Barfüßige Impressionen vom Zürch-Marathon (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Monday, 04.04.2005, 11:59 (vor 7117 Tagen)

Sonnstag, 3.4.2005: Gegen 7.15 Uhr verließ ich den Schlafplatz im Wald in der Nähe vom "Bahnhof Zoo" in Zürich (nicht Berlin). Ich zog eine Jacke über, da es ohne zu kalt war. Aber lange Hose und Schuhe brauchte ich nicht, hatte ich nicht einmal dabei. Mit meinem Fahrrad ging es nun immer bergab Richtung Stadtzentrum. Durch den Fahrtwind wurden Hände und Füße stark abgekühlt, fast zu stark. Am heutigen Tag sollte der Zürich-Marathon http://www.zurichmarathon.ch/ stattfinden, Start war um 8.30 Uhr auf der Landiwiese. Ich aber radelte zum Freibad Tiefenbrunnen, wo ich das Rad an einem Eisenmast festkettete, damit es ja keiner klaut. Die Straße war für den Autoverkehr gesperrt, aber viele Radfahrer und Rollerbladefahrer nutzten die Gunst der Stunde, noch vor dem Start ungestört durch Autos voranzukommen. Ich bezog einen Platz in der Nähe des Bahnhofs Tiefenbrunnen, wo ich nicht nur den Marathon, sondern auch den S-Bahn- und Tramverkehrbeobachten konnte. Die reichlich vorhandenen Polizisten unternahmen nichts gegen die "Schwarzfahrer" (oder Trittbrettfahrer?), aber auch mich ließen sie in Ruhe, dabei war ich barfuß, trug kurze Hosen, und auch die Jacke brauchte ich nicht mehr, da die Sonne wärmte. Meine Füße waren allerdings noch etwas "verklumpt", was aber bald vorbei war.

Dann aber kamen die ersten Teilnehmer vorbei, die Zuschauer fingen an zu grölen. Eine sagte: "Die Schwarzen sind mal wieder schneller!" Mich interessierte, ob es unter den Teilnehmern auch Barfüßer gab. Aber nein! Auch die Schwarzen trugen ohne Ausnahme Schuhe. Es dauerte einige Zeit, bis das Feld hier vorbei war, und das erst nach ca. 5 Kilometern. Eine Läuferin sah mich und sagte: "Du bist aber ein ganz hitziger!" Auch hörte ich Stimmen unter Läufern: "Den haben wir doch schon gestern gesehen." Aber vielleicht bezog sich das nicht auf mich. Was ich noch beobachtete: Einige Läufer warfen einfach Kleidungsstücke (Handschuhe, langärmelige Pullover, lange Hosen) an den Straßenrand, da die Temperatur rasch stieg und es zu warm für Wintersportkleidung war. Viele waren aber auch trotz der Kälte sehr leicht gekleidet. Ob irgendwann auch Schuhe zur Seite geworfen wurden?

Nachdem die letzten Teilnehmer teilweise schon ermattet in Tiefenbrunnen vorbei waren, dürften die schnellsten wohl schon den Wendepunkt in Meilen erreicht haben. So schlenderte ich barfuß durchs Seefeldquartier zur Bellevue. in den Straßen, wo die Läufer nicht liefen, viel meine Aufmachung auf, nicht aber dort, wo sie liefen. Denn auch unter den Zuschauern, teilweise wohl auch Verwandte und Freunde der Teilnehmer, gab es viele sportlich gekleidete. An der Bellevue warteten viele Leute, hier wurden auch Trams gewendet bzw. umgeleitet. Kaum hatten die ersten Teilnehmer die Bellevue erreicht ging ich zur Münsterbrücke und erwartete sie dort. Als ein Mann mich sah, sagte er: "Den hat man wohl disqualifiziert, weil er keine Schuhe hat!" Dann ging ich parallel zur Laufstrecke zur Quaibrücke zum Bürkliplatz und weiter am See entlang. Dann hörte ich aus dem Lautsprecherwagen, wie die ersten wieder an die Straße kamen. Etliche Zuschauer fingen an zu laufen, auch ich, wobei sich die Tramgleise ausgezeichnet dafür eigneten, um barfuß voranzukommen. Wann hat man sonst schon Gelegenheit dazu! Normalerweise vermiesen einem die vielen Autos und Straßenbahnen das Barfußlaufen mitten auf der Straße. Die ersten Läufer kamen und ich folgte ihnen zur Landiwiese (nicht im Laufschritt). Ab und zu wurde ich von Läufern überholt, es waren aber noch nicht viele in der Spitze. Vom Zielpunkt ging ich an den See, um was zu trinken und mich vom T-Shirt zu befreien (ich warf es allerdings nicht einfach in die Gegend).

Am Zielort waren Festzelt, Hüpfburgen und sonstiges aufgestellt. Die Hüpfburgen, die man nur ohne Schuhe betreten darf, waren auch reichlich von Kindern besucht. Die meisten hatten aber die Socken anbehalten, nur wenige waren barfuß. Oder "mußten" die barfuß sein, weil sie ohne Socken gekommen waren. Ich aber schlenderte zurück zum Freibad Tiefenbrunnen, wo sich viele Leute aufhielten, nicht zum Baden, aber zum Sonnen. Viel entledigten sich ihrer Schuhe und Socken, einige hielten sich aber auch in Badekleidung auf. Einige Leute (Frauen und Männer, nur wenig Kinder) kamen auch bereits strumpflos in Sandalen/Flipflops an, aber meist war fetteres Schuhwerk angesagt. Bis 16.30 Uhr blieb ich dort, dann radelte ich los.

Es war mühsam, sich mit dem Velo durch die Zürcher Innenstadt zu kämpfen. Ein Kind schrie: "Der Mann ist nackt!" Worauf die Mutter verbesserte: "Nein der trägt doch eine kurze Hose". Nachdem ich die Innenstadt hinter mir hatte, ging es besser. Über Baden, Mellingen und Lenzburg fuhr ich zurück. Meistens wurde meine Aufmachung nicht registriert, einige kleine Kinder allerdings kicherten, aber nur dort, wo keine leicht bekleideten Kinder in der Nähe waren. Barfüßer sah ich nur noch in Gärten, meistens waren es aber Erwachsene. Kurz vor Suhr, wurde es so kalt, daß ich das T-Shirt überziehen mußte. Als ich gegen 20.30 Uhr zu Hause war, war die Temperatur auf 10°C gesunken.

Ein schöner Tag ging zu Ende. Und für diejenigen, die das Ergebnis des Marathons interessiert: Der schnellste Mann stammt aus Kenia: Stanley Leleito, 2:10.16,8 (18), die schnellste Frau aus Tuggen in der Schweiz: Claudia Oberlin, 2:34.38,1 (103).

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen


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