nackten Füsse haben schon einiges gesehen, Neuenburg, Bern, Basel, Köln, Frankfurt, Friedrichshafen etc.

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