Barfuß in Lugano (Hobby? Barfuß! 2)

Alex, Monday, 09.05.2005, 21:26 (vor 7081 Tagen) @ Michael aus Zofingen

Hallo Michael,

Ich bin auch am Freitag und Samstag Nachmittag in Lugano gewesen. Ich habe dort 10 Frauen und 1 Jung getroffen die barfuss gingen. Am Samstag bin ich zuerst barfuss in Como gewesen. Leider, waren meine Frau und ich die Einzigen die barfuss herum liefen.

Alex aus der Westschweiz

Am Freitag, den 6.5.2005 war ich nach Einbruch der Dunkelheit in Lugano angekommen. Ich war müde und kaputt von der Wanderung. Ich mochte Worte wie Bergwanderweg, Maroni, Steine, Eisenbahn- und Trolleybusreste nicht mehr hören. Nur zwei Worte haßte ich noch mehr: Tessin, und vor allem BARFUSS! Aber beides konnte ich nicht ändern. Ich war im Tessin, ich war barfuß, meine Schuhe lagen in meiner Wohnung in Zofingen. Die Schuhgeschäfte waren geschlossen, und anderen Leuten Schuhe klauen, so was tut man nicht. Also einmal barfuß durch Park und Altstadt (hier wurde ich kaum beachtet), und dann zur Kirche St. Giorgio im Stadtteil Castagnola. Hier wußte ich einen Park, den ich zum Übernachten kannte. Er liegt an einem Hang, ist unbeleuchtet und man ist somit unbeobachtet, obwohl die Bebauung nicht weit ist. Allerdings waren die letzten Meter durch den Park schmerzhaft. Hier fand ich auch meinen Schlaf.
Am Samstagmorgen war der Weg aus dem Park noch schmerzhafter, ich spürte jedes Steinchen, auch der Asphalt war teilweise mühsam. Aber in der Stadt ging es besser. Ich wanderte zum Park beim Wasserturm oberhalb des Bahnhofs, von wo ich einen prima Ausblick auf den See und die umliegenden Berge hatte. Ich war übrigens nicht der einzige Barfüßer, aber der einzige, der ohne Schuhe in den Park kam. Als mir die Sonne zu stark schien, ging ich hinunter, die Treppe parallel zur stillgelegten Seilbahn, dann durch die Altstadt (wo ich kaum Beachtung fand) und durch den Park am See zur Mündung des Flusses Cassarate. Hier war es schattiger (allerdings auch windig). Ab und zu konnte ich mich im See abkühlen.
Hier lagerten etliche Leute barfuß, allerdings mit Schuhen in Griffweite. Andere (meist Frauen oder Kinder) trugen auch die Schuhe in der Hand, während sie durch den Park spazierten. Auf dem Kinderspielplatz hatten sich nur wenige Kinder ihrer Schuhe entledigt. Manche Leute waren recht sommerlich, manche ziemlich winterlich gekleidet. Ein Kind im Kinderwagen wollte partout die Mütze nicht auf dem Kopf behalten, warf sie immer wieder zu Boden, aber die Mutter setzte sie immer wieder auf (wegen der Sonne, versteht sich). Vielleicht hätte das Kind sonst noch sich der Schuhe entledigt, wenn es mit der Mütze durchgekommen wäre. Eine andere Mutter verhielt sich in anderer Weise fürsorglich. Es durfte barfuß und in kurzen Hosen im Kinderwagen sitzen, mußte aber vorher die Tortur mit Sonnenschutzspray über sich ergehen lassen! Eine andere Art von "Fürsorge" einer Mutter gegenüber der etwa 10-jährigen Tochter ging wohl etwas weit. Das Mädchen (es war vorher barfuß und mit aufgekrempelten Hosen direkt am Wasser herumgegangen) lag nun auf einer niedrigen Steinmauer in der Sonne und war eingeschlafen. Die Mutter krempelte die Hosen hinunter und zog der Tochter Socken an. Damit sie sich nicht erkältet? Oder wegen Sonnenbrand an den Fußsohlen?
Ein blühender Rhododendron schien auch ziemlich fotogen zu sein, als Nahobjekt, als ganzes oder meistens in Kombination mit Leuten. Mir aufgefallen ist eine junge Frau, deren Sommerkleid irgendwie mit den Blüten harmonierte. Sie zog ihre Sandalen aus, klemmte sich Blüten zwischen die Zehen und ließ sich so von ihrem Begleiter (in Anzug und Krawatte) fotografieren. Leider bekamen das auch einige Kinder mit. Sie pflückten sich Blüten ab und versuchten nun, es mit solchen "Barfußschuhen" zu probieren. Zum Glück taten es sich nicht allzu viele, so daß der Rhododendron auch hinterher kaum an Schönheit eingebüßt hat. Zu ihm passen die Blüten wirklich noch am besten, besser als zu jedem Fuß und zu jeder Vase.
Als die Sonne verschwand, wanderte ich erst am Ufer entlang bis Paradiso, wo ich vor der Fontäne, die kurze Zeit später "Nachtruhe" machte etwa aß. Auf dem Weg dorthin sah ich übrigens einen "echten" Barfüßer, einen Mann mit kurzen Hosen und Mütze. Er hielt sich am Seeufer auf einer Betonfläche vor der Altstadt von Lugano auf. Teilweise lagen Scherben auf dem Weg am Seeufer. Von Paradiso ging ich zurück, wobei ich die Altstadt durchquerte, ich viel hier kaum auf. Bevor ich wieder Richtung See ging, kam mir der "echte" Barfüßer entgegen. Er lächelte, als er mich sah, zu einem Gespräch kam es aber nicht. Ob er überhaupt deutsch sprach oder italienisch? Mein Weg führte zurück durch den Park am See und zum gleichen Schlafplatz in Castagnola, auch jetzt hatte ich Mühe.
Der Sonntag verlief ähnlich. Wieder waren die ersten Schritte am mühsamsten. Im Park beim Wasserturm gab es diesmal ein paar mehr Barfüßer. Ein kleines Mädchen kam sogar ohne Schuhe (in Begleitung der Eltern) den Asphaltweg zum Park hoch. Ein etwa 6-jähriges Mädchen erwies sich als "echte Halbbarfüßerin". Es war nämlich in der Stadt mit dem Tretroller unterwegs. An dem Fuß, mit dem sie auf dem Trittbrett stand, trug es einen Flipflop. An dem anderen trug es nichts. Vermutlich sind Flipflops zum Abstoßen unzweckmäßig, man kann sie verlieren. Das Mädchen hatte aber keine Tasche dabei und trug den störenden Schuh nicht am Lenker. Warum es nicht beide Schuhe gleich zu hause gelassen hat, bleibt mir ein Rätsel. Oder war das Metall zu kalt oder heiß, um darauf barfuß zu stehen? Oder hat es den anderen Schuh bereits verloren und gar nicht gemerkt?
Meinen Aufenthalt in Lugano wollte ich im Park am See abschließen. Anfangs war es recht windig dort. Hier traf ich zufällig eine mittlerweile pensionierte Mitarbeiterin aus der Firmenbibliothek. Sie war mit ihrem Mann (er stammt aus der Gegend) am See unterwegs und war natürlich erstaunt, mich ausgerechnet hier zu treffen. Obwohl sie bereits pensioniert war, als ich noch nicht barfuß lief, fragte sie mich, ob ich ohne Schuhe angereist war. Sie hätte nämlich mal gehört, ich wäre im Winter "irgendwo in Deutschland" ohne Schuhe unterwegs gewesen. Auch sie sieht das ganze positiv (ihr Mann auch). Später ließ der Wind nach, ich wäre gerne noch geblieben, aber um 18.55 Uhr ging mein Zug. Ich war der einzige, der ohne Schuhe auf dem Bahnsteig stand. Aber Glotzaugen gab es weder hier, noch im Zug, nicht einmal, als ich in Zofingen mit dem Rad vom Bahnhof nach Hause fuhr. Es war übrigens 9°C, vom schönen Wetter im Tessin war dort die ganzen 4 Tage nichts zu spüren gewesen. Trotz der Strapazen der ersten 2 Tage hat mir der total barfüßige 4 tägige Aufenthalt doch gefallen. Ich war sicher nicht das letzte Mal im Tessin. Und ich war sicher nicht das letzte Mal barfuß.
Schöne Grüße
Michael aus Zofingen


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