Barfuß im Raum Basel (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Monday, 21.03.2005, 11:25 (vor 7131 Tagen)

Samstag, 19.3.2005, 7.15 Uhr: Das Rauschen der Birs bei Münchenstein weckte mich, oder war es das Brummen der Autobahn? Als ich aus dem Schlafsack kroch, mußte ich als erstes eine Jacke überziehen, so stark abgekühlt war es in der Nacht. Ich rollte die Sachen zusammen und radelte los. Wenn man morgens direkt dem Schlafsack entsteigt und barfuß Rad fährt, dann fühlt man sehr wohl die Pedalen. Als erstes radelte ich Richtung Birsfelden, dann durch Basel bis Kleinhüningen und am Rhein entlang zur Wettsteinbrücke. Vor dem von der Sonne bestrahlten Brückenpfeiler nahm ich mein Frühstück ein. Bereits jetzt war es so warm, daß ich die Jacke ausziehen konnte. Ich war nicht der einzige, der um diese Uhrzeit in kurzen Hosen unterwegs war, aber der einzige ohne Schuhe.

Als ehrlicher Radfahrer mußte ich mir noch eine Plakette besorgen und als ehrlicher Steuerzahler benötigte ich noch Unterlagen. Beides mußte an der Post geschehen, ersteres an einem Schweizer, letzteres an einem deutschen Postamt. Zum Glück konnte ich, wenn ich schon im Raum Basel bin, beides innert kurzer Zeit erreichen. Da Postbedienstete keine Polizisten sind, hatte ich auch keine Angst, dort wegen Barfüßigkeit/Kurzhosigkeit/Jackenlosigkeit in Schwierigkeit zu geraten. Ich radelte Richtung Riehen, wo tags zuvor vor den Postamt 3 etwa elfjährige Knaben barfuß spielten , warum sollte ich das nicht auch dort dürfen. Ich bekam anstandslos mit Veloplakette. Dann radelte ich nach Weil am Rhein. Hier mußte ich zwar Schlange stehen, aber auch hier keinerlei Bemerkungen. Somit hatte ich den "geschäftlichen" Teil des Wochenendes "abgearbeitet", jetzt konnte ich tun und lassen, was ich wollte.

Ich radelte zu einem Parkgelände in Weil nahe der "Laguna", wo 1999 mal eine Gartenausstellung war. Hier gab es Teiche, in den Frösche quakten und auch Holz- und Steinplatten, die sehr an einen Barfußpark erinnerte. Trotzdem blieb ich der einzige Barfüßer hier. Es störte sich aber keiner an meiner Aufmachung. Es war herrlich, über die Grasflächen, die Holzbohlen in den Teichen und sogar durch einen Bach (ich ging hinein, um einem ballspielenden Jungen den ins Wasser gefallenen Ball zu bergen). Die Sonne brannte immer stärker. Ich radelte zurück am Ufer des Flusses Wiese Richtung Basel. Im Stadtteil Kleinhüningen (auch Klein-Istanbul benannt), mußte ich vorsichtig fahren, weil viele Kinder dort auf der Straße spielten, mit Bällen, Trottinets usw. Mir fiel auf, daß diese Kinder anders als die gleichaltrigen Schweizer Kinder auf den Straßen mitbekommen haben, daß der Winter vorbei ist. Viele trugen zwar noch Wollpullover und lange Hosen, aber zumindest die Mädchen haben mitbekommen, daß man bei derartigen Temperaturen durchaus Sandalen ohne Socken tragen konnte, ohne gleich sich die Füße abzufrieren. Mein Ziel aber war der Birskopf. Hier stellte ich mein Velo ab, es war 12 Uhr. Die Liegewiese war voller Leute, einige wenige in Badekleidung, andere hatten sich wenigstens ihrer Schuhe und Socken entledigt, speziell Kinder und einige Jugendliche. Es gab sogar Leute (genauer: Frauen), die sich nicht auf der Wiese aufhielten, jedoch mit Schuhen in der Hand über den warmen Asphalt gingen.

Der nahe gelegene Barfußpark Birsfelden wurde gerade von 3 Personen begangen, als ich dort vorbei kam. Ein junges Paar und unabhängig davon eine ältere Frau. Alle trugen die Schuhe in der Hand, anstatt sie, wie es sein "soll" in den dort vorgesehenen Fächern zu versorgen oder besser gleich im Auto zu lassen oder noch besser gleich zu Hause. (Soweit ich das Barfußvokabular richtig beherrsche, müßte man die Personen, die mit Schuhen in der Hand über den Barfußpark spazieren, als "unechte Barfußparkbenutzer" bezeichnen.

Es wurde windig. Gegen 18 Uhr bezogen Wolken den Himmel, so daß mich nichts mehr am Birskopf hielt. Also verließ ich den Platz und radelte über Riehen Richtung Lörrach. Diesmal spielten 2 etwa achtjährige Knaben barfuß auf der Straße in Lö-Stetten. Sie waren dabei, ihre verstaubten Fahrräder mit dem Wasserschlauch abzuspritzen und hatten sich- und vor allem hörbar ihre Freude daran. Als ich mein Rad durch die Lörracher Innenstadt schob, störte sich keiner an meiner Barfüßigkeit. In den Wohnquartieren waren an diesem Abend recht viele Leute, auch Kinder, sommerlich gekleidet, z.B. mit Flipflops, aber "richtige" Barfüßer sah ich ansonsten an diesem Tag auch keine mehr. Es wurde dunkel, als ich am Ufer des Flusses Wiese Richtung Basel radelte. Ich ließ es mir nicht nehmen, mein Fahrrad barfuß über die angenehm kühlen Steine der Altstadt zu schieben. Wie am Tag zuvor wurde meine Barfüßigkeit nur selten kommentiert oder bemerkt, keine Blicke aus den Straßenbahnen gegen unten. Ein etwa dreißigjähriger Mann sagte an einer Tramhaltestelle: "Barfuß hier in der Stadt, das ist ganz schön mutig!" "Hier ist doch der Barfüßerplatz," entgegnete ich wahrheitsgemäß. Hinterher radelte ich noch durch ein paar Straßen, da ich wußte, daß ich am Sonntag nicht mehr nach Basel kommen würde. Basel ist wirklich eine barfußfreundliche Stadt, da kann ich Georg nur zustimmen.

Als ich genug hatte, radelte ich nach Münchenstein, wo ich am Ufer der ziemlich viel Wasser führenden Birs mich zum Schlafen rüstete. Hier war es deutlich kühler als in Basel, aber nicht so kalt wie die Nacht zuvor. Die Nacht war bewölkt, so daß es nicht ganz so stark abkühlte. Im Schlafsack spürte ich, daß die Sonne doch ihre Spuren hinterlassen hatte. Jede Bewegung mußte bewußt durchgeführt werden. Ich dachte an Barpfotenbär, der so etwas ähnliches schrieb wie: "Jeder barfüßige Schritt ist ein Erlebnis für sich, beim Gehen mit Schuhen zählt nur das Ankommen". Welche Parallelen! Nur bringt Barfußlaufen Spaß, was man von einem Sonnenbrand nicht sagen kann. Oder doch? Wenn mir vor 3 Jahren einer gesagt hätte, Barfußlaufen in der Stadt brächte Spaß, dann hätte ich das nicht geglaubt.

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen

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