Barfuß im Meggerwald (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Monday, 25.04.2005, 09:57 (vor 7095 Tagen)

Samstag, 23.4.2005. Eine typische Föhnwetterlage. Irgendwann sollte es Regen geben, aber wann? Die Wetterlage war derart instabil, daß es sicher nichts bringt, weit weg zu fahren und womöglich im Freien zu übernachten. Gegen 9.30 Uhr radelte ich los, bei ca. 12°C. Eine Jacke nahm ich sicherheitshalber mit, aber für Schuhe und lange Hosen war "selbstverständlich" kein Platz. Mein Ziel war Luzern, dort wollte ich eine Wanderung unternehmen. Böse blicke gab es kaum, in Neuenkirch höchstens ein paar erstaunte Blicke von Kindern. Eine etwa 30-jährige Frau, die mir auf dem Fahrrad entgegen kam, machte dagegen ein böses Gesicht, als sie mich sah. Irgendwie erstaunlich, denn auch sie war mit Minirock, Flipflops und Wollpulli doch deutlich weniger winterlich angezogen als die meisten Leute. Als ich mein Fahrrad durch die Fußgängerzone schob, wurde meine Aufmachung in dem regen Gedränge kaum beachtet, wenn man von den großen Glotzaugen einiger Kinder einmal absieht. Lediglich eine Stimme vernahm ich aus dem Mund einer Frau: "Barfuß, öööäääähhhhhh!" (für die Richtigkeit der Rechtschreibung übernehme ich keine Garantie!).

In der Nähe des Schiffsanlegers "Verkehrshaus/Lido" kettete ich mein Velo an einen Maschendrahtzaun. Gerade legte ein Schiff an und spuckte einige Fahrgäste aus. Ein Junge fragte seinen Vater: "Darf der Mann hier barfuß laufen?" Darauf der Vater: "Wieso nicht! Mir wäre es zwar zu kalt, aber ihm scheint das nichts auszumachen." Ich folgte zunächst dem "offiziellen" Wanderweg parallel zum "Würzenbach", der teilweise asphaltiert, teilweise mit Platen belegt und teilweise auch geschottert ist. Sehr oft kann man aber auch auf Rasenflächen ausweichen. Als die Wohnbebauung aufhörte und dem Wald Platz machte, zweigte ich vom offiziellen Wanderweg auf einen Trampelpfad ab, der besonders angenehm zu begehen war. Der Trampelpfad führte immer bergauf, war jedoch eine Sackgasse (war nicht einmal beschildert, und das mitten in der Schweiz, wo man es mit Beschilderungen ja sehr genau nimmt!). Dann führte der Weg nicht mehr weiter, aber mir gelang es, mich über angenehm trockenes Laub weiter hochzuarbeiten, zwar wuchsen hier Brombeeren, jedoch nicht allzu dicht. Für meine Füße war immer noch Platz dazwischen. Oben auf dem Hügel befand (und befindet sich vermutlich noch heute) eine Siedlung aus Wohnblocks. Ob man mir Schwierigkeiten machen würde, weil ich aus dem Wald über eine Rasenfläche zum Plattenweg ging, der zu einer Straße führte? Nein! Ich folgte der Straße zu einer Bushaltestelle, dann durchschritt ich eine "autofreie Wohnanlage", von der ein Weg in den Wald führte. Obwohl ich einigen Leuten begegnete, nahm keiner von mir Notiz, weder von meiner Aufmachung, noch von der Tatsache, daß ich mich überhaupt in die Siedlung verirrte. In Wohnsiedlungen mit großen Häusern wird man als Fremder halt weniger angefeindet als in Einfamilienhaussiedlungen.

Im Wald gab es "offizielle" Wanderwege, aber auch Reitwege und Trampelpfade. Da ich kein spezielles Ziel hatte (außer irgendwann den Abstellplatz meines Velos), bestimmten nicht die Wegweiser meine Richtung, sondern der "Freiheitsdrang" meiner Füße. Und die "schrieen" nach matschigem Boden, Moos, trocknem Laub, feuchtem Gras. Und sie wurden fündig, und wie! Hier im Meggerwald (kein Schreibfehler!) gab es tatsächlich einen Bodenkundenpfad. Von "barfuß" war hier zwar nichts zu lesen, aber wer auf diesem feuchten Boden, vorbei an Sumpfdotterblumen nicht barfuß läuft, hat selber schuld. Trotzdem war ich weit und breit der einzige Mensch, der es tat. Die Leute, denen ich begegnete, grüßten freundlich und lächelten. Bei keinem hatte ich den Eindruck, als ob er zum Handy greifen würde, um die Polizei zu verständigen (mit der hatte ich an diesem Tag AUSNAHMSWEISE keinen Ärger). Auf einem breiteren Weg kam mir eine dreiköpfige Familie mit Mountainbikes entgegen. Dem Sohn war die Steigung zu steil, so daß er absteigen mußte (die Eltern schafften es mühsam). Als der Sohn sah, wie ich durch eine Matschspur schritt, jammerte er: "Der hat's gut, der muß nicht bergauf fahren. Darf ich auch die Schuhe ausziehen?" "Nein, das ist zu gefährlich auf dem Velo!" war die besorgte Antwort der Mutter. "Aber wenigstens die Socken? Bitte!" Wie das ganze weiter ging, bekam ich nicht mehr mit, da auch ich weiter ging.

Auch der Meggerwald ist nicht unendlich, schließlich kam ich in die Namensgeberin dieses Waldes, die Gemeinde Meggen. Einige Leute staunten, als sie mich mit verschlammten Füßen die Straßen mit glattem Asphalt hinuntergehen sahen. Nahe der Kirche, deren Turm mehr einer überdimensionierten Normaluhr oder einer Stadionuhr glich, lästerten ein paar Jugendliche über meine Aufmachung, wie "es sich gehört". Ich kreuzte die vielbefahrene Hauptstraße und schritt hinunter zum See, wo sich ein Park befindet, den ich durchschritt. Dort fand ich auch eine öffentliche Toilette. Wenn alle Toiletten so sauber wären wie diese, dann hätte es in diesem Forum nicht so viele Beiträge übers barfüßige Benutzen derartiger Einrichtungen gegeben, die zahlenmäßig nur noch von Beiträgen über barfüßiges Autofahren übertroffen wird. Da ich nicht asozial bin, betrat ich auch vorsichtig diese "Anstalt", um ja den Zustand auch beizubehalten. Ich möchte doch nicht, daß die Leute sagen: "Ihh! Diese asozialen Barfüßer schleppen den "Mohr" auch überall hinein und verteilen ihn überall!" Schlimm genug, daß es (wenige) Leute gibt, für die barfuß "per Definition" ihhhhh und asozial ist.

Nun führte mein Weg über offizielle Wanderwege zurück nach Luzern. Zunächst asphaltierte Wege, dann Schotterwege mit Gras daneben, vorbei an Neuhabsburg, an ein paar Hunden und Katzen, die (unabhängig voneinander) meine Füße beschnüffelten und NICHT zuschnappten. Dann Wege mit Feinschotter, teilweise mit Treppen, speziell in der Nähe von Schloß Meggenhorn. Leider setzte nur der Regen ein. Dann wurde der Wanderweg über die Hauptverkehrstraße am Seeufer weitergeführt. Nach dem Feinschotter kam mir der nasse und relativ warme Asphalt angenehm vor. So kam ich wieder am Fahrrad an. Gleichzeitig kam auch eine Sportgruppe (Kinder) mit ihrem Trainer, die auf dem Rasen Ball spielen wollten. Einer der Jungen lief barfuß, zog jedoch zum Ballspielen Schuhe und Socken an.

Ich schob nun mein Velo am Seeufer entlang Richtung Stadt, überquerte die Seebrücke , ging reußabwärts, um den Fluß auf der Kapellbrücke zu überqueren. hier ging ich extra langsam, aber nicht wegen der anderen Leute, sondern einmal weil das Holz der Brücke angenehm barfuß zu begehen ist und zum anderen, weil die Brücke ein Dach besitzt, das mich vor Regen schützte. Dann folgte ich noch der Uferpromenade. Die Laubengänge unter den Häusern waren voller Leute, auch waren dort Dudelsackpfeifer am Spielen. Der Untergrund war naß vom Regen, noch nasser war die Rinne, in der das Regenwasser abfloß. Ich gab mir keine große Mühe, neben die Rinne zu treten, im Gegenteil. Auch wenn ich niemandem Rechenschaft schuldig bin, warum ich barfuß laufe, so tat ich das indirekt doch. Schuhe würden dort rasch an den Ranzen gehen. Ich vernahm eine Stimme: "Der läuft barfuß. Der hat Angst, daß seine Schuhe naß werden.

Die Altstadt war zu Ende, jetzt durfte ich wieder fahren. Mein dünnes T-Shirt war völlig durchnäßt. Wie war ich froh, daß ich doch eine Jacke dabei hatte. Der Regen wurde immer stärker. Auch die Jacke war bald durchnäßt. Bei solchem Wetter bringt Radfahren keinen Spaß, weder barfuß, noch mit Schuhen. Aber ich mußte durch, schaffte es auch. Gegen 18.30 Uhr kam ich zu Hause an, wie ein begossener Pudel. In der Wohnung mußte ich erst einmal abtrocknen und trockene Sachen anziehen: trockenes T-Shirt, trockene Hose (keine lange) und... trockene, halt! Wenn ich nasse Schuhe/Socken angehabt hätte, hätte ich auch diesbezüglich die entsprechenden trocknen Sachen angezogen. Da ich aber beides nicht angehabt hatte, war ich hoffnungslos überfordert, herauszufinden, wie man auf die Schnelle nasse Barfüße durch trockene Barfüße substituiert. Schließlich hat sich das "Problem" aber von alleine gelöst.

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen

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