Barfuß im Thayatal und Geologie für Barfüßer (Hobby? Barfuß! 2)

Harald, Monday, 25.04.2005, 20:06 (vor 7095 Tagen)

Ich kann euch gleich einmal von einer wunderschönen barfüßigen Wanderung berichten, die ich gestern im Thayatal unternommen habe. Ausgangspunkt war Hardegg an der österreichisch-tschechischen Grenze, nicht weit von Znojmo/Znaim und bekannt als die kleinste Stadt Österreichs, wie es sich gehört mit einer Stadtmauer und einer Burg, jedoch mit weniger als 100 Einwohnern tief unten im Tal der Thaya. Vor 1989 war diese Gegend noch um einiges entlegener, nach dem Fall des "Eisernen Vorhangs" entstand dann zuerst auf tschechischer Seite im ehemaligen Grenzsperrgebiet der Nationalpark Podyjí, der dann später auch ein Stück auf österreichisches Gebiet erweitert wurde. Heute gibt es unten in Hardegg einen Grenzübergang für Fußgänger und Radfahrer und oben auf der Hochfläche ein ganz modernes Nationalparkzentrum.

Ich traf mich mit einem befreundeten Paar zu einem gemütlichen Mittagessen im Gasthaus neben der Hardegger Grenzbrücke. Nach einem kühlen und windigen Morgen war es nach dem Essen so richtig schön und warm geworden. Meine Freunde fuhren wieder nachhause, ich wollte diesen Sonntag Nachmittag noch länger genießen. Meine Wanderung führte diesmal nicht über die Grenze hinüber, sondern auf der österreichischen Seite den Fluss entlang. Ich nahm zwar Schuhe mit, sie blieben aber unbenutzt an meinen Rucksack geschnürt. Der Weg führt durch Wald (weiches Buchenlaub vom letzten Jahr!), über eine Wiese (frisches Gras!) und über so richtig angenehm abgerundete Steine. An wenigen Stellen gab es noch ein wenig Wasser unter den Sohlen zu spüren - das kleine Hochwasser der letzten Wochen ist zwar vorbei, recht hoch ist die Thaya aber immer noch. Mein Ziel war der Umlaufberg. In einer langen Schlinge umfließt die Thaya einen Bergrücken. Man kann ein Stück steil nach oben gehen und dann den Fluss auf beiden Seiten in verschiedene Richtungen fließen sehen. Es war so angenehm, dort oben ein wenig in der Sonne zu sitzen. Schön waren auch der Rückweg, ein kurzer Besuch im Nationalparkhaus und noch immer barfüßiges Eisessen am Hauptplatz von Retz.

So richtig nett waren die Kommentare von österreichischen und tschechischen Wanderern zu meinen nackten Füßen. Mich wundert nur, warum mir so viele Leute erklären: "Das muss angenehm sein", ich aber dann doch meistens der einzige Barfüßige bin. Eine Frau meinte sogar: "Das habe ich früher auch oft gemacht." Naja, ich will mich ja nicht einmischen... Nett ist jedenfalls, dass das Thayatal ein irgendwie entspannteres Wanderpublikum anzieht als manche Gebiete in den Alpen. Und zum Barfußgehen sind die abgerundeten Felsen der Gneislandschaft so viel angenehmer als die spitzen Steine der Kalkalpen.

Das bringt mich auf eine kurze "Geologie für Barfüßer": Österreich besteht geologisch aus 3 Teilen: den Alpen, den eher flachen Gebieten mit weichen Sedimenten (Tegel, Schotter, Lehm, Löss, Sand) im Osten und der Böhmischen Masse, einer Mittelgebirgslandschaft aus Granit und Gneis nördlich der Donau, die nicht ganz bis in die Nordostecke des Landes reicht. Die Alpen bestehen im Kern aus Gneis und Schiefer (Zentralalpen), dann schließen nördlich (Karwendel, Totes Gebirge, ... bis zum Schneeberg) sowie südlich (Dolomiten, Karawanken, ...) die Kalkalpen an. Ganz im Norden gibt es noch einen schmalen Streifen mit Sandstein, der nur im Wienerwald ein wenig breiter wird. Der langen Rede kurzer Sinn: Sandböden sind für Barfüßer der Himmel auf Erden. Es gibt sie in Österreich fast nur im Marchfeld und in Teilen des Burgenlandes, großflächiger z.B. in Ungarn zwischen Donau und Theiß. Sandsteingebiete sind herrlich für ganz lange Wanderungen durch Buchenwälder. Berge aus Gneisen und ähnlichen "Silikatgesteinen" sind irgendwie sanft und ganz einladend zum Barfußgehen. Beispiele sind die Niederen Tauern oder der Zirbitzkogel. Umso besser dann die sanftwelligen "Rumpflandschaften" der Böhmischen Masse - in Österreich des Wald- und Mühlviertels, dann auch z.B. der Böhmerwald, der Bayerische Wald ... Die am wenigsten barfußgeeigneten Landschaften sind leider die schroffen Kalkalpen. Hier zerbrechen die Steine auch nicht so angenehm rund, sondern stechend spitz. Den Unterschied merkt man auch z.B. auf Forststraßen. Ihr kennt das. Das schreibe ich jetzt mit einem Seufzen, weil der kalkige Schneeberg (ca. 80 km von Wien) und dann erst recht der einsame Göller eigentlich meine Lieblingsberge sind...


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