Hallo descalzar,

..der Mann fühlte sich ertappt und fragte verlegen, ob ich mir keine Schuhe leisten könne. Ich antwortete meine Standartantworten, die schon allgemein bekannt sind.

Wie wär's mal mit einem, bedarfsweise mehr oder weniger grinsenden, "habe ich gerade als Hilfspaket in Ihre Heimat geschickt"

Diese Leute sind sich offenbar auch überhaupt nicht bewusst darüber, was sie mit der Schuhfrage nach "nicht leisten können" alles über sich selbst mitteilen, da muss man kein Profiler für sein, um dem Hintergrund solcher Fragen mal kurz auf den Zahn, sorry, auf den Zeh zu fühlen..

Oft viel mehr Spaß hat man bei barfuss- Begegnungen mit Menschen aus Afrika (Schwarzen), die unerwartet umgekehrt proportionale Konfrontation mit ihren eigenen, natürlichen Ursprüngen führt leicht zu skurrilen, aber zwischenmenschlich schönen, herzlich lustigen Begegnungen (zumindest meine Erfahrung).

Grundsätzlich immer Verständnis- (Verständigungs)bereitschaft und Toleranz, sollte das jedoch mal zu einseitig werden, muss man aber auch suverän und ohne viele Worte rüberbringen, dass die Straße sich (zumindest zur Zeit noch) auf bundesdeutschem Hoheitsgebiet befindet.

Gruß, Jan

Hab schon öfter solche erfahrungen gemacht, daß z.B. Türken sehr zurückhaltend bis kopfschüttelnd auf mich reagierten.
Die beste Medizin dagegen ist ein freundliches Lächeln. Dann kommen sie meistens aus sich heraus und trauen sich zu fragen.

Und wenn die Leute fragen, kann man ihnen auch sagen, dass Barfußgehen in Deutschland eine gute Tradition hat, von Pfarrer Kneipp bis zu den zahlreichen Barfußpfaden, die gerade erst entstanden sind. Freundliche Gespräche sind immer ein positiver Beitrag zur Integration, deren Förderung die Politik leider verschlafen hat.....

Bei Ausländern, die aus ärmeren Regionen stammen, ist wahrscheinlich das Vorurteil barfuß = arm noch ziemlich stark verankert. Auch ich habe schon negative Reaktionen von Ausländern, aber nur von Jugendlichen erlebt. Zu mir hat aber auch schon ein älterer Türke, der mit seiner Frau vorbeispazierte, gesagt: "das ist gesund." Das ist also international anerkannt! Im übrigen lassen bei uns in Penzberg die meisten Türken ihre Kinder im Sommer barfuß laufen -- mehr als die Deutschen.

Auch bei meinen Barfußwanderungen und -Aktionen haben schon Türken (einmal zwei Schwestern mit fünf ihrer Söhne) mitgemacht. Und das waren ausgesprochen angenehme und sympathische Mitwanderer. Man darf also keine Pauschalurteile fällen!

Mach's gut und unbeschuht, Lorenz

Gesundes Leben auf freiem Fuß

Ich habe auch festgestellt, daß Leute aus "ärmeren" Ländern zum einen mehr registrieren, wenn jemand barfuß läuft (oder auch "nur" anderweitig leichter bekleidet als die Masse) als Leute aus "reichen" Ländern. Auch tuscheln sie häufiger, aber in der Regel oder fragen höflich. Böse Bemerkungen sind eher selten. Vermutlich glauben sie wirklich, daß Armut eine Rolle spielen könnte, wundern sich aber, das es sowas in einem reichen Land noch gibt, und dann ausgerechnet noch unter den Leuten, die im reichen Land aufgewachsen sind.

Mitteleuropäer reagieren seltener auf Barfüßer, vermutlich ist das denen egal oder sie haben ihre Augen ganz wo anders. Diejenigen, die reagieren, reagieren meist positiv oder "neutral" (worunter ich simple Fragen wie "ist das nicht zu kalt?" oder die Produktion großer Glotzaugen verstehe). Richtig negative Reaktionen sind die Ausnahme. Diesbezüglich habe ich Unterschiede zwischen Deutschen und Schweizern in zweierlei Hinsicht festgestellt. Prozentual gibt es unter den Schweizern mehr Leute, die positiv oder vor allem neutral reagieren als unter den Deutschen, dafür weniger, die negativ reagieren. Während Deutsche häufiger den Barfüßer anpöbeln, versuchen es Schweizer häufiger durch einen Anruf bei der Polizei. Unter den Polizisten, die mich bezüglich Barfüßigkeit/leichte Kleidung kontrollierten oder kontrollieren mußten, waren die Schweizer in der Regel höflicher, wobei ich die Höflichkleit allerdings für gekünstelt hielt. Bei deutschen Polizisten gab es mehr unhöfliche Beamte, bei denjenigen, die höflich waren, schien die Höflichkeit echt zu sein. Vermutlich werden Schweizer Polizisten besser geschult, einen höflichen Anschein zu machen, auch wenn ihnen persönlich nicht danach ist. Wenn aber ein Schweizer Polizist einmal richtig ausrastet, weil jemand barfuß läuft oder/und leichter gekleidet ist als der Durchschnitt, dann kann man froh sein, wenn man nicht gleich eingesperrt wird.
Nachdenkliche Grüße
Michael aus Zofingen

Hi Descalzar,

was mir schon öfter aufgefallen ist, ist die Tatsache, daß , ich sag mal TÜrken usw ganz anders auf barfüßige Menschen reagieren.

Meinen Feststellungen nach spielen dabei "Tatort und Umstand" eine entscheidende Rolle.

Wenn mich Italiener auf italienischem Gebiet barfuss sehen, dann reagieren sie entweder nicht oder mit den üblichen Fragen, die hier im Forum oft angesprochen werden.
Ausländische Mitbürger staunen regelrecht. Das ist insbesondere bei Nord- und Schwarzafrikanern und Albanern der Fall, denn sie müssen da wohl an die in deren Ursprungsländern herrschende Armut zurückdenken.

Gestern war ich dienstlich in Ulm und konnte eine halbe Stunde Freizeit gewinnen, um eine Buchhandlung zu "plündern".
Die Verkäuferinnen an der Kasse haben sehr bewundert, dass ich so viele Bände gekauft habe, wollten wissen woher ich bin, und daraus hat sich eine sehr nette Unterhaltung entwickelt, die u.a. durch mein südländisches Aussehen und mein zwar anständiges aber nicht akzentfreies Deutsch an Witz und Humor gewonnen hat. Da stand ich dicht am Tisch, weshalb mein Füße nicht zu sehen waren, zumal die Verkäuferinnen auf die Kassentastatur tippten und auf meine Füße nicht zuguckten.
Als ich mich verabschiedet habe und gegangen bin, konnte man wie aus einem Mund den leisen aber deutlichen Staunenruf "Oh, Die ist barfuss!" hören.
Den Grund ihres Staunens konnte ich nicht herausfinden. Lag es wohl an der kühler Temperatur? Oder vielleich daran, dass sie einer Landsfrau (oder sagt man noch Landsmännin) von Armani und Versace das Barfusslaufen nicht zugetraut hätten?

Das ist nicht als Vorurteil gemeint und selbstverständlich auch nicht so wichtig. Die Damen waren sehr nett, meine nackten Füße waren überhaupt kein Problem - ich habe schliesslich 20 Bände gekauft! -, aber inwieweit könnte da die Tatsache, dass ich einer anderen Kultur angehöre, mitgewirkt haben?

Mich würde eure Meinung sehr interessieren.

Grüße aus Italien
Tiziana

Hi,
was mir schon öfter aufgefallen ist, ist die Tatsache, daß , ich sag mal TÜrken usw ganz anders auf barfüßige Menschen reagieren.
ich erlebte es heute wieder im Wal-Mart.
Schon als ich aus meinem Auto stieg, flüsterte ein Pärchen, welches vor mir ging über meine Barfüßigkeit und drehte sich zu meinen Füßen um. Ich grinste ihnen geradezu ins Gesicht. der Mann fühlte sich ertappt und fragte verlegen, ob ich mir keine Schuhe leisten könne. Ich antwortete meine Standartantworten, die schon allgemein bekannt sind.
Im Supermarkt liefen dann zwei südländische Mütter mit ihren ca. 4 Kindern mir in die Arme. Die Kinder fingen gleich an zu tuscheln und verfolgten mich "unauffällig". Als sie sich ertappt fühlten, fragten sie mich, warum ich barfuß laufe.
Ich erklärte ihnen wieder alles. Sie liefen zu ihren Müttern und erzählten es ihnen.
Hab schon öfter solche erfahrungen gemacht, daß z.B. Türken sehr zurückhaltend bis kopfschüttelnd auf mich reagierten.
Die beste Medizin dagegen ist ein freundliches Lächeln. Dann kommen sie meistens aus sich heraus und trauen sich zu fragen.
Gruß und Fuß
descalzar

Hallo descalzar,
genau dies passiert mir auch oft.Wenn ich mit der Strassenbahn zum Einkaufen fahre und ich an der Haltestelle komme,komme ich immer an eine Gruppe von Ausländern vorbei,die mir dumme Sprüche verpassen.Entweder sage ich Ihnen,ist doch warm,oder ich laufe normal an Ihnen vorbei,um den Kommentaren auszuweichen.Manche haben kein Respekt und das sogar in einer Gruppe.Ich komme aber schon lange damit klar.Wir sind so,wie wir sind.Bis denne,
Peace and bye,
Franco

Barfusszone

Als Ausländer in diesem Forum muss ich auch was schreiben...

Diesmal nicht von meinem Leben in Österreich, sondern von Portugal, mit welchem Land mich ein paar gute Freunde sowie Erinnerungen an eine paar wunderschöne Reisen und an schon lange zurückliegende Liebesangelegenheiten verbinden...

In einem Land wie Portugal (oder wahrscheinlich auch der Türkei, Ägypten oder Griechenland) ist Barfußgehen noch mit viel konkreteren Erinnerungen an äußerste Armut verknüpft als für Österreicher, Tschechen, (Nord-) Italiener oder Deutsche. Auf Fotos aus portugiesischen Dörfern sieht man in den 60-er Jahren noch Leute barfuß in die Kirche oder zum Dorfwirt gehen, von der Insel Madeira z.B. noch aus den 70-ern. Nicht, weil es bequem war oder Spass gemacht hat, sondern weil sie ihre Schuhe für die Arbeit schonen mussten oder manchmal gar keine hatten. Die Leute, die das noch erlebt haben, ob damals mit Schuhen oder ohne, schauen dann schon ein wenig verwirrt auf unserer Extravaganz...

Dazu kommt, dass Portugiesen tatsächlich ein anderes Temperaturgefühl haben. Ich im T-Shirt, die anderen Leute mit Pullover und Jacke, so ging es mir dort öfters. Sobald es in Lissabon unter 20 Grad hat (und dann meistens Nebel...) jammert jeder über diese Kälte...

Trotzdem hab ich oft genug das Granitpflaster von Lissabon und die rote Erde von Tras-os-montes unter meinen Sohlen gespürt. Am Land sind es manchmal gerade ältere Leute, die das barfüßige Arbeiten am Feld dann auch wirklich genießen. In der Stadt ist schicke Kleidung wichtiger als in Mitteleuropa.

Und jetzt bekomme ich gleich wieder Sehnsucht (saudade) nach dem Südwesten Europas