Seit ein paar Wochen gehe ich Abends nach der Arbeit barfuss vom Bahnhof nach Hause. Zuerst einfach weil ich dachte, das kann bestimmt nur gesund sein. Danach, weil ich es einfach nicht glauben konnte, was für ein Feigling ich bin - ständig fühle ich mich nämlich beobachtet und kommentiert - und es ist mir gar nicht so egal, wie ich das gerne von mir denken würde. Also - dachte ich - Übung macht den Meister. Heute war ich 2 Stunden unterwegs, über Feldwege, durch Quartiere, im Wald. Jetzt weiss ich, dass ich nicht zum Spinner geworden, sondern auf etwas gestossen bin, das richtig Spass macht. Trotz totaler Verweichlichung konnte ich bald locker gehen, ohne ständig auf den Boden zu sehen, wäre zum Schluss fast ständig gehüpft und gesprungen. Offensichtlich ist da etwas ziemlich richtig. Unsere sogenannten Fusswege sind doch tatsächlich durchs Band mit Split und scharfen Kieseln befestigt. Deshalb dachte ich erst - ich muss wohl tatsächlich der Einzige sein. Ein Blick ins Internet hat mich nun aber beruhigt. Ihr seid ja bereits eine ganze Herde. Ein Gedanke geht mir übrigens nicht aus dem Kopf: wenn ich so schief und platt, wie ich nach 44 Jahren, zwei gerissenen Achillessehen und frühzeitig abgebrochener Joggerkarriere herumpatsche, wenn ich so auf dem Boden gehe, der ursprünglich einmal zur Herausbildung meiner Fussreflexzonen geführt hat, dann müsste doch der Boden über meine Füsse automatisch diversesten unnatürlichen Entwicklungen entgegenwirken. Ich weiss nicht recht - vielleicht ist ja meine Einbildungskraft eine solche Fehlentwicklung - es gibt jedenfalls genügend Leute, die das meinen möchten. Aber ich glaube, das bilde ich mir nicht ein: Ich bin ängstlich und schief losgelaufen und danach ganz aufrecht, froh und "was kostet die Welt" zurückgekommen. In der Badewanne hat dann ein Fuss den andern gewaschen. "Hey, schön Euch kennenzulernen - meine Füsse - Hallo"! Und natürlich auch Euch Barfussläufer aus dem Internet!