Der läuft auf Flossen! (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Monday, 07.02.2005, 09:02 (vor 7173 Tagen)

Samstag, 5.2.2005, 9 Uhr: Hochnebel, Temperatur um 0°C oder knapp darunter, kein Wind, trockene Straßen, Grünflächen mit verharschtem Schnee überzogen. Kein Wetter, um den ganzen Tag hinterm Ofen zu hocken, also raus. Doch halt! Im Rucksack lagen ja noch Flipflops vom vergangenen Wochenende. Raus damit! Nach "unechtem" Barfüßeln hatte ich keinerlei Verlangen, nicht jetzt. Der Weg führte mich durch die Zofinger Altstadt. Ein paar Blicke nach unten, wie üblich. Dann kam mir auch noch der Sohn meines früheren Vermieters entgegen, er grüßte freundlich. Vor einer Bäckerei unterhielten sich Leute, eine Frau sagte: "Der schon wieder!" Als ich die Altstadt verlassen hatte, kam mir ein bemützter etwa dreißigjähriger Mann entgegen mit den Worten: "Du bischt a härte Siech!"

Weil mir noch nicht nach Landschaft zumute war, benutzte ich die Landstraße nach Mühlethal. Das Dorf - seit kurzem Stadtteil von Zofingen - hat seinen Namen daher, weil es oben auf dem Berg liegt, das ist Schweizer Logik! Das Trottoir endete, eine kurzes Stück mußte ich die Straße selbst benutzen, dann durchschritt ich die "Öltrotte", eine Siedlung, die aussieht wie die Ringmauer einer winzigen mittelalterlichen Stadt. Hier waren die Wege angenehmer zu begehen. Dann mußte ich einen steilen Fußweg zur "Linde" hochgehen, schon war ich wieder auf der Hauptstraße, die ohne Trottoir weiter nach Uerkheim führt, und zwar bergab. Ab und zu drängten mich Auto scharf an den Straßenrand, wo jede Menge "Mohr" (Split, Zweige von Dornenpflanzen, manchmal, wenn auch selten sogar Glas) lag, sonst interpretierte ich das "Linksgehgebot" ziemlich großzügig.

In Uerkheim war das Trottoir gut begehbar, auch der parallel zur Uerke verlaufende Radweg. Hier machte ich Mittagspause auf einer Bank. Die ersten Schritte danach waren wieder recht mühsam. So gelangte ich nach Kölliken. Hier zweigte ich auf einen Feldweg ab, der anfangs asphaltiert war. Auf einer Stecke von etwa 500 Metern lag aber eine festgefrorene Schneedecke. Ich kam zwar darauf recht gut voran, war aber froh, als ich wieder den sich warm anfühlenden trockenen Asphalt unter den nackten Füßen spürte. Dieser Weg führte mich wieder ins Dorf, daß ich darauf auf einem Weg mit rauhem Asphalt parallel zur Nationalbahn verließ. So gelangte ich nach Safenwil.

Nun schritt ich einen Weg bergauf Richtung Walterswil. Eine alte Frau sah mich schon den Asphaltweg hochkommen und glaubte ihren Augen nicht. Als dann der Asphalt aufhörte und festgefahrener Schnee folgte und ich im gleichen Tempo weiterging, klappte ihr der Kinnladen runter. Auch Leute, die in der Nähe der Kirche waren, glaubten nicht, was sie sahen. Ein kurzes Stück Hauptstraße, dann wieder ein vereister Weg, wieder Asphalt. Kinder waren am Rodeln - große Glotzaugen, als ich vorbeikam! Ein Schneeweg führte den Berg hoch. Als ich aber sah, daß er nicht dorthin führte wo ich wollte, kehrte ich um. Nun aber erkalteten meine Füße. Dann mein "natürliches Profil" einen schnelleren gefahrlosen Abstieg auf dem harten Schnee nicht zuließen, erreichte ich nicht die Geschwindigkeit, die für die Durchblutung notwendig waren. Ich war froh, als ich auf dem jetzt sonnenbeschienenen Asphalt meine Füße wärmen konnte (der Hochnebel war verschwunden).

Aber es war nicht das letzte Mal, ich mußte einen weiteren Weg probieren. Auch wieder Schnee, teilweise aber auch aufgeweichter Boden. Bis über die Knöchel versank ich im Schmelzwasser. Als ich an einem Bauernhof vorbei kam, sprach ein Mädchen zu einem Jungen: "Der trägt ja kurze Hosen!" und als auch meine Füße in Sicht waren, sprach das Mädchen: "Ih! Der läuft ja auf Flossen!" Die Katzen störte meine Barfüßigkeit übrigens nicht.

Zwischen Walterswil und Bad Lauterbach "mußte" ich wieder einen Schneeweg benutzen, hier kamen mir Leute entgegen, die irgendwie komisch dreinblickten. Über Oftringen wanderte ich Richtung Aarburg. Ein früherer Arbeitskollege (heute selbständiger Masseur) fragte, ob ich einen Unfall gehabt hätte, weil ich barfuß war. Verliert man denn bei einem Unfall die Schuhe. Ich sagte ihm, daß ich es aus gesundheitlichen Gründen täte. Irgendwie konnte es nicht glauben. Oder sah er in der "Schneemassage" eine unlautere Konkurrenz zu seinem Beruf und er sich womöglich in seinem Einkommen geschmälert? Ein anderer fragte mich: "Wozu soll denn das gut sein." Am Fuße der Aarburger Festung setzte ich mich auf einer Bank in die Sonne, wo ich was aß und einen herrlichen Blick über die schneebedeckten Dächer des Städtchens hatte. Dann verschwand die Sonne hinter dem Felsen. Ich stieg hinab, etliche Leute (überwiegend ausländische Bevölkerung aus südeuropäischen Ländern) trauten ihren Augen kaum.

Der weitere Weg ist schon Routine: Wohnquartier, Industriequartier, Zofinger Altstadt, Bahnhof. Während ich mich über den gesplitteten Bahnsteig tastete, entstieg gerade ein Arbeitskollege einem Schnellzug. Er ist erst neu in der Firma und war völlig überrascht, da er mich bisher nur in Dienstkleidung kannte. Leute, die neben ihm standen (waren es etwa seine Eltern?) warfen mir giftige Blicke zu. Gegen 19 Uhr war ich zu Hause, meine Füße schmerzten.

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen

Der läuft auf Flossen!

Bernhard aus HH, Stammposter, Monday, 07.02.2005, 10:14 (vor 7173 Tagen) @ Michael aus Zofingen

Hallo Michael,

noch kann ich nicht so recht sagen, ob ich da, wo du dich mit deiner Barfüßigkeit bewegst, wirklich selber hinkommen möchte. Heute gegen 6:00 Uhr zeigt das Thermometer hier im nörlichen Hamburg -7 Grad. Ich musste einiges im und am Auto umräumen. Das ging barfuß ganz gut, aber ich war schon froh, dass es nur wenige Minuten gedauert hat. Meine Kinder-Wegbring-Runde habe ich dann mit Schuhen gemacht. Jetzt ist es 10 Uhr und die Sonne scheint seit 2 Stunden auf die Straße. Ich werde jetzt, motiviert durch deinen Bericht, meinen Hundegang barfuß machen.

Übrigens bin ich morgen in Rellingen zu einem Kindergeburtstag gebucht. So was mache ich jetzt nur noch barfuß. Ich bin in der Wachtelstraße. Ist das weit von deinen Eltern weg? Sonst könnte ich da schon mal vorstellig werden und barfuß an der Tür klingeln. Dann ist deine Mutter schon vorgewarnt, wenn ich am 01.April mit den zu Pulswärmern umfunktionierten Kratzbürsten an den Ohren vor ihrer Tür stehe. Ich wollte dann übrigens meine Gitarre mitnehmen und ihr ein Geburtstaglied singen ;-))

Grüße aus Hamburg,

Bernhard

Der läuft auf Flossen!

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Monday, 07.02.2005, 16:55 (vor 7173 Tagen) @ Bernhard aus HH

Hallo Bernhard,

liegt die Wachtelstraße nicht im Rellinger Ortsteil Krupunder? Meine Eltern wohnen ein ziemliches Ende davon entfernt, ich schätze 5 Kilometer, im Büntloh. Ohne Hilfsmittel (Auto, Fahrrad) dürfte man etwa eine Stunde unterwegs sein. Für eine barfüßige Wanderung dorthin empfiehlt sich aber ein Umweg über Egenbüttel oder noch besser über den Kirchenstieg nach Ellerbek und dann durch den Suurbrook. Achtung: Ich sage das, ohne jemals dort barfuß gewandert zu sein.

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen

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