Ein fast missglückter Barfuss-Ausflug (Hobby? Barfuß! 2)

Martin (Giessen), Stammposter, Thursday, 14.04.2005, 23:02 (vor 7106 Tagen)

Am Mittwoch führte mich ein geschäftlicher Termin nach Büdingen (Hessen). Auf der Fahrt dorthin passierte ich einen Wegweiser zum "Kulturhistorischen Rundweg Büdingen-Düdesheim". Dabei handelt es sich um einen Wanderweg mit zahlreichen Hinweistafeln mitten durch keltisches Siedlungsgebiet mit zahlreichen erhaltenen Hügelgräbern. Da das Wetter herrlich war nahm ich mir vor auf dem Nachhauseweg dort einen Abstecher für eine Barfuss-Wanderung zu nutzen. Tatsächlich waren es am nachmittag noch sehr angenehme sonnige 18Grad als ich den Wanderparkplatz erreichte. Die Hinweistafel am Anfang zeigte die Wegekarte und beschrieb: "Dieser Weg führt durch eine ursprüngliche Waldlandschaft und zeigt neben den archäologischen auch zahlreiche botanische und geologische Besonderheiten in der historischen Kulturlandschaft".
Super!, das war vielversprechend. 3,4km Länge und 140 Höhenmeter waren ja auch keine wirkliche Herausforderung, also Hosenbeine hoch und los.
Die ersten 800Meter des Weges liefen aufwärts in den Wald hinein. Der Boden war sehr angenehm feucht-kühl und weich. Dann begann nach der ersten Hinweistafel ein breiter, fein geschotterter und gewalzter Abschnitt, der sich die nächsten 2km fortsetzte. Da es zunächst stetig bergauf ging schritt ich mutig voran (bergauf laufen sich steinige Wege sehr viel besser als bergab) aber dennoch verschlechterte sich meine Stimmung zusehends: Ein herrlicher Frühlingstag in wirklich schönem Eichenwald, weit und breit keine Menschenseele, die erwachende Natur überall und dann diese geschotterte Waldautobahn mit 6m Breite unter den Füßen. Wie überall in unseren Wäldern auch hier die massiven Spuren des Einsatzes mächtiger Maschinen im Holzeinschlag. Abseits des Weges führten oft halbmeter tiefe Fahrspuren von Stollenreifen in den weichen Waldboden. O.k. von daher kann ich verstehen, dass die Forstwirtschaft heute befestigte Straßen im Wald braucht, aber muss man dann die Wanderwege ausgerechnet auf diese Wege legen???
Es gibt in jedem Wald so viele Pfade und kleine Wege, die Ausgeschildert sicher auch zu den gleichen Zielen führen könnten.
Nun weiter: Als ich bei Infotafel Nr. 6 meine Füße vom dort gerade vorherrschenden Feinsplitt erholen lies hörte ich ein sich näherndes Auto (bis dahin hatte ich noch keinen Menschen getroffen). Ich drehte mich um und blickte verdutzt auf einen Streifenwagen der Polizei, der auf dem Wanderweg unterwegs war. Sofort mußte ich an Michael denken, aber noch bevor ich mir überlegen konnte, wie ich meiner Frau den Gefängnissaufenthalt erklären sollte ;-) war der Wagen auch schon vorbei. Meinen Ausweis hätte ich jedenfalls dabei gehabt...
Nach 3/4 des Weges hatte ich dann genug. Es war nun abzusehen, dass auch der rest über absolut befestigte "Straße" zum Parkplatz zurückführen würde und ich konnte denselben über die Felder auch schon sehen. Also nahm ich nun meinen eigenen Weg unter die Füßen und genoss das auf den Feldwegen sprießende Gras. Zur Versöhnung schenkte mir der Keltenwald dann doch noch auf dem ersten Stück der Abkürzung eine Waldwegspassage mit Seeehr weichen Pfützen im lehmigen Grund - eine echte Therapie für die geschundenen Fußsohlen.

Mein Fazit: Leider leider scheint es unter den modernen Wanderwegbauern noch zahlreiche Autofahrer geben, die auch unter ihren Fußsohlen nur gummibelag kennen....

Ich würde mir wünschen, dass über unsere positiven Erfahrungen langsam ein barfusgeeignetes Wanderwegenetz entdeckt und für interessierte öffentlich gemacht wird - oder vielleicht gibt es eine Sammlung solcher Wegbeschreibungen schon?

Viele Grüße an alle naturliebenden Wanderfreunde

Martin (Giessen)

P.S.: die archäologischen Funde aus der Keltenzeit in der Nähe von Büdingen (Glauberg) waren die aufregensten in ganz Eurpa in den letzten 20 Jahren und die Spuren dieser Kultur sind sehr lohnend in der Landschaft zu entdecken, aber zur Keltenzeit waren die Wege sicher barfussfreundlicher!


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