Über die wegbereitende Funktion ... (Hobby? Barfuß! 2)

Moltke, Tuesday, 17.05.2005, 17:36 (vor 7073 Tagen)

... von Lektüre anlässlich der herbstlichen Pfingsttage Anno Nullfünf

Eine zeitgenössische Dokumentation literaturspezifisch bedingter Kausalitäten auf empirischer Basis

Hallo liebe Mitmenschen und alle anderen auch!

Pfingsten musste dieses Jahr, so schien es zunächst, eher in den Oktober oder November gefallen sein, keinesfalls aber in den Mai, wie es der Kalender andeutete. So ein feuchtkühles, wechselhaftes, unentschlossenes Geschehen machte sich draußen vor der Tür breit, dass jegliche Art von An-der-frischen-Luft-Betätigung doch schon deutlich Kurs auf den absoluten Nullpunkt der aktuellen Rangfolgenskala der beliebtesten Freizeitaktivitäten nahm. Drinnen war es allemal gemütlicher. So hat man auch etwas mehr Zeit, sich der Lektüre hinzugeben und vielleicht etwas (geistige) Stärkung für weitere wirkliche Wanderungen mit weniger wankelmütigen Wetterwechselwirkungen daraus zu gewinnen. Könnte ja sein, dass sich doch das ein oder andere Motivationsstimulierende aus bedruckten Seiten herauslesen lassen würde!
Ich erinnerte mich an ein Posting von Eugen kürzlich hier im Forum, darin hieß es: "Da die Familie zu Hause bleiben wollte (...), mußte der Vater einfach am Nachmittag ins feindliche Leben - wir leben ja im Schillerjahr." Nun denn, also flugs geschwind zum Buche gegriffen, und prompt fand sich darin folgendes Zitat: (ich zitiere) "Schweizer: Mut? wenn`s nur das ist - Mut hab ich genug, um barfuß mitten durch die Hölle zu gehen." Ich zitterte: da hatte ich also schon etwas sehr Passendes gefunden - aber musste es gleich die Hölle sein, wenn ich mich doch nur ein wenig zur Erfrischung bewegen wollte? Dies bereitete mir nun doch einige Bedenken. Bedächtig machte ich mich also ans Denken. Und siehe da! - Was fand ich mit Bedacht?
Alsbald nämlich kam mir eine Idee, und das Zittern wich von meiner beängstigten Seele: Um etwas zu erleben, wollte ich mich durchaus irgendwohin auf die Ohne-Socken machen, und weil die Anregung nun schon einmal im ländlichen Raume stand, warum dann eigentlich nicht einen Landstrich aufsuchen, der bekannt dafür ist, als Betätigungsfeld von landstreichenden Burschen nach Art des oben zitierten Herrn Schweizer zu gelten - und zudem noch relativ nahegelegen ist!? Außerdem passte ein weiteres Zitat aus selbigem Werke ebenfalls hervorragend, nämlich: "Auf! hurtig! alle! nach Franken!". Und so erinnerte ich mich an die allgemein bekannt sein dürfende Gleichung, die da lautet: Spessartwald = Räuberwald. Und so erwählte ich mir folgendes Motto zur Befriedigung meines Tatendranges: Ab in den Spechtshardt!
Jetzt musste nur noch der Hölle ihr Schrecken genommen werden, und so versuchte ich sie einfach durch den Himmel zu ersetzen (ist ja eigentlich auch so etwas ähnliches, aus dem gleichen Themenkreis kommend), und hotzenpotzblitz schon gelangte ich zu dem Schluss, anstelle des Moorischen Schlosses das an der Elsava im schönen unterfränkischen Spessart gelegene (ehemalige) Kloster Himmelthal aufzusuchen.
Dort fand ich in den rings- und rundum anbei gelegenen Wäldern - dem Himmel sei Dank - zwar keine Kehlabschneider, dafür aber neu angelegte, zum Teil halbfertige Forstwege vor: Frisch geschottert, dem bloßen Fuße höllische Qualen prophezeiend und doch, wie sich bald herausstellte, mit himmlischen Gefühlen zu begehen, weil ziemlich feucht, mit Pfützen reichlich ausgestattet, der Schotter nicht zu grob und das ganze durchaus abwechslungsreich. Das Gehen machte Spaß, und als Höhepunkt gab es im Klosterhof noch ein kleines Fest mit Ausschank, zu erreichen allerdings nur über einen höllenhaften Kiesweg, der dann aber bald schon in einen Platz mit wunderbarem alten Kopfsteinpflaster mündete.
Doch nicht genug damit, zur Krönung des Tagesausfluges geschah noch folgendes (ich zitiere in abgewandelter Form): "Und siehe da! - Aus Waldesmitten / ein Menschlein kam dahergeschritten (...)" - und trotz der nicht unbedingt sommerlichen Temperaturen ebenfalls mit nackten Füßen. Es ist immer wieder schön, wenn es zu solchen Begegnungen kommt, man erkennt sich als ein klein wenig geistesverwandt unter der ganzen restlichen Menschenmenge, und man wechselt vielleicht ein paar lächelnde Blicke oder kurze Worte über die gemeinsame Vorliebe ...
Nun hatte ich für diesen Tag endgültig meinen Seelenfrieden gefunden. Eine heitere, himmlische Harmonie lag auf allen Dingen. Die Sonne hatte mächtig an Kraft gewonnen, rot leuchtete der Sandstein der alten Klostermauern auf. Steine und Pflaster erwärmten sich. Aufs Neue rief immer wieder der Kuckuck im Rauschen der frühlingsgrünen Baumwipfel. Winzige weiße Wattewölkchen wogten darüber hinweg. Es war doch endlich wieder Mai geworden. Zumindest für diesen einen Tag.

Fazit und Schlussbemerkung: Hätte ich mir nur halb so viele bis gar keine Gedanken gemacht, wäre es auch schön gewesen - aber ich hätte niemanden damit langweilen und nerven können! Und das macht doch ab und an auch mal ein ganz klein bisschen Spaß ...

PS: Beim letzten Zitat bin ich nicht nur im Wortlaut, sondern auch beim Verfasser fremdgegangen ...
(das Werk passt aber vom Titel und Inhalt her gut zur Himmel-Hölle-Kloster-Thematik)

Jetzt noch schnell ein Dankeschön an Georg für sein ebenfalls anregendes Posting von heute, 17. Mai, 12:46:15 ! Schöner Zufall, ich habe es erst gelesen, als ich schon mitten am Schreiben des obigen Textes war. Vielleicht kaufe ich mir demnächst noch ein Buch über das Fallschirmschirmspringen! Dann hätte ich insgesamt zwei und könnte ...

Dem Rest der Menschenwelt schöne sorglossockenlose Frühlingsgrüßefüße
von Moltke (der jetzt aber ganz bestimmt wieder schweigt)


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