Barfuß über den Holzsteg bei Rapperswil (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Monday, 04.04.2005, 08:45 (vor 7117 Tagen)

Samstag, 2.4.2005: Gegen 7.30 Uhr verließ ich mit dem Fahrrad die Stadt Zofingen, zwar noch mit Jacke, aber immerhin in kurzen Hosen und selbstverständlich barfuß. Ich wollte raus aus der Stadt, bevor die Spießer erwachen, bevor die böse Polizei ihr Unwesen treibt und vor allem bevor der "gute" Herr Schill Chef vom Zofinger Bezirksgericht wird, um hier als "Richter Gnadenlos" jeden Verdächtigen für immer hinter Schloß und Riegel bringt. Und im sonst so friedlichen Städtchen Zofingen gilt man als kurz behoster Barfüßer nun mal als Schwerstverbrecher (mangels anderer Verbrecher). Zwar zeigte das Thermometer nur +2°C, aber es gelang mir, die Stadt unbemerkt zu verlassen. Ich radelte über Lenzburg und Wohlen nach Bremgarten. Die Temperatur war angestiegen, so daß ich mich der Jacke entledigen mußte. Ich hatte nämlich eine Bergstrecke über Mutschellen vor mir.

Relativ zügig ging es voran nach Zürich. Hier wollte ich allerdings nicht bleiben, sondern ich radelte gleich weiter über Wädenswil nach Pfäffikon. Obwohl die Strecke nicht allzu bergig ist, spürte ich doch den starken Gegenwind ebenso, wie sich die Pedalen in den Fußsohlen verbissen. Etliche waren wie ich mit Fahrrädern unterwegs, einige auch relativ sommerlich gekleidet, aber alle außer mir mit Schuhen. Ich überquerte noch den Seedamm und schloß mein Velo am Seeufer nahe des Bahnhof an. Es war 13 Uhr, es wurde mir sogar im T-Shirt zu warm. Bevor ich meine Wanderung antrat, setzte ich mich noch auf eine Bank in der Nähe eines Kinderspielplatzes, um was zu essen. Eine Mutter mit zwei Mädchen kam vorbei, ein Mädchen sprach: "Der Mann ist ja barfuß! Dürfen wir auch barfuß auf den Spielplatz?" Sie durften. Aber noch schneller wie die Mädchen hatte sich die Mutter ihrer Schuhe entledigt!

Von Rapperswil führt ein vor nicht allzu langer Zeit gebauter Holzsteg über einen Teil des Zürcher Obersees. Über den wollte ich unbedingt barfuß laufen. Beim Steg sind die Holzbretter in Längsrichtung verlegt, nicht wie bei den meisten Brücken quer. Die Bretter sind auch vergleichsweise schmal, schmaler als der Fuß eines Erwachsenen. Auch sind die Spalten zwischen den Brettern manchmal recht breit, aber nicht gleichmäßig. Theoretisch könnte sich da ein Kinderzeh festklemmen. Sicher ist dieser Holzsteg eine gute Gelegenheit, das Barfußlaufen zu üben. Mir kam jedoch nur ein einziger Barfüßer entgegen, ein etwa 10-jähriger Knabe. Er war mit Wollpullover und langen Jeans eher winterlich gekleidet, aber die Schuhe trug er in der Hand. Die ihn begleitenden Eltern und Geschwister folgten seinem guten Beispiel nicht. Die Reaktionen aller Personen auf dem Holzsteg waren freundlich. Vielleicht laufen im Sommer viele Leute barfuß über den Steg.

Aber auch der längste Steg hat mal ein Ende, es folgte ein Plattenweg, dann ein Schotterweg mit parallel liegenden Wiesen (die ich benutzte) in den Ort Hurden. Hinter Hurden folgte ein Schotterweg, wo ich nur mühsam vorankam. Ausweichen konnte ich nicht, auf der einen Seiten der Bahndamm, auf der anderen ein Zaun. Hier erntete ich ab und zu ein schadenfrohes Grinsen. Es folgte ein Eisenroststeg über den letzten Wasserlauf, dann gelang es mir auf einen Asphaltweg überzuwechseln. Welcher "Idiot" kommt nur auf die Idee, derart groben Schotter für den Weg zu verwenden. Vielleicht hat die Gemeinde Freienbach, zu der das Gebiet gehört zu viel überschüssiges Geld. Freienbach ist ein Steuerparadies, deswegen haben sich hier die schwerstreichen Schweizer angesiedelt. Oder will man mit dem Schotter verhindern, das sich "arme" Barfüßer in der reichen Gemeinde verirren. Ich erreichte Pfäffikon, zwar "nur" Ortsteil von Freienbach, aber mehr städtisch als dörflich. Hier profitierte ich vom Reichtum der Gemeinde. Für glatten Asphalt war auch noch Geld vorhanden. Glücklicherweise wohnen die Schwerstreichen nicht im verkehrsreichen Pfäffikon, sondern in ruhigeren Gegenden Freienbachs. So blieb ich auch von den üblen Machenschaften der Securitas-Leute, die das Hab und Gut der Superreichen schützen sollen, verschont. Diese Securitas-Schergen sind manchmal recht brutal gegenüber Journalisten, und sicher auch gegen Barfüßer.

Ich verließ Pfäffikon wieder und benutzte den Fußweg über den Seedamm, aber nur bis zu der Stelle, wo die Abzweigung zum Holzsteg ist. Dann benutzte ich wieder den Holzsteg, man gönnt sich ja sonst nichts. Ich kam wieder am Spielplatz vorbei, die barfüßige Familie war immer noch da, mittlerweile waren etwa 20 Kinder da, mehr als die Hälfte waren barfuß, aber auch einige erwachsene Frauen (anwesende Männer waren ohne Ausnahme fett beschuht). Ich aber ging weiter Richtung Rapperswiler Altstadt. Unten am Ufer befindet sich ein Brunnen, eine verkleinerte Ausgabe des Exemplars vom Berner Bundesplatz. Einige Kinder rannten dort durch, mit Schuhen. Ich dagegen ging langsam da durch, ich braucht ja keine Angst vor durchnäßten Schuhen zu haben. Zunächst folgte ich dem Seeufer. Auf der Südseite waren Platten und Grasflächen, so daß ich gut voran kam. Auf der Nordseite der Halbinsel, auf der die Altstadt liegt, mußte ich mich auf pieksigem Schotter fortbewegen, aber nur bis zur Treppe hoch zum Schloß. Aber auch oben wieder das gleiche Material. Ich war schon öfters in der Rosenstadt Rapperswil http://www.rapperswil.ch/06_tourismus/intro_tourismus.html, jedoch bisher nur zu Zeiten, als ich nicht einmal im Traum daran dachte, barfuß durch Städte zu gehen. Daher hatte ich diesen fiesen Untergrund nicht in Erinnerung behalten. Wie anders doch die Beobachtungen eines Barfüßers gegenüber dem eines Schuhträgers sind!

Dann aber stieg ich über herrlich kühles Kopfsteinpflaster vorbei an der doppeltürmigen Kirche und durch alte Gassen wieder hinunter zum See. An einem parkierten Polizeifahrzeug ging ich nicht vorbei, auch wenn ich nirgendwo in der Stadt böse Blicke erntete. Wieder schritt ich durch den Brunnen. Diesmal befanden sich zwei weibliche Teenager dort. Sie waren barfuß und ihre langen Hosen waren ziemlich durchnäßt. Als sie sahen, wie ich auf den Brunnen zuging, riefen sie: "Huch" und rannten davon, worauf eine kurz danach "Aua!" rief und humpelte. Ich erreichte wieder den Kinderspielplatz, wo mein Fahrrad stand. Die "barfüßige Familie" war nicht mehr da, jedoch waren noch andere Kinder barfuß. Nun erntete ich auch einige Blicke von erwachsenen Leuten. Grund war jedoch nicht meine Kleidung, sondern wohl mehr die Tatsache, daß ich das mit Packtasche und Schlafsack aufgerüstete Fahrrad loskettete (Ich hatte alles getan, damit man mir weder Rad, noch Gepäck wegnehmen konnte, lediglich den Rucksack mit Wertsachen hatte ich beim Wandern dabei). Gegen 17 Uhr, nachdem ich noch etwas verzehrt hatte, verließ ich die Rosenstadt. Mein Weg führte noch am Brunnen vorbei. Daß ich um diesen keinen Bogen machte sondern direkt dort durchfuhr, versteht sich wohl von selbst.

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen


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