Stinkfüße: Etwas zum Schmunzeln (Hobby? Barfuß! 2)

Bernd, Friday, 29.04.2005, 17:14 (vor 7091 Tagen)

Steffen Stadthaus

"Revolution und Fersensicherung"

SPORTPLATZ*

Überall Sandalenmenschen. In der U-Bahn, im Bus, an der Universität, in Clubs und Bars. Sie tragen minimalistische Ledersohlung, Flip-Flops oder sogenannte Treckingsandalen. Im Café blicke ich neidisch auf die gebräunten und sichtlich entspannten Füße meiner Tischnachbarin. Was ist passiert, was habe ich verpasst? Meine schwitzenden Füße stecken in Turnschuhen, der Ästhetik wegen, wie ich bis gerade glaubte. Sie betteln - abgeschnürt - um Frischluft und stinken - aus Protest. Verschämt stelle ich sie außer Riechweite der Sandalenträgerin, die den Protestgeruch meiner Füße glücklicherweise noch nicht bemerkt zu haben scheint. Instinktiv erkenne ich dringenden Handlungsbedarf.
Sommerschlussverkauf. Waten durch die überhitzte Fußgängerzone, auf der Suche nach den großen Schuhfilialisten. Görtz, Deichmann und wie sie alle heißen. Meine Füße sind schweißnass. Es riecht nach Bratwurst und Käsebrötchen und meinen Füßen. Ich fühle mich elend. Endlich stehe ich vor einem Schuhgeschäft, schon im Eingangsbereich türmen sich heruntergesetzte Sandalenmodelle in Kisten. Für zehn oder fünfzehn Euro.
Natürlich sehen die dämlich aus. Klobige, braune und taxicreme-farbene Undinger. Gemacht für alte Männer, die diese Zwangsjacken für Füße mit weißen Tennissocken kombinieren. Traditionelle Markenzeichen des gesamtdeutschen Pauschaltouristen, wie portugiesische Straßenhändler mir einmal versicherten. Das luftige, freiheitsliebende Fußgefühl, das eigentliche Versprechen der Sandale, dem meine Suche gilt, wird von diesen Ramschobjekten und ihren Trägern verhöhnt. Angewidert wende ich mich ab. Der ganze Laden ist mir augenblicklich suspekt.
Ich mache mich auf in einen anderen Stadtteil, dahin wo die Hipster in ihren trendigen Sandalenvariationen das Straßenbild prägen. "Flip-Flops" seien der Renner der Saison, erzählt mir die stylische Verkäuferin. Einfache Strandlatschen in knalligen Farben. Markenprodukte, versteht sich. Ob es auch lederne Varianten gebe, frage ich eingeschüchert, bis jetzt hatte ich von Flip-Flops noch nichts gehört. Sie zeigt mir einige Modelle. Bestechend minimalistisch sehen die aus, die Avantgarde der Sandalenmode steht aufgereiht vor mir. Der Schnallenfetischmus der Alt-Männermodelle scheint hier schon lange vergessen. Ich bin begeistert und probiere ein naturledernes Modell. Der einzige Halt dieser schlichten Sandalenschönheit ist der Lederriemen zwischen den Zehen. Auf einmal überkommt mich die Ahnung einer Verlustangst: Ich stelle mir vor, wie mir in einer fremden Stadt eine Sandale abhanden kommt. Ohne richtige Schnallensicherung kann das schnell geschehen. Igitt, barfuß, hilflos in einer fremden, dreckigen Großstadt. Überstürzt verlasse ich das Geschäft.
Ich bin k.o., meine Füße stinken - aus Protest. Verzweifelt irre ich durch die Straßen des Viertels, lehne mich erschöpft an die Fensterscheibe eines Trödelladens. Und erblicke sie. Zwischen all dem Trödlerkrimskrams steht ein Paar klassischer Hippiesandalen mit Fersensicherung. Echte kalifornische Cat Stevens-Sandalen, bestätigt der Händler und kramt nach dem Zertifikat.
Mit meinen neuen Alt-Sandalen sitze ich entspannt im Café, meine Füße versprühen den Duft der Freiheit. Der richtige Augenblick zur Theoriebildung. "Die Sandale im 20. Jahrhundert als Ausdruck gesellschaftlicher Emanzipation" sollte die These lauten. Was wären die Hippies, die Protestler, was wäre Scott Mc Kenzie ohne die gute alte Ledersandale. "We are going to San Francisco" in klebrigen, verschwitzten Turnschuhen - einfach nicht vorstellbar. Eine Analyse diverser Woodstock-Fotos beweist das. Die Sandalen funktionieren hier als Symbol der individuellen Freiheit des Trägers und korrespondieren mit ihrer funktionalen Schlichtheit kongenial mit den wallenden Haarmähnen der abgebildeten Hippies.
Kopfzerbrechen bereitet allerdings die Anwendung der einleuchtenden Theorie nur auf die Jetztzeit. Kriege, Neoliberalismus, der Niedergang der Protestkultur und die drohende Kanzlerschaft Stoibers als gesellschaftspolitische Rahmenbedingungen der Renaissance der Sandale? Wäre das möglich? Für das Online-Magazin der Branche, Schuhrevue, scheint die Erklärung kein Problem. Das sogenannte "Retro-Feeling" steht im Zentrum der Branchentheorie: Im Zeichen der Nostalgie, so Schuh-Online, "steht das Retro-Feeling, weil die Jugend ihre eigenen Erfahrungen mit Kulturformungen wie Flower-Power machen will".
Das Retro-feeling, aha. Eine Adaption des Freiheitssymbols Sandale in die Gegenwart. Gereinigt von allem subversiven Geist. Wie immer, denke ich, und sehe traurig auf meine Hippie-Sandale aus alter Zeit. Wenigstens meine Füße protestieren nicht mehr.

Klasse Satire !

Ralf (BN), Stammposter, Friday, 29.04.2005, 21:41 (vor 7091 Tagen) @ Bernd

Hallo, Bernd,

sehr schöne Satire !

Mit freundlichen (und trockenen) Füßen

Ralf(BN)

Stinkfüße: Etwas zum Schmunzeln

Andi35 @, Stammposter, Saturday, 30.04.2005, 06:43 (vor 7091 Tagen) @ Bernd

Hallo Bernd!

Dein Beitrag ist gut: er bringt Vieles auf eine lustige Art und Weise auf den Punkt, echt klasse! ;-))
Ich habe allerdings ein paar kleine Einwände, die folgen werden, weiter unten!

Bernd:

Im Café blicke ich neidisch auf die gebräunten und sichtlich entspannten Füße meiner Tischnachbarin. Was ist passiert, was habe ich verpasst? Meine schwitzenden Füße stecken in Turnschuhen, der Ästhetik wegen, wie ich bis gerade glaubte.

Andi:
:-D Ja, ganz genau meine Rede und mein Denken. Was Frauen ausleben und genießen dürfen, muss bei Männern aus "ästhetischen" Gründen versteckt werden!
Ungerechte "Rollenverteilung"! :-(

Bernd:

Endlich stehe ich vor einem Schuhgeschäft, schon im Eingangsbereich türmen sich heruntergesetzte Sandalenmodelle in Kisten. Für zehn oder fünfzehn Euro.
Natürlich sehen die dämlich aus. Klobige, braune und taxicreme-farbene Undinger. Gemacht für alte Männer, die diese Zwangsjacken für Füße mit weißen Tennissocken kombinieren. Traditionelle Markenzeichen des gesamtdeutschen Pauschaltouristen, wie portugiesische Straßenhändler mir einmal versicherten.

Andi:
Ganz genau! :-D Nicht nur im Saarland, wie man mir hier schon öfter zu versichern versuchte, ist die Auswahl schicker, offener Schuhe für Männer miserabel!
Es gibt sie, aber sie sind, wie Du es so klasse beschrieben hast, total hässlich!

Bernd:

Sie zeigt mir einige Modelle. Bestechend minimalistisch sehen die aus, die Avantgarde der Sandalenmode steht aufgereiht vor mir. Der Schnallenfetischmus der Alt-Männermodelle scheint hier schon lange vergessen. Ich bin begeistert und probiere ein naturledernes Modell.

Andi:
Solch ein Geschäft ist ein "Sechser im Lotto" und es gibt sie so oft, (oder soll ich "so selten" schreiben?) wie wohl die "Blaue Mauritius"! ;-DD

Bernd:

Der einzige Halt dieser schlichten Sandalenschönheit ist der Lederriemen zwischen den Zehen. Auf einmal überkommt mich die Ahnung einer Verlustangst: Ich stelle mir vor, wie mir in einer fremden Stadt eine Sandale abhanden kommt. Ohne richtige Schnallensicherung kann das schnell geschehen. Igitt, barfuß, hilflos in einer fremden, dreckigen Großstadt. Überstürzt verlasse ich das Geschäft.

Andi:
Das sehe ich, auch wenn sicher nur lustig gemeint, entschieden anders, da solch ein Riemen völlig reicht, dass man diese Schuhe, Latschen oder wie auch immer, nicht verliert! Dann würde sie wohl keiner mehr kaufen, so lange, wie es nun Zehensteglatschen schon gibt!
Man kann auch andere Schuhe und Latschen verlieren, vielleicht sogar noch leichter!
Außerdem: "barfuß igitt?" Wir sind doch Barfüßer, warum dann die Bedenken? Wer das "igitt" findet, der braucht barfuß noch keinen Schritt nach draußen zum Mülleimer zu gehen, denn da könnte ja der Hund des Nachbarn etc. hin gemacht haben und sei es nur ein kleines Geschäft, das vielleicht inzwischen schon eingetrocknet ist!
So gesehen ist unser Umfeld total "barfrußunfreundlich", denn überall können Fäkalien, Glas etc. "warten", also sei ein Gedanke ans Barfußgehen unnötig!

Bernd:

Verzweifelt irre ich durch die Straßen des Viertels, lehne mich erschöpft an die Fensterscheibe eines Trödelladens. Und erblicke sie. Zwischen all dem Trödlerkrimskrams steht ein Paar klassischer Hippiesandalen mit Fersensicherung. Echte kalifornische Cat Stevens-Sandalen, bestätigt der Händler und kramt nach dem Zertifikat.
Mit meinen neuen Alt-Sandalen sitze ich entspannt im Café, meine Füße versprühen den Duft der Freiheit.

Andi:
Wenn sie nicht schon getragen wurden, also gebraucht sind, ist das okay, denn gebrauchte Schuhe "a la Flohmarkt" kämen bei mir nie und nimmer in Frage! :-O
Ich bevorzuge allerdings doch versenriemenfreie Latschen, am besten Flip-Flops, die sehen am schärfsten und heißesten aus! ;-DD

Liebe Grüße von Andi! ;-)

Korrektur

Bernd (Wiesbaden), Stammposter, Saturday, 30.04.2005, 21:38 (vor 7090 Tagen) @ Andi35

Lieber Andi,

danke für Dein Feedback, aber... der Beitrag stammt, wie ich eigentlich auch kenntlich gemacht habe, nicht aus meiner Feder. Ich habe ihn im Web gefuden und fand ihn fürs Forum ganz witzig. Der Autor wird oben im Quelltext namentlich genannt.
An dieser Stelle sei gesagt: Die Meinung des Autors deckt sich nicht zu hundert Prozent mit meiner Auffassung. Ich persönlich würde bei warmem Wetter NIEMALS meine Füße in Turnschuhe verfrachten, sondern barfuß oder in Sandalen gehen. Und im Gegensatz zum Autor habe ich im Luftkreis-Radius von ca. 500 Meters mindestens 10 Schuhgeschäfte, die schicke, geschmackvolle, extravagante und gleichermaßen klassische Herren-Sandalen anbieten, zu Designer-Preisen UND zu zivilen Preisen!

Fußkuss
vom
BERND

Hallo Bernd!
Dein Beitrag ist gut: er bringt Vieles auf eine lustige Art und Weise auf den Punkt, echt klasse! ;-))
Ich habe allerdings ein paar kleine Einwände, die folgen werden, weiter unten!
Bernd:

Im Café blicke ich neidisch auf die gebräunten und sichtlich entspannten Füße meiner Tischnachbarin. Was ist passiert, was habe ich verpasst? Meine schwitzenden Füße stecken in Turnschuhen, der Ästhetik wegen, wie ich bis gerade glaubte.

Andi:
:-D Ja, ganz genau meine Rede und mein Denken. Was Frauen ausleben und genießen dürfen, muss bei Männern aus "ästhetischen" Gründen versteckt werden!
Ungerechte "Rollenverteilung"! :-(

Bernd:

Endlich stehe ich vor einem Schuhgeschäft, schon im Eingangsbereich türmen sich heruntergesetzte Sandalenmodelle in Kisten. Für zehn oder fünfzehn Euro.
Natürlich sehen die dämlich aus. Klobige, braune und taxicreme-farbene Undinger. Gemacht für alte Männer, die diese Zwangsjacken für Füße mit weißen Tennissocken kombinieren. Traditionelle Markenzeichen des gesamtdeutschen Pauschaltouristen, wie portugiesische Straßenhändler mir einmal versicherten.

Andi:
Ganz genau! :-D Nicht nur im Saarland, wie man mir hier schon öfter zu versichern versuchte, ist die Auswahl schicker, offener Schuhe für Männer miserabel!
Es gibt sie, aber sie sind, wie Du es so klasse beschrieben hast, total hässlich!

Bernd:

Sie zeigt mir einige Modelle. Bestechend minimalistisch sehen die aus, die Avantgarde der Sandalenmode steht aufgereiht vor mir. Der Schnallenfetischmus der Alt-Männermodelle scheint hier schon lange vergessen. Ich bin begeistert und probiere ein naturledernes Modell.


Andi:
Solch ein Geschäft ist ein "Sechser im Lotto" und es gibt sie so oft, (oder soll ich "so selten" schreiben?) wie wohl die "Blaue Mauritius"! ;-DD

Bernd:

Der einzige Halt dieser schlichten Sandalenschönheit ist der Lederriemen zwischen den Zehen. Auf einmal überkommt mich die Ahnung einer Verlustangst: Ich stelle mir vor, wie mir in einer fremden Stadt eine Sandale abhanden kommt. Ohne richtige Schnallensicherung kann das schnell geschehen. Igitt, barfuß, hilflos in einer fremden, dreckigen Großstadt. Überstürzt verlasse ich das Geschäft.


Andi:
Das sehe ich, auch wenn sicher nur lustig gemeint, entschieden anders, da solch ein Riemen völlig reicht, dass man diese Schuhe, Latschen oder wie auch immer, nicht verliert! Dann würde sie wohl keiner mehr kaufen, so lange, wie es nun Zehensteglatschen schon gibt!
Man kann auch andere Schuhe und Latschen verlieren, vielleicht sogar noch leichter!
Außerdem: "barfuß igitt?" Wir sind doch Barfüßer, warum dann die Bedenken? Wer das "igitt" findet, der braucht barfuß noch keinen Schritt nach draußen zum Mülleimer zu gehen, denn da könnte ja der Hund des Nachbarn etc. hin gemacht haben und sei es nur ein kleines Geschäft, das vielleicht inzwischen schon eingetrocknet ist!
So gesehen ist unser Umfeld total "barfrußunfreundlich", denn überall können Fäkalien, Glas etc. "warten", also sei ein Gedanke ans Barfußgehen unnötig!

Bernd:

Verzweifelt irre ich durch die Straßen des Viertels, lehne mich erschöpft an die Fensterscheibe eines Trödelladens. Und erblicke sie. Zwischen all dem Trödlerkrimskrams steht ein Paar klassischer Hippiesandalen mit Fersensicherung. Echte kalifornische Cat Stevens-Sandalen, bestätigt der Händler und kramt nach dem Zertifikat.
Mit meinen neuen Alt-Sandalen sitze ich entspannt im Café, meine Füße versprühen den Duft der Freiheit.


Andi:
Wenn sie nicht schon getragen wurden, also gebraucht sind, ist das okay, denn gebrauchte Schuhe "a la Flohmarkt" kämen bei mir nie und nimmer in Frage! :-O
Ich bevorzuge allerdings doch versenriemenfreie Latschen, am besten Flip-Flops, die sehen am schärfsten und heißesten aus! ;-DD
Liebe Grüße von Andi! ;-)

Korrektur

Andi35 @, Stammposter, Monday, 02.05.2005, 05:02 (vor 7089 Tagen) @ Bernd (Wiesbaden)

Lieber Andi,

Grüß´ Dich Bernd! ;-)

Bernd:

danke für Dein Feedback, aber... der Beitrag stammt, wie ich eigentlich auch kenntlich gemacht habe, nicht aus meiner Feder. Ich habe ihn im Web gefuden und fand ihn fürs Forum ganz witzig. Der Autor wird oben im Quelltext namentlich genannt.

Andi:
Sorry, darauf hatte ich nicht geachtet, aber ich dachte mir das schon halbwegs!

Bernd:

An dieser Stelle sei gesagt: Die Meinung des Autors deckt sich nicht zu hundert Prozent mit meiner Auffassung. Ich persönlich würde bei warmem Wetter NIEMALS meine Füße in Turnschuhe verfrachten, sondern barfuß oder in Sandalen gehen.

Andi:
Ja, stimmt eigentlich, wer würde das von uns auch schon tun? ;-D
Aber im Großen und Ganzen ist es bei den Männern wirklich völlig treffend so, wie er es geschrieben hat! :-DD

Bernd:

Und im Gegensatz zum Autor habe ich im Luftkreis-Radius von ca. 500 Meters mindestens 10 Schuhgeschäfte, die schicke, geschmackvolle, extravagante und gleichermaßen klassische Herren-Sandalen anbieten, zu Designer-Preisen UND zu zivilen Preisen!

Andi:
Das kann ich mir garnicht vorstellen, wo doch die Schuhabteilung der Männer nur 30 %, zusammen mit Badelatschen, Hausschuhen, sowie Kinderschuhen von dem Frauenabteil ausmacht! :-/
Ein weiterer Grund, Dich in Wiesbaden zu besuchen! ;-)

Fußkuss
vom
BERND

Danke! ;-D Sei Mensch, genieße den Kuss und träume! :-DD

Ein Gruß nach Wiesbaden von Andi!

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