Als Barfüßer "vorbestraft"? (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Wednesday, 15.06.2005, 13:19 (vor 7044 Tagen) @ Ulrich (Berlin)

Hallo Ulrich!

Michael:

Eine ca. 50-jährige Frau kam das Trottoir entlang, gerade als ich auftauchte. Plötzlich fing sie hysterisch an zu schreien: "Nein, nein, nein!" Dabei fuchtelte sie mir dem Regenschirm. In dem Augenblick kam auch noch ein Omnibus vorbei, die Fahrgäste sahen erstaunt aus dem Fenster. Schimpfte die Frau wegen mir? Oder wollte sie mit dem Bus fahren, der gerade vorbeifuhr, und den sie nicht erreichen würde? Sie fuchtelte weiter, ich schob das Rad schnell über die kurzzeitige freie Straße, stieg auf und wurde langsamer, um den Bus, der an der Haltestelle hielt, nicht zu behindern. Hinter mir hörte ich die Frau schreien, während sie eilig die Straße überquerte: "Hilfe! Polizei! Hilfe!" Fußgänger sahen die Frau an, sahen mich an. Ob man mich für einen "Entreißdieb" hielt?

Ulrich:
Könnte es nicht sein, dass die Frau tatsächlich gerade bestohlen wurde, ihr vielleicht jemand die Handtasche entrissen hat, und das ganze mit dir gar nichts zu tun hatte?

Michael:
Entreißdiebstähle gibt es wirklich in Zofingen, wie aus diesem Artikel im Zofinger Tagblatt http://www.zofingertagblatt.ch/pages/index.cfm?srv=cms&dom=1&rub=195&id=101978&pg=wiggi hervorgeht. Aber beschriebener Diebstahl geschah am Tag VOR meinem barfüßigen Einkauf. Vielleicht hat der Täter ein zweites Mal zugeschlagen.

Wenn man selber barfuß ist und Zeuge eines Unfalls oder Verbrechens wird, kann man leicht selber Nachteile erleiden. Beim Eingreifen in eine Schlägerei kann es passieren, daß einem absichtlich auf die nackten Füße getreten wird.

Oder man beobachtet eine Schlägerei, verständigt zwar per Handy die Polizei, greift aber selber nicht ein. Wenn ein beschuhter Mensch so handelt und sagt, er wäre kräftemäßig nicht in der Lage, dann glaubt man es ihm. Wenn aber ein Barfüßer das sagt, dann würde jeder denken, er hätte sich nur nicht eingemischt, WEIL er barfuß war, dann läuft das eher auf "unterlassene Hilfe" hinaus.

Vielfach wird man auch als Zeuge weniger ernst genommen, wenn man barfuß ist. Man wird vorverurteilt. Das trifft übrigens nicht nur für Barfüßigkeit zu, auch wenn man Ausländer ist oder vorbestraft. Vor über 20 Jahren (ich lebte noch nicht in der Schweiz) wurde ich an einem recht kühlem Oktobermorgen Zeuge eines Unfalls (Zusammenstoß zweier Autos, nur leichter Blechschaden) im Raum Lüneburg. Ich befand mich auf einer Fahrradtour und wollte noch am selben Tag zurück nach Oldenburg. Zufällig kam gerade ein Polizeifahrzeug vorbei und hielt an. Ich selber war zwar nicht barfuß, aber mit kurzen Hosen doch für ca. +5°C etwas zu leicht angezogen. Die Wunden, die ich mir tags zuvor durch einen Stacheldraht an den Oberschenkeln zugezogen hatte, waren noch deutlich zu sehen. Plötzlich war nicht einer der Autofahrer, sondern ich der "Hauptschuldige". Ich hätte durch meine Aufmachung den einen Autofahrer abgelenkt, so daß er nicht den vorfahrtberechtigten anderen Autofahrer wahrnahm. Dem stimmte der andere Autofahrer zu, und moralisch auch die Polizisten. Ich mußte meine Personalien hinterlassen, dann durfte ich weiter. Ich rechnete schon damit, daß ich eine Rechnung aus der Autowerkstatt bekommen würde, aber dieses geschah nicht.

Im Zofinger Raum bin ich bei der Polizei längst als kurzbehoster Barfüßer "vorbestraft", egal was ich tue.

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen


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