Es war Sommer in München, muss im Jahr 2000 gewesen sein. Ich besuchte eines Nachmittags eine Freundin, wir wollten Abends ausgehen. Da wir uns erst einmal viel zu erzählen hatten, machten wir es uns mit einer Flasche Prosecco auf ihrem Balkon bequem, beide ohne Schuhe. Aber - verflixt - wir bekamen die Flasche nicht auf. Der Korken saß bombenfest. Wir brauchten einen starken Mann.

Die ihr bekannten netten Nachbarn (Hochhaus, 10. Etage) waren nicht zu Hause. Einfach woanders klingeln ? "Lieber nicht, hier wohnen komische Leute... Wir fahren einfach runter und fragen den erstbesten Mann, den wir treffen." Gesagt, getan. Barfuß mit Prosecco-Flasche und Korkenzieher bewaffnet fuhren wir vom 10. Stock hinunter und gingen auf die Straße hinaus. Bis wir einen Mann trafen.
"Entschuldigung, könnten Sie uns wohl bitte diese Flasche öffnen?"

Ein entsetzter Blick traf uns, unsere Füße, unsere Flasche - aber beherzt griff der Mann zu und entkorkte unseren Prosecco.
"Danke sehr!"

Wir gingen wieder Richtung Hochhaus.
Der Herr folgte uns langsam in immer größer werdendem Abstand.
Wir steuerten auf den Aufzug zu und warteten.
Der Herr erreichte uns, zögerte und beschloß, doch lieber die Treppe zu nehmen.

Ob nun unser Alkoholkonsum am hellichten Tag ihn abschreckte oder unsere nackten Füße, eventuell auch die Kombination, vermag ich nicht zu sagen.
Vielleicht wohnte er aber auch nur im ersten Stock...