Zustimmung in wesentlichen Punkten (Hobby? Barfuß! 2)

Eugen, Stammposter, Thursday, 09.06.2005, 17:18 (vor 7050 Tagen) @ Nicole (WO)

Nicole schrieb:

Ja, das Christentum hat unseren Bezug zum Körper und zur Natur gründlich kaputtgemacht. Solange ein nackter Körper mit Scham und Angst besetzt bleibt, werden auch die Füße mit drunter leiden, fürchte ich. Denn barfuß laufen bedeutet, dass man es hier mit einem freien Menschen zu tun hat. Und einem freien Menschen kann man kaum Angst machen - und mit Angst regieren halt die großen Weltreligionen und viele weltliche Regimes...
Liebe Grüße
Nicole

Hi Nicole,

dein obiger Kommentar hat mich begeistert. In diesem Forum -- unglaublich -- sind es Frauen, welche die intelligentesten Bemerkungen machen. Man könnte meinen, du kommst gerade aus einem Nietzsche-Seminar der Philosophischen Fakultät. Denn es war Nietzsche, der in scharfer Form konstatierte, dass das Christentum Leibfeindlichkeit propagiert, keinen Mut zum Leben macht, zum MUCKERTUM, zum HERDENDASEIN aufruft. weder die Moral noch die Religion berüht im Christentum mit irgendeinem Punkte Wirklichkeit. Es verlegt das Schwergewicht des Lebens ins Jenseits. Richtet nicht -- sagen die Christen -- aber sie schicken alles in die Hölle, was ihnen im Wege steht.

Ohne nun zur sehr off-topic zu geraten, muß ich aber sagen, dass ich mit Nackheit zuerst in meiner katholischen barocken Dorfkirche konfrontiert worden bin. Und ich war dort sogar Meßdiener! Als Kind fällt einem zunächst nichts auf, kommt man ins Alter eines pubertierenden Meßdieners, so fallen einem plötzlich die zahlreichen nackten Kinder-Putten und das große Altarbild auf, wo der fast nackte Petrus kurz vor seiner Hinrichtung gezeigt wurde. Plötzlich entdeckte man, dass dieses Bild eindeutig sado-masochistische Züge trägt. Ganz zu schweigen von einem Bild, wo der nackte heilige Sebastian, gefesselt an einer Säule, von zahlreichen Pfeilen aufgespießt wurde und das Blut zahlreich floß. Kann Martyrium Lust erzeugen? Ist es dem Christentum gelungen, Eros und Aphrodite in höllische Kobolde und gefährliche Truggeister zu verwandeln?

Aber eins ist klar: Überall, wo christliche Missionare hinkamen (Polynesien, Afrika, Neuginea), hieß es : Kinder, wir sind hier nicht im Paradies-- sofort was anziehen! Aber wir haben es mit dem Christentum nicht so schlecht getroffen: Indien, welches vor dem brutalen Eindringen des Islams sehr freizügig war (Frauen durften öffentlich oben ohne auftreten), ist heute ein sehr prüdes Land geworden. Und in den USA war es bis 1935 VERBOTEN, dass Männer OBEN OHNE baden gehen.

Ich glaube übrigens, dass auch Barfusslaufen ein Tabu-Bruch ist. Es hat eben auch mit unerwarteter Nackheit zu tun. Nur diese ist gerade mal geduldet. Aber wenn sich ein geeigneter Richter findet -- wer weiß -- kann man auch das verbieten oder mit einem Bußgeld belegen. Genauso wie ja noch vor 100 Jahren für junge Frauen Pflicht war, lange "Handschuhe" zu tragen. Es galt als hocherotisch, diese Handschuhe dann langsam auszuziehen.

Mir ist es auch völlig egal, ob 10, 100 oder 1000 Nacktradler am Rhein entlangfahren. Deutschland hat wirklich andere Probleme. Die Nacktradler können sich ja alle ein schickes buntes Bändchen um den Bauch binden: Denn das gilt bei einigen Indianerstämmen im Amazonas als "korrekte" Anzugsordnung. Ohne dieses Bändchen ist man -- oh Schreck -- völlig nackt! Das wäre die Umkehrung des Andersen Märchens vom des Kaisers neue Kleider.

Aber das Volk ist dumm -- unglaublich dumm. Und logisch denken können die wenigsten. Von Humanismus keine Spur. Der nackte Mensch ist eben häßlich -- unästhetisch. Der angebliche Schöpfergott hat damit auch versagt. Pfui, was für ein häßliches Schwein er da erschaffen hat! Nach Nietzsche ist dieser Gott ja auch schon längst tot (aus Gram gestorben).

Liebe Grüße,

Eugen


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