Barfüßige Suche nach Eisenbahnresten (Hobby? Barfuß! 2)

Ulrich (Berlin) @, Stammposter, Saturday, 09.04.2005, 15:37 (vor 7111 Tagen) @ Michael aus Zofingen

Hallo Michael

Du scheinst wohl sehr an stillgelegten Bahnstrecken interessiert zu sein, wie ich aus einigen Deiner Beiträge entnehmen konnte.

Stimmt!

Oder trauerst Du der Zeit nach, als da noch Züge verkehrten?

Naja, weniger der Zeit, es waren ja doch eher schlechte Zeiten, als den Zügen, die da mal fuhren und mit denen ich auch gerne mal gefahren wäre.

Auch ich habe früher, als ich noch nicht barfuß lief, Reste alter Bahnen gesucht, meistens mit dem Fahrrad. Grundlagen waren Eisenbahnbücher oder aber alte Landkarten. Sicher ist es interressant (vielleicht auch nicht immer einfach), sich barfuß auf die Suche vergangener Eisenbahnromantik zu machen.

Das mache ich auch gerne. Ich habe noch alte Karten aus den 20er und 30er Jahren von großen Teilen Deutschlands. Es ist schon erstaunlich, was es da an Eisenbahnen gab. Ich finde es immer interessant, relikte alter Strecken zu finden, sei es auch nur ein alter Bahndamm oder ein zweckentfremdeter Bahnhof.
Sich barfuß auf die Suche zu machen, ist allerdings nicht immer einfach. Der alte Eisenbahnschotter, der mancherorts noch vorhanden ist, erscheint mir alles andere als barfußgeeignet. Ich fühle mich zwar in der Lage ein geschottertes Gleis barfuß zu überqueren, aber darauf entlang zu laufen ist schon etwas anderes. Wenn das Gleis noch liegt, dann geht es ja. Da kann man entweder auf die Schwellen treten oder auf einer Schiene entlang ballancieren. Auf dem Schotter ohne Gleis würde ich barfuß nicht laufen. Auch Betonschwellen aus DDR-Zeiten sind oft sehr ungeeignet zum Barfußlaufen, da man damals Beton verwendete, der sich im Laufe der Zeit im Regenwasser auflöste und zerfiel. Das war in Riesenproblem für die Bahn. Barfüßer leiden dann unter dem zerbröselnden Beton, der auch nicht angenehmer als der Schotter ist.
In Brandenburg gab es aber früher auch viele Strecken, die gar keinen Schotter besaßen, sondern direkt in Sand verlegt waren. Das war billiger in der Herstellung, dafür aber schwieriger zu unterhalten.
Hinzu kommt allerdings, dass gerade auf Eisenbahnschotter auch sehr häufig ein bestimmtes Dornengestrüpp wächst, dessen Namen ich nicht kenne. Es hat sehr kleine Dornen, die aber besonders gerne in der Fußsohle stecken bleiben.

Nur aber bin ich am falschen Ort. Die Schweiz hat nämlich im Gegensatz zu Deutschland vergleichsweise wenig Bahnstrecken stillgelegt, sondern dort fahren nach wie vor Züge.

Das ist ja auch eigentlich die bessere Variante.

Und wo Stecken verschwanden (meistens solche, die parallel zu Straßen verliefen), da hat man meistens einfach die Straße verbreitert. Oder einen Radweg angelegt. Was nicht mehr gebraucht wurde, wurde mit Schweizer Gründlichkeit entfernt. Was noch brauchbar war, wurde umgenutzt. so gibt es sicher noch einige relativ gut erhaltene Gebäude, aber rostige Reste von Schienen, Andreaskreuzen, Signalmasten usw. sind eher selten.

Die sind in den neuen Bundesländern auch sehr selten. Alles was aus Metall war, wurde in der DDR als Rohstoff betrachtet und dem Recycling zugeführt. Der Rest eines Andreaskreuzes, dass ich gefunden habe, wie auch einige alte Blechtafeln, befinden sich in Berlin. Hier hatte man nach der deutschen Teilung überall die stillgelegten Bahnanlagen liegenlassen in der Hoffnung sie nach einer Wiedervereinigung wieder nutzen zu können. Leider war allerdings der Zahn der Zeit schneller, so dass nichts mehr zu gebrauchen war. Aber auch heute noch kann man an veschiedenen Stellen Berlins (Jedenfalls im Westteil) noch Reste alter Bahnanlagen finden, die teils schon seit 1945 nicht mehr genutzt werden. Ich könnte da zahlreiche Orte nennen.
Die Neukölln-Mittenwalder-Eisenbahn, auf der ich zuletzt gewandert bin, wurde bereits 1948 an der Stadtgrenze unterbrochen. Zwischen Schönefeld und Mittenwalde fuhr sie aber auch nur noch bis 1951. Der barfuß recht gut begehbare Abschnitt in Berlin-Rudow dürfte kurz danach stillegelgt worden sein, ab Rudow-Nord fahren aber auch heute noch Güterzüge.

Im Tessin war ich recht zufrieden mit meiner Suche nach Eisenbahnresten, es handelte sich um die Maggiatalbahn und die Bahnen Lugano - Dino - Cadre und Lugano - Tesserete. Bei meiner intensiven Suche war ich zählte ich noch zu den "militanten" Schuhträgern. Als ich zu den Barfüßern zählte, überquerte ich allerdings bei Ponte Brolla die frühere Brücke der Maggiatalbahn über die Maggia. Es handelt sich um eine rostige Eisenbrücke, über die jetzt ein Wanderweg führt.

Diese Strecken sind mir auch ein Begriff. Ich habe da mal Artikel im Straßenbahnmagazin drüber gelesen.

Auch der Gehweg der Brücke ist eisern, in Form eines Gitters. Ich empfand es als recht mühsam.

Solche Eisengitterbrücken gibt es im Elbsandsteingebirge auch an verschiedenen Stellen. Manchmal sind es auch Treppen. Sie sind zwar recht unangenehm, aber man kann das durchaus auch barfuß bewältigen. Da gibt es aber auch die verschiedensten Konstruktionen. Kennst Du eigentlich das Elbsandsteingebirge?

Als Eisenbahnfan bin ich ehrlich gesagt aber froh, daß ich in der Schweiz mehr Möglichkeiten habe, barfuß Bahn zu fahren als barfuß den Resten nicht mehr vorhandener Strecken nachzusäckeln.

Das kann ich gut verstehen.

Schöne Grüße zurück

Ulrich


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