Vielleicht ein Fernsehtipp (?) (Hobby? Barfuß! 2)

Georg @, Stammposter, Saturday, 05.02.2005, 10:33 (vor 7175 Tagen)

Über glühende Kohlen
Bruno Ehrlicher geht karnevalsfrei gegen Kapitalisten vor
"Tatort: Feuertaufe", ARD, So., 20.15 Uhr.
VON JUDITH VON STERNBURG

Auch in diesem MDR-Tatort ist Kommissar Bruno Ehrlicher (Peter Sodann) ein Grobian vor dem Herrn, und wenn er und sein Kollege Kain (Bernd Michael Lade) bei einer Privatperson auftauchen - und man stellt sich von mir aus für einen Moment vor, man wäre das selbst - ist ihr Betragen nicht anders als rüpelhaft zu nennen. Andererseits bezeichnet er einen Betrüger als Betrüger. Und hilft seiner Frederike in der Not. SEINER Frederike? Und kann Bertolt Brecht von Heinrich Zille unterscheiden (wohingegen unser heimisches Rechtschreibprogramm sogar den Vornamen "Bertolt" vorwurfsvoll unterschlängelt - zur ausgleichenden Gerechtigkeit stellt es sich auch bei "Kain" ganz dumm).

In diesem Zusammenhang fällt das Zitat: "Man kann einen Menschen mit einer Wohnung erschlagen wie mit einer Axt." Der dabei anwesende Charakterlump und Kapitalist (Michael Mendl, wunderbar grundübel) ist natürlich Wessi, eine rührende MDR-Tradition, und scheint zu denken: klingt sozialkritisch, muss Brecht sein. Seinerseits hat er einen massiven Churchill auf dem Schreibtisch stehen. Hier ist er sattelfest: "Erfolg haben heißt: einmal mehr aufstehen, als man hingefallen ist."

Das Wohnungszitat führt direkt hin zum Thema der Feuertaufe (Regie: Hannu Salonen, Buch: Andreas Pflüger): Der Charakterlump und Kapitalist macht das große Geld mit einer skrupellos vorgehenden Immobilienfirma, bei der wir uns gerne, aber vergeblich einreden wollen, dass es so etwas in Wirklichkeit nie und nimmer gibt. Außerdem leitet er Motivationskurse, in denen die orange und leicht bekleideten, blendend aussehenden Teilnehmerinnen barfuß über glühende Kohle laufen. Hierfür ist viel Zeit im Film, allein die Füße sieht man leider nicht. Auch Ehrlicher probiert es in einem unbeobachteten Moment (wie Hochseekäptn Gregory Peck, der heimlich das Pferd zureitet). Ein schönes Bild, aber das Drehbuch verzichtet nicht auf die Moral: "Gott schütze uns vor diesem Schwachsinn." Gern ein Satz zu viel, der Ehrlicher.

Eine der gedrillten Angestellten des Charakterlumpen und Kapitalisten wird anfangs tot aufgefunden. Da ist alles noch einfach, es gibt die Reichen und die Gerechten, Steuerberater spielen tagsüber Tennis, Polizisten sind immer im Dienst und Immobilienmaklerinnen zu allem fähig. Katrin Saß aber spielt auch mit. Das ändert einiges. Nicht nur, weil Katrin Saß ihrer ärgsten Konkurrentin, die schnaubt, sie habe sich das alles selbst aufgebaut, erwidert: "Du hast höchstens Deine Ikearegale selbst aufgebaut." Sondern auch, weil ihre Stimme und ihr Gesicht aller Überschaubarkeit dieser Folge ein Ende bereitet.

Kommissar Ehrlicher übrigens macht derweil zunehmend in Columbo. Erzählt langweilige Witze, schiebt enervierend spät eminent wichtige Fragen nach, sieht treudoof aus und ist doch so schlau. Apropos: Nicht die kleinste Kappe schiebt sich ins Bild, und das an einem solchen Wochenende. Das kann nur der MDR.

aus der Frankfurter Rundschau von heute

Vielleicht ein Fernsehtipp (?)

Lothar, Stammposter, Saturday, 05.02.2005, 14:50 (vor 7175 Tagen) @ Georg

Hallo Georg,

ich wollte den Programmhinweis auch gerade einstellen. Wie ich aber sehe, bist du mir mit einer weitaus ausführlicheren Information als ich sie zu geben im Stande gewesen wäre zuvor gekommen. Gut so; denn ich hätte nur auf die Programmvorschau der ARD auf den Tatort hinweisen können, wo die rotgewandeten Damen mit baren Füßen und glühenden Kohlen zu sehen waren; ich dachte allerdings ich hätte sie auf den Kohlen wandeln sehen; aber wahrscheinlich war nur die Kameraführung so geschickt, dass ich das nur dachte zu sehen wenn die Beschreibung in der Frankfurter Rundschau korrekt ist.

Lothar

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