Märzpresse (2) (Hobby? Barfuß! 2)

Georg @, Stammposter, Saturday, 09.04.2005, 09:35 (vor 7112 Tagen)

Hallo zusammen,
es wird allerhöchste Zeit für den Rest der Märzpresse.

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Und dieser Rest beginnt sportlich:
Das Gefühl zu fliegen [...]
Wer es einmal ausprobiert hat, weiß es: Ein Trampolin weckt das Gefühl, für einen Moment zu fliegen. Aber nur wenige wissen, dass das Trampolin sogar als Fitness-Gerät für zu Hause genutzt werden kann. Dazu braucht man keinen Palast mit meterhohen Decken. Vielmehr komme es auf die Auswahl des richtigen Trampolins für die jeweiligen Zwecke und auf die richtige Technik an, sagt Ingo Froböse, der an der Deutschen Sporthochschule Köln eine Professur für Rehabilitation und Prävention innehat.
Trampolin springen, so sagt er, stärkt den Rücken und hat besonders im Vergleich zum Jogging einige Vorteile. «Der Untergrund eines Trampolins gibt nach. Das reduziert die Belastung für Gelenke und Muskulatur», erklärt der Experte. Zudem stellt ein Trampolin wegen des instabilen Untergrundes höhere Anforderungen an die Koordination des Sportlers. Das trainiert den Gleichgewichtssinn und die Wahrnehmung der Füße, die sonst eher in stabile Schuhe verpackt seien. Gesprungen wird nämlich barfuß. Zudem stärkt das Ausbalancieren die Rückenmuskulatur.
Gegner des Sports auf dem Trampolin führen stets die Gefahr einer Stauchung der Wirbelsäule an. Dies ist Froböse zufolge allerdings nur dann der Fall, wenn die Beinmuskulatur schlecht ausgebildet ist und so die Belastung bei der Landung nicht abgemildert werden kann. «Das Springen ist nur dann gut, wenn ich es abfedern kann», unterstreicht der Fachmann. [...]
Auf dem in Deutschland noch wenig verbreiteten Fitness-Gerät Trampolin kann aber nicht nur gesprungen werden. Es bietet sich auch zum Laufen und Walken an. Das Prinzip ist zwar gleich wie beim Training auf hartem Untergrund. «Der Laufrhythmus ist aber anders. Man hat längere Flugphasen», erklärt der Sport-Experte. [...] Gelenkschonender als Geräte mit Metallfederung seien Trampoline mit Seilfederung. [...]
[Freie Presse, 16. 03. 2005]

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Trainerausbildung [...]
Dies ist eine Sporthalle und kein Stripteaselokal - auch wenn die Kommandos an diesem Morgen Zweifel erlauben. "Schuhe aus!" Danach: "Strümpfe aus!" Und schließlich: "Hose aus!"
Die ersten beiden Anweisungen sind ernst gemeint, die dritte nicht. Ein Scherz unter Fußballspielern. Andreas Möller will seinen früheren Profikollegen Bernd Hollerbach zu noch mehr Freizügigkeit animieren. Klappt aber nicht. Barfuß sollen die Fußballtraineranwärter in der Judohalle der Deutschen Sporthochschule in Köln antreten, nicht entblößt.
"Judo hatten wir noch nicht", sagt Erich Rutemöller, Trainer und Lehrgangsleiter des Deutschen Fußball-Bundes. "Kann gar nicht schaden, mal neue Bewegungen kennenzulernen." In den nächsten neunzig Minuten hat nicht er das Sagen, sondern Judo-Bundestrainer Frank Wieneke. Der kernige Gastdozent, einst Olympiasieger, lehrt die DFB-Kommilitonen erst mal Demut: "Hinknien!" Rutemöller grinst: "Nichts für Fußballer. Da brechen die ersten Knie durch."
Zum Glück halten alle Gelenke. Müssen sie auch, denn der Ausflug in die fremde Welt des Kampfsports ist erst der Anfang an diesem Tag, und dieser Tag ist nur ein kleiner Teil im großen Ausbildungspuzzle des DFB [...]
[Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16. 03. 2005]

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Im Käfig folgt dem Schwinger der stahlharte Würgegriff
"Härter als der Rest" lautete das Motto der Freefight-Veranstaltung in der Rhein-Ruhr-Halle. Zweifellos ein treffender Untertitel zur großen "Freefight"-Gala, in der sich zwei Kontrahenten im überdimensionalen Käfig einen kompromisslosen Schlagabtausch lieferten.
Erst ein hoher Kick - autsch. Dann ein gezielter Schwinger - autsch. Schließlich folgt der Würgegriff am Boden. Autsch, autsch und nochmals autsch. Keine Frage, das Beobachten der sogenannten "Freefight"-Kämpfe in der Hamborner Rhein-Ruhr-Halle erforderte auch Nehmerqualitäten der rund 2000 Zuschauer. Schließlich traten hier Kämpfer aus verschiedenen Kampfdisziplinen aufeinander - und bis auf wenige Außnahmen war alles erlaubt, um den Gegner kampfunfähig zu machen. Archaisch ging es dabei zu, wild und brutal. Doch war dies auch der Antrieb der zahlreichen Zaungäste, die jeden gezielten Tritt und jede gelungene Boxkombination begeistert beklatschten. Davon gab es allerdings zu Beginn eher wenig zu sehen [...]
Barfuß kämpften die Athleten ohnehin, die Handschuhe waren zudem kaum gepolstert und konnten so durchaus verheerenden Schaden im Gesicht und Körper des Gegners anrichten [...]
[WAZ, 29. 03. 2005]

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Crosslauf-WM in St. Etienne [...]
Äthiopiens Triumph perfekt machte die 10000-m-Olympiazweite Dibaba mit ihrem zweiten Sieg am Sonntag über drei Kilometer. Zweite wurde Teamkameradin Werknesh Kidane, Dritte die Kenianerin Isabelle Ochichi. Am Vortag hatte Dibaba in 26:34 Minuten auf der 8,108 km langen Frauen-Langstrecke vor der barfuß laufenden Kenianerin Alice Timbilili (26:37) und Kidane gesiegt. [...]
[Grenz-Echo, 21. 03. 2005]

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Der GP Fricktal feierte seine 40. Austragung
Tausende von Läuferinnen und Läufern haben sich am Ostersamstag in Eiken eingefunden, um sich aus reinem Spass oder mit ernsthaften Siegesambitionen an der Jubiläumsveranstaltung zu beteiligen.
Als um 13.30 Uhr der Startschuss zum GP Fricktal fiel, einem Langstreckenlauf über 10 Meilen, schien das Start- und Zielgelände auf dem Sportplatz Eiken plötzlich seltsam leer. Passive Zuschauer waren an diesem Nachmittag nicht viele anzutreffen, dafür erfreulicherweise umso mehr aktive Teilnehmer.
Noch kurz vor dem Start hatte auf dem Sportplatz reger Betrieb geherrscht und es nur so von Läufern in Startvorbereitung gewimmelt. Ein letztes kurzes Einlaufen, Dehnübungen, Gelenk lockerndes Umherschlendern, meditatives Herumsitzen, Einholen von Ratschlägen oder eine Banane als letzte Stärkung: Jeder stimmte sich individuell auf das Rennen ein. Wer den genauen Streckenverlauf wissen wollte, informierte sich in der Sporthalle. Von halb zwei Uhr an versuchten die Läufer ihre Vorbereitungen in ein optimales Rennen umzumünzen. [...]
Läufer im Partnerlook, mit Discman oder barfuss; es gab nichts, was es nicht gab [...]
[azonline.ch, 29. 03. 2005]

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Weiter geht es musikalisch:
Die russische Seele kam an
Potsdamer Band 44 Leningrad begeisterte im Zossener E-Werk viele Fans [...]
ZOSSEN "Die Truppe ist echt genial", versicherte Ronald Dollase, und gab sich vorgestern Abend urwüchsigen russischen Rhythmen hin. 44 Leningrad ist in der Musikszene eine Kultband schlechthin.
[...] In der Tat gab es im weiten Rund diesmal einigen Freiraum. Davon ließen sich aber die echten Fans nicht beeindrucken. Sie versetzten ihre Körper gleich nach den ersten russischen und sowjetischen Liedern in rhythmische Schwingungen und tanzten los. Und auf der Bühne zogen die Akkordeonspielerin Ulli, dazu Theo, Yeti, Martin und Silvio kräftig los. Sie hatten sich alle mehr oder weniger in ein russisches Fantasie-Outfit gekleidet. Da war der Kommissar im Lodenmantel, der Kosak im ärmellosen Turnhemd, der Schlagzeuger spielte gleich mit freiem Oberkörper, nur Ulli, sie ließ es bei nackten Füßen bewenden. [...]
[Märkische Allgemeine, 21. 03. 2005]

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Cesaria Evora in Genf und Zürich
Melancholische Musik von den kapverdischen Inseln: Die "Diva aux pieds nus" beehrt die Schweiz mit zwei Konzerten.
Weder Mutter Natur noch die Geschichte haben es besonders gut gemeint mit den kapverdischen Inseln: Die Landschaft ist von der Trockenheit und der brennenden Sonne gezeichnet, die Bevölkerung von der Vergangenheit als Sklaven und der aussichtslosen Wirtschaftslage. Seit Jahrhunderten trösten sich die Einwohner mit ihren Mornas, melancholischen Liedern voll Nostalgie. In der kapverdischen Musik vereinen sich portugiesische, brasilianische und afrikanische Musikrichtungen zu einem unverwechselbaren Stil.
Aus der Asche steigt ein Phönix - und was für einer! Spätestens seit ihrem Durchbruch mit dem 1993 erschienen Album Miss Perfumado ist Cesaria Evora auch in unseren Breitengraden bekannt - erst seit 1993, möchte man sagen, denn damals war sie bereits 52 Jahre alt. Doch mangelnder internationaler Erfolg hatte sie nie von der Musik abgehalten. In jüngeren Jahren verdingte sie sich als Sängerin in den Clubs der Hafenstadt Mindelo - für wenige Rappen pro Stück.
Ihr Charisma und ihre eindrucksvolle Stimme verhalfen ihr zu grosser Anerkennung in ihrem Heimatland. 1988 reiste sie mit José da Silva nach Paris, um ihre erste Platte in Europa aufzunehmen: La Diva aux pieds nus, eine Anspielung auf ihre Gewohnheit, auf der Bühne stets barfuss zu singen [...]
[students.ch, 31. 03. 2005]

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... und touristisch:
Eifel•Ardennen
Pilotprojekt für neues Wanderwegekonzept [...]
Der Direktor des Verkehrsamtes der Ostkantone (VAO), Manfred Dahmen, stellte bei der Jahreshauptversammlung des Verkehrsvereins Reuland-Ouren das Pilotprojekt zur Erneuerung des Wanderwegesystems vor: »Das Konzept muss neu überdacht im Sinne des Erlebniswanderns«. [...]
Auch beim Wandern gibt es neue Trends: Nordic Walking, GPS-Wanderungen oder gar Barfuß-Wanderungen. Die örtlichen Partner müssen diese Projekte konzipieren, das VAO zeichnet für die Vermarktung verantwortlich. [...]
[Grenz-Echo, 18. 03. 2005]

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Info des FVV Rhön e. V. 3/2005
Robin Hood im Rhöner Wald
Hofbieber/Rhön. Bogenschießen und tolle Erlebnisse für die Füße gehören zum Programm eines Robin-Hood-Wochenendes in der Rhön: Am Freitag führt ein Bogen-Scout in die richtige Handhabung von Pfeil und Bogen ein, bevor ein deftiges Rhöner Abendessen serviert wird. Am Samstag geht es zunächst auf den Barfuß-Erlebnispfad, später dann unter fachkundiger Anleitung auf den 3-D-Feldbogen-Parcours, um auf Robin Hoods Spuren zu wandeln. Ein "wildes Robin-Hood-Menü" beschließt den Tag, doch auch Sonntag darf man noch einmal auf den Barfuß-Pfad, um sich vor der Heimreise eine natürliche Fußreflexzonen-Massage zu gönnen. Gebucht werden kann ab 111 Euro inkl. 2 Ü/HP und Programm [...]
[Fuldaer Zeitung, 22. 03. 2005]

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Jetzt einmal ein Blick ins spanische Osterbrauchtum:
Pasos durch die Nacht
In der Karwoche werden in ganz Andalusien tonnenschwere Gestelle mit Marien- und Jesusstatuen durch die Straßen getragen [...]
Ziemlich spät in der Nacht des Karfreitags war die Niederlage gegen die himmlischen Mächte dann endgültig besiegelt. Und allmählich zogen sie ab, die tausenden von Schaulustigen, die auf dem Platz und den Straßen vor der Basilika stundenlang im Regen ausgeharrt hatten. Das Nass von oben hatte es endgültig verhindert, dass die von ihren Anhängern sehnsüchtig erwartete Macarena ihre mehrstündige Prozession durch die Straßen von Sevilla antreten konnte. Das Risiko, dass das Kunstwerk Schaden nehmen könnte, war zu groß.
Im Vorjahr war damit einer der Höhepunkte der Karwoche in Sevilla ins Wasser gefallen, denn die Virgen de la Esperanza (also die "Jungfrau der Hoffnung"), wie die Macarena noch genannt wird, ist die berühmteste Marienstatue der Stadt. Das seltene meteorologische Malheur, das auch noch einige weitere Prozessionen verhinderte und von Radio und Fernsehen stundenlang live kommentiert wurde, drückte ein wenig auf die Stimmung der hunderttausenden Schaulustigen. Aber am Karsamstag konnte dann Gott sei Dank wieder aufmarschiert werden. Die Semana Santa in Sevilla: Das ist der katholische Ausnahmezustand und eines der faszinierendsten Spektakel, das man in Europa zu Ostern erleben kann.
Und das stellt säkularisierte Mitteleuropäer vor einige Rätsel
Wie kommen hunderte von erwachsenen Männern im 21. Jahrhundert dazu, tonnenschwere Gestelle mit Jesus- und Marienfiguren stundenlang durch die Straßen zu tragen? Warum hüllen sich tausende von Sevillanern in Ku-Klux-Klan-artige Büßergewänder, um mitunter barfüßig und mit Kreuzen auf den Schultern den beeindruckenden Gestellen zu folgen? [...]
[Der Standard, 25.03.2005]

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... zu einem Fall von Selbstdarstellung:
Big Bill denkt barfuß [...]
Zweimal im Jahr geht Microsoft-Chef Bill Gates mit sich selbst in Klausur, verbunkert sich in einer Waldhütte - und die Software-Branche wartet gespannt, was ihm dieses Mal einfällt. Jetzt durfte ein US-Reporter Gates erstmals beim Denken zugucken. [...]
Alle sechs Monate denkt er nach. Und zwar ganz feste, eine ganze Woche lang, verbunkert in einer spartanischen Waldhütte irgendwo im US-Bundesstaat Washington, an einem Ort, den nur seine allerengsten Vasallen kennen und das "Wall Street Journal". Niemand darf ihn stören in dieser Einsiedelei, nicht mal die Gattin. Denn über 100 Papiere, Essays, Memos und E-Mails studiert er, und am Ende taucht er hoffentlich mit neuen Geistesblitzen wieder auf, die Markt und Börse bewegen mögen.
"Think Week" heißt diese rituelle Klausur von Microsoft-Chef Bill Gates, Denkwoche, und der Wall Street stockt huldvoll der Atem. Seit den achtziger Jahren zelebriert er sie, um die Welt hernach mit Erleuchtungen zu beglücken wie dem Internet Explorer, den er 1995 in der Kartause ersann. Ansonsten ist dieses Mysterienspiel natürlich auch ein tolles Stück Selbstinszenierung und PR, dem jetzt zum ersten Mal ein Reporter beiwohnen durfte [...]
An der Wand der Lesestube, informiert Guth, hänge ein Porträt von Victor Hugo (intellektuelles Interesse), Gates' Finger seien schwarz von Druckerschwärze und Tinte (professorenhafte Arbeitswut), er rackere bis tief in die Nacht (dito), er laufe barfuß herum (einer wie du und ich) [...]
[reticon.de, 30. 03. 2005]

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... und dann noch in die Erdgeschichte:
Riesenhöhle im Nationalpark entdeckt
GROSSRAMING. Nur unter absoluter Lebensgefahr kann die einzigartige "Karlahöhle" betreten werden.
Das Höhlensystem [...] erstreckt sich über 22 Kilometer. "Der Nationalpark hat damit eines seiner Geheimnisse preisgegeben" [...] Das System sei jedenfalls eine einzigartige Sensation. "Einzigartig deshalb, weil nirgends in Österreich die Gänge derart lange zusammenhängen", sagt Steinmassl. Die größte Halle misst immerhin 200 Meter Länge, 130 Meter Breite und 70 Meter Höhe - ausgemessen mit einem Lasermessgerät. [...]
Je tiefer die Forscher vordrangen, umso mehr Tropfsteine entdeckten sie. "An manchen Stellen gibt's weiße Tropfsteine - aus reinem Kalk. Diese sind äußerst selten." Um in den unberührten Gängen nichts zu zerstören, zogen die Männer ihre Schuhe aus und marschierten barfuß weiter. "Es gibt dort eine unglaubliche Vielfalt an Tropfsteinen."
Ob das Höhlensystem, das der Entdecker nach seiner 4,5 Jahre alten Tochter Klara benannte, je für Besucher geöffnet wird, ist noch nicht entschieden. "Wie lange das Erforschen noch dauert, kann ich nicht sagen" [...]
[OÖNachrichten, 31. 03. 05]

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Einen beachtlichen Medienrummel hat Til Schweiger vor der Premiere seines Films "Barfuss" verursacht. Dazu und zum durchaus widersprüchlichen Echo auf den Film selbst nun die letzten Beiträge:
Gerücht
TIL SCHWEIGER
Jetzt gründet er seinen eigenen Barfuß-Verein
Fakt: Der Neu-Hamburger vermisst in Deutschland das Barfußlaufen. Gerade gestand Til Schweiger, 41: "Ohne Schuhe über eine Wiese oder einen Sandstrand zu gehen, das ist schon ein Gefühl von Freiheit."
Gerücht: Dieses Gefühl will er teilen und gründet seine eigene Gruppe Nordic-Walking Barfuß, wo sich Gleichgesinnte zum Lauf ohne Schuhwerk treffen können.
60% Wahrheitsgehalt. GALA störte den "Barfuß"-Star offensichtlich bei den Vorbereitungen: "Bin leider gerade mitten im Training. Können wir später sprechen?"
[Gala, 16. 03. 2005]

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SCHAUSPIELER
Sturkopf mit Seelenknacks [...]
Johanna Wokalek, Jungstar des Wiener Burgtheaters, brilliert in Til Schweigers Film "Barfuß" als Kaspar-Hauser-Mädchen.
Das Erste, was man von ihr sieht, sind ihre Füße. Vorsichtig tapsend schieben sie sich über den Linoleumboden - und sind, wie der Filmtitel schon deutlich macht, natürlich nackt.
Leila heißt die Heldin in "Barfuß". Sie möchte ihre Zehen nicht in Schuhe einsperren. Das Mädchen weiß genau, was es heißt, seiner Freiheit beraubt zu werden: 19 Jahre lang wurde Leila von ihrer Mutter von der Außenwelt weggesperrt. Nun ist die Mutter tot, die Tochter aber lebt fast gleichermaßen abgeschirmt in einer psychiatrischen Anstalt.
Ganz sicher sind die Füße nicht das Spektakulärste an Johanna Wokalek, 30, die die Hauptrolle der Leila in Til Schweigers Regie-Zweitling "Barfuß" spielt. Aber schon in der Art, wie sie die Fersen behutsam aufsetzt, mal ängstlich trippelt, dann wieder abenteuerlustig durch die Gegend stolpert, zeigt Wokalek: Auch in den kleinsten Gesten ist sie ganz bei ihrer Figur.
Til Schweiger, der "Barfuß" auch produziert hat, am Drehbuch mitschrieb und die männliche Hauptrolle spielt, nennt die Leila einen "modernen Kaspar Hauser". Tatsächlich geistert das Mädchen ähnlich hilflos wie das mythische Findelkind im weißen Nachthemd durch die Flure der Psychiatrie - bis Schweiger alias Nick Keller auftaucht. Der arbeitslose Tunichtgut jobbt als Putzmann in der Anstalt und verhindert im letzten Moment, dass sich Leila das Leben nimmt. Die will ihrem Retter fortan nicht mehr von der Seite weichen.
Jeder Versuch, gegen ihre kindliche Sturheit anzukommen, scheitert kläglich [...]"Barfuß" sei eine "Romantic Comedy", behauptet der Filmverleih. Dass die nicht allzu albern gerät, ist vor allem Wokaleks Verdienst. Wie ihre Leila durch strähnige Haare schielend die Welt entdeckt, kindlich lächelt oder plötzlich, ganz Frau, für ihre Liebe kämpft - das sind die Momente, die "Barfuß" wirklich das Märchenhafte, Poetische verleihen, das sich Schweiger für seinen Film wünschte.
Wokalek zählt am Wiener Burgtheater zu den Stars des Hauses. Sie war die letzte Schauspielerin, die für die Rolle der Leila vorsprach - und mit Abstand die überzeugendste [...]
[Spiegel Online, 27. 03. 2005]

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Jeder Topf findet sein Deckelchen [...]
Auch Söhne aus gutem Hause können Probleme kriegen. So wie Nick (Til Schweiger), der Held dieses Films. Fern seiner ungeliebten Millionärsfamilie in Hamburg, der er einen guten Job vorgaukelt, fristet Nick ein kümmerliches Dasein in München - und wird vom Arbeitsamt noch dazu verdonnert, als Putzmann in einem Irrenhaus anzufangen. Mit "Barfuß" hat Hartz IV also den deutschen Unterhaltungsfilm erreicht.
Auch Leila (Johanna Wokalek) hat Probleme. In der Psychiatrie fristet sie ein kümmerliches Dasein, ist in ihrer hilflosen und unschuldigen Naivität der Welt "da draußen" einfach nicht gewachsen. Doch es kommt, wie es kommen muss: Der Loser Nick und die selbstmordgefährdete Frau treffen aufeinander - und müssen sich als verrücktes Paar zusammenraufen. Als Leila aus der "Klapse" flieht, heftet sie sich beharrlich an die Fersen von Nick - barfuß. Denn nicht nur sie will frei sein, ihre Füße wollen es auch. Womit spätestens jetzt der Film nicht nur knöcheltief im Metapherngarten steckt, sondern auch sonst nie den richtigen Tritt findet.
Road-Movie, Liebesmelodram und ein gehöriger Schuss Sozialkitsch: Ein Film, der all das will und dem dabei die richtige Mischung misslingt, beweist: 115 Minuten Laufzeit können ganz schön lang werden. Sehr lang sogar [...]
Und es mag ja sein, dass die Wiener Burgschauspielerin Johanna Wokalek ein großes Talent ist. Nur beweisen kann sie es hier nicht. Denn mit den großen, fragenden Augen und schnell nervender Naivität gerät ihre Rolle zum Stereotyp, so wie beim Rest des Ensembles auch: Die Guten sind gut, die Bösen böse, und jeder Topf findet sein Deckelchen.
"Barfuß" stolpert so denn auch von einer Klischeefalle in die nächste. Was am Ende übrig bleibt, ist ein fußlahmer Film, der nicht nur barfüßig, sondern vor allem bar jeden Charmes daherstapft. Leider.
[Neue Osnabrücker Zeitung, 02. 04. 2005]

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"Barfuss": Verliebt ins Verrücktsein
"Der Versager und die Verrückte" könnte der neue Film von Til Schweiger auch heißen - aber es ist eine Eigenheit der von Burg-Schauspielerin Johanna Wokalek gespielten Leila, die dem Streifen seinen Namen "Barfuss" gegeben hat. Eingeschlossen, erst von der Mutter, dann in einer psychiatrischen Klinik, war Leila ihr Leben lang.
Wenigstens ihren Füßen ermöglicht sie die ganz große Freiheit, für die sie noch die Hilfe vom schönen Nick (Til Schweiger) braucht. Der Schauspieler-Regisseur erzählt ein modernes Märchen, eine Liebesgeschichte ohne einen einzigen Kuss und mit hinkendem Plot. Nein, Leila will nichts beitragen zum Gesprächskreis. Die Psychiaterin in der Klinik kann ihr nicht helfen, eher schon der Strick. Doch aus dem Selbstmord wird nichts. Der gerade zum x-ten Mal gefeuerte Nick Keller, ein Taugenichts und Verlierertyp, fängt das zarte Mädchen auf und wird es von da an nicht mehr los. Leila läuft ihrem Lebensretter beharrlich nach - barfuß, wie immer.
Dabei hat Nick schon genug eigene Probleme. Kein Job, dafür eine Einladung zur Hochzeit seines Bruders Viktor (Steffen Wink), der ausgerechnet Nicks Ex-Freundin Janine (Alexandra Neldel) zum Traualtar führen wird. Der Stiefvater Hermann (Michael Mendl) hätte als höchst erfolgreicher Geschäftsmann mit prunkvollem Schloss und dicken Schlitten wohl Arbeit für Nick, doch das Verhältnis zwischen Stiefsohn und -vater ist denkbar schlecht. Da kann auch die gluckenhafte Mutter (Nadja Tiller) wenig ausrichten.
Mit Leila im Schlepptau begibt sich der abtrünnige Sohn auf die lange Reise von München nach Hamburg zu seinen noblen Verwandten. Diese Fahrt bietet Schweiger viel Spielraum für seinen nostalgisch verklärten Erzählstil und so manche komische Szene [...]
Nick wird durch Leilas Hilflosigkeit und ihre traumatische Angst vor fremden Berührungen in die Rolle des Beschützers gedrängt. Die Fronten sind klar, die Rollen küchenpsychologisch klischeehaft verteilt und ausagiert. Schweigers Regie-Zweitling fehlt es an ernsthaften Gegenpolen. Das Märchen von der Erlösung der schönen Prinzessin durch die zärtliche, aber vollkommen entsexualisierte Liebe des ebenfalls schönen Prinzen geht nicht barfuß, sondern hinkt in diesem Fall ohne Ecken und Kanten zehn Zentimeter über dem Boden schwebend dahin.
[Südtirol Online, 05. 04. 2005]

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Belesene Füße
Georg


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