Da schlägt das Barfüßerherz höher! (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Monday, 06.06.2005, 14:02 (vor 7053 Tagen)

Samstag, 4.5.2005: Die Abstimmung hatte ich hinter mir, die Einkäufe auch, gegen 13 Uhr war es auch mit dem unbeständigen Wetter vorbei. Nicht vorbei war es dagegen mit meiner Barfüßigkeit, im Gegenteil. Jetzt konnte ich endlich Dinge machen, die barfuß Spaß machen (und nicht bloß Dinge erledigen, die ich erledigen muß und die barfuß nur geringfügig angenehmer sind wie mit Schuhen).

Also rauf aufs Fahrrad, und los geht's. Daß ich dabei wieder einmal die Zofinger Altstadt barfuß durchradelte, und zwar bereits das vierte Mal an dem Tag, soll nur am Rande erwähnt sein. Da der Boden noch feucht war, hatte ich das Verlangen, diesen unter den Füßen zu spüren. Das konnte ich als erstes am Tannbachgraben bei Bad Lauterbach. Ein herrlicher Waldweg, Moose, aus denen glucksend das Wasser hervorquoll während ich drauftrat. Der Weg war schmal, fast zu schmal, um das Velo zu schieben, aber es ging gut. Mir kamen nur wenig Leute entgegen, alle grüßten freundlich, keine böse Reaktion.

Ich radelte weiter nach Aarburg (hier kam mir ein mittlerweile pensionierter Arbeitskollege mit dem Auto entgegen, ohne erstaunten Blick), dann nach Olten, wo ich das Rad über die gedeckte Holzbrücke und dann durch die Altstadt schob. Auch hier nur wenige Glotzaugen. Vor vier Monaten reagierten die Leute an derselben Stelle noch ganz anders auf meine Barfüßigkeit, man hat sich wohl an meine Füße gewöhnt.

Bei starkem Gegenwind folgte ich diversen Wanderwegen weitgehend parallel zum Fluß Dünnern bis fast nach Oensingen. Meistens fuhr ich, wo aber der Weg grasig oder matschig war (etwa in Höhe Kappel), schob ich mein Velo. Aber nicht etwa, weil ich zu ungeschickt bin, auf diesen Untergründen zu radeln, sondern "nur", weil ich meinen Füßen auch mal eine Abwechslung gönnen wollte. Da ich kein Dogmatiker bin, fühlte ich mich mit meinen verschlammten Füßen auch nicht als "unbarfuß". In Niederbuchsiten schob eine junge Mutter in meiner Fahrtrichtung ihr Kind auf einem Plastiktrecker den schmalen (hier asphaltierten) Weg entlang. Gerade als ich zum Überholen ansetzte, drehte der Junge das Lenkrad, daß ich nur durch Ausweichen auf einen Rasen einer Kollision ausweichen konnte. Die Mutter erstarrte zu einer "Salzsäule", aber sie mich sah. Ich vermute aber, daß es nicht an meiner Barfüßigkeit lag, sondern "nur" an dem Schreck nach der Fast-Kollision. Der Junge dagegen schien nicht erschrocken zu sein, er hatte wohl nicht registriert, daß er nur dank meiner schnellen Reaktion davongekommen ist. Er sah mich nur an, dann auf meine verschlammten Füße, worauf er sagte: "Ihhhhhhhhhhhhhh!"

In Schwarzhäusern überholte ich ein barfüßiges etwa achtjähriges Mädchen auf dem Fahrrad. Es bewegte sich so geschickt barfuß auf dem Velo, als ob man meinen könnte, es würde nie Schuhe tragen. Trotzdem war ich schneller. Und vermutlich habe ich an jenem Tag auch mehr Kilometer barfuß geradelt.

Über Aarwangen erreichte ich die Ausläufer von Langenthal. Dort war eine Gruppe von Menschen (Kinder und Erwachsene) dabei, Radfahren zu üben. Ich wußte nicht, daß es so was wie eine "Fahrradfahrschule" gibt. Dem Fahrstil nach hatten einige diese Schule auch bitter nötig. Alle waren übermäßig ausgerüstet, mit Leuchtweste, Helm und (wen überrascht das) Schuhen. Mühelos fuhr ich an diesen vorbei, worauf der "Fahrlehrer" zu den Teilnehmern über mich sagte: "So Velo fahren ist bodenloser Leichtsinn! Kein Helm, keine Schuhe, nur eine Turnhose. Wenn es zu einem Unfall...." Mehr verstand ich nicht, da ich nicht vor hatte, mein Tempo zu drosseln.

Noch auf Langenthaler Stadtgebiet befindet sich der "Sängerliweiher", hier schloß ich mein Velo an. Die Nordseite des Weihers liegt im Wald, der Weg ist mit Holzschnitzeln belegt. Wer da nicht barfuß läuft, hat selber Schuld. Auf der Südseite liegt zwar Schotter, aber daneben gibt es Gras. Eigentlich wollte ich mich auf eine bestimmte Bank setzen, um dort eine Pause zu machen, aber diese Bank war mit 3 Knaben besetzt, deren Räder lagen daneben im Gras. Sie (die Knaben, nicht die Räder!) sahen mich an, hörten aber nicht auf zu reden über Dinge, die mit barfuß nicht das geringste zu tun hatten. Also setzte ich mich auf eine weitere Bank, weniger idyllisch gelegen. Von den Jungen trugen zwei Sandalen ohne Socken, der dritte Turnschuhe mit Socken. Ausgerechnet letzterer zog als erster die Schuhe aus, dann die Socken, krempelte die Hosen auf und tauchte die Füße in den Weiher. Als ich etwa 15 Minuten später weiter wollte, sah ich noch, wie zweite sich der Schuhe entledigte. Ich wanderte noch ein Stück durch den Wald (teilweise schöne, teilweise weniger schöne Wege), bevor ich zum Fahrrad zurückging. Während ich das Rad wieder aufrüstete, radelten die Knaben gerade an mir vorbei. Jetzt waren alle drei barfuß! Da der Weg anfangs noch sehr barfußfreundlich war, zog ich es vor, anfangs noch zu schieben, bevor ich aufstieg. Irgendwann sah ich die Knaben wieder vor mir, ich glaubt schon, daß ich sie noch einholen würde, aber die Bahn machte mir einen Strich durch die Rechnung: Unmittelbar nachdem die Knaben einen Bahnübergang überquert hatten, fing das rote Licht an zu blinken. So bekam ich zwar nicht mit, wie weit die Knaben noch barfuß radelten, dafür sah ich aber einen roten Triebwagen auf der Strecke der früheren "Vereinigten Huttwil Bahnen"

Durch die Stadt Langenthal radelte ich zum Langetenfußweg, wo ich abermals mein Velo abstellt. Viele Leute benutzten den Weg entlang des Flusses Langete, aber nur in meinem Fall hatte der Weg den Namen "Fußweg" wirklich verdient. Für die anderen wäre die Bezeichnung "Schuhweg" passender gewesen. Teilweise angenehm zu begehen, teilweise recht steinig. An einer Stelle durchwatete ich den Fluß und kletterte am anderen Ufer einen Hang hoch. Feuchter Lehm, freigelegte Wurzeln. Man konnte sich regelrecht mit den Zehen festkrallen, da schlägt jedes Barfüßerherz höher. Leider sind derart idyllische Plätze auch beliebt bei Leuten, die am Barfußlaufen überhaupt keine Freude haben, dafür umso mehr an Tätigkeiten, die Barfüßern das Leben schwer machen. Mit welcher Berechtigung müssen ausgerechnet hier Saufgelage durchgeführt werden, die Abfälle einfach liegen gelassen und Flaschen zerdeppert werden? Ich gehe einmal davon aus, daß die Jugendlichen (oder waren es diesmal etwa ältere?) die den Schaden nicht speziell gegen Barfüßer gerichtet haben.

Über Murgenthal und Aarburg radelte ich nach Hause, nirgendwo erntete ich böse Blicke. Sogar die Polizei tat mir nichts zuleide. Mir kam ein Polizeifahrzeug entgegen, aber der Radweg war hier abseits der Straße, so daß der Blick auf Füße und Beine durch Büsche versperrt war - ein T-Shirt hatte ich mittlerweile übergezogen, und das Tragen eines T-Shirts beim Radfahren gilt vermutlich nicht einmal bei dem bösesten aller Schweizer Polizisten als strafbares Delikt - noch nicht.

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen

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