Hallo Andi und Markus

Markus:
Hoffentlich habt Ihr nichts dagegen, daß ich mich an dieser Stelle in Eure Unterhaltung einmische!

Ulrich:
Nein, dafür ist ein Forum doch da.

Andi:
Du hast da etwas missverstanden: ich habe keine Hemmungen den Nachbarn gegenüber, sondern tue es nur nicht gerne, weil ich meine Eltern nicht damit aufregen will, da ihnen mein Verhalten peinlich ist, aber ich bin auch in letzter Zeit schon barfuß aus dem Auto gestiegen, gut, es war dunkel, aber im Sommer tue ich das auch im Hellen!

Ulrich:
OK, Hemmungen sind es nicht, wenn du nur deinen Eltern einen Gefallen tun willst, weil denen das peinlich wäre. Das sehe ich ein.

Markus:
Daß Eltern nicht selten massive Probleme damit haben, wenn ihre zu angepaßten Schuhträgern erzogenen Kinder plötzlich das barfußlaufen für sich entdekken, ist nichts Neues. Daher macht es einen großen Unterschied, ob die Eltern in der Nähe oder mehrere hundert Kilometer entfernt wohnen, ob man auf dem Lande wie Andi oder in der Weltstadt Berlin wie Ulrich lebt. Bei Andi kann ich die Bedenken wegen seiner Eltern nachvollziehen; es ist nervig, wenn es ständig fruchtlose Diskussionen wegen des Barfußlaufens gibt, ohne daß eine Seite die andere von ihrem Standpunkte überzeugen könnte. So etwas schafft eine ungemütliche Stimmung im Hause, die sich drükkend aufs Gemüte legt, und wer sich "durchsetzt", hat noch lange nicht gewonnen, wenn dauernde Spannungen die Folge sind. Andererseits ist es aber auch mühsam, etwas zu verheimlichen, was sich ohnehin nicht geheimhalten läßt, denn ich kann mir schwerlich vorstellen, daß Andi's Eltern nicht zumindest ahnen, daß er des nachts ausbüxt, um irgendwo im Dunkeln barfuß zu laufen. Ulrich dürfte es da weitaus eifacher haben, weshalb seine Hemmungen völlig unbegründet sind: Gerade in Berlin leben mehr "schräge Vögel" auf einen Haufen als sonst irgendwo in Deutschland (so war jedenfalls mein Eindruck bei meinen Besuchen dort), so daß es nicht weiter auffallen dürfte, wenn einer plötzlich anfängt, zumindest seine gesamte Freizeit nur noch barfuß zu verbringen.

Ulrich:
Für manche Stadtteile Berlins stimmt das zweifellos, insbesondere für jene Innenstadtbereiche in denen die alternative Szene lebt. Ich dagegen wohne nicht nur genau wie Andi ganz in der Nähe meiner Mutter (mein Vater ist verstorben), sondern auch in einem Gebiet am Stadtrand, wo sich wirklich viele Leute kennen. Man trifft immer wieder auf Nachbarn oder bekannte. Insofern ist die Situation nicht soviel anders als bei Andi. Ich gebe zwar zu, dass ich in der Innenstadt Berlilns problemlos barfuß herumlaufen kann, ohne das mich jemand kennt, aber dort habe ich in meiner Freizeit auch nur selten etwas zu tun. Hier in Berlin-Zehlendorf ist es dagegen doch deutlich dörflicher.

Andi:
Ich habe auch keine Probleme damit, im Hellen auf einem Feldweg zu gehen, auch nicht zu dieser Jahreszeit, bloß eben noch nicht in einem Ort oder einer Stadt! Das Saarland kannst Du übrigens nicht mit Berlin vergleichen, schon sehr oft kamen mir auf den Wegen, die ich gehe, Bekannte entgegen, aber ich habe damit kein Problem mehr!

Ulrich:
Auch in Berlin sind mir schon Bekannte in der Innenstadt begegnet. Das ist zwar selten, aber kann passieren. Ich verstehe nur nicht, warum du deinen Eltern zuliebe nicht zu Hause auf der Straße barfuß gehst, aber keine Probleme damit hast andernorts barfuß Bekannten zu begegnen. Wenn die es dann deinen Eltern erzählen fände ich es nicht weniger peinlich. Willst du nur, dass deine Eltern es nicht sehen, damit sie sich im Augenblick keine Sorgen machen, obwohl sie wissen, was du tust? Wie auch immer. Das Elternproblem ist erst dann gelöst, wenn man ganz selbstverständlich auch bei denen barfuß ein- und ausgehen kann. Davon bin ich allerdings auch noch weit entfernt.

Ulrich: Die Idee kam mir allerdings erst, als ich es schrieb. Ich weiß auch nicht recht, ob ich wirklich dazu den Mut gehabt hätte.

Andi:
Also Den hätte ich auf jeden Fall gehabt, versuche es doch einfach mal, solltest Du wieder in eine ähnliche Situation kommen!

Ulrich: Du hast recht, ich werde es mal versuchen.

Viele Grüße

Ulrich