Scherbenreiches Basel (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Monday, 30.05.2005, 13:49 (vor 7060 Tagen)

Sonnstag, 29.5.2005. Ich erwachte an meinem Schlafplatz am Birsufer. Schnell zog ich mich an (wobei der Ausdruck "anziehen" vielleicht übertrieben ist). Immerhin war es bereits morgens so warm, daß ich mir keine Mühe machte, das T-Shirt im Gepäck zu suchen. Schuhe hätte ich nicht einmal im Gepäck gefunden, die hatte ich einfach vergessen mitzunehmen. Bevor ich zum Birskopf radelte, wollte ich noch durch die Basler Innenstadt fahren. Dort, wo der Demonstrationszug in der Nacht zuvor durchgezogen war, lagen etliche Scherben. Auf der Straße selbst war wohl schon die Kehrmaschine gewesen, aber am Rand lagen sie noch. In der Altstadt arbeiteten die Reinigungsequipen auf Hochtouren, wo sie waren, gab es keine Abfälle mehr. Aber zu so früher Stunde konnten sie natürlich noch nicht überall gewesen sein. Am Münsterplatz sah es schlimm aus. Ich weiß nicht, ob man im Basler Münster auch Probleme haben kann wie mit den "Schweizern" im Kölner Dom. Ich selber bin zwar nicht allzu gläubig. Aber meines Erachtens ist es wichtiger, daß verhindert wird, daß Gotteshäuser beschmiert und mit Unrat von außen verunstaltet werden als daß alle Energie darin verschwendet wird Barfüßer aus Gotteshäusern fernzuhalten. In der Stadt waren auch einige Besoffene, die teilweise unverständliches ausriefen.

So radelte ich zum Birskopf, wozu ich die Birs auf einem Steg mit dem Rad überqueren mußte. Unmittelbar dort hatte ein Idiot eine Bierflasche zerschlagen, die verteilten Reste lagen mitten im Weg. Hier fahren jede Menge Radfahrer, und Badegäste würden hier später auch rübergehen. Ich stellte mein Velo an meinem Lagerplatz ab und wollte ursprünglich sofort zum Tatort gehen, um die Scherben zu entfernen. Dazu kam ich nicht, weil sich in unmittelbarer Nähe meines Lagerplatzes zwielichtiges Gesocks aufhielt. Denen traute ich zu, daß sie, während ich mich entfernte, mein Gepäck durchwühlen würden. So dauerte es eine Stunde, dann ging das Gesocks weg, und normale Leute besiedelten den Platz. Als ich sah, das zwei kleine Mädchen mit ihrer Mutter vom Spielplatz in Richtung Steg gingen, fiel mir wieder ein, was ich wollte. Die Kinder waren nämlich barfuß und trugen die Sandalen in der Hand! Ich ging hinterher und bekam mit, wie ein Mädchen die Scherben entdeckte und sofort Sandalen überzog, die Schwester tat es auch. Die Mutter rief mir zu: "Vorsicht, Scherben!" Die Kinder wollte gleich die Scherben entfernen, aber die Mutter warnte sie vor der Gefährlichkeit. So gelang es uns, die Scherben vom Weg zu nehmen, aber wir bekamen längst nicht alles weg. Kleine Splitter aus dem Asphalt kriegt man schlecht weg, wenn man weder Besen noch Staubsauger dabei hat. Zwar gab es Leute, die das als Schweinerei bezeichneten, daß Glas kaputt gemacht wird, aber es gab auch Leute, die es gar nicht gut fanden, daß wir beim Aufsammeln andere Leute am Fortkommen behinderten. Speziell Rollerbladefahrer, Jogger und Frauen mit Kinderwagen waren am Fluchen, nicht aber Radfahrer und Leute, die barfuß liefen. Jeder ist sich selbst der nächste. Ich im Grunde genommen auch. Ich habe die Scherben in erster Linie entfernen wollen, weil ich noch schwimmen wollte und auf dem Rückweg auch über die Brücke mußte. Da ich beim Schwimmen keine Brille trage, wäre die Gefahr größer, daß ich Scherben übersehe. Mir geschah auch tatsächlich nichts.

Kurz nach 17 Uhr bemerkte ich eine Gewitterwand im Westen. Jetzt aber schnell nach Zofingen mit dem Fahrrad. Zum Glück blieb es trocken und die Wolken bedeckten die Sonne, so daß ich nicht so schwitzte. Als ich am Barfußpark vorbeifuhr, sah ich, wie barfüßige Kinder dort mit Schaufeln gruben. Im Ortskern von Birsfelden kam mir ein junges Pärchen entgegen, barfuß, aber ansonsten nicht allzu sommerlich gekleidet. Hinter Liestal sah ich, wie eine Gruppe auf den Kraftomnibus wartete, ein Mädchen war barfuß. Auf der Haltestelle in Gegenrichtung wartete eine junge Frau barfuß auf den Bus. Ob da jemand vom anderen abgeschaut hat? Die Haltestellen liegen einander direkt gegenüber! Dann aber sah ich Barfüßer nur noch in Gärten, sonst nirgends.

Es war kurz nach 20 Uhr, als ich die Ausläufer von Zofingen erreichte. Ein Auto kam mir entgegen. Der Fahrer bremste stark, warf mir einen bösen Blick zu, fuhr dann aufs Trottoir und hielt an. Was er wohl tat? Die Polizei rufen? In Zofingen ist alles möglich. Aber auf dem letzten Kilometer bis nach Hause begegnete mir kein Polizeifahrzeug, auch wurde ich nicht von zu Hause abgeholt.

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen


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